Tichanowskaja: „Europa muss autokratischen Systemen proaktiver begegnen” 

Pressemitteilung 
 
 

Diese Seite teilen: 

Svetlana Tichanowskaja forderte Europa auf, die demokratischen Kräfte in Belarus stärker zu unterstützen © European Union 2021  

In einer Rede vor den Abgeordneten forderte die belarussische Oppositionsführerin Svetlana Tichanowskaja Europa auf, der Stimme des belarussischen Volkes mehr Gehör zu verschaffen.

In seiner Eröffnungsrede sagte der Präsident des Europäischen Parlaments David Sassoli: „Svetlana ist ein Symbol für den Kampf für Demokratie und Freiheit und eine Stimme für viele politische Gefangene, die derzeit in Belarus inhaftiert sind. (...) Das Regime hat nicht davor zurückgeschreckt, Männer, Frauen und Kinder, die schutzbedürftig waren, auszunutzen, (…) und zwar einzig und allein zu dem Zweck, die Europäische Union zu destabilisieren.“ Sassoli sagte abschließend: „Dieses Parlament fordert die anderen Institutionen dazu auf, sich für die Verteidigung der Grundrechte einzusetzen.“


In ihrer Rede blickte Svetlana Tichanowskaja zunächst auf das brutale Vorgehen des belarussischen Regimes gegen Demonstranten und Andersdenkende nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen im August letzten Jahres zurück. Sie sprach über all diejenigen, die von den belarussischen Sicherheitskräften ins Visier genommen, inhaftiert oder sogar getötet wurden, wie der Menschenrechtsaktivist Ales Bialiatski, der Blogger Roman Protasewitsch, die politische Aktivistin Maria Kalesnikawa, der Kunstlehrer Roman Bandarenka, die Journalistinnen Daria Tchultsova und Katsiaryna Andreeva, die Olympionikin Krystsina Tsimanouskaya und viele mehr.


Dabei stellte sie den Abgeordneten eine klare Frage: „Angenommen, der Missbrauch von Migranten wird irgendwie gestoppt, gehen Sie dann wirklich davon aus, dass der Missbrauch und die Drohungen des Regimes jenseits der Grenzen aufhören?", fragte sie und warnte vor einer Zunahme des Schmuggels von Drogen und anderer illegaler Waren, militärischen Provokationen und sogar nuklearen Katastrophen an den Außengrenzen der EU.


Dreiteilige Strategie gegenüber Belarus erforderlich


Tichanowskaja betonte auch, dass die belarussische Demokratiebewegung es sich nicht leisten könne, noch länger auf Europa zu warten, dass europäische Solidaritätsbekundungen und Besorgnis nun in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden müssten und dass Europa gegenüber der Autokratie „proaktiver“ werden müsse.


Zu den europäischen Sanktionen sagte sie: „Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass Sanktionen wirken. Halten Sie weiter an einer konsequenten Sanktionspolitik fest. Sanktionen spalten die Eliten, zerstören Korruptionsmechanismen und spalten die Menschen um Lukaschenka", betonte sie.


Tichanowskaja plädierte auch dafür, dass Europa und die demokratischen Kräfte in Belarus solidarischer zusammenstehen sollten. „Vergessen wir nicht die belarussischen Gefangenen aus Gewissensgründen und helfen wir denjenigen, die gezwungen wurden, das Land zu verlassen. Heute hängt nicht nur die Demokratie in Belarus, sondern auch die Demokratie in Europa davon ab, ob wir diesen Weg gemeinsam gehen werden", schloss sie.


Die sicherheitspolitischen und humanitären Folgen der Situation in Belarus


Am Dienstagnachmittag fand eine andere Plenardebatte mit der slowenischen Außenministerin Anže Logar als Vertreterin der Ratspräsidentschaft und dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Margaritis Schinas, zu den sicherheitspolitischen und humanitären Folgen der Lage in Belarus und an der Grenze des Landes zur EU statt.


Hier können Sie sowohl die Rede Tichanowskajas (24.11.2021) als auch die Debatte vom Dienstag (23.11.2021) noch einmal ansehen.