Ukraine: Wege aus der Krise

Seit Tagen führen Politiker aus Europa und dem Rest der Welt Krisengespräche. Wie soll mit Russland umgegangen werden und wie können weitere Unruhen in der Ukraine verhindert werden? Der deutschen Vorsitzende des Ausschusses für die Zusammenarbeit mit Russland Knut Fleckenstein (S&D) und der polnische Vorsitzende des Ausschusses für die Ukraine Pawel Kowal (EKR) erklären die Prioritäten für die Verhandlungen mit Russland.

Blau-gelbe Flagge
Die ukrainische Flagge über dem Platz der Unabhängigkeit - ©BELGAIMAGE/AFP/G.Savilov

Wie sollte die EU mit Russland umgehen, um die Situation in der Ukraine zu entschärfen?


Knut Fleckenstein: Zuerst müssen wir darauf beharren, dass die russischen Truppen die Ukraine verlassen. Denn sie brechen ganz offensichtlich internationales Recht und internationale Abkommen.


Als zweites sollten wir die Übergangsregierung dabei unterstützen, Lösungen zu finden, die die Interessen der Mehrheit der Bürger widerspiegeln. Diese Lösungen sollten Ukrainer aus allen Landesteilen einschließen und natürlich auch russischsprachige Ukrainer.


Pawel Kowal: Das Wichtigste ist, sich auf internationales Recht zu berufen und die Fakten zu benennen: Die Halbinsel Krim ist Teil der Ukraine und niemand hat das angezweifelt. Die russischen Streitkräfte haben gegen internationale und bilaterale Abkommen verstoßen.


Es wird eine koordinierte und schnelle Antwort der EU gebraucht. Die Mitgliedstaaten, die EU-Institutionen, die USA, die NATO und andere wichtige und vertrauenswürdige Akteure weltweit, müssen schnell die gleiche Nachricht aussenden.


Auf diese Weise zeigen sie, dass es auf der Krim keinen Platz gibt für eine Politik der "vollendeten Tatsachen". Wenn wir das heute oder morgen nicht schaffen, verlieren wir diese Chance.


Können Sanktionen den russischen Präsidenten Wladimir Putin stoppen?


Knut Fleckenstein: Ich würde mich jetzt nicht auf Sanktionen konzentrieren. Ich würde mehr auf Diplomatie und Dialog setzen. Wir erwarten das Gleiche von Russland. Allerdings gibt es bezüglich der Krim keinen Diskussionsraum. Die Truppen müssen die Krim verlassen.


Es ist jetzt auch Zeit für die Regierung in Kiew, zu zeigen, dass sie bereit sind an einer Verfassungsreform zu arbeiten, die eine breite Mehrheit findet. Die Politik der neuen Regierung muss mehr Menschen einbinden und sollte auch die Interessen der Ukrainer berücksichtigen, die im Osten oder Südosten des Landes leben.


Die Lösung "Der Sieger bekommt alles" kommt nach der politischen Krise der vergangenen Monate nicht in Frage. Die derzeitige Situation in der Ukraine kann nur gelöst werden, wenn die Interessen der breiten Mehrheit in den politischen Entscheidungen widergespiegelt werden.


Pawel Kowal: Starker diplomatischer Widerstand sollte der erste Schritt sein. Er kann durch den möglichen Ausschluss aus internationalen Organisationen oder der Aussetzung der Arbeit von Institutionen wie des NATO-Russland-Rates intensiviert werden.


Wenn das nicht ausreicht, sollten gezielte Sanktionen gegen die Politiker verhängt werden, die die Aggressionen gegen die Ukraine unterstützen.


Die Ukraine sollte sich auf internationales Recht berufen und laut und deutlich sagen, dass es sich um die Besetzung ihres Territoriums handelt. Wenn die Ukraine schweigt, wird sie vielleicht der Untätigkeit beschuldigt.