Klimaschutz: Einigung über ehrgeizigeren EU-Emissionshandel (ETS)
- Die Emissionen in den ETS-Sektoren müssen bis 2030 um 62% gesenkt werden.
- Kostenlose Emissionszertifikate werden ab 2026 auslaufen und bis 2034 abgeschafft
- Ein ETS II für Emissionen aus dem Gebäude- und Straßenverkehrssektor kommt ab 2027
Am Sonntagmorgen einigten sich Parlament und Rat auf die Reform des EU-Emissionshandels. Industrieemissionen sollen sinken und mehr Geld in klimafreundliche Technologien fließen.
Das EU-Emissionshandelssystem (ETS) ist das Herzstück der europäischen Klimapolitik und der Schlüssel für die Klimaneutralität der EU. Es setzt einen Preis für Treibhausgasemissionen fest und führt so zu deutlich niedrigeren EU-Emissionen. Die Industrie erhält einen Anreiz, ihre Emissionen zu verringern und in klimafreundliche Technologien zu investieren.
Erhöhte Ambitionen für 2030
Die Emissionen in den ETS-Sektoren müssen bis 2030 um 62 % gegenüber 2005 gesenkt werden, das ist ein Prozentpunkt mehr als von der Kommission vorgeschlagen. Um diese Verringerung zu erreichen, wird die EU-weite Menge an Zertifikaten einmalig um 90 Mio. t CO2-Äquivalente im Jahr 2024 und 27 Mio. t im Jahr 2026 verringert. Zusätzlich werden zwischen 2024 und 2027 jährlich 4,3 % weniger Zertifikate vergeben und von 2028 bis 2030 4,4 % weniger.
Auslaufen der kostenlosen Emissionszertifikate für Unternehmen
Die kostenlosen ETS-Zertifikate für die Industrie werden wie folgt schrittweise abgebaut:
2026: 2,5 % weniger, 2027: 5 %, 2028: 10 %, 2029: 22,5 %, 2030: 48,5 %, 2031: 61 %, 2032: 73,5 %, 2033: 86 %, 2034: 100 %
Anfang vergangener Woche hatten sich die Europaabgeordneten auch mit den Vertretern der EU-Regierungen auf ein neues CO2-Grenzausgleichsystems (Carbon Border Adjustment Mechanism - CBAM) geeinigt. Die CBAM-Einigung soll die Verlagerung von CO2-Emissionen ins Nicht-EU-Ausland verhindern und wird parallel zum Auslaufen der kostenlosen ETS-Zertifikate eingeführt. CBAM wird daher im Jahr 2026 die Arbeit aufnehmen und bis 2034 vollständig eingeführt sein.
Bis 2025 analysiert die Kommission, ob ein Risiko besteht, dass CO2-Emissionen ins Ausland verlagert werden für Waren, die in der EU produziert werden aber für den Export in Nicht-EU-Länder bestimmt sind. Falls notwendig soll die Kommission dann einen WHO-konformen Legislativvorschlag vorlegen, um das zu verhindern. Darüber hinaus werden die Einkünfte aus schätzungsweise 47,5 Millionen Zertifikaten verwendet, um das Risiko einer exportbedingten Verlagerung von CO2-Emissionen zu verringern.
Ein ETS II für Gebäude und Verkehr
Ein zweiter neuer Emissionshandel (ETS II) für CO2-Emissionen im Straßenverkehr und von Gebäuden wird bis 2027 eingeführt. Dies ist ein Jahr später als von der Kommission vorgeschlagen. Wie vom Parlament gefordert, werden auch fossile Brennstoffe für andere Sektoren wie das verarbeitende Gewerbe einbezogen.
Sollten Energiepreise außergewöhnlich hoch sein, kann das ETS II bis 2028 verschoben werden, um die Bürger*innen vor zu hohen Kosten zu schützen. Außerdem wird ein neuer Preisstabilitätsmechanismus eingeführt. So werden 20 Millionen zusätzliche ETS II-Zertifikate freigegeben, wenn der Preis für ein Zertifikat über 45 EUR steigt.
Finanzierung des grünen Übergangs
Es werden mehr Mittel für innovative Technologien und die Modernisierung des Energiesystems bereitgestellt.
Der Innovationsfonds wird von derzeit 450 auf 575 Millionen Zertifikate aufgestockt.
Der Modernisierungsfonds für zehn EU-Staaten mit niedrigeren Einkommen wird aufgestockt. Es werden zusätzlich 2,5 % der Zertifikate versteigert, um EU-Länder zu unterstützen, in denen das Pro-Kopf-BIP weniger als 75 % des EU-Durchschnitts beträgt.
Alle nationalen Einnahmen aus der Versteigerung von ETS-Zertifikaten sollen für klimarelevante Aktivitäten ausgegeben werden.
Die Europaabgeordneten und der Rat einigten sich auch auf die Einrichtung eines EU-Klima-Sozialfonds für besonders gefährdete Personen. Eine ausführlichere Pressemitteilung dazu finden Sie hier.
Einbeziehung von Emissionen aus der Schifffahrt
Wie vom Parlament mehrfach gefordert, wird das Emissionshandelssystem erstmals auf den Seeverkehr ausgeweitet. Weitere Informationen zu diesem Teil der Vereinbarung finden Sie hier (EP-Pressemitteilung, EN, 30.11.2022).
Marktstabilitätsreserve
24 % aller ETS-Zertifikate werden in die Marktstabilitätsreserve eingestellt, um mögliche Ungleichgewichte auszugleichen zwischen Angebot und Nachfrage für CO2-Zertifikate nach externen Schocks wie COVID-19.
Abfall
Die EU-Staaten müssen ab 2024 die Treibhausgasemissionen von Verbrennungsanlagen für Siedlungsabfälle messen, melden und prüfen. Bis zum 31. Januar 2026 legt die Kommission einen Bericht vor, um solche Anlagen ab 2028 in den EU-Emissionshandel einzubeziehen, mit einer möglichen Ausnahme bis spätestens 2030.
Zitat
Nach dem nächtlichen Kompromiss sagte der Berichterstatter Peter Liese (EVP, DE): "Diese Einigung wird bei geringen Kosten einen großen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten. Sie wird den Bürgerinnen und Bürgern und der Industrie in schwierigen Zeiten eine Atempause verschaffen und ein klares Signal an die europäische Industrie geben, dass es sich lohnt, in grüne Technologien zu investieren."
Weitere Details wurden in einer Online-Pressekonferenz am Montag, den 19. Dezember ab 10:30 Uhr erläutert. Die Aufzeichnung der Konferenz finden Sie hier.
Die nächsten Schritte
Bevor das neue Gesetz in Kraft treten kann, müssen das Parlament und der Rat die Vereinbarung förmlich verabschieden.
Hintergrund
Das Emissionshandelssystem ist Teil des Pakets "Fit for 55 in 2030", mit dem die EU ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 im Einklang mit dem europäischen Klimagesetz um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 senken will. Die Europaabgeordneten haben bereits Vereinbarungen mit den EU-Regierungen über CBAM, CO2-Autos, LULUCF, Effort Sharing und ETS-Luftverkehr ausgehandelt.
Kontakt:
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Thomas HAAHR
Press Officer -
Thilo KUNZEMANN
Pressereferent in Deutschland -
Armin WISDORFF
Pressereferent -
Bernhard SCHINWALD
Press Officer in Austria