Was versteht man unter Klimaneutralität und wie kann diese bis 2050 erreicht werden?

Mit dem Europäischen Klimagesetz verpflichtet sich die EU, bis 2050 klimaneutral zu werden. Was bedeutet dies nun genau?

Ein Foto von einem Wald, einer natürlichen Kohlenstoffsenke.
Was versteht man unter Klimaneutralität und wie kann diese bis 2050 erreicht werden?

Der Klimawandel betrifft die gesamte Welt. Extreme Wetterbedingungen wie Dürren, Hitzewellen, schwere Regenfälle, Überschwemmungen und Erdrutsche treten immer häufiger auf, auch in Europa. Steigende Meeresspiegel, versauernde Ozeane und geringere Artenvielfalt sind weitere Folgen der sich rasch verändernden klimatischen Bedingungen.

Die Klimaneutralität bis Mitte des 21. Jahrhunderts ist notwendig, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – ein Schwellenwert, der vom Weltklimarat als sicher eingestuft wird. Dieses Ziel ist auch im Übereinkommen von Paris festgelegt, das von 195 Ländern, einschließlich der EU, unterzeichnet wurde.

Im Dezember 2019 stellte die Europäische Kommission den europäischen Grünen Deal vor, Europas Fahrplan zur Klimaneutralität bis 2050. Mit dem neuen europäischen Klimagesetz soll das Klimaneutralitätsziel auf EU-Ebene rechtlich verankert werden.

Zum Erreichen des […] langfristigen Temperaturziels sind die Vertragsparteien bestrebt, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen, […] und danach rasche Reduktionen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken […] herzustellen.
Artikel 4 des Übereinkommens von Paris
Quelle "Zum Erreichen des […] langfristigen Temperaturziels sind die Vertragsparteien bestrebt, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen, […] und danach rasche Reduktionen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken […] herzustellen." wird in einem neuen Fenster geöffnet
Ein Foto von einem Baum, von unten aus betrachtet.
Wälder tragen dazu bei, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu absorbieren. Foto von Sebastian Pichler auf Unsplash

Was versteht man unter Klimaneutralität?

Klimaneutralität bedeutet, ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in Kohlenstoffsenken herzustellen. Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssen alle Treibhausgasemissionen weltweit durch Kohlenstoffbindung ausgeglichen werden.

Als Kohlenstoffsenke wird ein System bezeichnet, das mehr Kohlenstoff aufnimmt als es abgibt. Die wichtigsten natürlichen Kohlenstoffsenken sind Böden, Wälder und Ozeane. Laut Schätzungen entfernen natürliche Senken zwischen 9,5 und 11 Gigatonnen CO₂ pro Jahr. 2021 betrugen die jährlichen globalen CO₂-Emissionen 37,8 Gigatonnen.

Bisher gibt es keine künstlichen Kohlenstoffsenken, die Kohlenstoff in dem Maße aus der Atmosphäre entfernen können, wie es zur Bekämpfung der globalen Erwärmung notwendig wäre.

Der in natürlichen Senken wie Wäldern gespeicherte Kohlenstoff wird durch Brände, Landnutzungsänderungen oder Abholzung wieder in die Atmosphäre abgegeben. Aus diesem Grund müssen die CO₂-Emissionen verringert werden, um das Klimaneutralitätsziel umsetzen zu können.

Erfahren Sie, wie Wälder in der EU als Kohlenstoffsenken genutzt werden.

Bislang sind keine künstlichen Kohlenstoffsenken in der Lage, der Atmosphäre in dem Maße Kohlenstoff zu entziehen, wie es zur Bekämpfung der globalen Erwärmung erforderlich wäre.

Der in natürlichen Senken wie Wäldern gespeicherte Kohlenstoff wird durch Waldbrände, Änderungen der Landnutzung oder Abholzung in die Atmosphäre freigesetzt. Aus diesem Grund müssen die Kohlenstoffemissionen unbedingt reduziert werden, um Klimaneutralität zu erreichen.

Klimakompensation

Ein weiteres Mittel, um Emissionen zu reduzieren und Klimaneutralität zu verwirklichen, ist der Ausgleich von Emissionen in einem Sektor über Einsparungen von Treibhausgasen an anderer Stelle. Dafür sind Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz oder andere saubere und kohlenstoffarme Technologien nötig. Auch das Emissionshandelssystem der EU ist ein Instrument zur Klimakompensation.

Ein weiteres Beispiel für eine Initiative zur Emissionsreduzierung ist das CO₂-Grenzausgleichssystem der EU, mit dem eine Kohlenstoffabgabe auf die Einfuhr bestimmter Waren von außerhalb der EU erhoben werden soll. Dadurch sollen Unternehmen davon abgehalten werden, ihre Produktion aus der EU in Länder mit weniger strengen Vorschriften für Treibhausgasemissionen zu verlagern.

Ein klimaneutrales Europa bis 2050

Welche Ziele setzt sich die EU?

Die Europäische Union setzt sich für eine ehrgeizige Klimaschutzpolitik ein. Mithilfe des Grünen Deals soll Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden, der also so viele CO₂-Emissionen beseitigt, wie er produziert. Dieses Ziel wurde mit der Annahme des Klimagesetzes durch das Europäische Parlament und den Rat im Jahr 2021 rechtsverbindlich. Auch das Zwischenziel der EU für die Emissionsreduzierung bis 2030 wurde von 40 Prozent auf mindestens 55 Prozent aktualisiert.

Die EU ist derzeit dabei, alte Rechtsvorschriften zu überarbeiten und neue Gesetze zu erlassen, die dazu beitragen werden, das für 2030 angestrebte Ziel einer Emissionssenkung um 55 Prozent zu verwirklichen. Das Gesetzespaket ist unter dem Namen „Fit für 55“ bekannt und umfasst unter anderem Regeln für den Emissionshandel, nationale Emissionsminderungsziele, den Abbau von Kohlenstoff in der Landnutzung und Verkehrsemissionen.


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