Brexit: Pläne zur Minderung der Auswirkungen eines "No-Deal"
Ein ungeregelter Austritt des Vereinigten Königreichs hätte Auswirkungen auf Bürger und Unternehmen in ganz Europa. Um diese zu verringern, hat die EU Maßnahmen beschlossen.
Die EU betonte wiederholt, dass sie einen geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union befürworte. Sie handelte mit dem Vereinigten Königreich ein Austrittsabkommen aus, um sicherzustellen, dass beide Parteien auch weiterhin in verschiedenen Fragen zu ihrem gegenseitigen Nutzen zusammenarbeiten können. Dennoch hat die EU verschiedene Maßnahmen beschlossen, um die Auswirkungen eines möglichen "No-Deal"-Brexit zu verringern.
Diese Maßnahmen können die Vorteile einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union nicht wiedergeben. Es handelt sich um vorübergehende und unilaterale Maßnahmen. Einige beruhen auf Gegenseitigkeit, um in Kraft treten zu können.
Langfristige Lösungen sind von künftigen Gesprächen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abhängig.
Maßnahmen, um die EU auf einen "No-Deal"-Brexit vorzubereiten:
Visa
Britische Staatsbürger könnten für Kurzaufenthalte ohne Visum in die EU einreisen, vorausgesetzt, das Gleiche gilt für EU-Bürger, die in das Vereinigte Königreich reisen.
Luftfahrt
Britische Fluggesellschaften könnten Dienstleistungen für EU-Länder erbringen, sofern EU-Unternehmen dies auch für das Vereinigte Königreich tun können (für einen Zeitraum von sieben Monaten nach dem Austritt). Da dem Vereinigten Königreich in diesem Jahr eine Fristverlängerung gewährt wurde und es nun zu einem späteren Zeitpunkt ausscheiden soll, sieht ein neuer Vorschlag vor, die Notfallmaßnahmen zu verlängern.
Eisenbahnverkehr
Die Gültigkeit der Genehmigungen für die Eisenbahnsicherheit würde verlängert, um die Kontinuität der Schienenverkehrsdienste zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU zu gewährleisten (unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit).
Straßenverkehr
Güterverkehr und Busunternehmen aus dem Vereinigten Königreich könnten Dienstleistungen zwischen Großbritannien und der EU erbringen, sofern das Vereinigte Königreich den gleichwertigen Zugang für EU-Unternehmen sicherstellt.
Soziale Sicherheit
EU-Bürger im Vereinigten Königreich und britische Bürger in der EU würden die vor dem Austritt erworbenen Sozialversicherungsleistungen behalten.
Bildung, Forschung, Landwirtschaft
Britische Forscher, Studenten und Landwirte sollten auch 2020 EU-Fördermittel erhalten, vorausgesetzt, das Vereinigte Königreich leistet seinen Beitrag zum EU-Haushalt. Diese Maßnahme umfasst Programme wie Horizon 2020, Erasmus+ und die Landwirtschafts- und Regionalpolitik.
Friedensprozess in Nordirland
Die Finanzierung der bilateralen Friedensprogramme in Nordirland würde bis mindestens 2020 fortgesetzt, um den mit dem Karfreitagsabkommen eingeleiteten Friedens- und Aussöhnungsprozess zu unterstützen.
Fischerei
Wenn das Vereinigte Königreich der uneingeschränkten Gegenseitigkeit beim Zugang zu den Fischereigewässern zustimmt, gäbe es ein einfaches Verfahren für Unternehmen, um eine Genehmigung zum Fischen zu erhalten. Der Quotentausch wäre bis zum Ende dieser Maßnahmen am 31. Dezember weiterhin zulässig. Ein neuer Vorschlag sieht vor, dass die Notfallmaßnahmen auf das Jahr 2020 ausgedehnt werden.
Sollte das Vereinigte Königreich nicht zustimmen, könnten EU-Unternehmen, die aus britischen Gewässern ausgeschlossen werden, Anspruch auf Entschädigung aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds haben.
Verteidigung
EU-Firmen sollen auch weiterhin bestimmte für zivile und militärische Zwecke verwendete Gegenstände in das Vereinigte Königreich exportieren können.
EU-Bürger im Vereinigten Königreich
Abhängig von ihren Umständen müssten EU-Bürger, die im Vereinigten Königreich leben und dort bleiben möchten, möglicherweise vor dem 31. Dezember 2020 einen Antrag für das "EU Settlement Scheme" stellen. Die Website der britischen Regierung liefert weitere Informationen dazu.
Britische Bürger in der EU
Britische Bürger, die in der EU leben, müssten sich mit den Behörden der jeweiligen Mitgliedstaaten in Verbindung setzen, da die Regelungen unterschiedlich sind.
Konkrete Hilfen
Nach einem Vorschlag, der noch vom Parlament und dem Rat genehmigt werden muss, um in Kraft treten zu können, könnten stark betroffene Mitgliedstaaten finanzielle Unterstützung aus dem EU-Solidaritätsfonds erhalten.
Einem gesonderen Vorschlag entsprechend könnten Arbeitnehmer in der EU, die aufgrund des Brexits entlassen werden, Unterstützung aus dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung erhalten. Dieser Vorschlag wurde vom Parlament am 22. Oktober gebilligt.
In manchen Bereichen gibt es keine spezifischen Maßnahmen
In vielen Bereichen gibt es keine besonderen Maßnahmen für den Fall eines "No-Deal". Dies könnte zu zusätzlichen Kosten und mehr Aufwand führen. Daher wäre es ratsam, sich mit den zuständigen Behörden des entsprechenden Landes oder der Region in Verbindung zu setzen.
Führerscheine
Führerscheine, die von einem EU-Land ausgestellt wurden, werden von anderen Mitgliedstaaten automatisch anerkannt. Wenn das Vereinigte Königreich austritt, wird dies nicht mehr für britische Führerscheine gelten. EU-Bürger, die sich im Vereinigten Königreich ans Steuer setzen wollen, müssten sich bei den britischen Behörden erkundigen, ob ihr Führerschein gültig ist, während Briten bei den nationalen Behörden jedes EU-Landes, in dem sie ein Auto fahren möchten, nachfragen müssten. Internationale Führerscheine sind im Vereinigten Königreich und der EU gültig.
Haustiere
Der Europäische Heimtierausweis, der es ermöglicht, mit einem Haustier in ein anderes EU-Land zu reisen, wird für das Vereinigte Königreich nicht mehr gültig sein. Wahrscheinlich wäre das Reisen mit Haustieren in oder aus dem Vereinigten Königreich mit mehr Aufwand verbunden.
Medizinische Versorgung
Nach EU-Recht erhalten Unionsbürger während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat mit der Europäischen Krankenversicherungskarte Zugang zur Gesundheitsversorgung. Diese Regeln würden nicht mehr für das Vereinigte Königreich gelten. Sowohl EU-Bürger, die in das Vereinigte Königreich reisen, als auch Briten, die EU-Länder besuchen, sollten prüfen, ob ihre Versicherung die Kosten für die medizinische Versorgung im Ausland übernimmt. Wenn nicht, sollten sie den Abschluss einer privaten Reiseversicherung in Betracht ziehen.
Weitere Informationen zum Thema Reisen finden Sie auf der Webseite der Europäischen Kommission.
Rolle des Parlaments
Abgesehen von den Aufenthaltsbestimmungen können alle diese Maßnahmen nur mit Zustimmung des Europäischen Parlaments in Kraft treten.
Jedes Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich - einschließlich des Austrittsabkommens und eines Abkommens über die künftigen Beziehungen - muss vom Parlament angenommen werden, bevor es in Kraft treten kann.
Nächste Schritte
Keine dieser temporären Maßnahmen kann tatsächliche Abkommen ersetzen. Erst wenn das Vereinigte Königreich die EU verlassen hat, können die EU und das Vereinigte Königreich, als Drittstaat, die künftigen Beziehungen prüfen und gegebenenfalls Abkommen abschließen, um sicherzustellen, dass sie in Bereichen wie Handel, Sicherheit, Migration und Verteidigung auch weiterhin zusammenarbeiten können. Die dem Austrittsabkommen beigefügte politische Erklärung gibt bei einer Ratifizierung durch das Vereinigte Königreich einen allgemeinen Rahmen für die künftigen Beziehungen vor.