Antoyia Paranova: "Fast die Hälfte aller Frauen in Europa wird einmal Opfer von Gewalt"

Fast die Hälfte aller Frauen in Europa ist einmal in ihrem Leben mit Gewalt konfrontiert. Besorgniserregende Zahlen zeigen, wie viele Frauen und Familien durch Gewalt zerstört werden. Neben den emotionalen Schäden sind auch die wirtschaftlichen Konsequenzen in Europa gravierend. Vor dem Weltfrauentag ruft das Europaparlament dazu auf, gemeinsam Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Wir sprachen mit der bulgarischen Berichterstatterin Antoyia Parvanova (ALDE) über Auswege.

Antonyia Parvanova
Interview mit der bulgarischen EU-Abgeordneten Antonyia Parvanova (ALDE)

Wie verbreitet ist Gewalt gegen Frauen in Europa wirklich?


Es gibt verschiedene Studien, die darauf hinweisen, dass Gewalt gegen Frauen in Europa ein ernstzunehmendes Problem ist.


Die Studie der EU-Agentur für Grundrechte zeigt, dass zwischen 20 und 25 Prozent der Frauen körperliche Gewalt erlebt haben und 10 Prozent sexuelle Übergriffe. Sieben Frauen sterben jedes Jahr an den Folgen von Gewalt und fast die Hälfte der Frauen in Europa wird einmal im Leben Opfer von Gewalt.


Was sind die Folgen?


Wenn Frauen Gewalt erleben, ziehen sie sich häufig aus dem wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Leben zurück. Das hat auch finanzielle Auswirkungen. Der gesamte wirtschaftliche Schaden in der EU wird auf 228 Milliarden Euro im Jahr geschätzt.


Bisher gibt es keine EU-Strategie dagegen. Was könnte verändert werden?


Wir warten seit langem darauf, dass die Europäische Kommission eine gemeinsame Strategie vorlegt oder die Mitgliedstaaten ermutigt, das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu ratifizieren. Bisher ist nichts passiert.


Der Ausschuss für Frauenrechte und Gleichberechtigung fordert die Kommission nun auf, eine Strategie und konkrete Gesetzestexte vorzulegen, um Gewalt gegen Frauen einzudämmen. Außerdem soll die Kommission bessere Daten zu dem Thema zusammentragen, die europaweite Vergleiche ermöglichen.


Rechtlich gesehen ist dies das schärfste mögliche Vorgehen des Europaparlaments.


Darüber hinaus fordern wir dazu auf, 2016 zum EU-Jahr zur Beendigung von Gewalt gegen Frauen zu machen.