Verringerung der Arbeitslosigkeit: Was unternimmt die EU?

Die EU verfolgt das Ziel, die Beschäftigungsquote der 20- bis 64-Jährigen bis 2020 auf 75 % zu erhöhen. Was die EU gegen Arbeitslosigkeit unternimmt.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 traf die globale Wirtschaft hart. Sie hatte Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Sozialpolitik, da die Arbeitslosenquoten in allen EU-Mitgliedstaaten angestiegen sind.

Obwohl sich die Arbeitsmarktbedingungen und Arbeitnehmerrechte in der EU in den vergangenen Jahren verbessert haben, bleibt die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine der grundlegenden Herausforderungen für die EU auf ihrem Weg hin zu einem sozial inklusiven Europa mit qualitativen Jobs.

In verschiedenen Bereichen werden Bemühungen unternommen, wie beispielsweise Maßnahmen, um für junge Menschen den Einstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern. Gleichzeitig soll die Langzeitarbeitslosigkeit angegangen, die Arbeitskräftemobilität erleichtert und in Ausbildung und Qualifikationen investiert werden.

Ein Mann liest eine Stellenanzeige © AP Images/European Union - EP
Sozialpolitik der EU © AP Images/European Union - EP

Arbeitslosenquote in der EU


Seit Mitte 2013 ist die Arbeitslosenquote in der EU weiter gesunken.

Im April 2019 lag sie bei 6,4 Prozent (im Vergleich zu 7 Prozent im April 2018), dem niedrigsten Wert seit Beginn der Veröffentlichung monatlicher Arbeitslosenstatistiken im Januar 2000. Im April 2019 betrug die Arbeitslosenquote im Euroraum 7,6 Prozent. Im April 2018 lag sie noch bei 8,4 Prozent.


Wer ist zuständig? EU vs. Mitgliedstaaten


In erster Linie sind die Mitgliedstaaten für die Beschäftigungs- und Sozialpolitik zuständig. Der EU kommt jedoch die Aufgabe zu, die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu ergänzen und zu koordinieren sowie den Austausch bewährter Verfahren zu fördern.

Die sogenannte horizontale Sozialklausel in Artikel 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Union (AEUV) besagt, dass die Union "bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus […] Rechnung tragen" soll.


Die Europäische Beschäftigungsstrategie und ihre Ziele


Die Europäische Beschäftigungsstrategie umfasst gemeinsame Ziele der Mitgliedstaaten, um Arbeitslosigkeit zu verringern und mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen.

Die 2017 eingeleitete Strategie ist nun Teil der Wachstumsstrategie Europa 2020, die der EU Zielvorgaben bis 2020 in verschiedenen Bereichen wie Bildung, Forschung und Entwicklung oder Klimaschutz vorgibt. Sie wird als Referenzrahmen für Maßnahmen auf Unionsebene und auf nationaler und regionaler Ebene genutzt.

Die 2020-Ziele lauten: Die Erwerbstätigenquote der Altersgruppe der 20- bis 64-Jährigen soll 75 Prozent betragen. Außerdem soll die Zahl der Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, auf 96,2 Millionen reduziert werden. 2008 waren 116,1 Millionen Menschen (in der EU-27) von Armut betroffen.

2017 waren 72,2 Prozent der EU-Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren in Arbeit. Dies sind um 2,8 Prozentpunkte weniger als das 2020-Ziel.

2016 waren 118 Millionen Menschen in der EU-28 von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht.

Die Europäische Kommission überwacht und setzt die Strategie im Rahmen des Europäischen Semesters um. Dabei handelt es sich um ein jährliches Verfahren auf EU-Ebene zur Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik.

Die Lage in Bezug auf Beschäftigung und soziale Fragen wird im Rahmen des Europäischen Semesters und auf Grundlage beschäftigungspolitischer Leitlinien bewertet. Die Leitlinien umfassen gemeinsame Schwerpunkte und Zielsetzungen für die nationale Beschäftigungspolitik. Die EU-Kommission gibt länderspezifische Empfehlungen heraus, die auf den Fortschritten zur Erreichung der einzelnen Ziele basieren, und unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung.


Wie wird die Sozialpolitik auf EU-Ebene finanziert?


Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist Europas wichtigstes Instrument, um faire Jobchancen für alle Unionsbürger zu gewährleisten, von Arbeitnehmern und jungen Menschen bis hin zu Arbeitssuchenden.

Das Europäische Parlament schlägt vor, den Fonds im kommenden langfristigen EU-Haushalt 2021-2027 aufzustocken und den Schwerpunkt auf Bildung, Beschäftigung und soziale Inklusion zu legen. Der neue Europäische Sozialfonds Plus (ESF+) soll die Qualität von Arbeitsplätzen erhöhen, die Jobsuche in anderen Regionen der EU erleichtern, Ausbildungsmöglichkeiten verbessern und zur Förderung von Gesundheit und sozialer Inklusion beitragen.

Das EU-Programm für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI) zielt darauf ab, die Beschäftigungs- und Sozialpolitik zu modernisieren. Soziale Unternehmen sowie Personen aus sozial schwachen Gruppen, die ein Mikrounternehmen gründen wollen, sollen einfacheren Zugang zu Finanzmitteln erhalten.

Die berufliche Mobilität wird über das EURES-Netzwerk gefördert. Das europäische Job-Netzwerk erleichtert die Mobilität, indem Arbeitgebern und Arbeitssuchenden Informationen bereitgestellt werden. Außerdem beinhaltet es eine europaweite Datenbank mit Stellenangeboten und Bewerbungen.

Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) hilft Arbeitnehmern, die im Zuge der Globalisierung oder infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise ihren Job verlieren, zum Beispiel aufgrund der Schließung eines großen Unternehmens oder der Verlagerung einer Produktionsstätte außerhalb der EU. Der Fonds unterstützt die Arbeitnehmer dabei, eine neue Stelle zu finden oder ihr eigenes Unternehmen zu gründen.

Der Europäische Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD) wurde eingerichtet, um zu Initiativen der Mitgliedstaaten zur Bereitstellung von Lebensmitteln und materieller Basisunterstützung sowie Maßnahmen zur sozialen Eingliederung beizutragen.

Der neue ESF+ soll eine Reihe bestehender Fonds und Programme, wie den ESF, das EaSI, den FEAD, die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen und das EU-Gesundheitsprogramm zusammenführen, Ressourcen bündeln und Bürger gezielter unterstützen.


Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit


Zu den EU-Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gehört die Jugendgarantie. Diese ist die Zusage der Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass alle jungen Menschen unter 30 Jahren innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos geworden sind oder ihre Ausbildung abgeschlossen haben, ein hochwertiges Angebot für eine Beschäftigung, eine Weiterbildungsmaßnahme, eine Lehrstelle oder ein Praktikum erhalten. Die Umsetzung der Jugendgarantie wird durch EU-Fördermittel der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen unterstützt.

Das Europäische Solidaritätskorps ermöglicht jungen Menschen, an Freiwilligen- oder Beschäftigungsprojekten in ganz Europa teilzunehmen. Die Plattform "Dein erster EURES-Arbeitsplatz" richtet sich an junge Menschen im Alter von 18 bis 35 Jahren, die Arbeitserfahrungen im Ausland sammeln möchten, und hilft ihnen dabei, eine Arbeitsstelle, ein Praktikum oder eine Lehrstelle zu finden.


Richtige Ausbildung, richtiger Job


Durch die Förderung und Verbesserung des Erwerbs von Kompetenzen, die bessere Vergleichbarkeit von Qualifikationen und die Bereitstellung von Informationen hilft die EU Bürgern dabei, qualitativ hochwertige Jobs zu finden und bessere Berufswahlentscheidungen zu treffen.

Die neue europäische Agenda für Kompetenzen, die 2016 ins Leben gerufen wurde, besteht aus zehn Maßnahmen, um Bürgern die richtige (Aus-)Bildung und Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Eine Reihe bereits bestehender Instrumente (wie Europass) wird überarbeitet.

Herausforderung Langzeitarbeitslosigkeit


Eine der Ursachen für anhaltende Armut ist Langzeitarbeitslosigkeit. Davon spricht man ab zwölf Monaten. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist mit fast 50 Prozent der gesamten Arbeitslosigkeit in manchen Mitgliedstaaten immer noch sehr hoch.

Die EU-Mitgliedstaaten haben Empfehlungen verabschiedet, um Langzeitarbeitslose besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Sie befürworten die Registrierung von Langzeitarbeitslosen bei einem Arbeitsmarktservice, die Erstellung individueller und eingehender Bewertungen zur Ermittlung der einzelnen Bedürfnisse sowie maßgeschneiderte Pläne zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt (Wiedereinstiegsvereinbarungen). Spezielle Maßnahmen für gemeldete Langzeitarbeitslose sollten allerspätestens 18 Monate nach Verlust des Arbeitsplatzes einsetzen.

Langfristige Abwesenheit vom Arbeitsplatz mündet oft in Arbeitslosigkeit und führt dazu, dass Arbeitnehmer den Arbeitsmarkt dauerhaft verlassen. Das Europäische Parlament schlug 2018 eine Reihe von Maßnahmen vor, an denen die Mitgliedstaaten arbeiten sollten, um Arbeitnehmer, die zum Beispiel unter chronischen Gesundheitsproblemen leiden, am Arbeitsplatz zu halten oder sie wieder in diesen einzugliedern. Zu den Vorschlägen zählen Programme zur Kompetenzentwicklung, die Gewährleistung flexibler Arbeitsbedingungen und die direkte Unterstützung von Arbeitnehmern (einschließlich Coaching und Zugang zu Psychologen oder Therapeuten).

Förderung der Arbeitskräftemobilität


Die Förderung der Arbeitnehmermobilität ist eine weitere Maßnahme, um Arbeitslosigkeit anzugehen. Die EU verfügt über gemeinsame Vorschriften, um die sozialen Rechte "mobiler" Bürger in Hinblick auf Krankenleistungen, Mutterschafts- und Vaterschaftsleistungen, Familienleistungen oder Arbeitslosenleistungen abzusichern. Des Weiteren gibt es Bestimmungen zur Entsendung von Arbeitnehmern, um gleichen Lohn für gleiche Arbeit sicherzustellen.


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