Reform des Emissionshandelssystems der EU
Mit dem Emissionshandelssystem der EU (EU-EHS) sollen die CO₂-Emissionen im Industriesektor verringert werden. Lesen Sie hier, wie das System funktioniert und warum eine Reform nötig ist.
Was ist das EU-EHS?
Die EU ist weltweit der drittgrößte CO₂-Emittent und verfolgt zugleich das ehrgeizigste Klimaziel: Bis 2030 sollen ihre Treibhausgasemissionen erheblich gesenkt und bis 2050 sollen Netto-Null-Emissionen erreicht werden.
Das Emissionshandelssystem der EU (EU-EHS) wurde 2005 eingerichtet. Als Teil des Pakets „Fit für 55“ ist das EHS ein zentrales Instrument der EU, um ihre Klimaziele zu verwirklichen. Das EHS richtet sich speziell an die Industrie.
Wie funktioniert das EU-EHS?
Mit dem Emissionshandelssystem, das auf dem Verursacherprinzip beruht, werden mehr als 10.000 Kraftwerke und industrielle Fertigungsanlagen dazu verpflichtet, für jede Tonne CO₂, die sie ausstoßen, eine Berechtigung (in Form von Emissionszertifikaten) zu besitzen. Das System soll finanzielle Anreize schaffen, weniger zu verschmutzen. Je weniger Verschmutzung, umso geringer die Kosten. Unternehmen müssen Emissionsrechte (Zertifikate) im Rahmen von Auktionen (Versteigerungen) erwerben. Der Preis richtet sich nach Angebot und Nachfrage.
Manche Zertifikate werden kostenlos zugeteilt – vor allem in Bereichen, wo das Risiko besteht, dass Unternehmen ihre Produktion in andere Länder verlagern, in denen weniger strenge Emissionsauflagen eingehalten werden müssen („Carbon Leakage“).
Regulierung der CO₂-Preise
Nach der Finanzkrise 2008 waren diese Emissionszertifikate sehr billig, weil die Nachfrage nach ihnen sank, während das Angebot konstant blieb.
Ein hoher Überschuss und niedrige Preise halten Unternehmen davon ab, in grüne, die Umwelt schonende Technologien zu investieren. Dadurch ist das System weniger funktionstüchtig.
Als Lösung wurde 2015 eine Marktstabilitätsreserve (MSR) geschaffen, um Angebot und Nachfrage nach Zertifikaten besser aufeinander abzustimmen. Dabei werden 24 Prozent aller EHS-Zertifikate in eine Reserve eingestellt, aus der sie im Falle eines Engpasses freigegeben werden können. Im März 2023 wurde die MSR bis 2030 verlängert, um die EU vor sinkenden CO₂-Preisen aufgrund externer Schocks wie COVID-19 zu schützen. Niedrigere CO₂-Preise würden bedeuten, dass es für die Industrie weniger Anreize gibt, Treibhausgase zu reduzieren.
Reform des Emissionshandelssystems im Rahmen des europäischen Grünen Deals
Um das EHS an die höheren Emissionsminderungsziele des europäischen Grünen Deals anzupassen, einigte sich die EU im Dezember 2022 auf eine Aktualisierung der Regelung, die eine Senkung der Industrieemissionen um 62 Prozent bis 2030 vorsieht.
Welche Reformen sind vorgesehen?
Im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission setzen die Abgeordneten ehrgeizigere Ziele. Die Änderungen nach der Einigung zwischen dem Parlament und den EU-Regierungen umfassen:
- Weitere Verringerung der Anzahl der jährlich verfügbaren Zertifikate bis 2030, um die Emissionen bis 2030 um 62 Prozent zu senken, ein Prozentpunkt mehr als der Kommissionsvorschlag (61 Prozent)
- Mehr Finanzmittel für innovative Technologien und die Modernisierung des Energiesystems durch einen Innovationsfonds und einen Modernisierungsfonds. Ein Teil der Einnahmen aus dem neuen Handelssystem wird dem Klima-Sozialfonds zugeführt, mit dem von Energiearmut betroffene Haushalte und Unternehmen unterstützt werden sollen.
- Die schrittweise Abschaffung der kostenlosen Zertifikate für die Industrie bis 2034, während gleichzeitig das CO₂-Grenzausgleichssystem der EU schrittweise eingeführt und bis 2034 voll funktionsfähig sein wird. Durch den Mechanismus würde ein Kohlenstoffpreis auf importierte Waren aus weniger ehrgeizigen Ländern angewandt und Unternehmen daran gehindert werden, ihre Produktion in ein Land mit weniger strengen Treibhausgasemissionsvorschriften zu verlagern.
- Ausweitung des Systems auf den Seeverkehr
- Die Einbeziehung von Emissionen aus kommunalen Müllverbrennungsanlagen ab 2024
- Die Schaffung eines separaten Emissionshandelssystems (ETS II) für gewerbliche Gebäude und den Straßenverkehr ab 2027. Der private Verkehr und Wohngebäude würden erst ab 2029 hinzukommen und würden einen neuen Kommissionsvorschlag erfordern.
Alle Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem sollten ausschließlich für klimarelevante Aktivitäten verwendet werden.
Nächste Schritte
Nachdem die Europaabgeordneten und die EU-Regierungen im Dezember 2022 eine Einigung über ein ehrgeizigeres Emissionshandelssystem erzielt haben, wird das Parlament voraussichtlich in der Plenarsitzung im April über das überarbeitete EHS abstimmen.
EU-Bemühungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen
Weitere Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Verpflichtungen der EU im Rahmen des Pariser Klimaabkommens in allen Wirtschaftssektoren zu erfüllen:
- Die Lastenteilungsverordnung über nationale Zielvorgaben zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in den Bereichen Verkehr, Bauwesen, Abfall, Landwirtschaft
- Die Verordnung für Emissionen aus dem Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF)
- Strengere CO₂-Emissionsnormen für Pkw
- Reduzierung der Emissionen im Luft- und Schiffsverkehr: EU-Maßnahmen erklärt
Dieser Artikel wurde erstmals am 13. Februar veröffentlicht und seit dem aktualisiert.
Erfahren Sie mehr in unserer Infografik: Fortschritte der EU bei der Verwirklichung ihrer Klimaziele für 2020.