BERICHT über Naturkatastrophen (Brände, Dürren und Überschwemmungen) – landwirtschaftliche Aspekte

27.4.2006 - (2005/2195(INI))

Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
Berichterstatter: Luis Manuel Capoulas Santos

Verfahren : 2005/2195(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0152/2006

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu Naturkatastrophen (Brände, Dürren und Überschwemmungen) – landwirtschaftliche Aspekte

(2005/2195(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 5. September 2002 zu der Flutkatastrophe in Mitteleuropa[1], vom 13. Januar 2005 zum Ergebnis der Klimakonferenz von Buenos Aires[2], vom 14. April 2005 zur Dürre in Portugal[3], vom 12. Mai 2005 zur Dürre in Spanien[4] und vom 8. September 2005 zu den Naturkatastrophen (Bränden und Überschwemmungen) dieses Sommers in Europa[5],

–   unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 16. Februar 2006 zur Durchführung der Forststrategie der Europäischen Union[6] und zum Risiko- und Krisenmanagement im Agrarsektor[7],

–   unter Hinweis auf das Kyoto-Protokoll zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen zum Klimawandel vom 11. Dezember 1997 und die Ratifizierung dieses Protokolls durch die Europäische Gemeinschaft am 31. Mai 2002,

–   unter Hinweis auf den wissenschaftlichen Bericht des Instituts für Umwelt und Nachhaltigkeit der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission zum Klimawandel und zur Wasserdimension in Europa[8],

–   unter Hinweis auf das Forschungsprojekt über das Management von Überschwemmungsrisiken im Rahmen des Sechsten Rahmenprogramms der Kommission (2002-2006)[9],

–   unter Hinweis auf den Bericht des Instituts für europäische Umweltpolitik über Klimawandel und Naturkatastrophen[10],

–   unter Hinweis auf die geltenden Rechtsvorschriften über staatliche Beihilfen im Agrarsektor[11],

–   unter Hinweis auf die Verordnung zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union[12],

–   unter Hinweis auf die „Forest Focus“-Verordnung[13],

–   unter Hinweis auf die Verordnung zur Errichtung des Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)[14],

–   unter Hinweis auf die Entscheidung über ein Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen[15],

–   in Kenntnis der Mitteilungen und Vorschläge der Kommission über eine europäische Forststrategie (KOM(1998)0649), über eine globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung (GMES): Schaffung einer europäischen Kapazität für GMES – Aktionsplan (2004-2008) (KOM(2004)0065), über das Risiko- und Krisenmanagement in der Landwirtschaft (KOM(2005)0074), zur Reform des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (KOM(2005)0108), zur Schaffung eines Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle (KOM(2005)0113), über strategische Leitlinien der Gemeinschaft für die Entwicklung des ländlichen Raums (KOM(2005)0304) und über die Bewertung und Bekämpfung von Hochwasser (KOM(2006)0015), sowie des Entwurfs einer Verordnung der Kommission über Ausnahmeregelungen für staatliche Beihilfen zugunsten von KMU im Agrarsektor vom 8. Februar 2006, des Aktionsplans für Biomasse (KOM(2005)0628) und des künftigen Aktionsplans der EU für die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder, dessen Vorlage die Kommission für Juni 2006 angekündigt hat,

–   gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A6-0152/2006),

A. in der Erwägung, dass die land- und forstwirtschaftliche Produktion eine eng mit der Natur verknüpfte Wirtschaftstätigkeit ist und daher Witterungsunbilden (Dürren, Frost, Hagel, Brände, Überschwemmungen), gesundheitlichen Risiken (Schädlingsplagen, Tierkrankheiten) und Umweltbelastung (saurer Regen, unbeabsichtigte Genübertragung) ausgesetzt ist,

B.  in der Erwägung, dass Waldbrände am häufigsten auf Trockenheit zurückzuführen sind, die im Mittelmeerraum und auf der Iberischen Halbinsel als immer wieder auftretender ökologischer Notstand zu den größten Problemen gehört, mit denen die dortigen Staaten zu kämpfen haben,

C. in der Erwägung, dass das immer häufigere Auftreten unvorhergesehener Naturereignisse die Wirtschaftlichkeit von Betrieben gefährden und dazu beitragen kann, dass Betriebe aufgegeben werden, insbesondere kleine Betriebe und Betriebe in strukturschwachen Gebieten, was wirtschaftliche, soziale und ökologische Risiken mit sich bringt,

D. in der Erwägung, dass die strukturellen Ursachen von Waldbränden unmittelbar mit der Landflucht in den südlichen Staaten Europas zusammenhängen, die voraussichtlich noch zunehmen wird, wenn das System der einheitlichen Betriebsprämie angewandt wird, und dass diese Ursachen daher sozioökonomischer Natur sind,

E.  in der Erwägung, dass Naturkatastrophen Rückschläge in den Bemühungen um nachhaltige Entwicklung darstellen, weil sie die Bevölkerungsabwanderung aus dem ländlichen Raum verstärken, die Probleme der Erosion und der Wüstenbildung verschärfen, die Ökosysteme schädigen und die Artenvielfalt gefährden und die Lebensqualität der Landbevölkerung erheblich gefährden,

F.  in der Erwägung, dass die Schutzwälder auf der Iberischen Halbinsel einzigartig sind, was sie von den Nutzwäldern in Mittel- und Nordeuropa unterscheidet,

G. in Anbetracht der wiederholten Bekenntnisse der Gemeinschaftsorgane zu einer multifunktionellen Landwirtschaft auf dem gesamten Gebiet der Union,

H. in der Erwägung, dass zu den von der Klimaänderung bedingten Naturrisiken weitere Probleme hinzukommen, die den Fortbestand der europäischen Landwirtschaft bedrohen, beispielsweise die Tatsache, dass die europäischen Erzeuger mit immer konkurrenzfähigeren Einfuhren aus Drittländern konfrontiert werden, während ihre Produktionskosten infolge der steigenden Anforderungen an die Qualität der Erzeugnisse und die Lebensmittelsicherheit ständig steigen,

I.   in der Erwägung, dass die letzten Reformen der GAP, zusammen mit der allmählichen Marktöffnung und der schrittweisen Schwächung der Mechanismen für die Regulierung des Marktes für Agrarerzeugnisse und der Globalisierung der Landwirtschaft, die Instabilität der europäischen Märkte verstärken, die dringend neue Krisenbewältigungsmechanismen brauchen,

J.   in der Erwägung, dass die Landwirtschaft – auf Grund ihrer Multifunktionalität – und die Forstwirtschaft dazu beitragen, die Abwanderung der Bevölkerung aus den ländlichen Gebieten zu verhindern, und damit einen Beitrag zur Prävention und zum Schutz vor bestimmten Naturkatastrophen leisten,

K. in der Erwägung, dass angesichts der immer häufiger auftretenden Naturkatastrophen, gesundheitlichen Risiken und Marktkrisen keine ausreichend wirksamen Mechanismen auf Gemeinschaftsebene bestehen, um dagegen zu agieren, wobei der Umstand, dass Dürre und Frost nicht vom Solidaritätsfonds abgedeckt waren, das deutlichste Beispiel ist,

L.  in der Erwägung, dass das Phänomen der Waldbrände sich zusätzlich verstärkt wegen der allmählichen Abwanderung aus dem ländlichen Raum, der allmählichen Einstellung der landwirtschaftlichen Tätigkeit und der damit verbundenen traditionellen Aktivitäten, wegen der unzureichenden Pflege der Wälder, wegen des Bestehens großer, mit einer einzigen Baumart bepflanzter Flächen und der Bepflanzung mit ungeeigneten Baumarten sowie wegen des Fehlens einer wirksamen Präventionspolitik mit angemessenen Instrumenten und angemessener Finanzierung auf Gemeinschaftsebene,

M. in der Erwägung, dass die Europäische Union die Spezifität der Naturkatastrophen im Mittelmeerraum wie Dürren und Brände erkennen und die Instrumente zur Verhütung, über die sie verfügt – Forschung, Risikobewältigung, Zivilschutz und Solidarität –anpassen muss, dass sie aber ebenso über ein mit angemessenen Finanzmitteln ausgestattetes spezifisches gemeinschaftliches Waldschutzprogramm zum Zweck der Verhütung und der Bewältigung der Risiken von Bränden verfügen muss,

N. in der Erwägung, dass die bei den Gemeinschaftsinterventionen festgestellten Mängel noch verstärkt werden durch die Vielgestaltigkeit der auf nationaler Ebene bestehenden Mechanismen zur Bekämpfung von Naturkatastrophen, sowie durch ihre ungleiche Entwicklung, was gegen die Grundsätze des Zusammenhalts und der Solidarität, aus denen sich das europäische Sozialmodell und der übernationale Aufbau ergeben, verstößt,

O. in der Erwägung, dass durch die Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen, die niedrige direkte Rentabilität von Wäldern und ihre hohen Unterhaltskosten der Anreiz für die Eigentümer wegfällt, die Wälder gut zu bewirtschaften, was dazu führt, dass sich Unterholz und Reisig und andere brennbare Stoffe ansammeln, und dass dort, wo die Wälder sozioökonomische Bedeutung haben, das Problem der Waldbrände deutlich geringer ist,

P.  in der Erwägung, dass es nur mit erheblichen Einschränkungen möglich ist, die Löschsysteme funktionstüchtig zu halten, zumal solche Arbeiten von der Jahreszeit abhängen und mit punktuellem Personalbedarf einhergehen und dass daher ein angemessener Ausbildungsstand kaum möglich ist, dass die Ausrüstung zu wenig genutzt wird und es vor allem ein großes Problem ist, im Bedarfsfall geeignete Flugzeuge aufzutreiben,

Q. in der Erwägung, dass die Prävention wie auch die Folgen bestimmter Katastrophen nicht nur ein einzelnes Land betreffen, sondern die Zusammenarbeit sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch mit an die EU angrenzenden Drittländern erfordern,

1.  begrüßt die in letzter Zeit vorgelegten Mitteilungen und Vorschläge der Kommission zu den Themen Verbesserung der Kapazitäten für die Reaktion auf Katastrophen und Krisen, Bewertung und Bekämpfung von Hochwasser, Reform des Solidaritätsfonds, Verbesserung des Katastrophenschutzmechanismus, neue Leitlinien für die Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2007–2013, Ausnahmeregelungen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor und Risiko- und Krisenbewältigung in der Landwirtschaft;

2.  vertritt die Auffassung, dass auf Naturkatastrophen und gesundheitliche oder technologische Katastrophen in angemessener Weise reagiert werden muss mithilfe des Solidaritätsfonds, des Dringlichkeitsfonds für den Veterinärbereich, der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Regionalpolitik, durch die Regelungen über staatliche Beihilfen für die Landwirtschaft sowie durch Maßnahmen gegen Waldbrände im Rahmen des Programms Forest Focus und des neuen Programms Life+; ist jedoch der Auffassung, dass diese Mechanismen, wenn sie eine echte Gemeinschaftsstrategie zur Reaktion auf Katastrophen ankurbeln sollen, flexibler gestaltet werden müssen, wobei der Aktionsbereich des Solidaritätsfonds durch Förderungsfähigkeitskriterien ergänzt werden muss, die den Merkmalen der einzelnen Arten von Katastrophen besser gerecht werden, und dass die genannten Mechanismen finanziell besser ausgestattet und die anfälligsten Erzeuger und Gebiete besonders wichtig genommen werden müssen;

3.  vertritt die Ansicht, dass der Anwendungsbereich des Solidaritätsfonds weiterhin Interventionen in Katastrophenfällen umfassen muss, die, obwohl sie einen gewissen Umfang haben, das festgesetzte Schadensmindestniveau nicht erreichen, bei denen aber offenkundig schwerwiegende und nachhaltige Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Bevölkerung eines bestimmten Gebiets bestehen, damit in diesen Fällen eine außerordentliche Hilfeleistung erbracht werden kann;

4.  fordert die Kommission mit Nachdruck auf, einen Legislativvorschlag vorzulegen, der die Einführung einer Flexibilitätsklausel vorsieht, die es ermöglicht, die politischen Instrumente zur Bewältigung der Naturkatastrophen im Agrarsektor, namentlich den Solidaritätsfonds, mit angemessenen Mitteln auszustatten, und zwar aus Finanzmitteln der GAP, die in dem jeweiligen Jahr nicht genutzt werden;

5.  weist darauf hin, dass die zwischenstaatliche Zusammenarbeit bei bestimmten Arten von Naturkatastrophen Voraussetzung für Prävention und Folgenbewältigung ist; betont, dass insbesondere bei Flüssen, die mehrere Länder durchqueren, die Auflegung, Finanzierung und Durchführung von staatenübergreifenden Programmen notwendig ist;

6.  ist der Ansicht, dass die von der Kommission im Falle von Naturkatastrophen angewandten Ausnahmemaßnahmen (u.a. Vorziehen von Zahlungen, Freigabe von Interventions-Getreidebeständen, Genehmigung der Verwendung von Brachland für die Erzeugung von Viehfutter) zwar zu begrüßen sind, keinesfalls jedoch ausreichen, um die entstandenen Verluste aufzuwiegen, und dass sie nicht immer rasch genug beschlossen werden;

7.  betont, dass das Bestehen zahlreicher kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe und einer Landwirtschaftspolitik, die nachhaltigere Erzeugungsmethoden fördert, gerade im Bereich Wasser- und Bodennutzung, eine grundlegende Voraussetzung für die Bekämpfung der Auswirkungen von Dürren und Waldbränden ist;

8.  ist der Ansicht, dass die Politik der ländlichen Entwicklung eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung gegen Naturkatastrophen spielen kann; weist darauf hin, dass die drastische Kürzung der Mittel für die ländliche Entwicklung die reibungslose Durchführung von Aktionsplänen für die Prävention und Beseitigung von Schäden durch Naturkatastrophen behindern kann; empfiehlt jedoch, dass bei den nationalen oder regionalen Plänen für die ländliche Entwicklung den Maßnahmen gegen die Ursachen der Katastrophen (u.a. Bekämpfung der Erosion, Wiederaufforstung mit geeigneten Arten, Erhaltung von Brandschneisen, wasserwirtschaftliche Bauarbeiten, Pflege der Wälder, Agrarumweltmaßnahmen zur Einsparung von Wasser) Vorrang eingeräumt wird;

9.  fordert die Kommission mit Nachdruck auf, sich finanziell und mit dem Erlass von Vorschriften an Maßnahmen zu beteiligen, mit denen bewirkt wird, dass Wälder nicht so leicht in Brand geraten, zum Beispiel durch die Förderung der Rentabilität der Wälder und ihrer nachhaltigen Bewirtschaftung, durch die Nutzung überschüssiger Waldbiomasse als erneuerbare Energiequelle, durch Anreize für den Zusammenschluss von Eigentümern, damit überlebensfähige Bewirtschaftungseinheiten entstehen, sowie durch die Aufwertung der Wälder als Mittel zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum;

10. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, ein Programm für den Austausch von Erfahrungen mit der Anwendung der neuen Technologien zur Kontrolle und Beobachtung der Gefahren und Auswirkungen von Waldbränden aufzulegen und Verfahren zur europaweiten Vereinheitlichung der Qualifikationen des technischen Personals auszuarbeiten, damit dessen Ausbildung besser wird;

11. fordert, dass im nächsten Finanzplanungszeitraum die Beihilfen, die den Landwirten bislang für das Anlegen und die Pflege von Brandschneisen gezahlt wurden, beibehalten werden, da sie am besten gewährleisten, dass die Landschaft erhalten bleibt;

12. hält es für unbedingt notwendig, dass im Rahmen der Pläne für die ländliche Entwicklung den Maßnahmen zur Bekämpfung der strukturellen Probleme der ländlichen Gebiete Vorrang eingeräumt wird (u.a. Abwanderung, Aufgabe von Anbauflächen, Intensivbesiedelung landwirtschaftlicher Flächen, Entwaldung, übermäßige Fragmentierung von Waldeigentum ) – Probleme, die, sofern sie nicht eingedämmt werden, in Zukunft zu noch größeren Risiken führen;

13. hält es für unbedingt notwendig, dass in der nächsten Finanziellen Vorausschau 2007–2013 ein Gemeinschaftsprogramm zum Schutz der Wälder gegen Brände vorgesehen wird, das die Förderung von Sensibilisierungskampagnen, Verhütungsmaßnahmen und Maßnahmen der Risikobewältigung mit Blick auf Waldbrände mit einer angemessenen Finanzierung, ergänzend zur Agrar- und Strukturpolitik umfasst; betont, dass dieses Programm den Besonderheiten der Wälder des Mittelmeerraums Rechnung tragen muss;

14. fordert, dass im Zusammenhang mit den strategischen Leitlinien für die Entwicklung des ländlichen Raums (2007–2013) im Forstsektor der Anteil der Kofinanzierung bei den spezifischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Erosion und zugunsten der wasserwirtschaftlichen Infrastrukturen, aber auch bei den Maßnahmen im Rahmen von Natura 2000 erhöht wird;

15. ist überzeugt, dass die schweren Marktkrisen unvorhergesehene und außerordentliche Ereignisse darstellen, die zu Risiken für die Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe mit sich bringen, die genau so schwerwiegend sein können wie solche, die durch Naturkatastrophen verursacht werden, weshalb eine spezifische Beihilfe seitens der Union erforderlich ist;

16. bekräftigt seine im Zusammenhang mit dem Bericht über das Risiko- und Krisenmanagement im Agrarsektor vertretenen Aufforderungen an die Kommission,

–   eine von den Landwirten, den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union gemeinsam finanzierte staatliche Versicherung einzuführen, damit hinsichtlich der Risikobewältigung und der Krisenvorsorge bessere politische Rahmenbedingungen geschaffen werden können,

–   ein kohärentes und für alle Mitgliedstaaten zugängliches System der Rückversicherung im Rahmen der GAP einzuführen;

17. vertritt die Auffassung, dass dieses mögliche neue Risikobewältigungsinstrument eine spezifische Versicherung für Wälder umfassen muss, mit der zumindest die Kosten für die Wiederaufforstung und die Wiederherstellung der Umwelt in den Brandgebieten gedeckt werden, und dass es bei einem Aufbau, wie ihn die Kommission vorschlägt, schwer fallen wird, die für die Wirksamkeit des Instruments unverzichtbare Unterstützung aus öffentlicher Hand zu erreichen;

18. fordert die Kommission auf, kohärente Vorschläge für die Bewältigung der Krisen in der Landwirtschaft vorzulegen, darunter rationelle Möglichkeiten und realistische Quellen für die Finanzierung, die als echte Anreize für ihre Inanspruchnahme durch die Landwirte wirken und ein flexibles Instrument zur Regulierung der Märkte darstellen, ohne Gefahren der Wettbewerbsverzerrung herbeizuführen und ohne das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu beeinträchtigen;

19. hält es für dringlich, dass die Kommission angesichts der in ihrer Mitteilung über das Risiko- und Krisenmanagement in der Landwirtschaft geäußerten Bedenken die erforderliche eingehende Prüfung der Einrichtung eines Systems zur Stabilisierung der Preise und Einkommen vornimmt, je nachdem, ob sie die Merkmale der derzeit geltenden Betriebsprämienregelung beibehält oder nicht, um den europäischen Landwirten ein Schutzsystem zu gewährleisten, das dem ihrer Haupthandelspartner entspricht;

20. bekräftigt, dass eine wirkliche Strategie gegen die Auswirkungen von Katastrophen in der Landwirtschaft sich nicht auf Sofortmaßnahmen beschränken darf und dass Schulungs-, Informations- und Vorbeugemaßnahmen und Maßnahmen zur Sensibilisierung der Bevölkerung notwendig sind, die im Rahmen des Mechanismus des Zivilschutzes, des Programms Forest Focus, der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung zu finanzieren wären; hält es für unbedingt notwendig, dass die aktive Prävention von Waldbränden verstärkt wird, die Löschmethoden und -systeme sowie ihre Koordinierung optimiert werden und die Gesellschaft zu mehr Verantwortungsbewusstsein aufgerufen wird, dass die Ursachen von Waldbränden besser erforscht werden und die Verfolgung von Straftaten verbessert wird;

21. betont, dass die Schaffung einer Forstpolitik notwendig ist, die Maßnahmen zur nachhaltigen Bewirtschaftung und zum Umgang mit Naturkatastrophen umfasst; fordert die Schaffung eines Netzes zur Bekämpfung von Bränden, in dessen Rahmen die Aufstellung eines Aktionsplans und die Beschaffung von Hilfsmitteln finanziert werden kann, die nicht nur auf transeuropäischer, sondern auch auf zwischenstaatlicher Ebene mit der geeigneten Koordinierung genutzt werden können; weist darauf hin, dass Regeln für die richtige Bewirtschaftung der Wälder festgelegt werden müssen und dass nach Naturkatastrophen eine Wiederaufforstung erfolgen muss;

22. fordert die Kommission auf, in ihren künftigen Aktionsplan für die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder konkrete Maßnahmen zur praktischen Umsetzung der Programme für aktive Vorbeugung und für die Umweltschutzaufklärung der ländlichen Bevölkerung aufzunehmen, um neue Formen der Waldbewirtschaftung zu demonstrieren und Verständnis für die künftige Rolle der Wälder in ihrem Gebiet und die Vorteile ihrer Erhaltung zu wecken;

23. fordert, dass auf europäischer Ebene Maßnahmen zur Sensibilisierung der Bevölkerung auf dem Land, die Waldeigentümer und die städtische Bevölkerung durchgeführt werden, die sich insbesondere auch an Schüler und Jugendliche, Freiwilligenorganisationen und die Medien richten und einen anderen Umgang mit Feuer propagieren;

24. ist der Auffassung, dass die Erstellung von Risikokarten und von Bewirtschaftungsplänen sich nicht auf Überschwemmungen beschränken darf, wie es im vorliegenden Richtlinienvorschlag der Kommission vorgesehen ist, sondern sich auch auf die Bereiche Dürren und Waldbrände erstrecken muss, wobei vor allem von Gebieten in der EU mit hohen Brand- bzw. Dürrerisiko Karten mit den entsprechenden Bewirtschaftungsplänen zu erstellen sind;

25. wiederholt seine Forderung nach Einrichtung einer europäischen Dürre-Beobachtungsstelle, in der das Wissen über Dürren sowie die Begrenzung und Beobachtung ihrer Auswirkungen zentral gebündelt wird und in deren Rahmen ein ständiger Informationsaustausch als Beitrag zur Verhütung von Bränden auf dem gesamten Gebiet der Union stattfinden kann;

26. fordert, dass in den künftigen Aktionsplan für die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder spezifische Maßnahmen zur Risikoprävention aufgenommen werden, mit denen eine bessere Überwachung und Planung des Waldes als Brennstofflieferant und die Bewirtschaftung der Waldflächen möglich ist; fordert außerdem, dass mit diesem Plan bei der Bewertung der externen Aspekte, die im Zusammenhang mit den Wäldern ein Rolle spielen, bei der Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung sowie bei der Suche nach neuen Stützungsinstrumenten für diesen Sektor Fortschritte gemacht werden;

27. fordert, dass ein Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung und Verhütung von Waldbränden vorgelegt wird, mit der der Einsatz aller Gemeinschaftsinstrumente, u. a. des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), zur Bekämpfung dieses Problems optimiert und die Koordination zwischen den Regionen und den Mitgliedstaaten verbessert wird;

28. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 272 E vom 13.11.2003, S. 471
  • [2]  ABl. C 247 E vom 6.10.2005, S. 144
  • [3]  ABl. C 33 E vom 9.2.2006, S. 599
  • [4]  ABl. C 92 E vom 20.4.2006, S. 309.
  • [5]  Angenommene Texte dieses Datums, P6-TA(2005)0334.
  • [6]  Angenommene Texte dieses Datums, P6-TA(2006)0068.
  • [7]  Angenommene Texte dieses Datums, P6-TA(2006)0067.
  • [8] http://ies.jrc.cec.eu.int/fileadmin/Documentation/Reports/Inland_and_Marine_Waters/Climate_Change_and_the_European_Water_Dimension_2005.pdf
  • [9]  www.floodsite.net
  • [10]  Institut für europäische Umweltpolitik (2006): Climate change and natural disasters: Scientific evidence of a possible relation between recent natural disasters and climate change, Policy Brief for the EP Environment Committee (IP/A/ENVI/FWC/2005-35), 25. Januar 2006.
  • [11]  Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 7. Mai 1998 über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (ABl. L 142 vom 14.5.1998, S. 1), ergänzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2004 der Kommission vom 23. Dezember 2003 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen kleiner und mittlerer in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen (ABl. Nr. 1 vom 3.1.2004, S.1) und den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (ABl. C 28 vom 1.2.200, S. 2 und ABl. C 232 vom 12.8.2000, S. 19).
  • [12]  Verordnung (EG) Nr. 2012/2002 des Rates vom 11. November 2002 zur Errichtung des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (ABl. L 311 vom 14.11.2002, S. 3).
  • [13]  Verordnung (EG) Nr. 2152/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 für das Monitoring von Wäldern und Umweltwechselwirkungen in der Gemeinschaft (Forest Focus) (ABl. L 324 vom 11.12.2003, S. 1), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 788/2004 (ABl. L 138 vom 30.4.2004), S. 17.
  • [14]  Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. L 277 vom 21.10.2005, S. 1).
  • [15]  Entscheidung 2001/792/EG des Rates vom 23. Oktober 2001 über ein Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen (ABl. L 297 vom 15.11.2001, S. 7).

BEGRÜNDUNG

1. Die Naturkatastrophen aus der Sicht der Landwirtschaft

Der Umfang der im Jahr 2005 verzeichneten Naturkatastrophen hat das Europäische Parlament zur Überzeugung gebracht, dass der Zeitpunkt gekommen ist, einen qualitativen Sprung in Richtung einer überstaatlichen Strategie zu ihrer Bekämpfung zu tun, was dann zur Annahme seiner Entschließung vom 8. September 2005 (P6_TA(2005)0334) geführt hat.

Vor diesem Hintergrund ist dieser Initiativbericht über die landwirtschaftlichen Aspekte der Naturkatastrophen zu sehen, der zusammen mit den von anderen Ausschüssen (Umwelt und regionale Entwicklung) erstellten Berichten das Ziel verfolgt, die Überlegungen darüber, wie die Gemeinschaftsaktion gegen Katastrophen vorangebracht werden kann und die bereits von der Kommission eingeleiteten Arbeiten[1] unterstützt werden können.

Andererseits ist ein Gesamtansatz mehr aus landwirtschaftlicher Sicht angebracht, obwohl die Schwierigkeit der Trennung zwischen der landwirtschaftlichen, der regionalen und der Umweltthematik durchaus klar und bewusst ist. Dies dient dem Ziel der Konsolidierung einer nachhaltigen Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums in der Union, die im Einklang mit dem europäischen Landwirtschafts- und Sozialmodell und unter Wahrung der Multifunktionalität der landwirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt.

2. Land- und Forstwirtschaft, ein den natürlichen Risiken ausgesetzter Sektor

Die land- und forstwirtschaftliche Produktion ist eine wirtschaftliche Tätigkeit besonderer Art, die stark mit der Natur verknüpft ist und gerade aus diesem Grund den Witterungsunbilden, den biologischen und gesundheitlichen Risiken und der Umweltverschmutzung besonders ausgesetzt ist.

In bestimmten Fällen gefährden diese die Wirtschaftlichkeit der Betriebe, insbesondere der kleinsten Betriebe. Dieser Umstand steht im Widerspruch zu den wiederholt vorgebrachten Erklärungen der Gemeinschaftsinstitutionen zugunsten einer multifunktionalen Landwirtschaft auf dem gesamten Gebiet der Union.

3. Mangel an politischen Maßnahmen, um den biologischen, natürlichen und technologischen Risiken zu begegnen

Üblicherweise treten die Behörden in Aktion wenn es um die Milderung der Folgen unvorhergesehener Risiken geht, sei es durch Marktregelungsmechanismen bei konjunkturellen Krisen, sei es durch außerordentliche Unterstützungsmaßnahmen im Falle von großen Naturkatastrophen einschließlich Krisen im gesundheitlichen Bereich.

Die allmählich zunehmende Liberalisierung und die Öffnung der Agrarmärkte sowie die zunehmenden Kürzungen der Haushaltsmittel auf nationaler und auf Unionsebene schwächen jedoch die Fähigkeit der Instrumente der Agrarpolitik, Betriebe in Situationen von Marktkrisen, gesundheitlichen Krisen oder Katastrophen zu unterstützen.

a) Übernationale Reaktionsmechanismen

Die im Falle von umfassenden Naturkatastrophen angewandten Agrarmaßnahmen[2] sind immer nur von punktueller Wirkung und werden nicht immer so rasch beschlossen wie eigentlich erforderlich. Ähnliches kann vom Dringlichkeitsfonds für den Veterinärbereich im Falle des Auftretens von Tierkrankheiten gesagt werden.

Andererseits sind die Maßnahmen zum Schutz und zur Verbesserung der Forstwirtschaft im Rahmen des Programms Forest Focus, die weniger umfassend sind als die früher geltende Verordnung[3], weit davon entfernt, die Katalysatorfunktion auszuüben, die es ermöglicht, eine echte gemeinsame Strategie für die Waldökosysteme gemäß der Forderung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zu konzipieren, der ausdrücklich erklärte: "Die Wirkungen der für nichtig erklärten Verordnungen werden aufrechterhalten, bis der Rat innerhalb angemessener Frist neue Verordnungen mit demselben Gegenstand erlässt."[4] Dem scheint bislang nicht folge geleistet zu werden.

Entsprechend lässt die Wirksamkeit des derzeitigen Solidaritätsfonds im Agrarsektor viel zu wünschen übrig, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Dürren aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen sind.

b) Reaktionsmechanismen auf interner Ebene

Die Mängel auf Gemeinschaftsebene werden noch verstärkt durch die Verschiedenartigkeit der Präventions- und Bekämpfungsmechanismen auf nationaler Ebene sowie durch ihre ungleiche Entwicklung[5], was zu unterschiedlicher Behandlung je nach Erzeuger und Gebiet führt. Damit wird den Grundsätzen des Zusammenhalts und der Solidarität im Sinne des europäischen Aufbauwerks nicht nachgekommen.

c) Fazit: unzureichende Maßnahmen bei gleichzeitiger Zunahme der Risiken

Diese negative Entwicklung der öffentlichen politischen Maßnahmen fällt zusammen mit einer klaren Zunahme der unvorhergesehenen Ereignisse mit finanziellen Einbussen für die landwirtschaftlichen Betriebe. Die Risiken nehmen also in Folge des Zusammenwirkens verschiedener Faktoren zu, wobei der bereits umstrittige Prozess des Klimawandels, die Verbreitung neuer Gentechnologien und schließlich die immer stärkere Konsolidierung des Prozesses der Globalisierung hervorzuheben sind.

Letztere bringt auch mit sich, dass nach und nach Seuchen und Tierkrankheiten eingeschleppt werden und eine unbeabsichtigte Kontaminierung mit gentechnisch veränderten Organismen stattfindet, und beides rasch verbreitet wird. Hinzu kommt die Instabilität aufgrund der zunehmenden Öffnung der Märkte, so dass wir also zum Schluss kommen müssen, dass die öffentliche Intervention der Union sich nicht auf der Höhe der Umstände bewegt und neue Mechanismen erforderlich werden, um Katastrophen großen Ausmaßes, die die Land- und Forstwirtschaft immer wieder heimsuchen, zu meistern.

4. Die Lehren aus den jüngsten Erfahrungen: die Naturkatastrophen von 2005

Die oben genannten Aussagen sehen sich bedauerlicherweise bestätigt durch die Naturkatastrophen im Jahr 2005 in zahlreichen Staaten der Union und in Beitrittsländern, wovon sechs (Spanien, Portugal, Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien) durch Delegationen des Europäischen Parlaments besucht wurden, die auf diese Weise sehr nützliche Kontakte mit den nationalen, regionalen und lokalen Behörden und Vertretern der Zivilgesellschaft aufgenommen haben, deren Bereitschaft für Zusammenarbeit hervorzuheben ist.

a) Heftige Regenfälle, Lawinen und Überschwemmungen waren zu verzeichnen in Schweden, den baltischen Staaten, Deutschland, Österreich, Tschechische Republik, Kroatien, Slowenien, Frankreich, Ungarn, Italien, Polen und Rumänien.

b) Die Dürre erreichte außerordentlichen Umfang und außerordentliche Dauer im Süden Europas; betroffen waren insbesondere Portugal, Spanien, Italien und Frankreich. Die Wasserknappheit machte die klimatische Verwundbarkeit der Trockenlandwirtschaft und der Weidewirtschaft deutlich. Auch wurde die Notwendigkeit von auf lange Sicht angelegten politischen Maßnahmen bei der Bewirtschaftung eines raren Guts wie des Wassers und zur Förderung des sparsamen Umgangs klar. Und schließlich wirkten die geringeren Niederschläge sich nachteilig auf Flora und Fauna aus, wodurch das bereits sehr besorgniserregende Problem der Waldbrände in den Mittelmeergebieten sich noch verschärfte.

c) Die Brände vernichteten Tausende von Hektar Wald und Buschland im Südwesten der Union. Im Jahr 2005 beliefen sich die abgebrannten Flächen auf 484 000 Hektar, die zu den 345 000 Hektar aus dem Jahr 2004 und den 740 000 Hektar aus dem Jahr 2003 hinzukamen, wobei in einigen Fällen auch Todesopfer zu beklagen waren. Sicher trugen die hohen Sommertemperaturen und die geringen Niederschläge als auslösende Faktoren bei. Doch sind diesen Faktoren weitere hinzuzufügen, die die von den internen Behörden angewandten Maßnahmen im Bereich der ländlichen Entwicklung behindern: die Landflucht mit der allmählichen Einstellung der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die traditionell auch die Waldpflege beinhaltet, wegen fehlender Anreize für die Nutzung der Biomasse, der übermäßigen besitzmäßigen Aufsplitterung der Waldflächen, der Wiederbepflanzung mit für das Mittelmeerklima ungeeigneten Arten, der Unzulänglichkeit der technischen und personellen Mittel für die Bekämpfung der Brände, der unzulänglichen Kontrolle der menschlichen Tätigkeiten in Zeiten und Gebieten mit hohem Brandrisiko oder schließlich der großzügigen Handhabe bei der Genehmigung der Besiedelung von landwirtschaftlichen oder Waldflächen.

5. Vorschläge des Berichterstatters

Um eine echte Gemeinschaftsstrategie gegen unvorhergesehene Ereignisse mit Auswirkungen auf die Betriebe und auf den ländlichen Bereich auf den Weg zu bringen, liegt nach Ansicht des Berichtserstatters die Lösung in der Schaffung eines neuen Modells zum Schutz der Landwirte gegen Naturkatastrophen oder Unsicherheitsfaktoren, das eine kohärente Integration der bereits bestehenden oder derzeit in einer Phase der Verbesserung befindlichen Gemeinschaftsinstrumente, der Instrumente auf der Ebene der Mitgliedstaaten und neuer noch zu schaffender Instrumente beinhaltet und sich auf drei Säulen gründet:

I.         ein System der Katastrophenbewältigung

II.       ein System der Risikobewältigung

III.      ein Stabilisierungssystem mit zwei alternativen Szenarien

I. System der Katastrophenbewältigung

Ein auf den Landwirtschaftssektor ausgerichtetes Katastrophenbewältigungssystem muss zwei Komponenten umfassen. Erstens eine Komponente auf nationaler Ebene für Katastrophen geringeren Ausmaßes, das vorbeugende Maßnahmen fördert und zur Schadensbehebung in der Lage ist, in dem es die Landwirte bei der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit unterstützt. Zweitens eine Komponente auf Gemeinschaftsebene, die Mechanismen in Gang bringt, die den von Katastrophen großen Ausmaßes betroffenen Landwirten effiziente Hilfe bieten.

Die erste Komponente beinhaltet eine bessere Reaktion durch die Nutzung der bestehenden Mechanismen im Bereich der Strukturfonds, namentlich des derzeitigen EAGFL und des künftigen ELER. Diese sehen im Rahmen von nationalen Programmen der ländlichen Entwicklung Beihilfen für die Wiederherstellung des land- und forstwirtschaftlichen Produktionspotentials vor, das durch Naturkatastrophen beeinträchtigt ist, namentlich für den Wiederaufbau oder die Wiederherstellung von kollektiven land- und forstwirtschaftlichen Infrastrukturen oder von infolge klimabedingter oder sonstiger Naturkatastrophen geschädigten festen Vermögensgegenständen landwirtschaftlicher Betriebe.

In der zweiten Komponente müssen staatliche Beihilfen sowie die Gemeinschaftsinstrumente greifen, die als angemessen erachtet werden, namentlich der Solidaritätsfonds mit erweitertem Geltungsbereich, der sich derzeit in einem Reformprozess befindet, bei dem sein Geltungsbereich erweitert werden soll, so dass auch andere Katastrophen, insbesondere Dürren, berücksichtigt werden können.

II. System der Risikobewältigung

Ein wesentlicher Bestandteil des vorgeschlagenen Modells wird ein wirksames und generell genutztes Risikobewältigungssystem sein, das auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten verwaltet wird. Dieses System muss ein Netz zur Prävention der wichtigsten Risiken umfassen, die den Europäischen Agrarsektor immer wieder bedrohen.

Die zu nutzenden Instrumente müssen sehr flexibel sein, wobei den Agrarversicherungen und -Rückversicherungen, den Fonds auf Gegenseitigkeit und gegebenenfalls auch den innovativeren Instrumenten, wie den Terminmärkten, den Märkten für Derivate und für Optionen eine wichtige Rolle eingeräumt werden muss.

Ihre Finanzierung kann im Rahmen von Achse 1 der nationalen Pläne für ländliche Entwicklung im Rahmen der Verordnung über den ELER, namentlich über den prozentualen Anteil bei der Modulation erfolgen.

III. Stabilisierungssystem

Die derzeitigen Änderungen bei der Höhe der Unterstützung und der Zusammensetzung der GAP rechtfertigen die Schaffung eines dritten Systems, mit horizontalem Charakter, das direkt oder indirekt zur Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen beiträgt. Falls es infolge der Kompromisse, die im Rahmen der WTO-Verhandlungen eingegangen werden, zu einer spürbaren Absenkung der derzeitigen Niveaus der Schutzzölle kommen sollte, werden die Preise für Agrarerzeugnisse der Gemeinschaft viel stärker den Schwankungen der entsprechenden Weltmarktpreise unterworfen sein, weshalb es unerläßlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, die es ermöglichen, die Stabilisierung der Agrarpreise in der Gemeinschaft zu akzeptablen Bedigungen sicherzustellen und somit indirekt zur Stabilisierung der Einkommen der Landwirte in der EU beizutragen.

Eine solche Maßnahme muss ausreichen, um die Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen in der EU sicherzustellen, sofern die Charakteristiken und die Handlungsmöglichkeiten im Rahmen der derzeit geltenden Betriebsprämienregelung beibehalten werden.

Geht man davon aus, dass in den nächsten Jahren die Betriebsprämienregelung auch noch geändert wird und ihr derzeitiger Anwendungbereich eingeschränkt wird, rechtfertigt sich die Einführung eines Systems zur direkten Stabilisierung der Einkommen mit einem umfasserenden Wirkungsbereich als dem der reinen Stabilisierung der Agrarpreise.

In diesem Zusammenhang ist es unerläßlich, dass die Kommission unverzüglich die erforderlichen Studien zur Vertiefung dieser Problematik durchführt, um die angemessenen Entscheidungen für diese beiden unterschiedlichen Szenarien auf eine solide Grundlage zu stellen.

Von den verschiedenen derzeit auf internationaler Ebene bestehenden Arten von Instrumenten müssen bei dieser Analyse folgende berücksichtigt werden:

- das derzeit in den USA geltende System gegenzyklischer Zahlungen als Grundlage für die Konzipierung eines künftigen Systems der Stabilisierung der Agrarpreise der Gemeinschaft,

- das CAIS-System (Canadian Agriculture Income Stabilization) als Grundlage für die Konzipierung eines künftigen Systems zur Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen in der EU.

In beiden Fällen ist es ganz wichtig, dass ein umfassender Geltungsbereich dieser Systeme, sowohl was die Erzeugnisse als auch was die geografische Dimension anbelangt, sichergestellt wird. Die Finanzierung dieser Art von Systemen muss sich vor dem Hintergrund der Einsparungen aufgrund der sich verringernden Ausgaben, die sich in der Zukunft ergeben werden, auf der Höhe der Intervention und den Ausfuhrerstattungen bewegen.

Schließlich muss die Union über ihr Notfallmaßnahmen hinaus mehr Gewicht legen auf Maßnahmen zur Schulung, Information und Prävention. Diese Maßnahmen sollten auf jeden Fall außerhalb des Rahmens der GAP finanziert werden, entweder im Rahmen des Katastrophenschutzes, des Programms Forest Focus oder der Programme zur ländlichen Entwicklung. Im letzten Fall sollten die Vorbeugemaßnahmen mit der eindeutigsten Wirkung (wie Bekämpfung der Erosion, die Wiederaufforstung, die Pflege der Wälder, wasserwirtschaftliche Baumaßnahmen oder Agrar-Umwelt-Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserbewirtschaftung) verbindlich sein und/oder im Rahmen der nationalen oder regionalen Programme ein Mindestmaß garantieren, damit den europäischen Landwirten in gleichen Umständen eine vergleichbare Behandlung sichergestellt wird. In diesem Zusammenhang dürften Risikokarten und Bewirtschaftungspläne sich nicht auf die Überschwemmungen beschränken, wie dies im letzten Richtlinienvorschlag der Kommission der Fall war, sondern müssten auch Dürren und Brände einschließen. Schulungs- und Informationsmaßnahmen müssten durch den Europäischen Sozialfonds abgedeckt werden.

  • [1]  Vorschläge zur Reform des Solidaritätsfonds der Europäischen Union (KOM(2005)0108), über die Bewertung und Bekämpfung von Hochwasser (KOM(2004)0472 und KOM(2006)0015), zur Schaffung eines Krisenreaktions- und Vorbereitungsinstruments für Katastrophenfälle (KOM(2005)0113), zur Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz (KOM(2005)0137), über strategische Leitlinien der Gemeinschaft für des ländlichen Raums (KOM(2005)0304, und Ausnahmeregelungen für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (vom 8. Februar 2006, noch nicht veröffentlicht), über das Risiko- und Krisenmanagement in der Landwirtschaft (KOM(2005)0074).
  • [2]  u.a..Vorauszahlungen, Verfügbarmachung von Getreide-Interventionsbeständen für die Erzeuger zu günstigen Preisen, Genehmigung der Verwendung von Brachland zur Erzeugung von Tierfutter, flexible Anwendung der Normen bezüglich der Besatzdichte und Rückbehalten von Tieren.
  • [3]  Verordnung (EWG) Nr. 2158/92 des Rates vom 23. Juli 1992 zum Schutzes des Waldes der Gemeinschaft gegen Brände.
  • [4]  Urteil des EuGH vom 25. Februar 1999, Rechtssachen C-164/97 und C-165/97 – Europäisches Parlament gegen Rat der Europäischen Union.
  • [5]  Entschädigungsfonds, Förderprogramme, Versicherungen, steuerliche Regelungen, Katastrophenschutzbestimmungen, bestehende Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Bränden, Maßnahmen zur Wiederaufforstung und zur Pflege der Wälder, Stand der Investitionen in wasserwirtschaftliche Baumaßnahmen, Niveau der Anforderungen und Erfüllung der Baubestimmungen usw.

VERFAHREN

Titel

Naturkatastrophen (Brände, Dürren und Überschwemmungen) – landwirtschaftliche Aspekte

Verfahrensnummer

2005/2195(INI)

Federführender Ausschuss
  Datum der Bekanntgabe der Genehmigung im Plenum

AGRI

27.10.2005

Berichterstatter
  Datum der Benennung

Luis Manuel Capoulas Santos
13.7.2005

 

Prüfung im Ausschuss

22.11.2005

25.1.2006

21.3.2006

24.4.2006

 

Datum der Annahme

24.4.2006

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

22

3

--

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Thijs Berman, Niels Busk, Luis Manuel Capoulas Santos, Giuseppe Castiglione, Joseph Daul, Albert Deß, Carmen Fraga Estévez, Duarte Freitas, Jean-Claude Fruteau, Ioannis Gklavakis, Lutz Goepel, María Esther Herranz García, Elisabeth Jeggle, Heinz Kindermann, Diamanto Manolakou, Rosa Miguélez Ramos, María Isabel Salinas García, Agnes Schierhuber, Willem Schuth, Czesław Adam Siekierski, Csaba Sándor Tabajdi, Witold Tomczak, Janusz Wojciechowski

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen)

Hans-Peter Mayer, Karin Resetarits

Datum der Einreichung

27.4.2006