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Verfahren : 2007/2115(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0105/2008

Eingereichte Texte :

A6-0105/2008

Aussprachen :

PV 08/05/2008 - 3
CRE 08/05/2008 - 3

Abstimmungen :

PV 08/05/2008 - 5.11
CRE 08/05/2008 - 5.11
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0197

Ausführliche Sitzungsberichte
Donnerstag, 8. Mai 2008 - Brüssel Ausgabe im ABl.

3. Aufbau des Regelungsrahmens für die Tätigkeit von Interessenvertretern (Lobbyisten) bei den Organen der Europäischen Union (Aussprache)
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Alexander Stubb, vertreten durch Ingo Friedrich, im Namen des Ausschusses für konstitutionelle Fragen, über den Regelungsrahmen für die Tätigkeit von Lobbyisten bei den Organen der EU (2007/2115(INI)) (A6-0105/2008).

 
  
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  Ingo Friedrich, Berichterstatter. − Herr Präsident! Die Ausgangslage ist die folgende: Die Zuständigkeiten des Europäischen Parlaments nehmen nach dem Vertrag von Lissabon noch einmal deutlich zu. Angesichts dieser Kompetenzzunahme ist es besonders wichtig, den Gesetzgebungsprozess noch einmal genau zu analysieren. Und da stellen wir fest, dass in diesem Zusammenhang auch die Vertreter von Interessen – auch Lobbyisten genannt in Brüssel eine sehr bedeutende Rolle spielen. Wir gehen davon aus, dass bis zu 15 000 Interessenvertreter in Brüssel arbeiten, allein 5 000 sind beim Europäischen Parlament bisher schon registriert.

Es geht also darum, dass Rahmenbedingungen festgelegt werden, in welcher Form der Lobbyismus korrekt und akzeptabel geführt werden kann. Das Parlament führt schon seit 1996 eine quasi obligatorische Liste mit einem sehr präzisen Verhaltenskodex. Jetzt geht es darum, ob Ähnliches für alle Organe der Europäischen Union erreicht werden kann. Die Inhalte des Berichts, der heute zur Abstimmung steht, heißen deshalb: Mehr Transparenz, also genaue Angaben darüber, wer sich wie und wo als Lobbyist, als Interessenvertreter, an der Gesetzgebung beteiligt hat.

Zweitens: Die Festlegung ethischer, bzw. moralischer Standards, wie dies erfolgen soll. Drittens: Die Unabhängigkeit der politischen Entscheidungsprozesse im Parlament und in der Kommission muss gewahrt werden. Der Lobbyismus muss sozusagen aus der Grauzone herausgeführt werden in eine seriöse Beleuchtung der Fakten und der wirklichen Einflüsse. Im Bericht wird – neu zur bisherigen Situation – Folgendes eingeführt. Erstens: Eine relativ weitgehende Definition dessen, was Lobbyismus darstellt oder was er ist, nämlich die dauerhafte Einflussnahme auf Entscheidungsdiskussionsprozesse in den Organen.

Zweitens ist die Einführung einer so genannten legislativen Fußspur neu. Das würde bedeuten, dass, wenn in einem Ausschuss des Parlaments eine neue Richtlinie diskutiert und beschlossen wird, das Ausschusssekretariat dann eine Seite anheftet, wo aufgelistet wird, welche Verbände an der Diskussion teilgenommen haben, sei es bei einer öffentlichen Anhörung oder bei sonstigen Treffen. Diese Liste soll auch den Interessenverbänden selbst helfen, zu sehen, wer beteiligt war und wer sich nicht beteiligen wollte oder konnte.

Drittens: Wir streben ein gemeinsames Register an. Ob es dann wirklich zustande kommt mit Kommission und Parlament, muss sich erweisen. Wir werden eine Arbeitsgruppe einrichten, um sich damit auseinanderzusetzen. Für alle Lobbyisten wäre es natürlich einfacher, sich an einer Stelle registrieren zu lassen, wo sie eine Unterschrift leisten, dass sie die und die Spielregeln einhalten. Diese gemeinsame Liste wird angestrebt, aber ich muss als Berichterstatter dazu sagen, dass ich letztlich nicht weiß, ob es wirklich zu einer gemeinsamen Liste kommt. Auf jeden Fall müssen die Listen vernetzt werden, damit es auch bürokratisch einfach ist, dort hineinzukommen. Es gibt in Ziffer 21 auch eine Forderung nach einer gewissen finanziellen Offenlegung, die völlig neu wäre. Ferner die Sanktionsmöglichkeit: Wenn ein Interessenverband sich nicht entsprechend den Regeln verhält, was kann dann mehr oder weniger als Sanktion gemacht werden? Da gab es die Idee der Grünen, dass man hier eine black list erstellt. Das erscheint mir sehr wie ein Pranger im Mittelalter. Black lists sind in einem demokratischen Staat wirklich nicht angebracht. Es muss vielmehr ein so hohes Prestige bedeuten, dass ein seriöser Verband möchte, dass im offiziellen Register der europäischen Organe sein Name erscheint. Das muss in gewissem Maß auch ehrenwert und erstrebenswert sein. Nicht nur, weil man dann einen Ausweis bekommt für das Haus, sondern es muss erstrebenswert sein, dort als wichtig genommener und helfender Gesprächspartner in der seriösen Liste zu erscheinen. Die Sanktion wäre, dass der Verband bei Fehlverhalten aus der Liste gestrichen und ihm auch der Ausweis abgenommen wird.

Ja, ich mache es so kurz wie möglich. Wichtig ist auch, dass Lobbyisten keine Kirchenparteien sind. Von Änderungsantrag 3 bin ich sehr enttäuscht. Frau in 't Veld von der Liberalen Fraktion sagt: Kirchen sollen Lobbyisten werden. Das wäre wirklich gegen alles, was wir hier bisher im Parlament beschlossen haben. Die Kirchen sind laut Vertrag Partner unserer Organe, aber keine Lobbyisten. Insgesamt ist meine Einschätzung, dass ein großer Schritt in Richtung mehr Transparenz, mehr Korrektheit und mehr Übersichtlichkeit getan wurde. Ich hoffe und wünsche, dass wir auch weltweit ein Zeichen setzen und ein Beispiel dafür geben, wie seriöser Lobbyismus behandelt werden kann und soll.

 
  
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  Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich bin wirklich froh, an dieser Plenarsitzung teilnehmen zu können, bei der ihre Gespräche zur Europäischen Transparenzinitiative zum Abschluss kommen werden. Ich habe Ihre Aussprachen verfolgt und an Ihren Debatten in verschiedenen Ausschüssen teilgenommen. Ich bin überzeugt, dass der Bericht in der aktuellen Fassung ein wirklicher Schritt nach vorne auf dem Weg zur Verbesserung der Transparenz im europäischen Entscheidungsprozess ist.

Die Kommission begrüßt die positive Reaktion des Europäischen Parlaments auf ihren Vorschlag, einen interinstitutionellen Ansatz im Hinblick auf ein Register und einen Verhaltenskodex für Interessenvertreter zu erwägen, die der Auffassung sind, dass eine solche zentrale Anlaufstelle zur Registrierung der erhöhten Transparenz bei gleichzeitiger Vermeidung unnötiger administrativer Hürden am ehesten dienen würde. Ich glaube, Ihr Bericht stellt einen hervorragenden Ausgangspunkt für Diskussionen in der künftigen interinstitutionellen Arbeitsgruppe dar, die Sie vorschlagen.

Lassen Sie mich einen Aspekt hervorheben. Die Europäische Kommission ist überzeugt, dass die Tätigkeit der Interessenvertreter rechtmäßig ist und einen wertvollen Beitrag zum Entscheidungsprozess leistet, aber sie muss transparent sein. Deswegen zielt die europäische Transparenzinitiative darauf ab, das zu öffnen, was viel zu oft als „Blackbox“ wahrgenommen wird. Bürger, Beteiligte, Entscheidungsträger und die gesamte Öffentlichkeit können sich dann ihre eigene Meinung darüber bilden, was in Brüssel geschieht.

Ein Blick auf die Angaben, deren Offenlegung das Parlament und die Kommission von den sich Eintragenden erwarten, zeigt mir, dass wir auch in diesem Punkt weitgehend übereinstimmen. Die Kommission erachtet es für wichtig zu erfahren, wer die Interessenvertreter sind, welche Interessen sie vertreten und vor welchem finanziellen Hintergrund. Ich muss nicht erwähnen, dass eine Nichtbeachtung der Regeln des Verhaltenskodexes mit Sanktionen geahndet werden muss. Sanktionen bedeutet in diesem Fall eine vorübergehende Sperrung oder sogar die Streichung aus dem Register.

Die Kommission hat angekündigt, das Register der europäischen Transparenzinitiative im Frühjahr 2008 einzuführen. Ich darf Ihnen versichern, dass wir beabsichtigen, diesen Zeitplan einzuhalten. Nachdem ich kürzlich Gespräche mit den Dienststellen geführt habe, gehe ich davon aus, dass das Register in sechs Wochen eröffnet wird. Wir haben außerdem beschlossen, dass das Register ein Pilotprojekt darstellt und wir es nach einem Jahr, d. h. im Frühsommer 2009, überprüfen werden. Die Europäische Kommission ist zu Gesprächen mit dem Parlament und dem Ministerrat sowie mit den beiden beratenden Ausschüssen bereit, um an der Entwicklung eines gemeinsamen Systems zu arbeiten.

 
  
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  José Javier Pomés Ruiz, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltskontrollausschusses. (ES) Wie schade, Herr Präsident, dass der finnische Außenminister, Alexander Stubb, heute nicht anwesend ist, da er im Haushaltskontrollausschuss und zu diesem Bericht so viel beigetragen hat.

Ich bin hier, um die Stellungnahme des Haushaltskontrollausschusses darzulegen. Anknüpfend an die Schlussworte von Kommissar Kallas, möchte ich nochmals betonen, dass die Rolle der Mitglieder des Europäischen Parlaments darin besteht, möglichst engen Kontakt mit allen Bürgerinnen und Bürgern – mit denen, die Interessen vertreten, und mit denen, die keine Interessen vertreten – zu halten, und dass dieses Parlament daher seine eigenen Regeln haben muss. Mein Büro steht jedem offen, der mit mir einen Kaffee trinken oder mich zu einem Spaziergang einladen möchte. Ich kann nicht verlangen, dass die Leute in einem besonderen Register eingetragen sind. Ich kann nicht jemanden, der nicht eingetragen ist, nicht empfangen, nur weil er nicht in meiner Partei, der Unión del Pueblo Navarro, eingeschrieben ist. Ich kann nicht sagen: „Sie müssen sich registrieren lassen“. Nein, wirklich: Die Verwaltung ist eine Sache, aber die politische Aufgabe dieses Parlaments ist eine ganz andere.

Wir tun deshalb gut daran, die Transparenz auf zweierlei Wegen zu sichern. Ich war Berichterstatter über die Transparenz, dieses große Projekt, das Kommissar Kallas hier eingebracht hat. Die Transparenz darf nicht unseren Kontakt mit dem wirklichen Leben, mit denen, die Interessen vertreten, und mit denen, die keine Interessen vertreten, verhindern.

Danke. Ich bin sicher, dass Kommissar Kallas dies verstehen wird.

 
  
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  Pervenche Berès, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. − (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich befinde mich in einer paradoxen Situation, wie das schon manchmal der Fall war, beispielsweise als der Berichterstatter Herr Pistelli, der hinsichtlich der eindeutigen Position des Parlaments zur Transparenz an vorderster Stelle stand, leider nicht die Zustimmung unseres Ausschusses fand. Ich kann mich also nur über das Endergebnis freuen, zu dem wir zweifellos heute gelangen werden. Ein gutes Funktionieren der Märkte ist ohne Transparenz als wesentliche Regel nicht vorstellbar. Wir als Gesetzgeber müssen diese Regel auch selbst anwenden, da wir doch sehr gut wissen, dass in unserem Gesetzgebungsprozess selbst – und da wende ich mich an meinen Vorredner – unsere Beziehungen zu externen Gesprächspartnern, seien es Lobbygruppen oder auch religiöse Organisationen – das sage ich an die Adresse von Herrn Friedrich – eine entscheidende Rolle spielen. Wir haben in diesem Bereich die Pflicht, beispielgebend zu sein, und zwar, wie ich meine, bis hin zur systematischen Anwendung des Begriffs der „legislativen Fußspur“, den ich für äußerst sinnvoll halte.

 
  
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  Claude Turmes, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. − Herr Präsident! Ohne Transparenz keine europäische Demokratie! Und Brüssel hat schon den Ruf, dass hier die Konzerne das Hauptwort führen und die Strippen ziehen. Das ist gefährlich für das europäische Projekt, das mir persönlich und den Grünen sehr am Herzen liegt. Wir sind also als Europäisches Parlament gefordert, den Bürgern vor den nächsten Europawahlen klaren Wein einzuschenken. Wir haben einen guten Bericht vorliegen. Allerdings sind dunkle Kräfte am Werk, die jetzt zwei Kernstücke herausbrechen wollen.

Das erste ist: Sie wollen finanzielle Transparenz verhindern. Ohne finanzielle Transparenz können wir nie herausfinden, wer wirklich hinter den Kampagnen steckt. Ich wundere mich, dass gerade die Sozialistische Fraktion gegen finanzielle Transparenz ist und damit ein Kernstück kaputt macht. Das zweite Kernstück, das herausgebrochen wird, ist, dass hier Leute im Parlament sind, die davon ausgehen, dass Rechtsanwälte, wenn sie nicht vor Gericht jemanden verteidigen, sondern bei der Gesetzgebung in Europa die Strippen ziehen, nicht als Lobbyisten betrachtet werden,

Ich zitiere Ihnen jetzt aus der Webseite einer Rechtsanwaltkanzlei in Brüssel. Sie sagt, weil wir in diesem Regelwerk jetzt nicht als Lobbyisten betrachtet werden,

(EN) „Daher wird der Lobbyismus durch Rechtsanwälte zunehmend an Wirksamkeit gewinnen, und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ziel erreicht wird, steigt mit Rechtsbeistand. Alber & Geiger steht Ihnen als Anwaltskanzlei, die sich ausschließlich auf Lobbyismus und Regierungsverbindungen spezialisiert hat, zur Seite, um Sie bei der Erreichung Ihrer Ziele in der EU zu unterstützen.“

Das heißt, die Anwaltskanzleien geben selber zu, dass sie Lobbyisten sind. Liebe Kollegen, das darf nicht sein. Dadurch untergraben wir unsere eigene Glaubwürdigkeit.

 
  
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  Diana Wallis, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. (EN) Herr Präsident! Der Rechtsausschuss hat die Initiative der Kommission und den Standpunkt des Berichterstatters nachdrücklich unterstützt. Ich glaube, wir haben vorbehaltlos auch die Auffassung geteilt, dass es einen koordinierten Ansatz zwischen allen Organen geben sollte. Andererseits möchten wir jedoch die besondere Offenheit dieses Organs in seiner Eigenschaft als demokratisches Entscheidungsgremium hervorheben, sowie unsere Auffassung, dass Lobbyisten Gleichbehandlung erfahren sollten. Aus diesem Grund würden wir langfristig ein verbindliches Register anstreben, das alle gleichstellt.

Ich würde, wenn es gestattet ist, gerne auf das Thema Rechtsanwälte als Lobbyisten zurückkommen, das Herr Turmes gerade zur Sprache gebracht hat. Diese Frage ist zweifellos berechtigt, und ich bitte Sie alle, der sehr genauen Definition Beachtung zu schenken, die der Rechtsausschuss bezüglich der Frage „Wann ist ein Anwalt ein Anwalt, und wann ist ein Anwalt ein Lobbyist?“ gegeben hat. Diese Definition ist gründlich durchdacht, und ich möchte darum bitten, dass diese auch Berücksichtigung findet.

 
  
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  Søren Bo Søndergaard, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. (DA) Herr Präsident! Der Bericht, über den wir hier sprechen, ist als positiv zu bewerten. Er ist ein Schritt in die richtige Richtung – ein kleiner zwar, aber immerhin ein Schritt. Was wir auch brauchen, sind entsprechende Maßnahmen – nicht, weil der Lobbyismus insgesamt schädlich ist oder alle Lobbyisten von Übel sind, sondern weil es absolut inakzeptabel ist, dass der Lobbyismus solch großen Einfluss gewonnen hat und es keine verbindlichen Regeln für ein Maximum an Offenheit in diesem Bereich gibt. Der Einfluss der Lobbyisten in der EU ist groß. Das wird deutlich, wenn man sich die Ausgaben für die Lobbytätigkeit und die Zahl der Lobbyisten anschaut.

Der Bericht würde jedoch aufgewertet, und die Kontrolle der Lobbyisten könnte verstärkt werden, wenn Sie den Änderungsvorschlag annehmen würden, der zum Teil eine Erweiterung des Standpunktes des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres darstellt. Wir brauchen ein gemeinsames verbindliches Register, das absolute Übersichtlichkeit und Transparenz gewährleistet, was die Ausgaben für die Lobbytätigkeit anbelangt. Für alle Lobbyisten einschließlich der als Lobbyisten in Erscheinung tretenden Anwaltskanzleien brauchen wir ein Register und einen Kodex für ethisches Verhalten, die noch vor den Wahlen 2009 in Kraft treten können. Wichtig sind wirksame Kontrollen und spürbare Sanktionen für jene, die gegen die vereinbarten Regeln verstoßen.

Wir müssen aber auch vor unserer eigenen Türe kehren, denn es gehören immer zwei dazu. Wir schlagen daher vor, dass Lobbyisten verpflichtet sein sollten, über die im Zuge der Lobbytätigkeit für die MdEP getätigten Ausgaben die Informationen zu liefern, zu deren Offenlegung die MdEP in der Erklärung ihrer finanziellen Interessen verpflichtet sind. Wenn wir uns selbst etwas stärker kontrollierten, würde das unserem Ansehen in der Wählerschaft nicht schaden.

 
  
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  Philip Bradbourn, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Dieses Hohe Haus sollte alle Initiativen begrüßen, die zu erhöhter Transparenz der EU-Organe führen. Daher unterstütze ich die uns heute vorliegenden Vorschläge.

Wir müssen jedoch dafür sorgen, dass auch die besonderen Aufgaben der einzelnen Organe berücksichtigt werden. Das Parlament arbeitet also gänzlich anders als der Rat und wird in einem anderen Stadium des Gesetzgebungsverfahrens tätig als die Kommission. Unter Berücksichtigung dieses Umstands wäre ein gemeinsames, einziges Register für alle Organe meiner Meinung nach schwer umzusetzen und würde ein übermäßig bürokratisches Verfahren zur Zugangsbeantragung nach sich ziehen, wenn der Zugang ausschließlich für das Parlament gelten soll. Wir sind außerdem ein autonomes Organ, und ich fände es unangemessen, wenn andere Organe uns auf diesem Gebiet ihre Politik diktierten.

Ich möchte ferner eine Sache ansprechen, die in diesem Saal schon einige Kollegen vor mir zur Sprache gebracht haben, und zwar den Umstand, dass insbesondere NRO durch die Kommission finanziert werden und dieses Geld dann ihrerseits verwenden, um durch ihre Lobbyarbeit die MdEP dazu zu bewegen, bestimmte Standpunkte zu vertreten. Wenn das Endergebnis der Maßnahmen, über die wir hier sprechen, darin besteht, die Transparenz zu erhöhen, müssen diesem Hohen Haus gewisse, geschäftlich nicht sensible Angaben über die Finanzierung dieser Organisationen, die bei uns Lobbyarbeit betreiben, zur Verfügung gestellt werden.

Generell möchte ich meine Besorgnis über den freien Zugang zum Ausdruck bringen, den manche Lobbyisten zu den Büroetagen der Abgeordneten dieses Parlaments haben. Wer einmal im Gebäude ist, kann sich dort frei bewegen und hat uneingeschränkten Zugang zu privaten Büros. Das Recht auf freies Herumwandern im Gebäude trägt nicht im Entferntesten zur Transparenz bei, sondern führt zum Missbrauch durch einige Personen. Ich bin sicher, dass alle Abgeordneten diese Erfahrung schon gemacht haben. In vielen unserer nationalen Parlamente gibt es zentrale Eingangsbereiche, in denen Lobbyisten, die einen Termin haben, empfangen und dann in den Bürotrakt der Abgeordneten begleitet werden können. Meiner Ansicht nach sollten wir versuchen, ein ähnliches System einzuführen. Insgesamt freut es mich, dass sich das Parlament mit der Frage der Transparenz befasst, aber wir müssen auch dafür Sorge tragen, dass die Organisationen, die bei uns Lobbyarbeit betreiben, ebenso transparent sind wie wir.

 
  
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  Carlos Carnero González, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Zunächst muss ich im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion erklären, dass ich den Bericht unterstütze, den wir heute Vormittag diskutieren und den wir sehr wahrscheinlich später im Plenum annehmen werden.

Meiner Ansicht nach ist dies ein großer Schritt zur Transparenz und Kontrolle in einem Bereich, der fraglos von einem großen Mythos umgeben ist. Lobbyisten sind nicht gut oder schlecht per Definition; es hängt davon ab, wie sie sich verhalten und wie sie kontrolliert werden.

Ich muss sagen, dass wir Sozialisten von Anfang an in vorderster Reihe standen, als es um die Stärkung der Transparenz und Kontrolle und damit der Demokratie im Umgang mit den Lobbyisten ging.

Herr Turmes, anscheinend sind Sie auf die Sozialdemokratische Fraktion fixiert. Konzentrieren Sie sich auf andere Fraktionen. Ich frage mich, ob der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit in seiner Stellungnahme beschlossen hat, die Sozialdemokratische Fraktion zu kritisieren. Sie sprechen hier im Namen des Umweltausschusses. Ich würde Sie bitten, Ihre Ansicht über andere Fraktionen dann zu äußern, wenn Sie in Ihrem eigenen Namen und nicht im Namen eines Ausschusses sprechen.

Wir halten die Definition der Lobbyisten im Bericht für richtig, obwohl wir gern eine stärkere Differenzierung hätten. Die gewinnorientieren Privatunternehmen sind natürlich nicht mit Nichtregierungsorganisationen oder Gewerkschaftsverbänden gleichzusetzen.

Doch der Weg geht über das Gesetz. Die gemeinsame und verbindliche Registrierung und der Verhaltenskodex, die entsprechenden Sanktionen oder die Offenlegung der Finanzen bilden entscheidende Fragen, die in diesem Bericht korrekt eingebunden sind.

Herr Turmes, ich möchte die Aufmerksamkeit auch auf Ihre hartnäckige Behauptung lenken, wir Sozialisten seien gegen eine Offenlegung der Finanzen, wohingegen einige Änderungsanträge Ihrer Fraktion dieser Offenlegung Grenzen setzen, während wir keinerlei Grenzen wollen.

Wir sind überdies für ein Inkrafttreten vor den Europawahlen 2009 und für einen Abschluss der Beratungen der geplanten Arbeitsgruppe bis Ende 2008.

Wissen Sie beispielsweise, dass die Sozialdemokratische Fraktion zwei Ihrer Änderungsanträge in dieser Hinsicht unterstützen wird? Anscheinend wissen Sie es nicht.

Mythos und Realität fließen bei diesem Thema ineinander, doch wir Sozialisten, die wir im Kampf für Transparenz und Kontrolle ganz vorn stehen, werden niemandem erlauben, den falschen Mythos in Umlauf zu bringen, wir würden eine heimliche Agenda haben. Unsere Agenda ist offen, sie schließt die Bürgerinnen und Bürger und die Transparenz in der Europäischen Union ein.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Erweiterung der Befugnisse des Europäischen Parlaments nach dem Vertrag von Lissabon wird den Druck in Richtung auf eine größere Offenheit in der legislativen Arbeit erhöhen. Es ist von ausgesprochener Wichtigkeit, dass die Arbeit der EU transparent ist und dass die Öffentlichkeit weiß, wer jeweils Einfluss auf die Inhalte von Rechtsakten genommen hat. Der Sinn und Zweck der Registrierung besteht nicht darin, die Arbeit der Lobbyisten zu beschränken oder zu behindern. Ihre Arbeit ist wichtig. Bei dem derzeitigen System der Registrierung von Interessenvertretern im Europäischen Parlament geht es jedoch eher und vor allem um Sicherheit als um Offenheit.

Der Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen hat sich seit den ersten Entwürfen, die von dem damaligen Berichterstatter und jetzigen finnischen Außenminister Alexander Stubb präsentiert wurden, ein gutes Stück verändert. Ich freue mich besonders, und meine Fraktion ebenfalls, dass der Bericht in seinen Formulierungen jetzt sehr viel kraftvoller ist, als er es zunächst war, und dass die Pflicht zur Registrierung, die von meiner Fraktion unterstützt wird, jetzt umgesetzt wird, da sie für Gleichbehandlung sorgt.

Ich möchte auch auf Änderungsantrag 3 eingehen, der hier bereits erörtert worden ist. Einige Mitglieder meiner Fraktion unterstützen ihn, aber wie der jetzige Berichterstatter zum Ausdruck brachte, und darin stimme ich mit ihm überein, Kirchen sind keine Lobbyisten. In dieser Frage ist meine Fraktion gespalten, und sie wird wahrscheinlich unterschiedlich abstimmen.

Im Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen wird vorgeschlagen, dass der Berichterstatter bzw. die Berichterstatterin seinem oder ihrem Bericht eine Liste derjenigen registrierten Interessenvertreter beifügen kann, die bei der Ausarbeitung des Berichts konsultiert wurden. Ich hoffe, dass dies künftig zu einer offiziellen Praxis wird. Es würde dazu führen, dass Berichterstatter den unterschiedlichen Standpunkten objektiv Gehör schenken müssten. Auf diese Weise könnte auch deutlich werden, ob sich jemand direkt die Vorstellungen eines Dritten zu eigen gemacht hat.

 
  
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  Ryszard Czarnecki, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich freue mich, in dieser Aussprache über einen Bericht des finnischen Außenministers, Herrn Stubb, der bis vor kurzem Mitglied dieses Hohen Hauses war, nach dem ehemaligen Präsidenten Finnlands das Wort ergreifen zu dürfen. Gottes Wege sind unergründlich, wenn es um Europaabgeordnete geht!

Der jüngste Bericht der NRO zeigt, dass der Einfluss der Lobbyisten auf den Entscheidungsprozess der Europäischen Kommission zu einem ernsten Problem geworden ist. Beispielsweise bekleiden Lobbyisten eine beachtliche Zahl von Expertenstellen in verschiedenen der Europäischen Kommission nahe stehenden Gremien. Fünftausend der in Brüssel tätigen 15 000 Lobbyisten haben Zugang zum Europäischen Parlament. Diese Fünftausend müssen nach ganz klaren Regeln tätig werden. Der Vorschlag, ein gemeinsames Lobbyisten-Register aufzustellen, ist ein guter Gedanke, ebenso die Androhung von Sanktionen. Es ist höchste Zeit, dass unsere Wähler wissen, wer die Lobbyisten sind. Die Wähler haben ein Recht darauf zu wissen, wie Lobbyisten finanziert werden und wer von ihnen versucht hat, auf diese oder jene Weise Einfluss auf bestimmte Berichte zu nehmen. Dieser Bericht ist ein Schritt in die richtige Richtung. Er stellt einen Versuch dar, eine bereits bestehende Situation zu regeln.

 
  
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  Monica Frassoni, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz lautet das Schlagwort im Bericht des vormaligen Berichterstatters Alexander Stubb „Transparenz“. Zweifellos besteht eine Tendenz – und wir haben hier einige ihrer Vertreter gehört –, die Wirkungen und die Effektivität der Arbeit von Lobbyisten – vermutlich gutgläubig – zu unterschätzen, einer Tätigkeit, die mithilfe von Mitteln bewerkstelligt wird, die wir uns als Menschen, die ihre Aufgaben als Abgeordnete ernsthaft und in gutem Glauben erfüllen und anderen mit Anstand und Respekt begegnen, nicht einmal vorstellen können. Die Fakten liegen offen auf dem Tisch und täglich kommen neue Dinge ans Licht. So wissen wir beispielsweise seit einigen Wochen, dass 34 Beamte in der Kommission auf den Gehaltslisten privater Firmen stehen.

Eine Untersuchung jüngeren Datums hat ergeben, dass die meisten Fraktionen – mit nur einer Ausnahme, nämlich meiner eigenen, möglicherweise aber auch weiterer Fraktionen –, dass ein Großteil der von ihnen eingebrachten Änderungsanträge zu REACH auf eine Lobby zurückgehen. Zudem zeigt sich, dass einige der Beamten, die Abgeordnete bei ihrer Arbeit in bestimmten Ausschüssen unterstützen, eine Anstellung in der Wirtschaft haben oder hatten und dass sie heute als nationale Experten für uns tätig sind; die Mitglieder des Europäischen Parlaments sind sich dessen offenbar nicht bewusst.

Unseres Erachtens ist mit der Arbeit, die wir heute leisten, das Thema Lobbyismus nicht erledigt, und ich glaube auch nicht, dass die Arbeit von Kommissar Kallas mit dem Bericht endet, den wir heute annehmen werden. Darum haben wir sämtliche Änderungsanträge und die von allen – einschließlich der Sozialdemokratischen Fraktion, der GUE/NGL-Fraktion und der Fraktion der Liberalen – geleistete Arbeit an diesen Änderungsanträgen und Texten, die auf eine Verbesserung der Situation und mehr Transparenz abstellen, nachdrücklich unterstützt.

Dennoch wirft der Bericht des Kollegen Stubb nach wie vor einige Probleme auf, die aber hoffentlich bei der Abstimmung gelöst werden können. Das Erste betrifft das Thema Anwälte: Arbeiten Anwälte mit uns zusammen und versuchen sie Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen, sind sie Interessenvertreter, auch dann, wenn sie ein Rechtsgutachten erstellen. Wir hoffen, dass dieser Änderungsantrag abgewiesen wird.

Zweitens geht es natürlich um die Frage, wann der Verhaltenskodex in Kraft treten soll. Das muss in jedem Fall vor den anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament geschehen, denn andernfalls würden wir uns eine weitere Wahlperiode und damit unverhältnismäßig lange mit diesem Problem herumschlagen.

Schließlich, Herr Präsident, bin ich nicht davon überzeugt, dass dem Lobbyismus mit der Erklärung beizukommen ist, er missfalle uns, oder indem Lobbys in die kriminelle Ecke gestellt werden. Unseres Erachtens besteht die Krux im Zusammenhang mit der Transparenz darin, herauszufinden, mit wem wir es zu tun haben, was sie tun und wer sie bezahlt, d. h. es geht um die finanzielle Offenlegung. Im Bericht wird all das vielleicht noch nicht eindeutig genug dargelegt, aber das kann geregelt werden, und in diesem Punkt schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen Carnero zu den Aufgaben der zu bildenden Arbeitsgruppe an.

 
  
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  Sylvia-Yvonne Kaufmann, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Selbstverständlich sind Lobbyisten keine Buhmänner. Selbstverständlich ist es in einer lebendigen Demokratie legitim, dass die verschiedensten Gruppen der Gesellschaft ihre ureigenen Interessen und Anliegen engagiert vertreten und dass sie sich in gesellschaftliche Prozesse einbringen. Ebenso legitim ist es, wenn sie ihre Interessen dort an den Mann oder an die Frau bringen, wo Entscheidungen vorbereitet und getroffen werden. Schließlich stehen wir als Gesetzgeber in der Pflicht, bevor wir entscheiden, uns bei jedem Gesetzgebungsvorhaben so umfassend und präzise wie möglich sachkundig zu machen und die Anliegen von Betroffenen mit all ihren gegensätzlichen Auffassungen zu berücksichtigen. Klar ist aber auch, dass faire Interessenvertretung Transparenz voraussetzt. Dies ist für die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union eine zentrale Frage. Von daher sieht es meine Fraktion als überfällig an, dass sich Parlament, Kommission und Rat gemeinsam endlich klare Regeln geben, und zwar Regeln, die für alle Interessenvertreter gelten.

Wir sind es den Bürgerinnen und Bürgern schuldig, klipp und klar unter Beweis zu stellen, dass die europäischen Institutionen keine Erfüllungsgehilfen irgendwelcher Dunkelmänner sind. Deshalb müssen sich Lobbyisten bei der EU öffentlich zu ihren Auftraggebern und Zielen bekennen und vor allem ihre finanziellen Interessen offenlegen.

 
  
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  Jens-Peter Bonde, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Die Reformarbeitsgruppe des Parlaments war in Washington, um den Kongress der Vereinigten Staaten zu studieren.

Dort haben wir erfahren, dass sich alle Lobbyisten mit ihrer Funktion und dem Einkommen, das sie von ihren verschiedenen Kunden erhalten, eintragen lassen müssen. Das ist in den Vereinigten Staaten und Kanada Pflicht und nicht etwa freiwillig, wie es die Kommission vorschlägt. Wir haben auch erfahren, dass jedes Mitglied des Kongresses seinen Etat belegen muss, und zwar einschließlich jeder Tasse Kaffee, die gekauft wurde. Wenn sie das können, warum wir nicht? Warum können wir im EP nicht in Bezug auf unsere Sekretariatszulage völlig transparent sein und dann auch von den anderen Organen Transparenz verlangen?

Bei der letzten Sitzung der Konferenz der Präsidenten erlebten wir den organisierten Lobbyismus in unserem eigenen Haus. In einem sehr großzügigen und freundlichen Raum auf der fünften Etage des Spinelli-Gebäudes werden die Büros, die Telefon- und E-Mail-Anschlüsse von 28 multinationalen Konzernen vom Parlament bezahlt. Es mag ein guter Plan sein, auf diese Weise eine Verbindung dieser Unternehmen zu den MdEP herzustellen, aber niemand hat uns diesen Vorschlag vorgelegt. Dieser Plan wurde hinter unserem Rücken umgesetzt.

Es fehlen die Ansichten der kleinen und mittelständischen Unternehmen; es fehlen die Ansichten von Verbrauchern, Gewerkschaften und Umweltschutzorganisationen. Es mag ja eine gute Idee sein, den Lobbyisten Räumlichkeiten zu überlassen, aber dann müssen wir diese Möglichkeit auch allen Lobbyisten einräumen, und ein gewähltes Gremium könnte ihre Tätigkeit überwachen.

Es sind nicht die multinationalen Konzerne, die unsere finanzielle Unterstützung am dringendsten benötigen. Es wurde sorgfältig ausgewählt, wer diese Unterstützung erhält, und erfolgte nicht per Abstimmung durch die Fraktionen. Das ist der jüngste Skandal im Zusammenhang mit dem Lobbyismus, den Sie hoffentlich aus der Welt schaffen werden.

Dies ist meine letzte politische Rede im Europäischen Parlament. Wenn ich mir noch eine Sache wünschen darf, so ist das die Billigung des Vorschlags des Konvents, der von 23 Regierungen sowie jedem einzelnen Abgeordneten der nationalen Parlamente und jedem einzelnen MdEP mit einer einzigen Ausnahme unterzeichnet wurde: alle Dokumente und Sitzungen öffentlich zu machen, es sei denn, es liegt eine Begründung für eine Ausnahmeregelung vor. Dieser einfache Vorschlag wird auch die meisten Probleme im Zusammenhang mit dem Lobbyismus lösen.

Wir wären dann in der Lage zu sehen, was sie uns oder der Kommission schreiben, und wir würden an Entscheidungen über Ausnahmeregelungen hinsichtlich der Transparenz beteiligt. So wüssten wir, was vor uns verborgen wird und warum. Wir brauchen die Lobbyisten, weil sie dazu beitragen, Gesetze zur Sprache zu bringen und zu verbessern. Wir brauchen ihr Wissen, ihren Rat und die Gegenargumente anderer Interessengruppen. Wir brauchen ausgewogene oder pluralistische Informationen, da wir gewählt wurden, um allen Bürgern gleichermaßen zu dienen.

 
  
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  Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Bonde. Ich bin sicher, dass Ihnen viele Kollegen alles Gute für Ihren Ruhestand wünschen.

Vielleicht sind wir nicht immer mit Ihnen einer Meinung, aber es lohnt sich immer, Ihnen zuzuhören.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident! Wir leben bekanntlich in einer Europäischen Union, in der sich vieles am Bürger vorbei und immer mehr zu Gunsten von Großkonzernen entwickelt. Dafür ist sicherlich in erster Linie der Einfluss von Lobbying in Parlament, Kommission und Rat verantwortlich. Wen wundert es also, wenn etwa die der Frächter-Lobby so unangenehme Alpen-Adria-Konvention nach wie vor nicht umgesetzt ist. Und wen wundert es, wenn immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen das Handtuch werfen müssen, angesichts einer wahren Lawine an Bürokratie und an Vorschriften, und natürlich, weil sie vor den Fördertöpfen im wahrsten Sinne des Wortes verhungern, während die Giganten, die multinationalen Konzerne, diese zu nutzen verstehen, um heuschreckenartig von einem Mitgliedstaat zum nächsten zu ziehen und eine Spur von vernichteten Arbeitsplätzen hinterlassen.

Wenn die Bürger etwa hören, dass beispielsweise bei der Debatte und bei der Beschlussfassung des viel und heiß diskutierten Gesetzesentwurfs REACH zur besseren Kontrolle der Chemikalien von 132 Änderungsanträgen 32 identisch und mit schriftlichen Empfehlungen der Chemieverbände versehen waren, wenn die Bürger dies hören, dann werden sie natürlich zunehmend den Glauben an die europäische Politik verlieren, und sie werden das Gefühl haben, dass die europäische Politik die Wünsche der Industrie, der multinationalen Konzerne, eins zu eins umsetzt.

Wenn wir dies verhindern wollen, wenn wir wachsende Euroskepsis eindämmen wollen, dann müssen wir zweifellos so weit kommen, dass klar wird, wer Einfluss auf die Beschlussfassung der europäischen Politik nimmt und dass klar ist, wer sich für welche Geldgeber einsetzt, um am Gesetzesentstehungsprozess mitzuwirken.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Erstens: Wir beglückwünschen Alexander Stubb zu seiner Beförderung zum Außenminister in Finnland. Zweitens: Wir beglückwünschen Ingo Friedrich und danken ihm dafür, dass er den Bericht übernommen hat und ihn heute Nachmittag hoffentlich zu einem guten Abschluss führen wird. Drittens: Wir unterstützen das Konzept und die Ausrichtung des Berichts von Alexander Stubb und Ingo Friedrich. Aber…

Und jetzt weiter auf Deutsch: Nach diesem doppelten Tribut an Alexander Stubb ein notwendiges Aber. Lobbying-Regeln sind gut, aber wir im Parlament haben bereits gute Regeln, und ich bin mir nicht ganz sicher, ob dieser Versuch der Kombination tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist. Transparenz ist gut, aber sie ist keine Wunderwaffe, und sie ist es vor allem dann nicht, wenn sie letztendlich Stückwerk bleibt.

Die Registrierung und Bekanntgabe der finanziellen Verhältnisse registrierter Lobbyisten ist sicherlich in Ordnung. Aber wie behandeln wir unsere zahlreichen Briefschreiber, Experten, sonstigen Kontakte? Verlangen wir von ihnen allen in Zukunft auch die Registrierung und Bekanntgabe ihrer finanziellen Verhältnisse? Ich hoffe wohl nicht!

Und dann gibt es Ausnahmeregelungen: Im Besonderen werden uns in zwei Änderungsanträgen zwei Ausnahmeregelungen vorgeschlagen, die allem anderen als der Transparenz dienen. Wenn es hier darum geht — und der Änderungsantrag 3 wurde bereits angesprochen — die Kirchen zu offiziellen Lobbyisten zu erklären, so hat das mit dem Thema Transparenz überhaupt nichts zu tun, sondern ist schlicht und einfach Ausdruck einer bestimmten antiklerikalen Geisteshaltung. Da sollten wir Nein sagen!

Und das, was in Änderungsantrag 10 in ähnlicher Weise versucht wird, nämlich über eine Ausnahme von der Ausnahme eine Regelung zu treffen, ist auch etwas, was der Sache nicht dienlich, sondern in Wirklichkeit der Versuch ist, bestimmte Bereiche zu pönalisieren. Wir sollten sicherstellen, dass wir ein transparentes System haben, dass wir es verbessern. Aber wir sollten nicht von vornherein davon ausgehen, dass das nun die große Veränderung der Situation ist.

 
  
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  Richard Corbett (PSE). – (EN) Herr Präsident! Wir können stolz darauf sein, dass das Europäische Parlament im Vergleich zu einigen nationalen Parlamenten schon überaus fortschrittlich hinsichtlich des Umgangs mit diesen Fragen ist. Wir haben schon ein Verzeichnis der Interessengebiete. Wir haben einen Verhaltenskodex für Lobbyisten, und Geschenke an Mitglieder des Parlaments sind bei uns strikt untersagt. Das ist gut. Die Frage, die sich stellt, ist, ob wir dieses System auch auf die übrigen Organe ausweiten können. Wir sind bereit, Verhandlungen zu führen und uns zu bemühen, das zu erreichen, zu versuchen, eine Einigung zu erzielen – denn das wäre besser so. Die zweite Frage, die sich stellt, ist, ob wir die Anforderungen erneuern und uns so im Hinblick auf Offenheit und Transparenz noch deutlicher an die Spitze setzen können.

Meine Fraktion unterstützt den Bericht, der genau dies bezweckt. Wir unterstützen auch viele der Änderungsanträge, die zu einer Verbesserung des Berichts beitragen und die Transparenzanforderungen tatsächlich ausweiten würden. Wir unterstützen sogar einige der Änderungsanträge der Fraktion der Grünen, jedoch keinen Änderungsantrag, der die Aussage des Berichts einschränken und eine Begrenzung der Transparenzanforderung darstellen würde.

Es hat mich daher ein wenig überrascht, dass der Sprecher des Umweltausschusses der Fraktion der Sozialdemokraten vorgeworfen hat, sie sei weniger transparent als die Fraktion der Grünen, wenn doch die Grünen eine Änderung vorschlagen, die, wenn man sie wörtlich nimmt, eine Begrenzung der Transparenzanforderung bedeuten würde. Das ist der Standpunkt unserer Fraktion. Wir sind in dieser Sache führend im Hinblick auf Offenheit und Transparenz, und wir nehmen es übel, wenn Fraktionen ungerechtfertigt unseren Standpunkt angreifen und versuchen, sich in der Öffentlichkeit als Verfechter dieser Sache darzustellen, die allen anderen voraus sind, wenn das einfach nicht der Fall ist.

 
  
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  Luca Romagnoli (NI).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich meine auch, dass wir ein verbindliches Register mit einem ergänzenden Verhaltenskodex für Lobbyisten brauchen, das aber für sämtliche Organe und vor allem – wenn ich das so sagen darf – für die Kommission gelten sollte. Es liegt auf der Hand, dass im Kodex für ethisches Verhalten unbedingt Sanktionen gegen Betrug festgelegt und die finanzielle Offenlegung verbindlich festgeschrieben werden müssen. Diese Unterlagen sollten leicht zugänglich und zwecks Einsichtnahme im Internet erhältlich sein; das wäre die optimale Lösung.

Im Bericht des Kollegen Friedrich wird anerkannt, dass sich Tausende Lobbyisten um Einflussnahme auf die Entscheidungen der Institutionen bemühen, wenngleich in Anbetracht der Umstände eingeräumt werden sollte, dass sie in vielen Fällen MdEP mit detaillierten Informationen zu verschiedenen Aspekten der fraglichen Maßnahmen versorgen. Ich persönlich – und das werden diejenigen, die mich kennen, bestätigen – dürfte nur sehr schwer überhaupt von irgendjemandem beeinflusst werden können. Gleichwohl müssen strenge ethische Kriterien gewissenhaft angewendet werden, um eine unabhängige Beschlussfassung zu gewährleisten und Tätigkeiten zu überwachen, die häufig darauf ausgerichtet sind, Einfluss auf die Bewilligung von Gemeinschaftsmitteln sowie die Überwachung und Umsetzung von Rechtsvorschriften zu nehmen. Daher werde ich für den Bericht Friedrich stimmen.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE).(FR) Herr Präsident! Um einige Missverständnisse auszuräumen und die populistischen Erklärungen einiger Abgeordneter hier und vor der Presse geradezurücken, möchte ich auch in meiner Eigenschaft als Quästorin präzisieren, dass das Europäische Parlament seit zwölf Jahren über Regeln verfügt, die unsere Beziehungen zu Lobbyisten bestimmen. Diese Regeln, die in Artikel 9 Absatz 4 der Geschäftsordnung niedergelegt sind – die man vielleicht einmal lesen sollte! – besagen, dass der Zugang zum Europäischen Parlament für Lobbyisten durch Zugangsausweise kontrolliert und geregelt wird. Um einen solchen Ausweis zu erhalten, müssen die Lobbyisten ein Akkreditierungsformular ausfüllen, dem ein Führungszeugnis und ein polizeiliches Schreiben beizufügen sind. Das Europäische Parlament führt ein Register der Lobbyisten, das auf seiner Website veröffentlicht wird. Die akkreditierten Lobbyisten müssen auch einen Verhaltenskodex einhalten. Frau Frassoni und Andere laufen also hier offene Türen ein. Jede Verletzung dieses Kodex wird durch den Entzug des Ausweises und die Streichung aus dem Register geahndet.

Was das Projekt eines einheitlichen Registers betrifft, so sehe ich keine Veranlassung für die Einrichtung eines solchen Registers gemeinsam mit der Kommission, da ja das Europäische Parlament und die Kommission eine vollkommen unterschiedliche Funktionsweise und somit unterschiedliche Beziehungen zu den Lobbyisten haben. Im Interesse der Gewaltenteilung auf europäischer Ebene muss das Parlament um jeden Preis allein für seine Geschäftsordnung verantwortlich sein. Die Kommission kann durchaus unser gutes System kopieren, aber wir müssen das letzte Wort haben, was unsere Geschäftsordnung betrifft. Ich stelle fest, dass der Bericht hinsichtlich dieses Registers einen zurückhaltenden Ansatz verfolgt, und dem pflichte ich bei.

Was die Offenlegung der Finanzierung der Lobbyisten betrifft, so sehe ich keinen Grund, warum die akkreditierten Lobbyisten detaillierte Finanzinformationen über ihre Finanzierungsquelle und die Verwendung dieser Mittel geben sollten. Eine solche Maßnahme wäre vollkommen unpraktikabel und kontraproduktiv. Ich bin auch der Meinung, dass der Umfang der Lobbytätigkeit sich nicht immer in finanziellen Mitteln niederschlägt. Von Bedeutung sind auch der gute Ruf einer Organisation und das Niveau der Sachkenntnis. Ich unterstütze voll und ganz die Beschreibung des Lobbyismus in Erwägung D des Berichts. Ich möchte unseren ehemaligen Kollegen Alexander Stubb würdigen, mit dem ich in dieser Frage viel zusammengearbeitet habe, und ich distanziere mich ausdrücklich von den Anschuldigungen in alle Richtungen, die von den Grünen in dieser Aussprache verbreitet wurden.

 
  
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  Der Präsident. − Ich habe schon lange begriffen, dass es keinen Zweck hat, Frau Lulling vom Reden abhalten zu wollen.

(Heiterkeit)

 
  
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  Jo Leinen (PSE). – Herr Präsident! Nichtsdestotrotz: Je länger die geschätzte Kollegin Lulling geredet hat, desto mehr Angriffspunkte hat sie geboten. Wir sind im Ausschuss schon der Meinung, dass wir in Brüssel ein gemeinsames System haben wollen, weil der Bürger draußen nicht unterscheidet zwischen Parlament, Kommission und Rat. Das ist Brüssel, das ist die EU! Ich glaube, dass ein gemeinsames System gut wäre. Und, Herr Kallas, wir appellieren an Sie, nach dem heutigen Tag die Arbeitsgruppe zügig tagen zu lassen und zu gemeinsamen Regeln zu kommen, was dann der jeweiligen Institution noch immer die nötige Autonomie lässt, auch eigenständig Entscheidungen zu treffen.

Ich möchte auch, dass der Rat mitmacht. Der Rat ist Gesetzgebungskörper wie wir und hat natürlich auch diesen Lobbyismus in seinen Reihen. Die Aufforderung bei dieser Operation mitzumachen, ergeht also auch an den Rat.

Insgesamt wollen wir ein neues System der Transparenz, eine neue Kultur der Transparenz in Brüssel, und damit auch Offenheit demonstrieren und Vertrauen schaffen. Lobbyismus ist gut, Interessenvertretung darf natürlich stattfinden, aber die Regeln müssen klar sein. Es muss fair zugehen, es muss auch wahrhaftig zugehen, und vor allen Dingen darf nicht eine Meinung gekauft werden.

Mit dem heutigen Beschluss machen wir einen großen Schritt nach vorne, gar keine Frage, aber es liegt noch viel Arbeit vor uns, weil der Teufel auch hier im Detail steckt, z. B. bei der Frage: Wer ist Lobbyist? In dem Bericht haben wir das sehr weit gefasst: jeder, der uns beeinflussen will! Trotzdem gibt es Ausnahmen. Die Kommunen, die Regionen, die Sozialpartner, die Parteien — all das sind Institutionen, die in den Verträgen ja verankert sind. Sie machen Lobbyismus, sind aber in unserem System nicht als Lobbyisten genannt. Hier werden wir auch noch die Abgrenzungen bei den Rechtsanwälten und auch bei den Kirchen suchen müssen. Das sind offene Fragen, die müssen noch geklärt werden.

Ich finde, die finanzielle Offenlegung ist wichtig, Frau Lulling! Das ist der neue Schritt nach vorne, das hatten wir bisher nicht. Geld ist zwar nicht alles, aber mit Geld wird doch viel gemacht. Und die Arbeit beginnt! Danke an Herrn Stubb und an Herrn Friedrich und an alle, die bisher mitgemacht haben.

 
  
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  Costas Botopoulos (PSE).(EL) Herr Präsident! Ich finde das Thema, über das wir heute sprechen, äußerst interessant. Ich möchte behaupten, dass das Europäische Parlament zum ersten Mal den Weg in einer Frage weist, die in den einzelstaatlichen Parlamenten überhaupt nicht zur Debatte steht, schon gar nicht im griechischen Parlament, und für die bislang noch keine Lösung gefunden wurde.

Um drei wichtige politische Fragen geht es hier. Erstens: Wie gehen wir mit dieser Angelegenheit um? Fürchten wir die Arbeit der informellen Lobbyisten, oder versuchen wir, transparent zu agieren?

Ich denke, wir müssen Folgendes tun: Wir müssen transparent agieren; wir sollten die Lobbyisten oder ihre Existenz nicht fürchten, und wir sollten einige Regeln festlegen.

Zweitens: Wie lässt sich Transparenz am besten erreichen? Die Antwort lautet: Mit sehr strengen Regeln, in denen sogar die Geldbeträge vorgeschrieben werden, oder durch einen allgemeinen verbindlichen Regelungsrahmen. Was diesen Punkt anbelangt, muss ich betonen, dass ein verbindliches Verzeichnis sehr hilfreich wäre und von allen drei Organen der EU genutzt werden könnte.

Drittens reden wir von Interessenvertretungen, die informell, jedoch innerhalb eines institutionellen Prozesses operieren. Es muss unbedingt zwischen den verschiedenen Typen von Lobbyisten unterschieden werden. Greenpeace und Shell haben nichts gemeinsam, wenn sie als Interessenvertreter auftreten. Deshalb ist diese Unterscheidung unerlässlich, zumindest in dem Verzeichnis.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Die Lobbytätigkeit ist eine legitime Erscheinung eines jeden demokratischen Systems. Soll die Demokratie nicht in Anarchie enden, müssen auch für den Lobbyismus klare Regeln gelten.

Die amerikanischen Lobbyisten halten die Rechtsvorschriften ihres Landes für zu streng, wohingegen es in den neuen Mitgliedstaaten keine Regeln gibt, so dass dort für die Menschen Lobbyarbeit oftmals einen negativen Beigeschmack hat. Deshalb sollte das neue Modell der Europäischen Union zwischen diesen beiden Extremen angesiedelt werden.

Meines Erachtens werden der Vorschlag zur Schaffung eines gemeinsamen interinstitutionellen Systems der verbindlichen Registrierung von Interessenvertretern in der Europäischen Union, die Offenlegung des finanziellen Hintergrunds und die „legislative Fußspur“ die Transparenz der Vorschriften für die Lobbytätigkeit fördern. Ebenso hoffe ich jedoch, dass die Kirchen auch nach der heutigen Abstimmung unsere Partner bleiben und nicht als Interessengruppen eingestuft werden.

Ich bin überzeugt, dass der Bericht Stubb/Friedrich alle Vorurteile und negativen Meinungen über die Lobbytätigkeit ausräumen wird und die Bürgerinnen und Bürger Europas Lobbyisten als Experten betrachten werden, die auf praktischen Erfahrungen beruhendes Wissen einbringen und somit dazu beitragen, dass die europäischen Rechtsvorschriften keine negativen Auswirkungen haben.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE). – (PL) Herr Präsident! Die Tätigkeit von Interessenvertretern bei den europäischen Institutionen stellt ein komplexes Problem dar. Einerseits ist der Zugang zu den Aktivitäten der Institutionen eine Folge des Prinzips der Transparenz ihrer Arbeit, wie sie in den Gründungsverträgen verankert ist. Er bietet auch die Möglichkeit, die Lücke beim so genannten Demokratiedefizit zu schließen, denn Fachorganisationen stellen wertvolle Expertenanalysen zur Verfügung, die einen günstigen Einfluss auf die Qualität europäischer Rechtsvorschriften ausüben.

Andererseits indes können große internationale Firmen auf das Lobbying spezialisierte Unternehmen in Anspruch nehmen, um auf diese Weise die Arbeit der Organe mit dem Ziel zu beeinflussen, in erster Linie das Eigeninteresse der Firmen durchzusetzen.

Das Problem der Tätigkeit von Interessenvertretern beim Europäischen Parlament gewinnt an Bedeutung, je mehr die Befugnisse dieses Hohen Hauses zunehmen. Wir sollten daher die Initiative der Kommission unterstützen, die eine interinstitutionelle Zusammenarbeit zur Festlegung eines Rahmens für die Tätigkeit von Interessenvertretern, einschließlich der Erstellung eines gemeinsamen Registers für Interessenvertreter, vorschlägt. Der Grundsatz der Transparenz, dem gemäß Interessenvertreter Zugang zur Arbeit der Organe haben, sollte auch auf die Interessenvertreter selbst angewendet werden. Eine freiwillige Registrierung reicht nicht aus. Interessenvertreter sollten sich obligatorisch registrieren lassen, um Zugang zu den Organen der Europäischen Union zu erlangen.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich bin jetzt seit zwölf Jahren im Europäischen Parlament und ich muss sagen, dass ich mich bei vielen Lobbyisten bedanken muss, weil sie sehr viel Wissen in die Tagesarbeit gebracht haben. Ich glaube, dass es immer gut ist, auch für Abgeordnete, den verschiedenen Seiten zuzuhören und eine offene Tür für die Bürgerinnen und Bürger zu haben.

Wenn wir derzeit 5 000 Lobbyisten registriert haben, die wir alle an ihrem Badge erkennen, die akkreditiert, bzw. zertifiziert sind, so kommen auf einen Abgeordneten durchschnittlich sechs Lobbyisten. Ich glaube, es ist für uns unendlich wichtig, dass wir das Wissen, das wir durch diese Spezialisten bekommen, auch in der Gesetzesarbeit dementsprechend einbinden, weil die Abgeordneten natürlich nicht in jedem Fall Spezialisten sein können. Deshalb ist es wichtig, der Praxis zuzuhören, um zu sehen, dass die Lobbyisten für uns in Wahrheit eine Bereicherung sind.

 
  
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  Carl Schlyter (Verts/ALE).(SV) Herr Präsident! Wie der Kollege Bonde unterstrichen hat, ist Europa eine der am wenigsten entwickelten Regionen der Welt, was die Regel für die Tätigkeit von Lobbyisten betrifft. Diese Situation können wir jedoch heute verbessern, indem wir den Änderungsantrag unterstützen, der ein obligatorisches Register der finanziellen Interessen fordert sowie echte Sanktionen für alle, die gegen die Regeln verstoßen. Außerdem müssen wir klarstellen, was die bei der Kommission tätigen extern bezahlten Personen eigentlich tun.

Wie viele Redner betont haben, ist Lobbyismus an sich nichts schlechtes, das Problem besteht nur darin, dass es bei einer Zentralisierung der Beschlüsse für große Unternehmen leichter wird, wirtschaftliche Macht in politische Macht umzuwandeln. Mindestens vier Fünftel der Lobbyisten werden von Großunternehmen bezahlt, und dieses Ungleichgewicht beeinträchtigt unsere Gesetzgebung. Transparenz muss daher bedeuten, dass alle von Lobbyisten eingereichten Änderungen für Gesetzestexte öffentlich registriert werden müssen, damit wir sehen können, wer dahinter steht.

Wenn das Register für diejenigen eingerichtet wird, die hier herkommen dürfen, appelliere ich an Frau Lulling, dafür zu sorgen, dass ein Drittel der Plätze an Unternehmen vergeben wird, ein Drittel an Nichtregierungsorganisationen und ein Drittel an andere Akteure. Auf diese Weise können wir Ausgewogenheit erreichen.

 
  
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  David Hammerstein (Verts/ALE).(ES) Herr Präsident! Wenn wir über Transparenz sprechen, dürfen wir nicht abstrakt reden. Unsere Wähler sollen wissen, wer im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie sitzt, wenn wir über REACH oder das Telekommunikationspaket diskutieren; sie sollen wissen, wer Änderungsanträge einbringt; sie sollen wissen, wer viele der Berichte dieses Parlaments erarbeitet, und sie sollen dies auf der Webseite des Parlaments erfahren; sie sollen aus einem Register ersehen können, wer hunderte Stunden auf den Gängen des Parlaments unterwegs ist. Das alles ist möglich. Genauso wie sie wissen sollten, wer an einer Ausschusssitzung teilnimmt, wer im Plenum anwesend ist – über die Webseite des Parlaments –, so sollten unsere Wähler wissen, welche „Lobbyisten“ Hunderte von Stunden in unseren Sitzungen zubringen.

Wir wollen Transparenz, aber wir wollen, dass sie wahrhaftig ist. Wir wollen, dass nach der Abstimmung über jeden Bericht bekannt ist, welche Lobbyisten die Änderungsanträge eingereicht haben, die unsere Zukunft gestalten, Wort für Wort, Änderungsantrag für Änderungsantrag. Danke.

 
  
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  Siim Kallas, Vizepräsident der Kommission. (EN) Herr Präsident! Es ist immer interessant und spannend, über den Lobbyismus zu reden. Ich habe gerne den Anmerkungen der verehrten Abgeordneten zugehört, die die Auffassung widerspiegeln, die auch Herr Leinen schon zum Ausdruck gebracht hat: Der Teufel steckt wie immer im Detail. Ich bin mit Frau Frassoni vollkommen einer Meinung, dass die Arbeit mit der Vollendung dieses Berichts und selbst mit der Eröffnung der Register der Kommission noch nicht abgeschlossen sein wird.

Ich kann dem Parlament versichern, dass wir sehr kooperativ sind und alles in unseren Kräften Stehende tun werden, um so schnell und reibungslos wie möglich diese interinstitutionelle Gruppe auf die Beine zu stellen und einen gemeinsamen Ansatz zu erarbeiten. Ich möchte anmerken, dass meiner Meinung nach dieses gemeinsame Register kein wildes Tier ist, das uns alle bedroht. Es ist ein gemeinsames Informationspaket, ein gemeinsames Archiv aller notwendigen Angaben, das verhindert, dass alle Interessenvertreter unterschiedliche, nicht übertragbare Anträge bei unterschiedlichen Organen einreichen müssen. Dies war Ihr Vorschlag zur Verhinderung unnötiger Belastungen. Über alle anderen Einzelheiten beraten wir jedoch schon seit Jahren, das heißt seit wir unsere Gespräche zu diesem Thema 2005 aufgenommen haben.

Ich möchte – in Bezug auf einen Punkt, den Sie angesprochen haben – nur betonen, dass es natürlich eine ganze Reihe schwieriger Einzelheiten zu berücksichtigen gilt, wenn es darum geht zu definieren, wer Lobbyismus zu welchem Thema betreibt. Im Zuge unserer Gespräche haben wir uns mit Rechtsanwaltsvereinigungen getroffen. Sie haben unsere Haltung akzeptiert, dass sie, wenn sie tatsächlich als Lobbyisten auftreten, diese Tätigkeit auch als Lobbyismus bezeichnen müssen und nicht als Rechtsberatung oder etwas Vergleichbares darstellen dürfen.

Auf eine Sache, die hier zur Sprache kam, muss ich eingehen: den Umstand, dass einige Personen in der Kommission arbeiten und ihr Gehalt von der Privatwirtschaft beziehen. Das gibt es nicht mehr. Einige Verträge laufen zwar noch, aber diese Praxis haben wir beendet.

 
  
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  Ingo Friedrich, Berichterstatter. − Herr Präsident! Danke für die weitgehend sachkundige und kenntnisreiche Diskussion. Seriöser, transparenter Lobbyismus hilft, die Effizienz der Entscheidungsfindung zu stärken. Herr Turmes, Sie haben nicht korrekt geantwortet. Die finanzielle Offenlegung steht in Ziffer 21, insofern haben sie die Sozialdemokratische Fraktion unkorrekt angegriffen, das muss ich einfach sagen.

Zweitens, was die Anwälte betrifft: Man kann nicht einfach sagen, jeder Anwalt sei ein Lobbyist, weil er Juristerei studiert hat. Es steht konkret drin: Wer dauerhaft die Politik beeinflussen will, der ist ein Lobbyist, auch wenn er Rechtsanwalt ist.

Es ist ein Übersetzungsfehler aufgetreten: „Kommunen“ ist mit „Städte“ übersetzt worden. Das amerikanische System ist zwar detailliert, aber eben so detailliert, dass manche Senatoren am Jahresende 300 Seiten abliefern und kein Mensch mehr durchblickt, was wirklich in den USA an Lobbyarbeit möglich gemacht wird.

Für mich war interessant, dass Linksaußen und Rechtsaußen sich in der Fundamentalkritik praktisch treffen. „Les extrêmes se touchent“ sagen die Franzosen, das ist typisch. Wir wollen eine seriöse Lösung, die besser ist als die in Amerika, und besser als die in den meisten oder in allen Staaten.

Danke nochmals an Herrn Stubb — lieber Minister, wir denken an Dich! Danke auch für die seriöse Diskussion.

 
  
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  Der Präsident. − Ich möchte Herrn Friedrich danken, dass er den Bericht von Herrn Stubb übernommen hat, den wir zu seiner Ernennung zum finnischen Außenminister beglückwünschen.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet um 11.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Urszula Gacek (PPE-DE), schriftlich. (EN) Der Pluralismus der Interessen ist ein wichtiges Merkmal der Demokratie. Daher ist es legitim, dass sich Mitglieder der Gesellschaft organisieren und für ihre Interessen stark machen. Der Lobbyismus birgt jedoch die Gefahr, dass demokratische Grundsätze korrumpiert werden. Die Macht der Konzerne, Einfluss auf Politiker auszuüben, kann ihnen gegenüber gewöhnlichen Bürgern zu einem ungleichen Zugang zum Gesetzgebungs- und Entscheidungsprozess verhelfen.

Sehr wenige europäische Länder haben den Lobbyismus gesetzlich geregelt. Dieser parlamentarische Bericht über den Lobbyismus wird einen wertvollen Schritt zur Stärkung von Transparenz, Rechenschaftspflicht und der Beteiligung der Bürger am demokratischen Prozess auf europäischer Ebene darstellen. Die Erfahrung der Länder, die Rechtsvorschriften zum Lobbyismus umgesetzt haben, zeigt jedoch, dass dies nur ein Teil einer umfassenderen Palette von Leitlinien und Maßnahmen sein sollte.

Es ist nur ein kleiner Schritt vom nicht-transparenten Lobbyismus zur Korruption und der Verzerrung des Marktes auf Kosten der Firmen, die sich an die Regeln halten.

Die Beteiligung von Vertretern der Industrie an der Erstellung dieses Berichts ist begrüßenswert. Sie sollten jetzt aufgefordert werden, die Initiative zu ergreifen und zu demonstrieren, dass verantwortliche Konzerne im Verfahren zur Regelung des Lobbyismus eine wichtige Rolle zu spielen haben.

 
  
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  Bogdan Golik (PSE), schriftlich. (PL) Besonderer Dank und Anerkennung gebühren nicht nur dem Berichterstatter, sondern auch Herrn Kommissar Kallas, der die Initiative im Zusammenhang mit neuen Vorschriften zu den Grundsätzen der Lobbytätigkeit ergriffen hat. Das ist von besonderer Bedeutung angesichts der neuen Zuständigkeiten, die das Europäische Parlament nach der Annahme des Vertrags von Lissabon erhalten soll. Nichtsdestoweniger möchte ich meine Besorgnis hinsichtlich der Effektivität und der Glaubwürdigkeit eines freiwilligen Registers für Interessenvertreter zum Ausdruck bringen. Das Register sollte obligatorisch sein und für alle europäischen Institutionen gelten. Angesichts seines Charakters sollte das Parlament allerdings auch seine Autonomie bewahren.

Für das gesamte Spektrum von Lobbygruppen sollte die Registrierung Pflicht sein. Dabei denke ich unter anderen an regionale Vertretungen, sektorale Organisationen, Anwälte, die eine Lobbyfunktion ausüben, und an Forschungseinrichtungen. Alle, die Einfluss nehmen, um wirtschaftliche oder soziale Vorteile zu erlangen, sollten registriert sein. Das Erfordernis, lediglich finanzielle Informationen vorzulegen, ist nicht immer zuverlässig und gestattet keine umfassende Beurteilung, wie beabsichtigt ist.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE), schriftlich. (PL) Eine Regulierung der Lobbytätigkeit ist natürlich zu begrüßen. Zumindest besteht da die Möglichkeit einer transparenten Zusammenarbeit zwischen Parlament und Interessengruppen, nämlich Lobbyisten. Es wird vorgeschlagen, ein verbindliches Register aller interessierten Lobbyisten zu erstellen, die ihre Interessen bei den europäischen Institutionen vorstellen und vertreten. Dieser Vorschlag verdient unsere Unterstützung. Der Eintrag in das Register würde interessierten Lobbyisten den Zugang zu den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments, den Besuch von Ausschusssitzungen und den Kontakt mit Abgeordneten in deren Büros gestatten, ohne aber diese bei ihrer Arbeit zu stören.

Die Effektivität zivilisierter und somit transparenter Lobbytätigkeit hängt jedoch wesentlich vom Verhalten der Interessenvertreter ab. Es wird daher erforderlich sein, gleichzeitig einen ethischen Verhaltenskodex für Lobbyisten auszuarbeiten.

Das Parlament sollte auch die Durchsetzung dieser Bestimmungen überwachen, insbesondere was den Wahrheitsgehalt der Informationen im Register angeht. Lobbyisten, die unzureichende oder unwahre Informationen geben, sollten bestraft werden. Die Strafen sollten im Verhältnis zum Verstoß stehen und eine abschreckende Wirkung haben; sie könnten von einer Sperre im Register bis zu einem dauerhaften Ausschluss aus dem Register reichen.

Es sei daran erinnert, dass dieser neue Vorschlag in Eigeninitiative des Europäischen Parlaments ausgearbeitet wurde. Der Vorschlag wird sich auch für andere europäische Organe und die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die noch keine Maßnahmen in dieser Richtung getroffen haben, als hilfreich erweisen.

 
  
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  Roselyne Lefrançois (PSE) , schriftlich. – (FR) Ich freue mich über die Annahme dieses Berichts, der meiner Meinung nach eine deutliche Verbesserung der Beziehungen zwischen den Interessenvertretern und den EU-Institutionen ermöglichen wird.

Er schlägt insbesondere vor, anstelle des Versuchs, eine ausführliche Liste dieser Vertreter zu erarbeiten und zu führen, was eine riesige, ja geradezu unmögliche Aufgabe wäre, eine globale Definition des Begriffs „Lobby“ vorzunehmen, um zu vermeiden, dass Strukturen, die nicht auf der Liste stehen, die festgelegten Normen umgehen können.

Ein weiterer wichtiger Fortschritt ist die Vereinheitlichung und Vereinfachung des auf Lobbyisten anwendbaren Regelungsrahmens, vor allem die Schaffung eines einheitlichen gemeinsamen Registers aller Institutionen, in das sich die Lobbyisten eintragen können und das längerfristig zu einem Bezugspunkt und einem Garant für die Seriosität und die Glaubwürdigkeit aller akkreditierten Organisationen werden sollte.

Zugleich würde dieses Register aber auch eine erhöhte Transparenz gegenüber der breiten Öffentlichkeit fördern, denn es könnte jederzeit online abgefragt werden und würde für jede Organisation die vollständigen Identifizierungsangaben, einschließlich Angaben zu den Mitarbeitern, sowie alle relevanten Finanzdaten enthalten.

Zu diesem System der „einheitlichen Anlaufstelle“ käme noch ein gemeinsamer Verhaltenskodex hinzu sowie die Möglichkeit für die Europaabgeordneten, die einen Bericht abfassen, die Namen der Organisationen zu vermerken, die sie in ihrer Arbeit unterstützt haben.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Die Konsultation und Mitwirkung möglichst vieler Interessengruppen an der Erarbeitung und Umsetzung europäischer Rechtsvorschriften sowie die Kontrolle ihrer Durchsetzung ist eine objektive Forderung für die erfolgreiche Gestaltung des Gesetzgebungsprozesses, die Korrektur von Fehlern und die Vermeidung vorgefasster Meinungen.

Der offene Dialog mit den Vertretern aller an diesem Prozess beteiligten Parteien liegt unserem demokratischen System zugrunde und ist eine wesentliche Informationsquelle, sofern eine umfassende Transparenz gegeben ist.

Aus diesem Grund wird die Initiative zur Einführung einer „legislativen Fußspur“ sowohl für die von der Kommission erarbeiteten Dokumente als auch für die Berichte des Europäischen Parlaments begrüßt, selbst wenn dies nur auf freiwilliger Basis erfolgt.

Die Einbeziehung möglichst vieler interessierter Kreise einschließlich gegnerischer Parteien wie auch die transparente Gestaltung des eigentlichen Prozesses ist bei der Erarbeitung komplexer und ausgereifter Rechtsvorschriften, die alle praktischen Aspekte umfassen, eine ausgewogene Berücksichtigung und eine effiziente Harmonisierung aller Meinungen garantieren sowie Interessenkonflikte und spätere Mängel vermeiden, von entscheidender Bedeutung.

Ein effizienter Informationsaustausch in Bezug auf die mit den Organen der Europäischen Union verbundenen Lobbyorganisationen wird langfristig nicht nur den Gesetzgebungsprozess erleichtern, sondern auch zur Gestaltung einer transparenten und fairen Zusammenarbeit zwischen der Kommission, dem Parlament und dem Rat beitragen, einer Zusammenarbeit, von der letztendlich ohne jeden Zweifel der europäische Bürger profitiert.

 
  
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  Katrin Saks (PSE), schriftlich. (EN) Der Bericht über den Lobbyismus, mit dem wir uns befasst haben, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz. Wenn wir belegen können, wer zu einem bestimmten Legislativpaket beratend tätig war, verleiht dies dem Verfahren Rechtmäßigkeit, was für uns alle hier so wichtig ist.

Von ebenso großer Bedeutung ist es sicherzustellen, dass alle Interessenvertreter, die Verbindung zum Parlament aufnehmen, sich registrieren lassen müssen. Wir dürfen keine Schlupflöcher zulassen, die es einigen Interessenvertretern erlauben würden, der Registrierung zu entgehen. Denn auch Rechtsanwälte und Denkfabriken, die Lobbytätigkeit ausüben, sind und bleiben nun mal Lobbyisten und sollten daher registriert sein.

Kurzum, ich begrüße diesen Bericht, der einen angemessenen ersten Schritt in Richtung größerer Transparenz darstellt.

 
  
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  Andres Tarand (PSE), schriftlich. – (ET) Der Bericht von Alexander Stubb ist sehr wichtig, denn bald wird es in Brüssel ebenso viele Lobbyisten geben wie Beamte der Europäischen Kommission.

Ich begrüße es, dass das Parlament – im Gegensatz zur Europäischen Kommission – den Vorschlag eines verbindlichen Registers für Lobbyisten unterstützt. Andernfalls würde der Bericht sein vorrangiges Ziel verfehlen und seiner Aufgabe in keiner Weise gerecht werden.

Was die Aufnahme von Anwälten in die Liste anbelangt – dieses Thema ist gegenwärtig der größte Zankapfel –, so plädiere ich dafür, sie in das Register aufzunehmen. Es gibt keinen Grund, dies nicht zu tun, da Anwaltskanzleien gegenüber den Institutionen der Europäischen Union in zunehmendem Maße als Lobbyisten in Erscheinung treten. Es sollte ihnen nicht gestattet sein, alles was sie tun, als Rechtsberatung zu deklarieren, und deshalb sollten wir nicht auf das Register und die Forderung nach Transparenz in der Lobbytätigkeit verzichten.

Die Einrichtung eines gemeinsamen Registers ist ein guter Vorschlag. Wichtig ist, dass sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament und die Kommission darin eingebunden sind. Damit die gesammelten Daten entsprechend genutzt werden können, muss dringend eine gemeinsame Online-Datenbank eingerichtet werden, die allen Institutionen zugänglich ist.

 
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