Gewalt gegen Frauen bekämpfen: Parlament unterstützt Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention
- EU sollte auf Wunsch der EU-Kommission dem Übereinkommen schon 2016 beitreten
- Die Ratifizierung geriet aufgrund der Zurückhaltung einiger EU-Länder ins Stocken
- EU-Gerichtshof bestätigte 2021, dass die EU das Übereinkommen von Istanbul auch bei fehlender Einstimmigkeit ratifizieren kann
- Der Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention entbindet die Mitgliedstaaten nicht davon, die Konvention selbst zu ratifizieren
- Jede dritte Frau in der EU ist mindestens einmal Opfer körperlicher und/oder sexueller Gewalt geworden ist
Die Abgeordneten haben für den Beitritt der EU zum Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gestimmt.
Mit der Abstimmung ist die Beteiligung des Parlaments an diesem Verfahren abgeschlossen.
Sechs Jahre, nachdem die EU das Übereinkommen von Istanbul - das erste rechtsverbindliche internationale Instrument zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf internationaler Ebene - unterzeichnet hat, hat sie es immer noch nicht ratifiziert, weil sich einige Mitgliedstaaten weigern, trotz mehrfacher Aufforderung durch das Europäische Parlament. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch in seinem Gutachten vom 6. Oktober 2021 bestätigt, dass die Europäische Union das Übereinkommen von Istanbul auch bei fehlender Einstimmigkeit ratifizieren kann.
Der Gerichtshof stellte fest, dass die geeignete Rechtsgrundlage in dieser Sache sich auf Asyl, Justizzusammenarbeit in Strafsachen und die Verpflichtungen der Organe der EU und der öffentlichen Verwaltung bezieht. Dementsprechend gaben die Abgeordneten am Mittwoch in zwei getrennten Abstimmungen grünes Licht:
- In Bezug auf die Organe und die öffentliche Verwaltung der Union mit 472 Stimmen gegen 62 bei 73 Enthaltungen sowie
- in Bezug auf Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen, mit 464 Stimmen gegen 81 bei 45 Enthaltungen.
Der Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul entbindet die Mitgliedstaaten nicht davon, die Konvention selbst zu ratifizieren. Die Abgeordneten haben die verbleibenden sechs Länder - Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Lettland, Litauen und die Slowakei - wiederholt aufgefordert, die Konvention unverzüglich zu ratifizieren, damit sie die Frauen im vollen Umfang des vorgesehenen Geltungsbereichs des Übereinkommens schützen kann.
Zitate
Łukasz Kohut (S&D, Polen), Berichterstatter für den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte: „Geschlechtsspezifische Gewalt ist das größte ungelöste Alltagsproblem in Europa. Jede dritte Frau in der EU hat körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt - das sind rund 62 Millionen Frauen. Genug ist genug! Das Übereinkommen von Istanbul gilt als das wirksamste Instrument zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt, da es konkrete Verpflichtungen mit sich bringt. Ein europäischer Rechtsrahmen gegen Gewalt wird Frauen und Mädchen in Europa schützen, und zwar durch den Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul."
Arba Kokalari (EVP, Schweden), Berichterstatterin für den Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, sagte: "Es ist an der Zeit, dass die EU das Übereinkommen von Istanbul ratifiziert. Sie muss den Worten Taten folgen lassen, um geschlechtsspezifische Gewalt zu stoppen, die Opfer zu schützen und die Täter zu bestrafen. Ich bin froh, dass die EU endlich die notwendigen Schritte für die Sicherheit und die Grundfreiheiten der Frauen in Europa unternimmt. Nachdem das Europäische Parlament fast zehn Jahre lang darauf gedrängt hat, wird die Ratifizierung des Übereinkommens nun die Standards bei der Bekämpfung und Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt erhöhen."
Nächste Schritte
Der Rat kann nun den Beitritt der EU zu dem Übereinkommen abschließen.
Hintergrund
Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul) ist der erste internationale Text, der Gewalt gegen Frauen rechtlich definiert und einen umfassenden Rahmen rechtlicher und politischer Maßnahmen zur Verhütung solcher Gewalt, zur Unterstützung der Opfer und zur Bestrafung der Täter schafft.
Im Oktober 2015 verabschiedete die Kommission einen Fahrplan, demzufolge der Beitritt der EU zum Übereinkommen einen kohärenten Rahmen auf EU-Ebene für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen schaffen, die Verhütung von Gewalt für alle Frauen verbessern sowie einen besseren Schutz und eine bessere Unterstützung für Frauen und Kinder, die Opfer von Gewalt geworden sind, und für bestimmte Gruppen von Frauen bieten würde.
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