Parlament fordert besseren Schutz von Grenzgängern und Saisonarbeitern 

 
 

Diese Seite teilen: 

Es müsse mehr getan werden, um die Gesundheit und Sicherheit von Grenzgängern und Saisonarbeitskräften zu schützen und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern, so das Parlament.

Am 19. Juni hat das Parlament eine Entschließung zum Schutz von Grenzgängern und Saisonarbeitskräften im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise und darüber hinaus angenommen. Thematisiert werden darin Mobilität, prekäre Arbeitsbedingungen und fehlende Sicherheitsmaßnahmen. Die Abgeordneten fordern einen besseren Schutz und gleiche Arbeits- und Sozialrechte für alle Arbeitnehmer.


Mit der Schließung von Binnengrenzen, Beschränkungen der Freizügigkeit und der Aussetzung vieler Wirtschaftstätigkeiten hat die Corona-Krise bereits bestehende Missstände noch deutlicher gemacht.


Viele mobile Arbeitnehmer sind für die Bereitstellung kritischer Güter und Dienstleistungen in wichtigen Wirtschaftszweigen wie Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung, Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen, Bauwesen und Verkehr von entscheidender Bedeutung. Auch bei den Bemühungen um eine wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie kommt ihnen eine bedeutende Rolle zu.


Mehr über die EU-Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19

Was sind Grenzgänger? 
  • Grenzpendler sind im Grenzgebiet eines EU-Landes beschäftigt, wohnen jedoch in einem Nachbarland, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, und kehren täglich oder mindestens einmal pro Woche dorthin zurück. 
  • Entsandte Arbeitnehmer werden von ihrem Arbeitgeber zur vorübergehenden Erbringung einer Dienstleistung im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags, einer konzerninternen Entsendung oder über ein Leiharbeitsunternehmen in ein anderes Land entsandt. 
  • Saisonarbeitnehmer reisen in ein Land, um dort vorübergehend zu leben und eine saisonabhängige Tätigkeit auszuüben (z.B.: in Tourismus oder Landwirtschaft). 

Arbeitnehmer dieser Kategorien werden häufig im Rahmen kurzfristiger Arbeitsverträge beschäftigt, genießen geringe oder gar keine Arbeitsplatzsicherheit und besitzen auch nur eine unzureichende oder gar keine Sozialversicherung. Arbeitnehmer im Kurzzeiteinsatz sind zudem häufig in Gruppenunterkünften untergebracht, in denen die Regeln für die soziale Distanzierung nur schwer einzuhalten sind.


Arbeitsaufsichtsbehörden haben wiederholt Verstöße gegen die Rechte mobiler Arbeitnehmer in Bezug auf Arbeitszeiten, Lebensbedingungen, Gesundheits- und Sicherheitsstandards am Arbeitsplatz gemeldet, obwohl sie nach EU-Recht genauso behandelt werden müssen wie inländische Arbeitnehmer.

Das EU-Parlament fordert einen besseren Schutz von Grenzgängern und Saisonarbeitskräften  

Was fordert das Parlament?

Um die Gleichbehandlung und den Schutz von Grenzgängern und Saisonarbeitskräften zu gewährleisten, sollten bestehende EU-Rechtsvorschriften ordnungsgemäß umgesetzt werden und sich die Mitgliedstaaten besser aufeinander abstimmen. Das Parlament fordert unter anderem:


  • Schutz der Gesundheit und Sicherheit aller Arbeitnehmer, faire Arbeitsbedingungen, einschließlich angemessener Unterkünfte, die von der Entlohnung zu entkoppeln sind;
  • Ermittlung von Mängeln in nationalen und EU-Rechtsvorschriften und mögliche Überarbeitung des bestehenden Rechtsrahmens;
  • Verstärkung nationaler und grenzüberschreitender Arbeitsinspektionen;
  • Maßnahmen gegen missbräuchliche Praktiken bei der Vergabe von Unteraufträgen und Gewährleistung der vollen Einsatzfähigkeit der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA);
  • Gewährleistung, dass Arbeitnehmer in einer ihnen verständlichen Sprache umfassend über Rechte und Pflichten, aber auch über Risiken und zu ergreifende Sicherheitsvorkehrungen informiert werden;
  • rasche Einigung über neue Vorschriften zur Koordinierung der Sozialversicherungssysteme‚ um Sozialbetrug zu bekämpfen (die Regeln werden derzeit zwischen Parlament, Rat und Kommission ausgehandelt).

In der Entschließung werden Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, aufgefordert, möglichst bald alle Reisebeschränkungen für Grenzgänger aufzuheben‚ um einen Arbeitskräftemangel in zentralen Wirtschaftszweigen zu vermeiden.

Mobile Arbeitnehmer in Zahlen (2018) 
  • Mehr als 17 Millionen Unionsbürger leben und arbeiten in einem anderen EU-Land als dem ihrer Staatsangehörigkeit (3,9 % der gesamten Erwerbsbevölkerung). 
  • In der EU gibt es 1.5 Millionen Grenzgänger. 
  • Grenzgänger: 125 000 Arbeitskräfte aus Polen arbeiten in Deutschland; 52 000 Arbeitskräfte aus Deutschland pendeln nach Luxemburg und 48 000 Arbeitskräfte aus der Slowakei nach Österreich. 
  • Es gibt mehr als 2.3 Millionen entsandte Arbeitnehmer. 

Im Anschluss an eine Aufforderung des Europäischen Rates Ende März hat die Kommission am 30. März Leitlinien für ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene herausgegeben, um sicherzustellen, dass mobile Arbeitnehmer, insbesondere diejenigen, die in der Corona-Krise von entscheidender Bedeutung sind, ihren Arbeitsplatz auch erreichen können. Die Leitlinien enthalten eine nicht erschöpfende Liste von "kritischen" Berufen wie Gesundheitspersonal, Betreuungspersonal für Kinder und ältere Menschen, wissenschaftlichen Experten im Gesundheitssektor sowie Arbeitskräften im Lebensmittelsektor. Für sie soll ein reibungsloser und schneller Grenzübertritt, einschließlich einer verhältnismäßigen Gesundheitsüberprüfung, gewährleistet werden.


Am 26. Mai debattierte der Beschäftigungsausschuss mit dem kroatischen Ratsvorsitz, der Kommission und der Europäischen Arbeitsbehörde Berichte über prekäre Arbeitsbedingungen von Grenzgängern. Am 18. Juni, also vor der Abstimmung, erörterte auch das Plenum das Thema.


Nächste Schritte


Es wird erwartet, dass die Europäische Kommission auf die Forderung des Parlaments mit neuen spezifischen Leitlinien zum Schutz von Grenzgängern und Saisonarbeitskräften im Rahmen von Covid-19 reagieren wird.