Weibliche Genitalverstümmelung: Hintergrund und Folgen

Über 200 Millionen Mädchen und Frauen sind weltweit von Genitalverstümmelung betroffen. In welchen Ländern wird die weibliche Beschneidung praktiziert? Warum und mit welchen Folgen?

Gruppenaufnahme der kenianischen Schülerinnen, die die App i-Cut entwickelten
Die Restorers waren unter den Finalisten für den Sacharow-Preis 2019. Sie setzen sich für die Abschaffung von FGM ein.

Die weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation - FGM) bezeichnet die teilweise oder vollständige Entfernung der äußeren weiblichen Genitalien oder andere Verletzungen der weiblichen Geschlechtsorgane ohne medizinische Gründe. Die Verstümmelung erfolgt in der Regel ohne Betäubung mit unhygienischen Hilfsmitteln wie Rasierklingen oder Messern.


Obwohl FGM weltweit als Menschenrechtsverletzung anerkannt ist, sind bis 2030 rund 68 Millionen Mädchen der Gefahr ausgesetzt, beschnitten zu werden. Die Mädchen sind meist unter 15 Jahre alt.


In welchen Ländern kommt die Genitalverstümmelung vor?


Genitalverstümmelung wird in rund 30 Ländern Afrikas und des Nahen Ostens sowie in einigen Ländern Asiens und Lateinamerikas praktiziert. Aufgrund von Migration ist FGM auch in der EU präsent.


FGM kann in allen EU-Mitgliedstaaten strafrechtlich verfolgt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es in einigen Mitgliedstaaten auch möglich, eine im Ausland erfolgte Genitalverstümmelung zu verfolgen. Dennoch leben rund 600.000 beschnittene Frauen in der Europäischen Union und weitere 180.000 Mädchen (in 13 europäischen Ländern) sind dem Risiko ausgesetzt, Opfer von FGM zu werden.


Warum wird FGM durchgeführt?


Die Begründungen für FGM sind vielschichtig und komplex. Praktizierende Gemeinschaften berufen sich auf soziale Normen und Traditionen sowie ästhetische Vorstellungen von Schönheit und Reinheit. Der gesellschaftliche Druck spielt eine wichtige Rolle. Oft werden zudem religiöse Argumente genutzt. Allerdings wurde der Ritus bereits vor der Entstehung des Christentums oder des Islams gepflegt.

Leider immer schon ist der Körper von Frauen ein Kampfplatz. [...] Es geht immer um die Kontrolle von Männern über den Körper der Frau.
Maria Noichl (S&D, Deutschland)
in einer Plenardebatte am 18. Dezember 2019
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Mögliche kurz- und langfristige Folgen der Genitalverstümmelung:

  • Heftige Schmerzen und starker Blutverlust
  • Schwierigkeiten beim Urinieren
  • Zysten, Infektionen, Unfruchtbarkeit
  • Psychische Probleme
  • Einschränkung des sexuellen Empfindens
  • Komplikationen bei Geburten, erhöhtes Risiko für Totgeburten

Das Europäische Parlament möchte FGM ein Ende setzen


Das Europäische Parlament engagiert sich für die weltweite Abschaffung von FGM. Durch die Annahme von Rechtsvorschriften und Entschließungen setzt sich das Parlament aktiv für die internationale Zusammenarbeit ein. Am Mittwoch, den 12. Februar verabschiedeten die EU-Abgeordneten eine neue Entschließung, in der die Europäische Kommission dazu aufgerufen wird, Maßnahmen zur Beendigung von FGM in die neue EU-Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter, die im März präsentiert werden soll, aufzunehmen und für die angemessene Betreuung der Opfer zu sorgen. Die Abgeordneten riefen die Mitgliedstaaten auf, die Istanbul-Konvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu ratifizieren und wiederholten ihre Forderung, Maßnahmen zur Verhinderung von FGM in allen Politikbereichen und insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Asyl, Bildung und Beschäftigung, einfließen zu lassen. Die Abgeordneten brachten auch ihre Sorge über das zunehmende Phänomen der "Medizinisierung" von FGM zum Ausdruck

Was würden wir sagen, wenn es unsere Mütter, Schwestern, Ehefrauen oder Cousinen wären? [...] Wir müssen die Stimme der Frauen sein, die nicht für sich selbst sprechen können.
Frances Fitzgerald (EVP, Irland)
in einer Plenardebatte am 18. Dezember 2019
Quelle "Was würden wir sagen, wenn es unsere Mütter, Schwestern, Ehefrauen oder Cousinen wären? [...] Wir müssen die Stimme der Frauen sein, die nicht für sich selbst sprechen können." wird in einem neuen Fenster geöffnet

Mehr zum Einsatz des Parlaments für die Gleichstellung der Geschlechter


Eine App gegen FGM


Die Restorers, eine Gruppe von fünf kenianischen Schülerinnen, wurde 2019 für den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments nominiert. Sie entwickelten die App i-Cut, die Mädchen dabei behilflich ist, sich gegen FGM zu wehren. Ihre Nominierung war ein wichtiger Schritt im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung und soll Bewusstsein schaffen.

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