Ungarische Regierung bedroht EU-Werte, -Organe und -Fonds
- EU-Organe, -Werte und -Fonds müssen während der kommenden ungarischen Ratspräsidentschaft geschützt werden
- Die EU darf „keinesfalls Erpressungsversuchen nachgeben und auch ihre strategischen Interessen und jene ihrer Verbündeten nicht zum Gegenstand von Verhandlungen machen“, da sie „andernfalls ihre Werte aufgäbe“
- Keine EU-Gelder, solange Mängel bestehen
- Abgeordnete prüfen mögliche rechtliche Schritte gegen die Entscheidung der Kommission, 10,2 Milliarden Euro freizugeben
Das Parlament verurteilt die vorsätzlichen, anhaltenden und systematischen Bemühungen der Regierung Ungarns, die Grundwerte der EU aufzuweichen.
In einer am Donnerstag mit 345 Ja-Stimmen, 104 Nein-Stimmen und 29 Enthaltungen angenommenen Entschließung äußern die Abgeordneten große Besorgnis über die weitere Aushöhlung der Demokratie sowie die Verschlechterung Lage der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn, insbesondere durch das kürzlich verabschiedete so genannte „Paket zum Schutz der nationalen Souveränität", das mit dem russischen Gesetz über „ausländische Agenten“ verglichen wurde.
Verstöße gegen die EU-Verträge
Das Parlament „bedauert zutiefst, dass der Rat in den laufenden Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 EUV keine nennenswerten Fortschritte erzielt“ – nachdem das Parlament diesen Mechanismus 2018 aktiviert hatte – und fordert den Europäischen Rat auf, nun tätig zu werden und festzustellen, ob eine „schwerwiegende und anhaltende Verletzung der Werte der Union im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 EUV“ durch Ungarn vorliegt. Die Abgeordneten verurteilen auch die Handlungen des Ministerpräsidenten Ungarns, Viktor Orbán, „aufs Schärfste“, der entschieden hat, den Beschluss zur grundlegenden Überarbeitung des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR), der auch das Hilfspaket für die Ukraine umfasst, „unter vollständiger Missachtung und Verletzung der strategischen Interessen der EU zu blockieren“. Derlei Handlungen verstoßen zudem gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, so die Abgeordneten. Die EU darf „keinesfalls Erpressungsversuchen nachgeben“.
Schutz der EU-Gelder
Das Parlament bedauert die Entscheidung der Kommission, bis zu 10,2 Milliarden Euro an zuvor eingefrorenen Mitteln freizugeben, obwohl Ungarn die geforderten Reformen in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz nicht erfüllt und die Kommission vor kurzem die im Rahmen der Konditionalitätsverordnung angenommenen Maßnahmen verlängert hat.
Außerdem verurteilen die Abgeordneten die systematische Diskriminierung von Akademikern, Journalisten, politischen Parteien und der Zivilgesellschaft bei der Mittelvergabe. Sie bedauern, dass Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge „intransparent sind und manipuliert werden“, dass der Staat und Unternehmen mit Verbindungen zum Ministerpräsidenten anderen Unternehmen Übernahmeangebote vorlegen und dass sich „Personen, die der Regierung nahestehen, unter Inanspruchnahme von EU-Mitteln bereichern“.
Das Parlament betont, dass die für die Freigabe von EU-Mitteln erforderlichen Maßnahmen, wie sie in den einschlägigen Vorschriften festgelegt sind, als „einziges, integriertes Paket“ zu sehen sind und selbst dann, wenn in einem oder mehreren Bereichen Fortschritte erzielt wurden, keine Zahlungen getätigt werden sollten, wenn in einem anderen Bereich nach wie vor Mängel bestehen. Das Parlament wird prüfen, ob rechtliche Schritte eingeleitet werden sollten, um die Entscheidung über die teilweise Freigabe von Mitteln zu kippen, und weist darauf hin, dass es alle ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen und politischen Maßnahmen nutzen kann, wenn die Kommission ihre Pflichten als Hüterin der Verträge und zum Schutz der finanziellen Interessen der EU verletzt.
Der bevorstehende ungarische Ratsvorsitz
Die Abgeordneten stellen infrage, ob die Regierung Ungarns in der Lage sein wird, ihre Pflichten in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 zu erfüllen, und weisen darauf hin, dass diese Pflichten während der sechsmonatigen ungarischen Ratspräsidentschaft auf den ungarischen Ministerpräsidenten übergehen würden, wenn der Posten des Präsidenten des Europäischen Rates nicht besetzt ist. Die Abgeordneten fordern den Rat auf, geeignete Lösungen zu finden, um diese Risiken zu mindern, und verlangen, „umgehend Verfahren zur Reform des Entscheidungsverfahrens im Rat einzuleiten, um „dem missbräuchlichen Rückgriff auf das Vetorecht und Erpressungsmaßnahmen“ ein Ende zu setzen.
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