EU muss besser gegen ausländische Einmischung und Desinformation gerüstet sein 

Pressemitteilung 
 
 

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  • Böswillige und autoritäre Mächte wie Russland oder China manipulieren Informationen, um die Demokratie in der EU zu zersetzen 
  • Bevölkerung und Regierungen sind sich der Bedrohung durch ausländische Akteure größtenteils nicht bewusst 
  • Sanktionen gegen ausländische Einmischung und Desinformationskampagnen nötig 
  • Die Behörden sollten in Betracht ziehen, Organisationen, die ausländische Staatspropaganda verbreiten, die Lizenz zu entziehen. 
Die Europäer, einschließlich der Politiker, sind sich der Bedrohung durch Desinformation oft nicht bewusst © DIGITALSHAPE / AdobeStock  

Die Abgeordneten warnen: Fehlende Maßnahmen und mangelndes Bewusstsein in der EU laden böswillige ausländische Akteure zur Einmischung ein und gefährden die Demokratie.

Der Sonderausschuss des Parlaments zu Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der EU, einschließlich Desinformation, hat untersucht, wie böswillige ausländische Akteure Informationen manipulieren und demokratische Prozesse in der EU unterwandern. Dabei kam er zu dem Schluss, dass diese Akteure ohne Angst vor Konsequenzen Wahlen beeinflussen, Cyberangriffe durchführen, ehemalige hochrangige Politiker anwerben und die Polarisierung der öffentlichen Debatte vorantreiben können.

Der Bericht des Sonderausschusses zeigt, dass vielen nicht bewusst ist, wie stark sich ausländische Mächte einmischen und Informationen manipulieren – vor allem Russland und China. Gesetzeslücken und mangelnde Abstimmung der Mitgliedstaaten untereinander verschärften dieses Problem.

Im laufenden Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die russische Regierung bewiesen, dass „selbst Informationen als Waffe eingesetzt werden können", da Russland „Falschinformationen von beispielloser Heimtücke und in beispiellosem Ausmaß“ verbreitet, um seine Bürger im eigenen Land und die internationale Gemeinschaft zu täuschen. Das Parlament begrüßt das kürzlich eingeführte EU-weite Verbot von russischen Propagandasendern wie Sputnik TV und RT.

Gegenmaßnahmen

Das Parlament fordert von der EU eine gemeinsame Strategie gegen ausländische Einmischung und Desinformationskampagnen. Nötig seien etwa gezielte Sanktionen in diesem Zusammenhang. Die EU müsse auch Organisationen der Zivilgesellschaft einbeziehen. Diese sollten das Bewusstsein der Öffentlichkeit schärfen und allgemeine Informationen verbreiten, wie es etwa Organisationen in Taiwan erfolgreich getan haben. Außerdem sollten sie aufzeigen, wie wichtig länderübergreifende Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Partnern ist.

Das Parlament gibt außerdem folgende Empfehlungen:

  • Breit aufgestellte, pluralistische, unabhängige Medien sowie in Journalismus, Faktenprüfung und Forschung Tätige sollen öffentliche Gelder erhalten.
  • Organisationen, die ausländische Staatspropaganda verbreiten, müsse man nötigenfalls die Lizenz entziehen.
  • Soziale Medien würden oft für Einmischung aus dem Ausland missbraucht. Sie dürften deshalb unglaubwürdige Konten, die schädlicher ausländischer Einmischung den Weg bahnen, nicht länger gewähren lassen. Das gelte auch für Inhalte in anderen Sprachen als Englisch.
  • Europäische Hochschulen sollten ihre Zusammenarbeit mit Konfuzius-Instituten überdenken, denn sie leisten Lobbyarbeit für China.
  • Es müsse Licht in „höchst unangemessene“ Beziehungen zwischen bestimmten europäischen Parteien und Russland gebracht werden.
  • Europäische Parteien sollten keine Gelder aus dem Ausland mehr annehmen dürfen.
  • Die EU müsse dringend für mehr Sicherheit im Internet sorgen und Überwachungssoftware wie Pegasus als gesetzeswidrig einstufen. Ausländische Akteure sollten es künftig schwerer haben, ehemalige Spitzenpolitiker nach dem Ende ihrer politischen Karriere anzuwerben.

Der Bericht wurde mit 552 zu 81 Stimmen bei 60 Enthaltungen angenommen. Ausführlichere Empfehlungen finden Sie hier.


Zitat

Die Berichterstatterin Sandra Kalniete (EVP, Lettland) sagte dazu: „Solange der Krieg in der Ukraine andauert, müssen Online-Plattformen und Technologieunternehmen Stellung beziehen, indem sie Konten sperren, die Aggression, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnen, verherrlichen oder rechtfertigen. Langfristig brauchen wir eine klare Strategie der Europäischen Kommission und wirklich verbindliche EU-Vorschriften zur Rechenschaftspflicht und Transparenz für Online-Plattformen. Resilienz muss unser Schutzschild sein - wir sollten massiv in die Unterstützung unabhängiger Qualitätsmedien investieren, auch in der Nachbarschaft der EU."

Der Vorsitzende Raphaël Glucksmann (S&D, Frankreich) erklärte: „Zwanzig Jahre lang haben die europäischen Eliten, im Glauben an den Mythos vom ‚Ende der Geschichte‘ und in der Überzeugung, dass sie keine Feinde mehr haben, eine rätselhafte Naivität und eine alles andere als unschuldige Leichtfertigkeit an den Tag gelegt. Dieser Ausschuss, der eingerichtet wurde, um diese Trägheit zu beenden, hat sich dafür eingesetzt, Europa wachzurütteln, damit unsere Demokratien lernen, sich zu verteidigen.“

Hintergrundinformationen

Das Parlament richtete den Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation (INGE), im Juni 2020 ein. Nach rund 50 Anhörungen mit etwa 130 Fachleuten endet das Mandat des Ausschusses nach eineinhalb Jahren am 23. März.