Geschlechtsspezifisches Lohngefälle: Zahlen und Fakten (Infografik)

Erfahren Sie mehr über die wirtschaftlichen Ungleichheiten, die zwischen Frauen und Männern in der EU nach wie vor bestehen.

Seit der Verabschiedung der Erklärung von Peking der Vereinten Nationen, die die Gleichstellung von Männern und Frauen fördern soll, sind mehr als 25 Jahre vergangen. Auch die Einheit der Vereinten Nationen für die Gleichstellung und Ermächtigung der Frauen (kurz UN Women) widmet sich der Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung der Rolle der Frau. Schließlich wurde die Gleichstellung der Geschlechter als eines der Ziele für nachhaltige Entwicklung festgelegt.

Aber was ist der Status quo? Obwohl wichtige Fortschritte erzielt wurden, bestehen zwischen Frauen und Männern noch immer Ungleichheiten, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. Denn im Durchschnitt verdienen Frauen weniger als Männer.

Erfahren Sie, wie die EU das geschlechtsspezifische Lohngefälle verringern will.

Das geschlechtsspezifische Lohngefälle verstehen

  • Das geschlechtsspezifische Lohngefälle spiegelt den Unterschied im Durchschnittslohn zwischen Männern und Frauen wider.
  • Das unbereinigte geschlechtsspezifische Lohngefälle ist der Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von weiblichen und männlichen Arbeitnehmern, ausgedrückt als Prozentsatz des Verdienstes von Männern.
  • Faktoren, die sich auf das geschlechtsbedingte Lohngefälle auswirken, wie zum Beispiel Unterschiede in der Bildung, Anzahl der gearbeiteten Stunden, Art der Tätigkeit oder Arbeitsmarkerfahrung werden dabei nicht berücksichtigt.

Wie hoch ist das Lohngefälle in der EU?

In der EU verdienen Frauen im Durchschnitt etwa 12,7 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten bestehen dabei große Unterschiede: Das größte Lohngefälle im Jahr 2021 wurde in Estland (20,5 Prozent) festgestellt, wohingegen es in Rumänien mit 3,6 Prozent am geringsten ausfiel. In Deutschland lag es bei 17,6 Prozent, in Österreich bei 18,8 Prozent. In Luxemburg gibt es kein geschlechtsspezifisches Lohngefälle mehr.

Allerdings bedeutet ein geringeres Lohngefälle nicht zwangsläufig mehr Gleichstellung zwischen den Geschlechtern. Oftmals geht ein geringes geschlechtsspezifisches Lohngefälle mit einer geringeren Erwerbsbeteiligung von Frauen einher. Hohe Lohngefälle hingegen stehen in der Regel mit einem hohen Frauenanteil an Teilzeitbeschäftigten oder einem hohen Frauenanteil in Niedriglohnsektoren in Verbindung.

Erfahren Sie, wie sich das EU-Parlament für Geschlechtergleichstellung engagiert.

Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt

Die Ursachen für die Existenz des geschlechtsspezifischen Lohngefälles sind nicht einfach zu ergründen, denn es müssen viele komplexe Faktoren berücksichtigt werden. Diese gehen weit über den Umstand der gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit hinaus.

Erfahren Sie mehr über die Definition und die Ursachen des geschlechtsspezifischen Lohngefälles.

Wenngleich der Anteil von Frauen mit abgeschlossener Hochschulbildung in der EU höher ist als der der Männer, so ist mit Blick auf den Arbeitsmarkt das Gegenteil der Fall. Laut Zahlen aus dem Jahr 2022 arbeitet fast ein Drittel der Frauen (28 Prozent) im Vergleich zu acht Prozent der Männer in Teilzeit. Zudem sind es in der Regel Frauen, die keiner Beschäftigung nachgehen, um sich um die Kindererziehung und Pflege Angehöriger zu kümmern.

Das geschlechtsspezifische Lohngefälle wird mit zunehmendem Alter immer ausgeprägter. So vergrößert es sich häufig aufgrund von Unterbrechungen der beruflichen Laufbahn von Frauen, obwohl diese Muster von Land zu Land unterschiedlich sind. Außerdem variiert das Lohngefälle nach Wirtschaftssektoren und war 2021 in den meisten EU-Mitgliedstaaten im privaten Sektor höher als im öffentlichen.

Eine Hauptursache für die Existenz des geschlechtsspezifischen Lohngefälles ist die Überrepräsentation von Frauen in Niedriglohnsektoren sowie die Unterrepräsentation in besser bezahlten Sektoren. So waren beispielsweise im Jahr 2021 im EU-Durchschnitt 34,7 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt.

Das geschlechtsspezifische Lohngefälle erhöht für Frauen das Risiko von Altersarmut. Im Jahr 2020 erhielten Frauen über 65 Jahren in der EU durchschnittlich um 28,3 Prozent geringere Renten als Männer. Auch in diesem Fall variiert die Rentenhöhe je nach EU-Mitgliedstaat mit einem Rentengefälle zwischen 41,5 Prozent in Malta und 0,1 Prozent in Estland. In Deutschland betrug das Rentengefälle 39 Prozent und in Österreich 36,2 Prozent.

Was das Parlement gegen das geschlechtsspezifische Löhngefälle unternimmt

Im Dezember 2022 einigten sich Verhandlungsführer aus dem Parlament und den EU-Mitgliedstaaten darauf, dass Unternehmen in der Europäischen Union Informationen offenlegen müssen, mit denen der Vergleich der Gehälter für diejenigen erleichtert wird, die für denselben Arbeitgeber arbeiten. So soll dazu beigetragen werden, dass geschlechtsspezifische Lohnunterschiede aufgedeckt werden.

Im März 2023 nahm das Parlament diese neuen Vorschriften über verbindliche Maßnahmen zur Lohntransparenz an. Wenn die Lohn- und Gehaltsberichte ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von mindestens fünf Prozent ausweisen, müssen die Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern eine gemeinsame Lohnbewertung durchführen. Die EU-Mitgliedstaaten müssen Arbeitgebern, die gegen die Vorschriften verstoßen, Sanktionen auferlegen, zum Beispiel Geldstrafen. Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen müssen geschlechtsneutral sein.

Der Rat muss die Vereinbarung noch formell genehmigen, damit die Vorschriften in Kraft treten können.