Neue EU-Industriestrategie: die Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt

Die neue EU-Industriestrategie soll wettbewerbsfähig, sauber und widerstandsfähig sein und den Übergang zu einer digitaleren und umweltfreundlicheren Wirtschaft unterstützen.

Die COVID-19-Pandemie hat viele Bereiche in Mitleidenschaft gezogen, darunter auch Europas Industrien. Die Abgeordneten fordern eine neue Industriestrategie von der Kommission, um dem Sektor wieder auf die Beine zu helfen und einen Übergang zu einer grüneren, digitaleren Zukunft zu ermöglichen.
Eine Industriestrategie nach der Pandemie

Viele europäische Unternehmen wurden von der COVID-19-Pandemie hart getroffen und mussten schließen oder ihre Belegschaft reduzieren. Gleichzeitig mussten neue Arbeitsmethoden gefunden werden, um mit dem notwendigen digitalen und grünen Wandel Schritt zu halten.

Im Mai 2021 legte die Europäische Kommission einen aktualisierten Vorschlag für die EU-Industriestrategie vor, um den veränderten Umständen Rechnung zu tragen.

Die aktualisierte Strategie baut auf den Lehren aus der COVID-19-Krise auf. Mit ihr soll die Erholung unterstützt und die strategischen Abhängigkeiten der EU auf technologischer und industrieller Ebene reduziert werden. Zudem soll die Widerstandsfähigkeit des Binnenmarktes gegenüber Störungen gestärkt und die Kontinuität des freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs sichergestellt werden. Ein weiteres Ziel ist die Beschleunigung des grünen und digitalen Wandels.

In der neuen Industriestrategie wird ein einheitliches Notfallinstrument vorgeschlagen, um die Auswirkungen künftiger Marktkrisen abzumildern, den freien Dienstleistungs- und Warenverkehr sicherzustellen und die Verfügbarkeit wesentlicher Produkte zu maximieren.

In dem am 13. Juli 2022 angenommenen Bericht des Industrieausschusses fordern die Abgeordneten, dass durch die neue Industriestrategie eine wettbewerbsfähige, saubere und widerstandsfähige Industrie für die nächsten Generationen in der Europäischen Union sichergestellt wird. Es wird erwartet, dass das gesamte Parlament den Bericht auf der Plenartagung im September annehmen wird.

Die Industrielandschaft der EU in Zahlen

Die Industrie macht mehr als 20 Prozent der Wirtschaft der EU aus. Sie schafft und produziert Innovationen, nachhaltige Materialien und die Produkte, die für die Wirtschaft und Gesellschaft der Zukunft benötigt werden. Darüber hinaus entfallen 80 Prozent der Warenexporte auf die Industrie. Die EU ist zudem ein weltweit führender Anbieter und Zielort für ausländische Direktinvestitionen.

Das verarbeitende Gewerbe macht den größten Teil der industriellen Wirtschaft der EU aus und steht für mehr als vier Fünftel (84,7 Prozent) der industriellen Wertschöpfung in der EU und 90,3 Prozent der industriellen Beschäftigung im Jahr 2019.

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Nachhaltiges Wachstum von kleinen und mittleren Unternehmen

Im Jahr 2019 gab es im nichtfinanziellen Sektor der gewerblichen Wirtschaft der EU 23,2 Millionen Unternehmen, die 131,5 Millionen Menschen beschäftigten. Die Mehrheit (99,8 Prozent) davon sind Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die mehr als die Hälfte des BIP der EU erwirtschafteten.

Die Abgeordneten fordern einen besseren Zugang zu Finanzmitteln und eine Verringerung des Verwaltungsaufwands für KMU.

Die Industriestrategie sollte sich auf sie konzentrieren, da viele von ihnen aufgrund nationaler Maßnahmen im Rahmen der Coronavirus-Pandemie verschuldet sind, was ihre Investitionskapazität verringert und langfristig zu einem schleppenden Wachstum führen dürfte.

Mehr Widerstandsfähigkeit für die Industrie

Die EU verfügt über führende Forschungsinstitute, Unternehmen und hoch qualifizierte Arbeitskräfte, und diese Stärken sollten beibehalten werden. Das fordern die Abgeordneten:

  • Durch den grünen und digitalen Wandel sollen Arbeitsplätze, Wettbewerbsfähigkeit und die Fähigkeit zur Herstellung sauberer Produkte erhalten bleiben.
  • Über die Fortschritte der Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit des europäischen industriellen Gefüges soll jährlich Bericht erstattet werden.
  • Um den EU-Markt vor störenden ausländischen Subventionen zu schützen, unlauteren Wettbewerb durch ausländische staatlich subventionierte Unternehmen zu verhindern und wichtige EU-Sektoren und -Technologien zu schützen, soll ein defensives Instrumentarium geschaffen werden.
  • Es sollen ehrgeizige Investitionen in Forschung und Entwicklung getätigt werden, da das Ziel von drei Prozent des BIP für Investitionen in diesem Bereich in den allermeisten Mitgliedstaaten noch immer nicht erreicht worden ist.
  • „Made in Europe“ soll gestärkt und der Einsatz von Industrie-4.0-Technologien beschleunigt werden.
  • Die Außenabhängigkeit der EU von kritischen Rohstoffen soll deutlich verringert werden.

Investitionen in wettbewerbsfähige und grüne Unternehmen

Im Rahmen der Industriestrategie sollen die Unternehmen in der EU die Möglichkeit erhalten, einen Beitrag zu den Klimaneutralitätszielen zu leisten – wie im Fahrplan für den europäischen Grünen Deal und im Paket „Fit für 55“ dargelegt. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollen beim Übergang zu einer digitalen und kohlenstoffneutralen Wirtschaft Unterstützung erhalten. So soll zudem die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze gefördert werden.

Damit der Grüne Deal zu einer echten Wachstumsstrategie wird, sollte er mit einer ehrgeizigen Industriepolitik einhergehen. Die Abgeordneten fordern die Kommission auf, die Produktion von erschwinglichen und reichlich vorhandenen kohlenstoffarmen Energien aus erneuerbaren Quellen zu fördern. Außerdem sollte die Planung und Finanzierung der benötigten Infrastrukturen in den Bereichen Strom, Energie, Wasserstoff, CO₂ sowie Heizung und Kühlung besser koordiniert werden.

Schließlich sollte die Einführung von Instrumenten und wichtigen Projekten von gemeinsamem europäischem Interesse beschleunigt werden. Industrieallianzen, die innovative bahnbrechende Technologien entwickeln, die für die Energiewende benötigt werden, sollten gefördert werden.

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