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Verfahren : 2008/0208(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0450/2008

Eingereichte Texte :

A6-0450/2008

Aussprachen :

PV 18/11/2008 - 15
CRE 18/11/2008 - 15

Abstimmungen :

PV 20/11/2008 - 6.8
CRE 20/11/2008 - 6.8
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0560

Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 18. November 2008 - Straßburg Ausgabe im ABl.

15. Fazilität zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten - Finanzielle Unterstützung der Mitgliedstaaten (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über:

- den Bericht (A6-0450/2008) von Pervenche Berès im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 332/2002, wodurch eine Fazilität zur mittelfristigen Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten eingerichtet werden soll (KOM(2008)0717 - C6-0389/2008 - 2008/0208(CNS));

- die Erklärung der Kommission über die finanzielle Unterstützung der Mitgliedstaaten.

 
  
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  Pervenche Berès, Berichterstatterin. (FR) Herr Präsident! Unter diesem undurchsichtigen Titel beurteilt jeder die Bedeutung der Diskussion, die wir heute Abend führen, nachdem Ungarn finanzielle Unterstützung gefordert hat, und zwar zuerst beim Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Europäische Union hat die Bedingungen analysiert, unter denen einem der Mitgliedstaaten Unterstützung gewährt werden könnte.

Es stimmt, dass die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Währung darüber gesprochen haben, weshalb sich Ungarn zuerst an den IWF wandte. Dies ist ein Thema, das Ungarn als Land und jahrelanges Mitglied der Europäischen Union und auch die Institutionen der Europäischen Union angeht, und zwar in der Hinsicht, dass wir bisher offenbar nicht ausreichend in der Lage waren, ein Klima des Vertrauens, der Solidarität und der Zusammenarbeit zu schaffen, damit ein Land wie Ungarn angesichts seiner schwierigen Situation die Europäische Union als ersten Ansprechpartner betrachtet.

Ich denke, dass der Plan, mit dem man basierend auf Artikel 119 eine Fazilität zur Stützung der Zahlungsbilanzen einrichten möchte und der auf die Initiative der Kommission und von Joaquín Almunia zurückgeht – dem ich hiermit danken möchte –, ermöglichen wird, zusammen mit dem IWF eine angemessene Lösung zu finden.

Wir denken jetzt offensichtlich alle, dass Ungarn leider kein Einzelfall ist, und müssen auf irgendeine Weise die Grundlage konsolidieren, die es der Europäischen Union ermöglichen wird, auf solche Forderungen einzugehen.

In der Entschließung, die wir im Ausschuss für Wirtschaft und Währung angenommen haben und die hoffentlich morgen in der Plenarversammlung unterstützt wird, fordern wir die Kommission auf, zu untersuchen, ob und gegebenenfalls wie die Banken einiger Mitgliedstaaten der Union zur Verschlimmerung dieser Situation beigetragen haben. Meiner Ansicht nach sind diese Informationen für das Europäische Parlament im Hinblick auf die bevorstehende Aussprache wichtig, und die Gruppe von Jacques de Larosière wird sie zweifelsohne anschließend analysieren.

Wir haben auch erwähnt, dass wir im Grunde denken, dass der Vorschlag des Rates eingebracht wurde, um Hilfen auf einen bestimmten Schwellenwert anzuheben, was wir in der Annahme akzeptiert haben, dass dies vielleicht nicht die letzte Diskussion sein wird, die wir mit der Kommission führen werden. Zu diesem Zeitpunkt sehen wir ein, dass dies im Rahmen der mit dem Rat geführten Verhandlungen die Grundlage für eine Übereinkunft ist, weshalb wir diese Situation akzeptieren.

In Zukunft hoffen wir, dass die Europäische Kommission, der Rat und das Parlament diese Beträge regelmäßig genehmigen werden, weil wir im Jahr 2002 – als das Europäische Parlament über die Verordnung abstimmte, die wir jetzt ändern wollen – forderten, dass eine regelmäßige Aktualisierung durchgeführt werden sollte. Leider ist es nun ganz offenkundig, dass wir damit richtig lagen. Herr Kommissar, wir fordern diesen Punkt jetzt erneut, und es ist meiner Ansicht nach angebracht, dass er auf diese Art und Weise gelöst wird.

Abschließend ist zu sagen, dass ich im Ausschuss für Wirtschaft und Währung gefordert habe, dass uns die Instrumente und Prozesse von Artikel 100 des Vertrags in die Lage versetzen sollten, einige Mitgliedstaaten breiter zu unterstützen und nicht nur, wenn Probleme mit der Zahlungsbilanz auftreten. Leider erhielt ich in dieser Angelegenheit vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung keine Unterstützung, aber ich nutze meine Position als Berichterstatter, um die Kommission dringend aufzufordern, diese Möglichkeit zu untersuchen, die uns im Vertrag angeboten wird, die wir bisher aber nicht voll genutzt haben.

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission.(ES) Herr Präsident, Frau Berès, meine Damen und Herren! Als die Gründungsväter der Europäischen Union den Römischen Vertrag verfassten, waren sie so weitsichtig, in einen der Artikel einen Mechanismus aufzunehmen, durch den Mitgliedstaaten geholfen werden kann, deren Zahlungsbilanzen ernsthaft bedroht sind.

Diese Weitsicht, die in diesem Artikel des Römischen Vertrags steckt, wurde bei nachfolgenden Vertragsreformen beibehalten und stellt nun Artikel 119 des derzeitigen Vertrags dar. Nachdem diese Rechtsgrundlage jahrelang ungenutzt blieb, wurde sie von der Kommission nun herangezogen, um einem Mitgliedstaat zu helfen, der auf diese Unterstützung dringend angewiesen war, nämlich Ungarn.

Dieser Artikel des Vertrags wurde durch eine Verordnung aus dem Jahr 2002 ausgearbeitet. Auf diese Verordnung haben wir jetzt im Falle Ungarns zurückgegriffen, und wir schlagen nun vor, sie in Bezug auf den Höchstbetrag zu ändern, der Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden kann, die sich dieser Art von Problem ausgesetzt sehen.

Gestern haben wir hier in diesem Parlament das zehnjährige Bestehen der Wirtschafts- und Währungsunion diskutiert. Heute Nachmittag ging es um die Wirtschaftslage. Gestern und auch heute haben wir uns über die Probleme unterhalten, die durch diese Situation verursacht wurden, und leider gibt es einige EU-Mitgliedstaaten, die nicht Teil der Eurozone sind und deren makroökonomische und finanzielle Ungleichgewichte sie angesichts des Marktdrucks in eine besonders gefährdete Position bringen.

Im Falle Ungarns und angesichts dieser Schwierigkeiten haben sich die ungarischen Behörden irgendwann an den Internationalen Währungsfonds (IWF) gewandt. Der Kontakt mit der Europäischen Kommission erfolgte gleich nach der Kontaktaufnahme mit dem IWF.

Wie ich den ungarischen Behörden mitteilte, sollte ein Mitgliedstaat anders vorgehen. Logischerweise sollte man sich zuerst an die europäischen Behörden und dann bei Bedarf – und im Falle Ungarn war diese Kondition definitiv gegeben – gemeinsam an den IWF wenden.

Ich muss Ihnen allen sagen, dass der IWF und sein Geschäftsführer, Dominique Strauss-Kahn, für diese Zusammenarbeit zwischen dem IWF und der Europäischen Kommission, den europäischen Behörden und den EU-Mitgliedstaaten, die der Eurozone angehören und auf die vom IWF angebotene Unterstützung zurückgreifen müssen, absolut offen waren.

Im Falle Ungarns haben wir zusammengearbeitet. Obwohl das Verfahren nicht den Regeln entsprechend eingeleitet wurde, war das Endergebnis doch in Ordnung, weil wir zusammengearbeitet haben. Die Europäische Union bietet Ungarn im Rahmen eines globalen Hilfspakets im Wert von 20 Milliarden Euro eine Unterstützung von 6,5 Milliarden Euro an. Der gleiche Ansatz wird jetzt von einem anderen Land verwendet, hier werden jedoch die Regeln eingehalten: Zuerst wurden die europäischen Behörden kontaktiert, und man wandte sich dann gemeinsam an den IWF.

Leider erweist sich die Situation als derart schwierig, dass dies vielleicht nicht der letzte Fall sein wird. Zumindest sollten wir darauf vorbereitet sein, dass vielleicht noch andere Mitgliedstaaten auf diese Art der Unterstützung angewiesen sein werden. Aus diesem Grund haben wir bei der Vorlage des Vorschlags, Ungarn unter Verwendung von Artikel 119 des Vertrags und der Verordnung von 2002 zu helfen, im Rat gleichzeitig einen Vorschlag eingereicht, die Höchstgrenze für die im Rahmen der Verordnung von 2002 geschaffenen Fazilität auf 25 Milliarden Euro zu erhöhen.

Hoffentlich werden wir nicht auf diese Mittel zurückgreifen müssen, aber diese Möglichkeit lässt sich nicht ausschließen. Sollten wir diese Mittel benötigen, dann müssten wir unsere Solidarität genauso zeigen wie die Gründungsväter beim Römischen Vertrag von 1957, und falls es erforderlich sein sollte, müssten wir uns auch auf eine weitere Steigerung über den Wert von 25 Milliarden Euro hinaus einstellen. Infolgedessen bitte ich das Parlament, bei der Diskussion dieses Themas im Bedarfsfall künftig ein genauso großes Maß an Bereitschaft zu zeigen, wie dies erfreulicherweise heute hier der Fall war. Ich appelliere an das Parlament, sich schnell und flexibel zu Hilfeleistungen zu äußern, die aufgrund ihres Wesens und ihrer Merkmale sehr dringend benötigt werden.

Gemeinsam mit der Debatte über den Vorschlag zur Anhebung der Obergrenze für die Fazilität zur Stützung der Zahlungsbilanzen hat das Parlament im Entschließungsantrag bestimmte Punkte angeführt, denen ich zustimme. Es handelt sich hierbei um Bedenken hinsichtlich der Verwundbarkeit einiger unserer Mitgliedstaaten und die notwendige Erwägung, wie wir uns selbst und auch diejenigen Mitgliedstaaten schützen können, die besonders verwundbar sind. Dies war bei Ungarn der Fall, kann aber auch in anderen Ländern auftreten.

Diese Verteidigung der Stabilität der Wirtschaftssysteme und Finanzpositionen der Mitgliedstaaten muss im Einklang mit dem freien Kapitalverkehr und den grundlegenden Prinzipien des Binnenmarkts stehen. Wir müssen uns jedoch bewusst sein, dass wir gegen unnötige Risiken und Situationen vorgehen müssen, bei denen bestimmte private Belange nicht nur die wichtigeren Interessen der Bürger der Mitgliedstaaten, sondern auch die wirtschaftliche und allgemeine Sicherheit unserer Staaten gefährden könnten.

Ich habe die Vorschläge dieses Entschließungsantrags gebührend zur Kenntnis genommen. Wir werden sie in der Kommission prüfen und unsere Ergebnisse dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung berichten. Wie bereits von Frau Berès erwähnt, werden sie auch an Herrn De Larosière weitergereicht, damit diese Gruppe ihre Ergebnisse innerhalb des für diese Arbeit festgelegten Zeitraums vorlegen kann, das heißt also bis März.

 
  
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  Zsolt László Becsey, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (HU) Danke für das Wort, Herr Präsident. Wir setzen uns heute mit einer bedrückenden Situation auseinander, da wir einen Antrag auf sofortige Hilfeleistungen besprechen. Ich hätte dazu jedoch etwas, wie ich meine, durchaus Positives anzumerken: Die Europäische Union hat endlich, nach einer langen und alles andere als einfachen Suche, Artikel  119 und damit die rechtliche Basis gefunden, die als Grundlage für eine solche Unterstützung dienen kann. Nach den Neuigkeiten zu urteilen, die uns aus Ungarn erreichen, ließ sich über lange Zeit keine rechtliche Basis für diese Maßnahmen finden.

Lassen Sie uns die Gründe hierfür betrachten, bevor wir fortfahren. Ein Grund ist die Konvergenz – wie wir bereits gestern erwähnt haben – oder besser gesagt, ihr Fehlen. Im Laufe der letzten Jahre wurde nicht in Kapitalbewegungen von Osten nach Westen innerhalb der EU reinvestiert, was einen enormen Kapitalabfluss von den östlichen in die westlichen Mitgliedstaaten zur Folge hatte. Das bedeutet, wir sind mit einem fortlaufenden Ungleichgewicht der Zahlungen konfrontiert, die außerdem eine wahre Konvergenz verhindern.

Das andere Problem besteht darin, dass das Überwachungssystem offensichtlich nicht flächendeckend funktioniert, da die Nicht-Euro Länder einfach Schulden in Fremdwährungen anhäufen können. Wenn ich richtig informiert bin, hatte die Europäische Union – obwohl sie meiner Meinung nach eine Stimme hat – bisher nicht die volle Befugnis, diese Ländern aufzufordern, „darauf zu achten, dass die Bevölkerung und die Unternehmen keine unbegrenzten und unvernünftigen Schulden in Fremdwährungen anhäufen, denn dies könnte in einer Krise zu Problemen führen“. So ist das Problem auch in der Tat aufgetreten.

Daher muss die Überwachung bis zu einer ausreichenden Abdeckung erweitert werden. Dies hätte schon lange geschehen sollen, denn, wie ich schon sagte, die Kommission hat eine starke Stimme in Mittel- und Osteuropa und kann ihre Meinung kundtun.

Nun ist der Krisenfall eingetreten. Die ungarische Regierung wandte sich, wie wir wissen, voller Sorge zunächst an den Internationalen Währungsfonds (IWF), aber laut ihrer Aussage habe sie es auch bei der EU versucht, die daraufhin systematisch nach einer rechtlichen Basis gesucht habe. Die Regierung sagt auch, dass sie nicht über ausreichend Kapazität verfüge, um die Krise zu analysieren. Dazu sage ich nur: Lassen Sie uns diese Kapazität schaffen. Es sollte wirklich nicht vorkommen, dass sich jeder auf den IWF verlassen muss, wenn er eine Krisenanalyse benötigt. Was soll denn der Rest der Welt von uns denken, wenn wir die Gelder des IWF dazu nutzen, Mitgliedstaaten mit 1 bis 1,5 Millionen Einwohnern vor einer unausgeglichenen Zahlungsbilanz zu retten?

Ein Krisenmechanismus kann nicht funktionieren, wenn ein System in Krisenzeiten einen Kapitalabfluss aus einem Nicht-Euro Land stoppen muss, wie zum Beispiel im Währungsbereich, denn dort nimmt der Kapitalabfluss in Wirklichkeit seinen Anfang. Hier kann selbst die Europäische Zentralbank nicht viel ausrichten, denn sie hat trotz einer Deckung in Forint kein echtes Interesse daran, bei diesem Liquiditätsproblem zu helfen, obwohl Ungarn nicht mehr benötigte als eine Fremdwährungsliquidität, weil die Banken nicht übermäßig verschuldet waren.

Soweit es den ungarischen Bericht betrifft, begann die Analyse für 2006 mit einer Verbesserung der Situation. Das erinnert mich ein wenig an Tschernobyl im Jahr 1986, als wir am ersten Tag hörten, es gäbe kein Problem, und sich die Situation danach kontinuierlich verbesserte. Am Ende mussten wir uns um die negative Strahlung sorgen. Auch in diesem Fall tendieren alle zum Vergessen. Angefangen haben wir mit dem, was bis 2006 passiert ist, und seitdem war die Überwachung der Währungsflüsse äußerst lückenhaft.

Diese Obergrenze von 25 Milliarden Euro, das möchte ich sagen, scheint mir sehr niedrig. Sie rührt daher, dass wir mit dem IWF zusammenarbeiten wollen, obwohl es wohl kaum eine schrecklichere Lage gibt, als sich auf den IWF verlassen zu müssen.

Es wäre natürlich für das Europäische Parlament sehr wichtig, einbezogen zu werden und gleichzeitig schnell zu handeln. Meiner Ansicht nach geschehen diese beiden Dinge gleichzeitig, und dafür bin ich der Kommission wie auch dem Parlament dankbar. Ich möchte jedoch erneut erwähnen, dass wir einen Mechanismus zur Vorbeugung der verschiedenen Widrigkeiten schaffen sollten, die in Verbindung mit der ungarischen Krise aufgetreten sind und die dem Ansehen der Europäischen Union in Mittel- und Osteuropa in keiner Weise zuträglich waren. Vielen Dank, Herr Präsident.

 
  
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  Szabolcs Fazakas, im Namen der PSE-Fraktion. – (HU) Danke für das Wort, Herr Präsident. Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Da ich kein Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Währung bin, würde ich gerne die vorliegende Frage aus einem anderen Blickwinkel beleuchten. Die finanzielle Krise, die letztes Jahr in Amerika ausgebrochen ist, hat dieses Jahr Europa erreicht und unsere Finanzmärkte, die wir für stabil hielten, bis ins Mark erschüttert.

Statt eine einheitliche Lösung für die EU auszuarbeiten, konnten wir die Krise erst nach langem Zögern mit einer individualisierten und harmonisierten Reaktion angehen, die für jedes Land mehrere Milliarden Euro kostet. Diese individuellen nationalen Lösungen können nicht die richtige Methode zur Bewältigung der Krise in den neuen EU-Mitgliedstaaten sein, die allein keine Milliarden Euro mobilisieren können. Da ihre Banken nicht in zweifelhafte und spekulative Geschäfte in Übersee involviert waren, vertrauten diese Länder darauf, von der internationalen Kreditkrise verschont zu bleiben.

Der Liquiditätsengpass und die Vertrauenskrise, die mit der internationalen Finanzkrise einhergingen, haben jedoch die Finanzen derjenigen Staaten stark ins Schwanken gebracht, die von Fremdkrediten abhängig sind, und die spekulativen Angriffe auf die nationalen Währungen trugen zusätzlich zu dieser Turbulenz bei. In dieser Situation war es wichtig für die neuen Mitgliedstaaten, nicht nur moralische, sondern konkrete, greifbare finanzielle Unterstützung von der Europäischen Union zu erhalten, und für die EU war es von Bedeutung, ihren Schutz auf diejenigen Länder auszuweiten, die der Eurozone noch nicht beigetreten sind.

Hierbei handelt es sich nicht nur um die von fundamentalen europäischen Werten inspirierte Solidarität, sondern um ein gemeinsames europäisches Interesse an der Vermeidung eines Dominoeffekts, damit auch nicht eine einzige Bank – geschweige denn ein ganzes Land – in Insolvenz gerät.

Vor diesem Hintergrund erwägen wir nun die Anhebung der Fazilität von 12 Milliarden Euro auf 25 Milliarden Euro. Die Europäische Zentralbank stellte Ungarn, das durch die Krise auf den Währungsmärkten am schwersten getroffen wurde, ein Rettungspaket von 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Dies war eine sehr faire und würdige Lösung, denn Ungarn stand nicht nur jahrzehntelang an der Spitze von Reform und europäischer Einigung, sondern hatte darüber hinaus im Einklang mit dem 2006 verabschiedeten Konvergenzprogramm seit letztem Jahr sein Haushaltsdefizit von etwa 10 % um die Hälfte gesenkt. Dieses Programm wurde seitdem systematisch umgesetzt, und das diesjährige Defizit zeigt einen Rückgang auf 3 %.

Damit der von der EU geforderte Konsolidierungsprozess andauern kann, ist Unterstützung durch internationale Finanzorgane nötig. Infolge der Finanz- und Kreditkrise steht die gesamte Weltwirtschaft vor Schwierigkeiten. Trotzdem versuchen einzelne EU-Mitgliedstaaten, diese mit ihren eigenen Instrumenten und im Einklang mit ihren eigenen individuellen Zielen zu bewältigen. Die neuen Mitgliedstaaten, die nicht über derartige Instrumente verfügen, dürfen bei diesem Prozess nicht benachteiligt werden. Deshalb muss Europa, wenn es dieser Krise geeint die Stirn bieten will, nicht nur die aktuellen Maßnahmen aufeinander abstimmen, sondern auch eine gemeinsame europäische Strategie entwickeln, um der Wirtschaftskrise zu begegnen.

Ich hoffe, dieses finanzielle Rettungspaket ist der erste Schritt in diese Richtung, und wir werden nach seiner Annahme in der Lage sein, gemeinsam alle unsere Kräfte zu bündeln, um die Krise der Realwirtschaft zu lösen. Vielen Dank.

 
  
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  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk , im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich spreche im Namen der UEN-Fraktion über die Verordnung des Rates zur Einrichtung einer Fazilität zur Bereitstellung von mittelfristiger finanzieller Unterstützung für EU-Mitgliedstaaten, und würde diesbezüglich Ihre Aufmerksamkeit gern auf die folgenden Punkte richten. Erstens: Die Situation der Weltfinanzmärkte hat einen zunehmend nachteiligen Effekt auf die Realwirtschaft mit dem Ergebnis, dass ein Rückgang des BIP für das Jahr 2009 in den Vereinigten Staaten und in vielen der hochentwickelten Staaten der Europäischen Union erwartet wird.

Zweitens: Da diese Länder den Hauptmarkt für die neuen EU-Mitgliedstaaten darstellen, bedroht dies ihr Wirtschaftswachstum und hat daher auch negative Auswirkungen auf ihre Zahlungsbilanzen. Drittens: Angesichts dieser Tatsache müssen wir die Obergrenze der Finanzhilfe der Gemeinschaft für jeden Nicht-Euro Mitgliedstaat definitiv auf 25 Milliarden Euro anheben, weil nur eine Obergrenze in dieser Höhe die Wirksamkeit einer von der Gemeinschaft gewährten Unterstützung sicherstellt.

Viertens: Sollte ein Nicht-Euro-Mitgliedstaat sofortige finanzielle Unterstützung benötigen, sollten der Rat, die Europäische Kommission und das Parlament schnell genug handeln, damit das Vertrauen in ihre Effektivität nicht untergraben wird.

Fünftens und letztens: Wir begrüßen die schnelle Reaktion der Europäischen Kommission auf Ungarns finanzielle Nöte, die trotz der Tatsache erfolgte, dass sich Ungarn zuerst an den Internationalen Währungsfonds wandte und nicht an die Europäische Kommission.

 
  
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  Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wenn ich mich in das Thema des Zahlungsbilanzproblems, das wir hier diskutieren, erneut vertiefe, fühle ich mich wie Marcel Proust mit seinem Madeleine-Kuchen in Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Das riecht für mich nach den 1950er und 1960er Jahren.

Das Zahlungsbilanzproblem? Dafür sollen wir also 25 Milliarden Euro beiseite legen. Warum in aller Welt sollten wir das tun? Ist das hier und heute unsere Aufgabe? Die Gelder sind für diejenigen bedauernswerten Länder bestimmt, die zur EU, nicht aber zur Währungsunion gehören und möglicherweise vor einem Schicksal gerettet werden sollen, das schlimmer ist als der Tod: das Zahlungsbilanzproblem. Das Problem wurde natürlich in diesem Fall von der Europäischen Union selbst geschaffen. Das, worüber wir hier reden, gibt es eigentlich nicht mehr.

Mein eigenes Land, Schweden, leistet der EU als Mitglied loyale Unterstützung und setzt alles, was dort entschieden wird, wesentlich besser um als die meisten anderen Länder, aber auch wir sind der Währungsunion nicht beigetreten. Meiner Meinung nach war dies ein weiser Entschluss. Wenn in Schweden jetzt dennoch Probleme auftreten, haben wir dann ein Problem mit der Zahlungsbilanz? Die Antwort lautet selbstverständlich „Nein“. Natürlich ist es vorstellbar, dass Schweden beginnt, Misswirtschaft zu betreiben und dort wesentlich höhere Inflationsraten und Gehaltssteigerungen auftreten als in anderen Ländern. Was wird dann geschehen? Werden wir dann auch ein Zahlungsbilanzproblem haben? Nein, denn dann wird zum Ausgleich die schwedische Krone abgewertet. Weiter passiert nichts. Dies ist auch der Fall in anderen Ländern, die sich in der gleichen Situation befinden, wie zum Beispiel das Vereinigte Königreich.

Was ist also das Problem? Nun, das Problem besteht darin, dass, wenn diese Länder zwar Mitglieder der Europäischen Union sind – was sie auch sein sollten –, aber nicht zur Währungsunion gehören – was sie ja auch nicht brauchen –, dann müssen sie dazu veranlasst werden, sich wie vorgesehen an einen festen Wechselkurs mit dem Euro halten. Der schlimmste Fall ist eine zwangsweise Einhaltung eines festen Wechselkurses bei den wichtigsten Handelspartnern. Wenn ein Land Misswirtschaft betreibt, eine höhere Inflationsrate erlebt oder einen strukturellen Rückschlag in seinen wichtigsten Exportbranchen erleidet, werden seine Exporte unweigerlich zurückgehen und seine Importe ansteigen. Plötzlich taucht die Frage auf, wie dies finanziert werden soll.

Das ist allerdings eine vollkommen konstruierte Situation. Es ist gänzlich überholt, dass Länder, die keine Mitglieder der Währungsunion sind, sich für einen festen Wechselkurs entscheiden und dann vom Internationalen Währungsfonds oder der EU oder jemand anderem gerettet werden müssen. Warum, um Himmels Willen, sollte das geschehen? Es handelt sich hier um eine völlig veraltete Wirtschaftspolitik. Entweder tritt ein Land einer Währungsunion bei – was unter Umständen richtig sein kann, das gebe ich zu –, oder aber es steht außerhalb dieser Union auf eigenen Beinen mit Hilfe einer eigenen unabhängigen Währungspolitik und kümmert sich um sich selbst. Wenn das Land für sich selbst sorgt, wird nichts Außergewöhnliches passieren. Wenn es sich selbst in die Misswirtschaft treibt, kann auch die Währung dies nicht ausgleichen. Das ist an sich auch nicht besonders gefährlich.

Während wir hier also diskutieren, ob wir 25 Milliarden Euro zu diesem Zweck abstellen, möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Zweck gegenwärtig keine wirkliche Notwendigkeit darstellt. Es ist ein von uns selbst oder besser von Ihnen geschaffenes Problem. Setzen Sie dem ein Ende. Diejenigen Länder, die Mitglieder der EU sind, aber nicht zur Währungsunion gehören, sollten ein System mit einem freien Wechselkurs beibehalten. Dann verschwindet das Problem.

 
  
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  Sergej Kozlík (NI). – (SK) Die Grenze der gegenseitigen Unterstützung für einen Nicht-Euro Mitgliedstaat, der sich in Schwierigkeiten mit der Zahlungsbilanz befindet oder sich dem Risiko ernster Probleme infolge seiner allgemeinen unausgeglichenen Zahlungsbilanz ausgesetzt sieht, liegt derzeit bei 12 Milliarden Euro. Die Beispiele von Dänemark und Ungarn zeigen, dass die Folgen von Finanzkrisen in manchen Staaten sehr weitreichend sein können. Sollte dieser Fall in einem größeren Land eintreten, wäre diese Grenze zu niedrig.

Ich möchte daher betonen, dass meiner Meinung nach weder die Erweiterung der Europäischen Union noch die größere Anzahl von Nicht-Euro Staaten der Hauptgrund für die Anhebung dieser Grenze sind, wie im erläuternden Bericht behauptet wird. Wir müssen uns bewusst sein, dass die finanziellen Probleme in einigen Mitgliedstaaten vorwiegend auf eine inkohärente Wirtschafts- und Sozialpolitik zurückzuführen sind. Die Finanzkrise hat diese Probleme verschlimmert und vertieft, und so wuchs die Dringlichkeit eines verstärkten Maßes an Unterstützung. Ungarn ist nur ein typisches Beispiel hierfür.

Ich unterstütze die Anhebung der Grenze für die mittelfristige Unterstützung auf 25 Milliarden Euro. Ich teile weiterhin die Meinung des Europäischen Parlaments, dass keine Notwendigkeit besteht, ein besonderes Verfahren einzurichten, damit die Kommission diese Grenze außerhalb der üblichen Entscheidungsfindungsverfahren korrigieren kann. Ich denke, dass diese Herangehensweise eine hohe Sorgfalt für das System der Hilfeleistungen gewährleistet und gleichzeitig ausreichend Handlungsspielraum bietet.

Ich verweise hier auf Ungarn als Paradebeispiel, da seine politische Führung über lange Zeit nicht in der Lage war, über Reform- oder Konjunkturmaßnahmen zu entscheiden. Letztlich könnte die Annahme und Umsetzung solcher Maßnahmen die Auswirkungen der Finanzkrise in diesem Land lindern und den Bedarf an finanzieller Unterstützung von der Europäischen Union verringern.

Andererseits muss ich Ungarn verteidigen, wenn ich bedenke, dass die neuen Regeln für Finanzmärkte keinen übermäßigen Zahlungsverkehr von Tochter- zu Elternbanken zulassen dürfen und die nationalen Zentralbanken in ausreichendem Maß überwacht werden müssen.

Es ist wahr, dass derjenige doppelt zahlt, der übereilt handelt. Ebenso wahr ist jedoch, dass derjenige, der übereilt nimmt, nicht immer rechtzeitig und vollständig zurückzahlen kann. Darum ist es von zentraler Bedeutung für das System, klare Regeln hinsichtlich der Unterstützung aufzustellen, die auf einem Regime von Konjunkturmaßnahmen basieren, das sowohl die Zeitpläne als auch die sachlichen Probleme umfasst.

 
  
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  Dariusz Rosati (PSE). - (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich würde mich gerne einleitend kurz zu zwei Behauptungen meiner Abgeordnetenkollegen äußern. Erstens möchte ich darauf hinweisen, dass Nicht-Euro Länder keinen festen Wechselkurs für den Euro einhalten brauchen. Polen ist ein Beispiel für ein Land mit einem freien Wechselkurs. Zweitens möchte ich bemerken, dass sogar ein Land mit einer perfekten Innenpolitik, das keine Fehler macht, aufgrund des Ansteckungseffekts von der Krise betroffen sein kann. Natürlich liegt die Ursache der ungarischen Situation vor allem in einer falschen Regierungspolitik, aber Ungarn war zudem von einer Kapitalflucht betroffen, die nicht durch die ungarische Situation, sondern durch äußere Faktoren verursacht wurde.

Herr Kommissar, ich stimme dem Vorschlag der Kommission zu. Er scheint die Tatsache zu berücksichtigen, dass wir alle zu einem Markt gehören und die Situation einzelner Länder auch für alle anderen von Wichtigkeit ist. Wir sollten uns daher an unsere gegenseitigen Bande erinnern und ein gemeinschaftliches Verantwortungsgefühl für unsere Partner entwickeln. Der Vorschlag ist auch ein Ausdruck der europäischen Solidarität, die zu den höchsten Werten für unser Handeln gehören sollte.

Obwohl in gewissen Situationen auch mehr Geld erforderlich sein könnte, halte ich die von der Kommission vorgeschlagene Summe von 25 Milliarden Euro für vernünftig und unterstütze außerdem den Vorschlag, der Kommission das Recht auf die eigenmächtige Korrektur dieser Grenze in dringenden Fällen zuzugestehen. In meinen Augen wäre das vollständige Verfahren mit einer Zustimmung des Parlaments oder einer parlamentarischen Beratung unter solchen Umständen nicht praktikabel. Nehmen wir an, während der sitzungsfreien Periode des Parlaments im Sommer träte eine Krise ein. Es ist schwer vorstellbar, dass wir ganze sechs Wochen auf eine Versammlung des Parlaments warten sollten, bevor wir dem betroffenen Staat helfen könnten. Ich unterstütze daher den Vorschlag der Kommission, ihr das Recht auf eine Anhebung der Obergrenze innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums zu gewähren.

Ich möchte weiterhin bemerken, dass ich bei diesem Vorschlag keinen Bezug zu einer möglichen Maßnahme seitens der Europäischen Zentralbank sehe. Die Bank gewährte Ungarn einen Kredit. Diese Maßnahme sollte koordiniert werden, und ich bin der Ansicht, dass hier eine Referenz eingefügt werden sollte. Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich denke, der Vorschlag sollte sich nicht auf Artikel 100 des Vertrags beziehen. Artikel 100 betrifft völlig andere Situationen und sollte daher separat gehandhabt werden.

 
  
  

VORSITZ: EDWARD McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  
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  Edit Herczog (PSE). - (HU) Ich danke Ihnen, Herr Präsident. Herr Kommissar, Frau Berès! Es ist eben das Prinzip der Solidarität, das Europa zu mehr als einer wirtschaftlichen Vereinigung macht und es mit den Eigenschaften einer starken politischen Gemeinschaft ausstattet. Zu Beginn der Krise schien es einen Moment lang, als würde sich Europa wirtschaftlich und sozial aufspalten, aber dank dem schnellen und effektiven Handeln der Kommission konnte dies verhindert werden.

Ungarn wandte sich bei seiner Suche nach Hilfe zuerst an die Europäische Union. Die Summe von 20 Milliarden Euro, die wir zur Unterstützung oder Finanzierung benötigten, konnten wir aber unmöglich nur aus einer einzigen Quelle erhalten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte dem Kommissar und dem Europäischen Parlament für ihre umgehende Reaktion und den Kollegen für ihre Solidarität danken, die uns den Wert unserer Zugehörigkeit zu Europa verdeutlicht. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Harald Ettl (PSE).(DE) Herr Präsident! Der Vorschlag zur Änderung der Verordnung für Beistandsleistungen von Mitgliedstaaten, die nicht dem Euroraum angehören, um den Plafonds von 12 auf 25 Milliarden anzuheben, wenn sie von gravierenden Zahlungsschwierigkeiten betroffen sind, kommt gerade im letzten Moment.

Die wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren dieser Ad-hoc-Maßnahmen wird sein, dass die EU bei Gegenforderungen nicht die gleichen Fehler macht wie der IWF. Beim IWF ist Strauss-Kahn allein noch kein Garant für eine vernünftige Politik. Nur zu gut sind uns die Schocktherapien, die im alten neoliberalen Stil für krisengeschüttelte Länder erfolgten, bekannt.

Die ehemaligen Profiteure davon kennen wir nur zu gut. Ich hoffe, dass am Beispiel Ungarns unter Mitwirkung des EU-Instruments eine bessere und nachhaltige Stabilisierung erwirkt wird. Gerade am Beispiel Ungarns muss sich die EU vergegenwärtigen, dass es die konservative Opposition war, die Ungarns Premier an Stabilisierungs- und Reformmaßnahmen gehindert hat. Über die Drosselung an sich nicht zu hoher Sozialausgaben wird die Stabilisierung Ungarns sicher nicht allein erreicht werden, sondern es wird nur dem europafeindlichen Rechtspopulismus geholfen. Ja, Ungarn ist unter Druck geraten und nicht zuletzt durch die rasante Abwertung des Forint, für die auch Hedgefonds mitverantwortlich gemacht werden.

Der IWF hat an Island gezeigt, dass er noch immer Schocktherapien, z. B. durch hohe Leitzinsdiktate zum Schaden der jeweiligen Volkswirtschaft – in diesem Fall der Volkswirtschaft Islands – aufzwingt. Bitte, Herr Kommissar, berücksichtigen Sie, dass ich nicht wünsche, dass mein Nachbarland Ungarn durch solche Berichtigungsmaßnahmen bei Gegenforderungen in soziale Konflikte gestürzt wird. Ungarn braucht vertrauensbildende und flankierende Maßnahmen der Europäischen Union, die letztlich nicht nur Ungarn, sondern uns allen helfen werden.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE).(DE) Herr Präsident! Ich glaube, dass diese Debatte genau zur rechten Zeit geführt wird.

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass Ungarn das Land ist, das das Budgetdefizit am meisten in Anspruch genommen hat: minus 5 %. Das zeigt, dass die Stabilität in diesem Land natürlich auch einen politischen Hintergrund hat. Es ist nicht sinnvoll, dass wir in Zukunft dem Staat – und das sind letztlich alle Steuerzahler – das Risiko überlassen, das in manchen Geschäften steckt. Ich gebe hier dem Kollegen Ettl völlig Recht: Wir können nicht das Risiko von Hedgefonds und von Derivaten den Steuerzahlern aufbürden, denn das würde zu einer Einschränkung der Kaufkraft führen.

Genau das aber brauchen wir in Ungarn, nämlich höhere Kaufkraft. Wir brauchen, dass die Leute dort wieder investieren, die Betriebe investieren, das heißt, wir brauchen dort Steuersenkungen, damit dementsprechend investiert werden kann, und zwar nicht nur für die Betriebe, sondern vor allem für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ich glaube, hier die richtigen Schlüsse zu ziehen. Es ist entscheidend, dass man Freibeträge z. B. für Energieeffizienzmaßnahmen gibt, dass man Investmentprämien gibt, dass man dementsprechende progressive Abschreibungen macht.

Hier würde ich den Kommissar Kovács bitten, der aus Ungarn kommt, entsprechende Initiativen auf europäischer Ebene zu setzen.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich habe die Debatte bisher von meinem Büro aus verfolgt und bin jetzt herunter in den Plenarsaal gekommen, um eine, wie ich meine, deutliche Erklärung abzugeben.

In Irland haben wir durch die Finanzkrise jetzt das System der Bankbürgschaft, und es besteht jetzt in der EU mehr Einigkeit darüber, wie damit umzugehen ist. Aber nun stellen wir fest, dass unsere Banken eine Rekapitalisierung benötigen werden, die möglicherweise dringender ansteht, als wir zunächst annahmen. Ich möchte nun die Hoffnung äußern, dass dies geschehen wird, weil wir ein echtes Problem haben, wie bereits mein Vorredner angemerkt hat. Wir sind darauf angewiesen, dass die Leute Geld ausgeben und investieren, aber es sind keine Kreditlinien verfügbar. Ich denke es ist wichtig, dass schnell etwas geschieht, um das Vertrauen in die Banken und das Kapital wiederherzustellen.

 
  
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  Marian Zlotea (PPE-DE) . – (RO) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute Abend die Gelegenheit haben, ein solch wichtiges Thema zu diskutieren, nämlich die Wirtschaftskrise, die nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern die ganze Welt betrifft.

Wir müssen daher Lösungen für dieses Problem finden. Die gegenseitige Unterstützung für Mitgliedstaaten sollte einer der Schritte in diese Richtung sein. Vor dem Hintergrund unseres Wunsches, dass die EU-Mitgliedstaaten bei Bedarf auf diesen Fonds zurückgreifen, müssen wir die Entscheidung der europäischen politischen Führer beim Gipfeltreffen von letzter Woche begrüßen.

Ich denke, dass dieser europäische Finanzhilfefonds für Mitgliedstaaten auf mindestens 25 Milliarden Euro erhöht werden muss. und zwar aus folgendem Grund: Wir müssen diese Marktwirtschaft retten. Bevor ich schließe, möchte ich meine Zuversicht ausdrücken, dass wir die nötigen Maßnahmen für die Bewältigung der Krise ergreifen werden – sowohl auf europäischer wie auch auf globaler Ebene. Wir müssen unverzüglich die erforderlichen Ressourcen finden, um die Probleme abzuwenden, mit denen die Bürger konfrontiert werden, zum Beispiel die Arbeitslosigkeit. Wir wollen alle das Beste für die EU.

 
  
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  Margarita Starkevičiūtė (ALDE). - (LT) Ich möchte dem Kommissar danken, denn er hat heute ganz richtig darauf hingewiesen, dass dieses Problem mit der Frage verknüpft ist, wie der freie Kapitalverkehr mit der Stabilität makroökonomischer Staaten in Einklang zu bringen ist. Ich schätze es nicht, wenn meine Kollegen behaupten, dies sei ein Problem der armen Staaten der Europäischen Union. Meine Damen und Herren! Ein Wachstum der deutschen und französischen Wirtschaft um 2 bis 3 Prozent würde kein Problem für diejenigen von uns darstellen, die bereits in den Binnenmarkt integriert sind. Wenn also auch eine bestimmte Art von Paket als Anreiz für nationale Wirtschaften benötigt wird, sollte es von den erwähnten Ländern umgesetzt werden und wir würden in diesem Fall nicht über Stabilisierungsfonds sprechen. Wir brauchen dieses Geld nicht wirklich, aber es garantiert ein gutes Funktionieren und ein Wachstum des europäischen Binnenmarkts. Wenn solche Garantien geschaffen werden, was wir durch unsere gemeinsamen Anstrengungen erreichen müssen, können alle Probleme gelöst werden.

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission.(ES) Herr Präsident! Ich möchte den Abgeordneten für die Unterstützung der Entscheidungen und Vorschläge der Kommission zu diesem Thema danken, die in den meisten ihrer Beiträge deutlich geworden ist.

Ich würde gerne drei sehr kurze Anmerkungen zu drei der in Ihren Reden aufgeworfenen Fragen machen. Erstens teile ist die Bedenken von Herrn Becsey hinsichtlich der Gefahr, die von Familien und Unternehmen ausgeht, welche Schulden in Fremdwährungen aufnehmen in Ländern mit einem freien Wechselkurs, die den Risiken einer exzessiven Volatilität ihres Wechselkurses ausgesetzt sind, wie es bei Ungarn der Fall war. Herrn Becsey weiß, dass ich mich sorge, weil die Haushalts- und Wirtschaftsüberwachung in der Kommission zuweilen nicht ausreichend gehört und ernstgenommen wird oder Bemerkungen zu dieser Art Risiko nicht die gewünschte Wirkung zeigen.

Unsere Haushaltsüberwachung ist meiner Meinung nach wirkungsvoller. Angesichts der umfangreichen Haushaltsanpassung, die in diesem Land von 2006 bis jetzt erfolgt ist, kann Ungarn hier als wirklich positives Beispiel gelten. Wir haben jedoch andererseits bezüglich der Risiken durch die Aufnahme von Schulden in Fremdwährungen keinen Erfolg erzielt. Angesichts der Umstände, die sich durch die Krise und die extreme Volatilität vieler finanzieller Indikatoren, und hier besonders der Wechselkurse, nicht nur in Ungarn, sondern auch in anderen EU-Ländern ergeben haben, hoffe ich, dass diese Art von Anmerkungen und Empfehlungen in Zukunft mehr Beachtung erfährt.

Herr Lundgren ist jetzt nicht mehr anwesend, aber er hat Anmerkungen gemacht, die völlig falsch sind. Er kritisierte Ungarn und die Kommission, weil sie Ungarn einen festen Wechselkurs empfohlen hat, obwohl die Situation dem eindeutig widerspricht. Mit anderen Worten: Der Wechselkurs in Ungarn ist frei, und die überschießende Volatilität dieses Wechselkurses verschlimmerte die Probleme und war einer der Auslöser der Krise, die zu diesem Hilfsantrag geführt hat. Wenn Kritik geübt wird, sollte man sich daher vergewissern, dass sie auf korrekten und nicht auf völlig falschen Informationen basiert. Wäre Herr Lundgren bis zum Ende dieser Debatte geblieben, hätte er festgestellt, dass seine Informationen völlig falsch waren. Da er aber nicht anwesend ist, hoffe ich, Sie werden es ihm mitteilen.

Schließlich möchte ich noch auf die Bemerkung von Herrn Rübig eingehen, Ungarn habe ein Defizit von 5 %. Das stimmt nicht, denn dies wurde beträchtlich reduziert. Im Jahr 2008 wird das Defizit eindeutig unter dieser Zahl liegen, sogar unter 3 %. Ungarn hat sich im Rahmen der Bedingungen für diese Hilfeleistung verpflichtet, für das nächste Jahr ein Defizit von 2,6 % anzustreben. Wenn dieses Ziel erreicht ist – und darauf hoffe ich –, wird Ungarn daher eine andere Art von Problem lösen müssen. Ungarn wird unzweifelhaft und leider auch dauerhaft damit konfrontiert werden, wird aber wenigstens im nächsten Jahr kein übermäßiges Defizit aufweisen.

 
  
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  Pervenche Berès, Berichterstatterin. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte vier Anmerkungen machen.

Erstens wurden wir vom Kommissar aufgefordert, schnell und flexibel auf einen solchen neuen Antrag zu reagieren. Ich denke, das Europäische Parlament hat diesbezüglich seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Wir nehmen heute die Schwelle von 25 Milliarden Euro als Änderung der Haftungsregelung von 2002 an, soweit uns die Bedingungen für eine Verhandlung mit dem Rat bekannt sind, aber selbstverständlich werden für den bedauerlichen Fall weiterer Szenarien offen bleiben und zur Verfügung stehen.

Mit meiner zweiten Anmerkung möchte ich Sie an eine unserer Lektionen in diesem Stadium der europäischen Integration erinnern, die besagt, dass für jeden Mitgliedstaat, ob er nun zur Eurozone gehört oder nicht, die Europäische Union die erste Anlaufstelle für Solidarität und Diskussion sein sollte. Ich hoffe, das ist heute allen hier, den Institutionen ebenso wie den Mitgliedstaaten, eindeutig klar.

Drittens stelle ich mit Freuden fest, dass die Kommission sich verpflichtet hat, die Lektionen, die wir durch die in Ungarn entstandene Situation lernen können, sowohl in unserem Ausschuss für Wirtschaft und Währung als auch Herrn De Larosières Gruppe zu veröffentlichen oder erst zu prüfen und dann zu veröffentlichen.

Abschließend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass während der Krise jeder glaubte, die komplexen Finanzmärkte und die Realwirtschaft seien die beiden Übertragungskanäle der Krise.

Aber jetzt erkennen wir, dass der Kapitalverkehr als dritter Übertragungskanal auch auf einfachere, weniger undurchsichtige Finanzmärkte einwirken kann. Aus diesem Grund ist die Verflechtung der Realwirtschaft und der Finanzmärkte, deren Ausmaße wir meiner Ansicht nach noch nicht ganz ermessen können, so wichtig. Leider finden wir Tag für Tag mehr heraus und sind mit einem Problem konfrontiert, das uns Flexibilität und kollektive Intelligenz abverlangt, um passende Lösungen zu finden.

Ich denke, das Parlament hat erneut unter Beweis gestellt, dass es kompetent und bemüht ist, für jeden neuen Aspekt dieser Krise eine passende Lösung zu finden – in der Hoffnung, dass auch wir endlich das finden, was wir brauchen, damit unsere Wirtschaft die Herausforderungen in diesen schweren Zeiten bewältigen kann.

 
  
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  Der Präsident. − Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 20. November 2008.

 
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