Razan Zaitouneh – 2011, „Arabischer Frühling“, Syrien

Obwohl sie bedroht wurde, verurteilte Razan Zaitouneh mutig die Menschenrechtsverletzungen sowohl durch das Regime in Damaskus als auch durch die Rebellenkämpfer. Sie wurde zusammen mit ihrem Ehemann und Mitaktivisten Wael Hamada und zwei Kollegen, dem Dichter und Rechtsanwalt Nazem Hamadi und der ehemals politischen Gefangenen Samira Khalil entführt. Beide arbeiteten für das Büro der beiden von ihr in Duma gegründeten Gruppen, dem Dokumentationszentrum für Menschenrechtsverletzungen und dem Förderbüro für Kleinprojekte.
Razan Zaitouneh ist eine der bekanntesten und glaubwürdigsten zivilgesellschaftlichen Aktivistinnen der syrischen Revolution. Ihre Entführung wird von syrischen Kommentatoren als bezeichnend für die Spaltung der zivilen Kräfte und der Extremisten erachtet und als ein Ereignis, das der Auflehnung Syriens gegen Baschar al-Assad einen schweren Schlag versetzt hat. Von Razan Zaitouneh fehlt nach wie vor jede Spur. Ihre Entführer und ihr Aufenthaltsort sind unbekannt.
Ihre Familie hat um internationale Hilfe ersucht, um sie und ihre Kollegen zu finden. In einer im April 2014 veröffentlichten Erklärung ihrer Familie heißt es: „Wir, die Familie von Razan Zaitouneh, der Menschenrechtsaktivistin, der Anwältin, der Schriftstellerin und vor allem dem Menschen, geben diese Erklärung mehr als drei Monate nach der vorsätzlichen Entführung von Razan Zaitouneh ab, zu der sich bislang keine Partei bekannt oder eine Erklärung bzw. Forderung veröffentlicht hat, was einen eindeutigen Versuch darstellt, sich Zeit zu erkaufen und die freie Stimme unserer Tochter und die ihrer Kollegen zu unterdrücken, um sie dazu zu zwingen, mit dem Schreiben aufzuhören, und sie an der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung zu hindern."
Aktivisten und Politiker aus der ganzen Welt haben ihre Freilassung gefordert, darunter auch Martin Schulz, der frühere Präsident des Europäischen Parlaments. „Im Namen des Europäischen Parlaments fordere ich ihre sofortige Freilassung. (...) Sie wurde von dem Regime und den Rebellengruppen für das, was sie war, eine mutige junge Frau, die sich weigert, Kompromisse einzugehen, und weiterhin friedlich für Demokratie und ein freies Syrien kämpft, mit dem Leben bedroht."
Im Jahr 2014 tat sich das Europäische Parlament mit Dutzenden nichtstaatlichen Organisationen, der europäischen Öffentlichkeit und den anderen Sacharow-Preisträgern zusammen, um mit der Kampagne #FreeRazan ihre Freilassung zu fordern. Ihre Familie hat die Überzeugungen, die Razan Zaitouneh vertritt, im Europäischen Parlament zum Ausdruck gebracht.
Zum Zeitpunkt der Preisverleihung im Jahr 2011 war sie nach ihrer Flucht vor staatlichen Sicherheitskräften, die eine Razzia in ihrem Haus durchführten, untergetaucht. Sie weigerte sich jedoch, Syrien zu verlassen.
Razan Zaitouneh verwendete ihren Anteil des Sacharow-Preisgeldes dafür, das Leben eines Mitstreiters aus Aktivistenkreisen, der durch Panzerfeuer verletzt worden war, zu retten.