Klimaschutz: Europas Eine-Billion-Euro-Plan

Wie Europa seine Projekte zur Bekämpfung des Klimawandels finanzieren und Regionen unterstützen möchte, die am stärksten vom Übergang in eine Green Economy betroffen sind.

Nach der Präsentation des europäischen Grünen Deals (Green Deal) hat die Europäische Kommission im Januar 2020 einen detaillierten Finanzierungsvorschlag vorgestellt. Der Investitionsplan für den europäischen Grünen Deal sieht vor, in den kommenden zehn Jahren öffentliche und private Investitionen in Höhe von mindestens einer Billion Euro zu mobilisieren.

Die Bedeutung des Klima-Investitionsplans


Der EU bis 2050 zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu verhelfen, erfordert massive Investitionen in saubere Energietechnologien. Um ein Emissionsreduktionsziel von 40 Prozent bis 2030 zu erreichen, sind nach Schätzungen der Europäischen Kommission 260 Milliarden Euro an zusätzlichen jährlichen Investitionen notwendig.


Weitere Informationen dazu, wie die EU dem Klimawandel begegnet

Woher sollen die Gelder kommen?


Etwa die Hälfte der erforderlichen Mittel soll aus dem langfristigen EU-Haushalt bereitgestellt werden und zwar über verschiedene Programme, die zu Klima- und Umweltprojekten beitragen, beispielsweise den Agrarfonds, das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation "Horizont Europa" und das LIFE-Programm für Umwelt- und Klimaschutz. Zudem sollten der mindestens 30 % ihrer Fördermittel für Klimaschutzmaßnahmen vorsehen.

Dies wird zu zusätzlicher nationaler Kofinanzierung durch die Mitgliedstaaten führen. Mehr private und öffentliche Investitionen sollen über Mittel von "InvestEU" und des EU-Emissionshandelssystems (ETS) angezogen werden. Weitere Gelder sollen durch den neuen Mechanismus für einen gerechten Übergang mobilisiert werden, mit dem Regionen und Gemeinden unterstützt werden sollen, die am stärksten vom grünen Wandel betroffen sind. Dazu zählen beispielsweise Regionen, die stark von Kohle abhängig sind.

Photovoltaik-Anlagen auf einem Dach
Wie finanzieren wir den ökologischen Wandel? Bild: © Shutterstock.com/Franco Lucato

Der Mechanismus für einen gerechten Übergang


Der Mechanismus wird aus drei Hauptfinanzierungsquellen bestehen:

  • InvestEU-Finanzierungsmitteln und
  • Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB), die durch den EU-Haushalt gesichert werden.

Mit diesen Instrumenten sollen 100 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen angezogen werden. Das Geld könnte verwendet werden, um Arbeitnehmer dabei zu unterstützen, neue Fähigkeiten für die Arbeitsplätze der Zukunft zu entwickeln oder um Unternehmen zu helfen, neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Es könnte auch für Investitionen in saubere Energien und die Wärmedämmung von Häusern aufgewendet werden.

(1) Der Fonds für einen gerechten Übergang


Die Investitionen des Fonds sollen Regionen helfen, die stark von fossilen Brennstoffen wie Kohle abhängig sind, da diese immer noch etwa ein Viertel der Stromerzeugung in der EU ausmacht. Der Kohlesektor in der EU beschäftigt 238.000 Menschen in Kohlebergwerken und Kraftwerken in mehr als 100 europäischen Regionen – von Polen bis Spanien. Im Jahr 2015 gab es 128 Kohleminen in 12 Mitgliedstaaten und 207 Kohlekraftwerke in 21 Mitgliedstaaten.

"Dieser Vorschlag ist eine Botschaft an die Bergleute in Asturien, Westmakedonien oder Schlesien, an die Torfarbeiter in den irischen Midlands, an die baltischen Regionen, die auf Ölschiefer angewiesen sind und viele mehr. Wir wissen, dass sie einen harten Weg zur Klimaneutralität vor sich haben, und wir wissen, dass die Aussicht auf eine andere Zukunft – eine sauberere – im Allgemeinen eine willkommene Aussicht sein mag, aber der Weg dorthin sieht heute entmutigend aus. Der Mechanismus für einen gerechten Übergang mit mindestens 100 Milliarden Euro ist das Versprechen, dass die EU bei diesem Übergang an ihrer Seite steht", sagte der für den Europäischen Grünen Deal zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, bei der Vorstellung des Vorschlags im Europäischen Parlament am 14. Januar 2020.

Im Zuge der Corona-Krise änderte die Kommission ihren Vorschlag für den Fonds für einen gerechten Übergang im Mai 2020 im Rahmen des Corona-Aufbauplans "Next Generation EU" um. 

Das Parlament gab am 18. Mai 2021 grünes Licht für den Fonds für einen gerechten Übergang und bestätigte damit eine im Dezember 2020 mit dem Rat erzielte Einigung über ein 17,5-Milliarden-Euro-Paket, das sich aus 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt für den Zeitraum 2021 bis 2027 und 10 Milliarden Euro aus dem EU-Aufbauplan NextGenerationEU zusammensetzt.

Um sicherzustellen, dass niemand beim Übergang zu einer grüneren Wirtschaft zurückgelassen wird, wird der Fonds hauptsächlich an die am wenigsten entwickelten Regionen, Gebiete in äußerster Randlage und Inseln gehen.

Der Zugang zu finanzieller Unterstützung ist an eine Verpflichtung zum Klimaneutralitätsziel 2050 geknüpft. Müllverbrennung und fossile Brennstoffe sind ausgeschlossen.


Mehr Informationen zum Fonds für einen gerechten Übergang

(2) Sonderregelung im Rahmen des InvestEU-Programms


Das Programm "InvestEU" soll dem Vorschlag der Komission zufolge der Klimafinanzierung Vorrang einräumen und von 2021 bis 2027 Investitionen von insgesamt 45 Milliarden Euro in Projekte für den "gerechten Übergang" anschieben.

Das 2018 ins Leben gerufene Programm ist das Vorzeigeprogramm der EU zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft.

Ende Mai 2020 legte die Kommission gemeinsam mit dem Instrument "Next Generation EU" auch den Vorschlag vor, die Mittel für "InvestEU" aufzustocken und die Förderung von nachhaltigen Infrastrukturen auf 20 Milliarden Euro von den insgesamt 75 Milliarden Euro, die aus dem EU-Haushalt garantiert werden, zu erhöhen.

Im März 2021 billigte das Parlament die Regelungen für das Programm InvestEU, das öffentliche und private Investitionen mobilisieren und einen vereinfachten Zugang zu Finanzierungen garantieren soll.

Das Programm wird 26,2 Milliarden Euro an Zuschüssen aus dem EU-Haushalt erhalten und soll Investitionen in Höhe von fast 400 Milliarden Euro auslösen. Es wird wichtige bereichedes Gesundheitswesens und nachhaltige Projekte unterstützen, welche die ökologischen und sozialen Ziele der EU fördern - so sollen 38 Prozent des Gesamtbudgets für nachhaltige Infrastruktur bereitgestellt werden.


Erfahren Sie, wie InvestEU Investitionen in den Klimaschutz fördert.

(3) Darlehensfazilität für den öffentlichen Sektor


Weitere Mittel könnten aus einer Darlehensfazilität für den öffentlichen Sektor kommen, nämlich 1,5 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen aus dem langfristigen Haushalt und bis zu 10 Milliarden Euro in Form von Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB). Damit sollen öffentliche Investitionen in Höhe von 25 bis 30 Milliarden Euro angeschoben werden, um die am stärksten betroffenen Regionen bei der Bewältigung der Kosten der Dekarbonisierung zu unterstützen. Die geförderten Investitionen können Energie- und Verkehrsinfrastrukturen bis hin zu Fernwärmenetzen und grüne Mobilität betreffen.

Im Juni 2021 billigten die Mitglieder die im April zwischen den Unterhändlern des Parlaments und des Rates erzielte Einigung über eine Darlehensfazilität für den öffentlichen Sektor, die folgende Punkte enthält:

  • mehr Mittel und finanzielle Unterstützung für die Vorbereitungsphase eines Investitionsprojekts
  • Bestimmungen, die sicherstellen, dass die Begünstigten die Grundwerte der EU, den Umweltschutz und die Gleichstellung der Geschlechter respektieren
  • mehr Fokus auf weniger entwickelte Regionen
  • Priorität für Projekte von Begünstigten mit Dekarbonisierungsplänen oder die direkt zur Erreichung der Klima- und Energieziele der Union beitragen

In einer Abstimmung über den Investitionsplan für den europäischen Grünen Deal im November 2020 äußerten die Abgeordneten Bedenken, dass die Corona-Krise die Mobilisierung von Mitteln für grüne Investitionen beeinträchtigen könnte. Der grüne Übergang müsse inklusiv sein und die Prinzipien der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit respektieren und gleichzeitig die Ungleichheiten zwischen den Mitgliedsstaaten reduzieren, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und nachhaltige, hochwertige Arbeitsplätze schaffen.

Weitere Informationen