Neuer US-Präsident: Hoffnung auf Neustart für transatlantische Beziehungen 

Pressemitteilung 
 
 

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Debatte mit den Präsidenten von Rat und Kommission über die jüngsten politischen Entwicklungen in den USA© European Union 2021 - EP  

Die Abgeordneten begrüßen die Amtseinführung von Joe Biden als Chance für Europa, für die Stärkung der Beziehungen zwischen EU und USA, und um gemeinsame Herausforderungen anzugehen.

Am Mittwochmorgen diskutierten die Abgeordneten mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, und der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, über die Amtseinführung von Joe Biden als neuer US-Präsident und die politische Lage in den Vereinigten Staaten.


Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, eröffnete die Debatte mit den Worten: "Heute bietet sich die Gelegenheit, unsere transatlantischen Beziehungen, die in den letzten vier Jahren sehr gelitten haben, mit neuem Leben zu erfüllen. In dieser Zeit ist die Welt komplexer, weniger stabil und weniger vorhersehbar geworden. Mehr als je zuvor erfordert dies von uns Europäern, dass wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen, um unsere Interessen zu verteidigen und unsere Werte zu fördern. Gemeinsam mit den USA müssen wir ein Fundament für eine auf Regeln beruhende internationale Ordnung bilden und uns für Frieden, Sicherheit, Wohlstand, Freiheit, Menschenrechte und Gleichberechtigung einsetzen."


Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fuhr fort: "Europa hat jetzt einen Freund im Weißen Haus und ist bereit für einen Neuanfang mit seinem ältesten und vertrautesten Partner. Wir müssen den globalen Wandel auf der Grundlage gemeinsamer Werte vorantreiben", bei Demokratie, Klimawandel, dem Umgang mit der Pandemie und der Digitalisierung. Mit Blick auf den online organisierten Sturm auf das Kapitol sowie auf Hassreden und Desinformation, die sich über soziale Medien verbreiten, rief von der Leyen zur Zusammenarbeit mit den USA auf, um Technologie-Giganten zu regulieren. "Die ungezügelte politische Macht der Internet-Giganten muss eingedämmt werden", da ihr Verhalten durch Gesetze diktiert werden müsse und nicht durch "willkürliche Entscheidungen eines Geschäftsführers aus dem Silicon Valley", sagte sie.


Technologie-Giganten regulieren, Populismus bekämpfen, gemeinsame Herausforderungen angehen


Manfred Weber (EVP, DE) betonte: "Heute ist ein Tag der Hoffnung. Vier Jahre gesellschaftlicher Spaltung liegen nun hinter uns". Er fügte hinzu, dass Europa den USA keine Lehren zu erteilen haben, da Europa mit den gleichen Problemen kämpfe. "Soziale Medien heben extremistische Positionen hervor. Die Technologie-Giganten brauchen klare Regeln - sie müssen der Gesellschaft dienen". Es sei auch wichtig, die Sorgen der Trump-Wähler ernst zu nehmen, sagte Weber. "Grenzen zu schützen, das ist kein Extremismus“. "Lassen Sie uns unsere gemeinsamen Werte und Institutionen gemeinsam verteidigen", schloss er.


"Ungleichheit ignorieren, das ist die Ursache für einige der schlimmsten Umwälzungen der letzten Jahre, wie Brexit und Trumpismus", sagte Iratxe García Pérez (S&D, ES) und merkte an, dass alle Demokratien, selbst die stärksten, verwundbar seien. Die entsetzlichen Szenen des Sturms auf das Kapitol beweisen, dass "wir gegen Desinformation kämpfen müssen". Eine weitere gemeinsame Herausforderung von EU und USA sei der Wiederaufbau des multilateralen Systems und sicherzustellen, dass Regeln und demokratische Institutionen respektiert werden, so García Pérez abschließend.


"Der Sturm auf das Kapitol hat klare Gründe", sagte Dacian Ciolos (Renew, RO). "Populismus, die Verfolgung eigener Interessen, während man ein öffentliches Amt bekleidet, Polarisierung und Lügen, die vom Inhaber des höchsten Amts des Landes erfunden und propagiert werden. Keine Demokratie der Welt ist vor diesen Gefahren gefeit", sagte er. Der heutige Tag sei "eine Gelegenheit, die wir nicht verpassen dürfen. Wir müssen die Ärmel hochkrempeln und unsere Partnerschaft neu gestalten (...) und eine gemeinsame Vision finden, wie wir mit gemeinsamen Herausforderungen umgehen können", wie zum Beispiel der Abbau von Handelsspannungen, die Bekämpfung des Klimawandels und der Umgang mit den Technologie-Giganten, fügte er hinzu.


Jerome Riviere (ID, FR) sagte, der Angriff auf den „Tempel der US-Demokratie“ sei unverzeihlich. Er verurteilte, dass fast alle sozialen Medien einen demokratisch gewählten Präsidenten, der noch im Amt war, blockierten und damit das grundlegende demokratische Prinzip der Meinungsfreiheit verletzten. Er sagte, dass die Niederlage von Donald Trump nichts an der politischen Agenda der USA ändere, "die darin besteht, die Menschen weltweit zu dominieren".


Ska Keller (Grüne/EFA, DE) forderte, die Grundfreiheiten und die Rechtsstaatlichkeit zu schützen. Die Ereignisse auf dem Kapitolshügel seien die direkte Folge von Trumps Ermutigung und "vier Jahren täglicher Lügen und Verachtung von Fakten". Ist Europa sicher vor Populismus und Demagogen, vor Desinformation und Angriffen auf die Rechtsstaatlichkeit, fragte sie und verwies auf die Brexit-Kampagne "voll von dreisten Lügen und falschen Versprechungen", auf die "unglaubliche Missachtung der Selbstbestimmung der Frauen über ihren eigenen Körper" durch die polnische Regierung und auf "Viktor Orbans systematische Demontage der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn".


Derk Jan Eppink (EKR, NL) warnte davor, die öffentliche Debatte durch Tech-Giganten oder Politiker zum Schweigen zu bringen und gab zu, dass "Internet-Giganten ihre dominante Position missbrauchen. Ihre Macht muss gebrochen werden". Aber während Demokraten "nach vier Jahren Trump traumatisiert sein mögen, [...] sollten die neuen Amtsinhaber davon absehen, abweichende Meinungen zu kriminalisieren. Unbequeme Fragen zu stellen, ist der Kern der Demokratie", fügte er hinzu.


Martin Schirdewan (Die Linke, DE) sagte, vier Jahre Trump hätten das Vertrauen in die Demokratie untergraben, das wiederhergestellt und gestärkt werden müsse. Ein neuer US-Präsident müsse auch einen Neuanfang im transatlantischen Verhältnis signalisieren. Für seine Fraktion seien die Forderungen klar: eine Rückkehr zum Multilateralismus, eine gemeinsame Politik, die sich für den Klimaschutz einsetzt, und das gemeinsame Eintreten für eine friedliche Weltordnung.


Video der gesamten Debatte (20.01.2021)


Links zu den einzelnen Redebeiträgen:


Charles MICHEL Präsident des Europäischen Rates

Ursula von der LEYEN, Präsidentin der Europäischen Kommission

Manfred WEBER (EVP, DE)

Iratxe GARCÍA PÉREZ (S&D, ES)

Dacian CIOLOŞ (Renew, RO)

Jérôme RIVIERE (ID, FR)

Ska KELLER (Grüne/EFA, DE)

Derk Jan EPPINK (ECR, NL)

Martin SCHIRDEWAN (Fraktion Die Linke, DE)

Tiziana BEGHIN (NI, IT)

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