BERICHT über die Bewertung und Beurteilung des Aktionsplans für Tierschutz 2006-2010

23.3.2010 - (2009/2202(INI))

Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
Berichterstatterin: Marit Paulsen

Verfahren : 2009/2202(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0053/2010

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über die Bewertung und Beurteilung des Aktionsplans für Tierschutz 2006-2010

(2009/2202(INI))

Das Europäische Parlament,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 23. Januar 2006 über einen Aktionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren 2006-2010 (KOM(2006) 13),

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. Oktober 2006 zum Aktionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren 2006–2010[1],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 22. Mai 2008 über eine neue Tiergesundheitsstrategie für die Europäische Union (2007–2013)[2],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Mai 2009 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung[3],

–   unter Hinweis auf Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der besagt, dass bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt dem Wohlergehen der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung zu tragen ist, wobei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe zu berücksichtigen sind,

–   in Kenntnis des Berichts der Kommission vom 28. Oktober 2009 „Optionen für eine Tierschutzkennzeichnung und den Aufbau eines europäischen Netzwerks von Referenzzentren für den Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere“ (KOM(2009) 584),

–   unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 28. Oktober 2009 mit dem Titel „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“ (KOM(2009) 591),

–   gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (A7-0053/2010),

A. in der Erwägung, dass die Rechtsvorschriften über Tiergesundheit für die europäische Viehhaltung ausschlaggebende Bedeutung haben, da sie für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe immer wichtiger werden,

B.  in der Erwägung, dass die Harmonisierung des Schutzes von Nutztieren in der Union mit einer entsprechenden Einfuhrregelung einhergehen muss, damit die europäischen Erzeuger auf dem europäischen Markt nicht benachteiligt werden,

C. unter Hinweis darauf, dass jede Aktivität zum Schutz und zum Wohlergehen von Tieren von dem Grundsatz ausgehen muss, dass Tiere empfindungsfähige Geschöpfe sind, deren spezifischen Bedürfnissen Rechnung getragen werden muss, und dass Tierschutz im 21. Jahrhundert ein Ausdruck der Menschlichkeit und eine Herausforderung für die europäische Zivilisation und Kultur ist und für grundsätzlich alle Tiere gelten muss,

D. in der Überzeugung, dass das Ziel einer Tierschutzstrategie darin bestehen muss, dass erhöhte Kosten für den Tierschutz angemessen honoriert werden, und dass eine ehrgeizige Tierschutzpolitik ohne einen europäischen und weltweiten Dialog und ohne eine offensive Aufklärung und Information im In- und Ausland über die Vorteile hoher Tierschutzstandards daher nur begrenzt erfolgreich sein kann, wenn sie nur einseitig von der Europäischen Union entwickelt wird,

E.  in der Erwägung, dass die Weiterentwicklung des Tierschutzes in der Gemeinschaft verstärkte Forschungsanstrengungen und die Integration des Tierschutzes in alle relevanten Folgenabschätzungen sowie die Einbindung aller Interessengruppen in den Entscheidungsprozess erfordert und dass Transparenz und Akzeptanz sowie eine einheitliche Anwendung und Kontrolle bestehender Vorschriften auf allen Ebenen Voraussetzung für eine erfolgreiche Tierschutzstrategie in Europa sind,

F.  in der Erwägung, dass Europa in den letzten Jahren eine vielfältige Tierschutzgesetzgebung erlassen und eines der höchsten Tierschutzniveaus in der Welt erreicht hat,

G. in der Erwägung, dass es die Kommission in einer Entschließung aus dem Jahr 2006 aufgefordert hat, über die Entwicklungen im Bereich der Tierschutzpolitik zu berichten, bevor sie den nächsten Aktionsplan vorlegt, und den Tierschutz in alle Bereiche ihrer internationalen Verhandlungsagenda einzubeziehen,

H  in der Erwägung, dass es bereits im Jahr 2006 betont hat, dass die Information der Bürger über den Tierschutz und die Bemühungen der europäischen Erzeuger um die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften verbessert werden muss,

I.   in der Erwägung, dass der Tierschutz nicht vernachlässigt werden darf, weil er einen relativen Vorteil für die Europäische Union darstellen kann, allerdings nur unter der Voraussetzung dass die Union dafür sorgt, dass die innerhalb der Union geltenden Tierschutzkriterien in einem offenen Markt auch auf alle Tier- und Fleischeinfuhren aus Drittländern angewandt werden,

J.   in der Erwägung, dass sich die Europäische Union bei der Bewertung und Beurteilung des „Aktionsplans der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren 2006-2010“ für die Anerkennung der Tierschutznormen im landwirtschaftlichen Kapitel des nächsten WTO-Abkommens einsetzen muss, und zwar noch vor dem endgültigen Abschluss eines allgemeinen Abkommens,

K. in der Erwägung, dass ein Zusammenhang zwischen Tierschutz, Tiergesundheit und Produktsicherheit besteht und dass ein hohes Tierschutzniveau von der Zucht bis zur Schlachtung die Produktsicherheit und -qualität positiv beeinflussen kann,

L   in der Erwägung, dass bestimmte Verbrauchergruppen bereit sind, höhere Preise für Produkte zu zahlen, die höheren Tierschutzstandards genügen, wohingegen sich die überwiegende Mehrheit der Verbraucher nach wie vor für preisgünstigere Produkte entscheidet,

M. unter Hinweis darauf, dass das Europäische Parlament in seiner oben genannten Entschließung aus dem Jahr 2006 nachdrücklich gefordert hat, dass allen Regeln, Standards und Indikatoren, die festgelegt werden, der neueste Stand der Technik und der Wissenschaft zugrunde gelegt werden, und betont hat, dass auch betriebswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden müssen, da insbesondere hohe Tierschutzstandards zu Mehrkosten und zusätzlichem Verwaltungsaufwand für die Landwirte führen, in der Erwägung, dass bei Nichtbeachtung des Gegenseitigkeitsprinzips der faire Wettbewerb gegenüber Erzeugern in Drittländern gefährdet wird,

N. in der Erwägung, dass die Europäische Union bei dieser Beurteilung des „Aktionsplans der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren 2006-2010“ einen ausgewogenen Standpunkt zum Tierschutz vertreten muss, und zwar unmittelbar bevor die ersten Überlegungen über die GAP nach 2010 angestellt werden; darin muss sie auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der den Züchtern entstehenden Mehrkosten berücksichtigen und deren Einkommen durch die Markt- und Preispolitik bzw. durch Direktzahlungen entsprechend stützen,

O. in der Erwägung, dass die europäische Tierschutzpolitik mit einer kohärenten Handelspolitik einhergehen muss, die den Umstand anerkennt, dass trotz der Bemühungen der EU weder im Rahmenabkommen von Juli 2004 noch in irgendeinem anderen Schlüsseldokument der Doha-Runde Belange des Wohlbefindens der Tiere berücksichtigt werden, und dass daher keine weiteren Tierschutzstandards eingeführt werden können, die nachteilige Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Erzeuger haben könnten, bis eine grundlegende Änderung der Haltung der wichtigsten Partner in der WTO eingetreten ist,

P.  in der Erwägung, dass das Wohlbefinden der Tiere im Allgemeinen als Ergebnis der Anwendung von Standards und Normen betreffend das Wohlergehen und die Gesundheit der Tiere verstanden wird, die aufgestellt wurden, um tierartspezifischen Bedürfnissen und langfristigen Bedürfnissen in Bezug auf das Wohlbefinden der Tiere gerecht zu werden; in der Erwägung, dass das Internationale Tierseuchenamt (OIE) die folgenden Voraussetzungen als grundlegend für das Wohlbefinden von Tieren anerkennt: Futter und Wasser, die Möglichkeit ihren natürlichen Verhaltensweisen zu folgen, sowie tierärztliche Versorgung,

Q. in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission vom Oktober 2009 mit dem Titel „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“ festgestellt wird, dass „Ungleichgewichte zwischen den Verhandlungspositionen der Vertragsparteien“ weit verbreitet sind und „sich negativ auf die Lebensmittelversorgungskette [auswirken], da kleinere, aber effiziente Akteure u. U. gezwungen sind, Rentabilitätseinbußen hinzunehmen, wodurch sie in ihren Möglichkeiten beschränkt werden, in eine höhere Produktqualität und eine Innovation der Produktionsprozesse zu investieren“,

R.  in der Erwägung, dass die bereits erwähnten Mehrkosten zu einer Auslagerung der Produktion in Gebiete führen könnten, in denen die Tierschutzstandards niedriger sind,

Aktionsplan 2006-2010

1.  begrüßt die Initiative der Kommission, sich bei einem mehrjährigen Aktionsplan für den Tierschutz auf eine beschränkte Anzahl von Hauptaktionsbereichen zu konzentrieren und in diesen Bereichen dann zu handeln;

2.  begrüßt den „Aktionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren 2006-2010“, der erstmals das Protokoll über den Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere im Anhang zum Vertrag von Amsterdam in einem integrierten Ansatz für die Weiterentwicklung des Tierschutzes in Europa umsetzt;

3.  stellt fest, dass die meisten der in dem derzeitigen Aktionsplan aufgezählten Maßnahmen in zufriedenstellender Weise durchgeführt wurden;

4.  stellt fest, dass infolge des Aktionsplans 2006-2010 eine positive Entwicklung im Tierschutz zu verzeichnen ist, dass sich die Bemühungen auf den Märkten und im internationalen Handel für die EU-Landwirte jedoch nicht ausgezahlt haben, und betont, dass dies im neuen Aktionsplan hervorgehoben werden sollte;

5.  würdigt die bisher erfolgten Bemühungen um Alternativen zu Tierversuchen, bedauert jedoch, dass noch nicht genug getan worden ist, damit diese Alternativen, wenn sie verfügbar sind, herangezogen werden, wie es die einschlägigen EU-Rechtsvorschriften verlangen;

6.  würdigt die Bemühungen der Kommission, nicht handelsbezogene Anliegen einschließlich des Tierschutzes in bilaterale Handelsabkommen aufzunehmen, betont jedoch, dass solche nicht handelsbezogenen Anliegen im WTO-Rahmen so gefördert werden müssen, dass sie Wirkung erzielen;

7.  ersucht die Kommission darzulegen, welche Fortschritte bezüglich der Anerkennung der sogenannten nichthandelsbezogenen Anliegen, die das Wohlbefinden der Tiere mit einschließen, im Rahmen der WTO-Verhandlungen gemacht wurden, sowie Aufschluss darüber zu geben, inwieweit in der Doha-Runde der WTO-Verhandlungen Belange des Wohlbefindens der Tiere bzw. Tierschutzstandards berücksichtigt werden;

8.  begrüßt die Fortschritte, die im Rahmen des „Animal Welfare Quality Project“ hinsichtlich neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und des Wissens über Indikatoren für die Tiergesundheit und das Wohlbefinden der Tiere gemacht wurden; nimmt allerdings zur Kenntnis, dass diese Indikatoren in der Praxis bei diesem Projekt nicht in vollem Umfang zum Tragen kamen;

9.  erkennt an, dass überwacht und gewährleistet werden muss, dass die bestehende Regelung für den Transport von Tieren ordnungsgemäß umgesetzt wird, und insbesondere die damit zusammenhängende Frage der Entwicklung eines Satellitensystems für die Überwachung dieser Transporte geklärt werden muss, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, in der noch verbleibenden Zeit, bevor der Aktionsplan ausläuft, ihrer Verantwortung auf diesem Gebiet nachzukommen und die vom Parlament geforderte und in Artikel 32 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 genannte Studie vorzulegen; verlangt, dass, bevor neue Bestimmungen umgesetzt werden, eine Analyse der wirtschaftlichen Folgen für die Viehhaltung durchgeführt wird, die sich auf wissenschaftlich tragfähige und objektive Indikatoren stützt;

10. ist der Auffassung, dass es sinnvoll wäre, Anreize für die regionale Aufzucht, Vermarktung und Schlachtung von Tieren zu schaffen, um lange Tiertransporte sowohl von Zucht- als auch von Schlachttieren zu verhindern;

11. ist der Auffassung, dass zoologische Gärten wichtige Beiträge zur Aufklärung der Allgemeinheit über die Erhaltung von Wildtieren und ihr Wohlergehen leisten; erklärt sich besorgt darüber, dass es an einer strengen Überwachung der Einhaltung der Richtlinie 1999/22/EG des Rates[4] im Zusammenhang mit der Haltung von Wildtieren in zoologischen Gärten mangelt, und fordert die Kommission auf, eine Studie über die Wirksamkeit und die Durchführung der Richtlinie in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in die Wege zu leiten;

12. begrüßt die erzielten Fortschritte bei der Erfüllung der Haltungsanforderungen für Schweine, obgleich noch immer Fälle von Nichteinhaltung zu verzeichnen sind; bekundet jedoch seine Besorgnis darüber, dass trotz der diesbezüglichen Empfehlungen und Schlussfolgerungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für einzelne Bestimmungen der Richtlinie 2008/120/EG vom 18. Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen noch immer praktikable Umsetzungskonzepte fehlen, und fordert daher die Kommission, die Mitgliedstaaten und die betroffenen Sektoren auf, Fälle von Nichteinhaltung der Bestimmungen ausfindig zu machen und die Gründe für dieses Verhalten zu ermitteln und die notwendigen Anstrengungen für eine bessere Einhaltung dieser Richtlinie zu unternehmen;

13. fordert ebenfalls mit Nachdruck, dass die Kommission sicherstellt, dass das Verbot von nichtausgestalteten Haltungssystemen für Legehennen, das 2012 in Kraft tritt, in den Mitgliedstaaten uneingeschränkt befolgt wird, und fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um sicherzustellen, dass der Sektor in die Lage versetzt wird, diese Vorschrift zu erfüllen, und um den Prozess der Umsetzung in den Mitgliedstaaten zu überwachen; besteht darauf, dass auch bei der Einfuhr von Eiern in die EU die Produktionsbedingungen eingehalten werden müssen, die für europäische Hersteller gelten;

14. fordert ein EU-weites Vermarktungsverbot für Eier, die den Vorschriften nicht entsprechen;

15. stellt fest, dass die Durchführung des gegenwärtigen Aktionsplans unter mehreren Aspekten zu wünschen übrig lässt, und betont, dass über die Einhaltung der geltenden Bestimmungen gewacht werden muss, bevor neue Bestimmungen aufgestellt werden; weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung wirksamer Sanktionen in allen Mitgliedstaaten im Fall der Nichteinhaltung hin;

16. betont, dass die eigene Bewertung der Kommission, die 2010 stattfinden soll, erforderlich ist und eine eingehende Analyse des Erreichten sowie die aus eventuellen Fehlern zu ziehenden Lehren enthalten sollte;

17. bedauert, dass die Kommission in den letzten Jahren keine klare Kommunikationsstrategie entworfen hat, die den Wert von tierschutzrechtlich unbedenklichen Erzeugnissen in den Mittelpunkt rückt, sondern sich auf den im Oktober 2009 vorgelegten Bericht beschränkt hat;

18. ist sich bewusst, dass die Gemeinschaft alle Tiere als fühlende Wesen betrachtet (Artikel 13 AEUV) und weist daher darauf hin, dass sich die Maßnahmen bislang vorwiegend auf zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere bezogen haben und dass es erforderlich ist, andere Tierkategorien, insbesondere in Gefangenschaft lebende Wildtiere, in den Aktionsplan 2011-2015 aufzunehmen;

Aktionsplan 2011-2015

19. weist darauf hin, dass die oben erwähnte Entschließung aus dem Jahr 2006 bereits vorsah, dass auf den laufenden Plan ein neuer Plan folgen sollte, und fordert die Kommission daher nachdrücklich auf, einen auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen basierenden Bewertungsbericht über den derzeitigen Plan und den Stand der Tierschutzpolitik in der EU vorzulegen und danach den Aktionsplan für den Tierschutz für die Jahre 2011-2015 auszuarbeiten, der vor dem Hintergrund einerseits von Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und andererseits der weithin empfundenen Notwendigkeit, sich mit dem Schutz aller Tiere, einschließlich der in Gefangenschaft lebenden Wildtiere und der Tiere, die einer vom Menschen kontrollierten Behandlung unterzogen werden, zu befassen, und unter Berücksichtigung der Ergebnisse des vorangehenden Aktionsplans mit den erforderlichen Finanzmitteln ausgestattet werden muss;

20. fordert, Maßnahmen zu ergreifen, durch die gewährleistet wird, dass die bestehenden Rechtsvorschriften unverzüglich durchgesetzt werden, die Harmonisierung von Standards sichergestellt wird und gleiche Voraussetzungen für alle auf dem Binnenmarkt herrschen; empfiehlt zur Vermeidung unnötiger Überschneidungen, vor jedem Vorschlag für neue Rechtsvorschriften zu prüfen, ob nicht die vollständige Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften eine Alternative darstellt;

21. empfiehlt der Kommission, in ihrem Bewertungsbericht unter anderem zu untersuchen, inwieweit der aktuelle Aktionsplan den Tierschutzforderungen unserer Gesellschaft gerecht geworden ist, inwieweit das System für unsere Erzeuger zukunftsfähig ist und wie sich die Umsetzung des Aktionsplans auf das Funktionieren des Binnenmarkts ausgewirkt hat;

22. fordert die Kommission auf, die Effekte von Tierschutznormen aufzuzeigen und Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Faktoren, wie etwa Tierschutz, Nachhaltigkeit, Tiergesundheit, Umwelt, Produktqualität und Wirtschaftlichkeit umfassend zu berücksichtigen;

Allgemeines europäisches Tierschutzrecht

23. weist darauf hin, dass Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine neue Rechtslage geschaffen hat, wonach die Union und die Mitgliedstaaten bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung tragen müssen, dabei aber die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe zu berücksichtigen haben; vertritt die Ansicht, dass dieser Artikel sich auf alle Tiere – zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere, Heimtiere, Zirkustiere, Zootiere und auch streunende Tiere – bezieht, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass in Anbetracht unterschiedlicher Wesensarten und Lebensbedingungen eine differenzierte Behandlung erforderlich ist;

24. fordert die Kommission auf, auf der Grundlage des Artikels 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gestützt auf eine Folgenabschätzung und nach Konsultation der Betroffenen, spätestens im Jahr 2014 einen begründeten Vorschlag für ein allgemeines Tierschutzrecht in der EU zu unterbreiten, das auf der Grundlage verfügbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse und gesicherter Erfahrung zu einem gemeinsamen Verständnis des Begriffs des Tierschutzes, der mit dem Wohlergehen der Tiere verbundenen Kosten und der geltenden Rahmenbedingungen beitragen wird;

25. ist der Auffassung, dass dieses allgemeine Tierschutzrecht, im Einklang mit dem Tiergesundheitsrecht geeignete Richtlinien für verantwortungsvolle Tierhaltung, ein einheitliches System für die Kontrolle und die Sammlung vergleichbarer Daten sowie die Anforderungen bezüglich der grundlegenden Kenntnisse der Personen, die mit den Tieren umgehen, und eine Aufstellung der besonderen Verantwortlichkeiten der Eigentümer, Halter bzw. Betreuer der Tiere beinhalten muss; vertritt die Ansicht, dass all diese Vorschriften mit der Bereitstellung von Finanzmitteln für die Erzeuger einhergehen müssen, um ihre ordnungsgemäße Durchführung zu gewährleisten;

26. ist der Ansicht, dass das europäische Tierschutzrecht ein gemeinsames Mindestniveau für den Tierschutz in der Europäischen Union festlegen sollte, was Voraussetzung für einen freien und fairen Wettbewerb auf dem Binnenmarkt in Bezug auf inländische Produkte und Einfuhren aus Drittländern ist; besteht jedoch darauf, dass die Mitgliedstaaten und Regionen die Möglichkeit haben sollten, zuzulassen, dass einzelne Erzeuger oder Erzeugergruppierungen weitergehende freiwillige Systeme einführen, wobei keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen dürfen und die Wettbewerbsfähigkeit der EU auf internationalen Märkten gewährleistet werden muss;

27. ist der Ansicht, dass eingeführte Erzeugnisse den gleichen Anforderungen an das Wohlergehen der Tiere entsprechen müssen, wie sie an Erzeugnisse der europäischen Wirtschaftsteilnehmer gestellt werden;

28. fordert, dass die europäischen Landwirte für die durch höhere Tierschutzstandards bedingten höheren Erzeugungskosten entschädigt werden; schlägt vor, die Finanzierung der Tierschutzmaßnahmen in die ab 2013 im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgesehenen neuen Stützungsregelungen aufzunehmen;

29. ist ferner der Auffassung, dass die Information der Bürger über die hohen Tierschutzstandards in der EU und die von den betroffenen Sektoren geleisteten Anstrengungen wesentliche Elemente dieser Politik sein müssen;

30. ist der Ansicht, dass die Einbeziehung der Tierschutzauflagen in die internationalen Übereinkommen entscheidend dazu beiträgt, dass unsere Erzeuger auf einem globalisierten Markt wettbewerbsfähig sein können und die Auslagerung der Produktion in Gebiete verhindert werden kann, in denen die Tierschutzstandards erheblich niedriger sind und die daher in unlauterem Wettbewerb zu unserem Modell stehen;

31. begrüßt die Diskussion über verschiedene Möglichkeiten der Tierschutzkennzeichnung in dem oben genannten Bericht der Kommission vom 28. Oktober 2009; weist jedoch darauf hin, dass diese Möglichkeiten in einem weiter gefassten Rahmen geprüft werden müssen, wobei insbesondere den verschiedenen Kennzeichnungssystemen im Hinblick auf Umwelt, Ernährung und Klima Rechnung zu tragen ist; unterstreicht, dass die Informationen für die europäischen Verbraucher unter allen Umständen auf soliden, unumstrittenen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und in einer verständlichen Form abgefasst sein müssen;

32. empfiehlt, dass die Angaben auf dem Etikett genau und klar sein sollten und auf die Erfüllung der hohen Tierschutzstandards der EU hinweisen sollten; ist der Ansicht, dass die Kommission dafür sorgen sollte, dass den Bürgern die notwendigen Informationen über das europäische Tierschutzsystem bereitgestellt werden, um so zu gewährleisten, dass sie objektiv informiert werden;

33. empfiehlt, die Tierschutzpolitik auf ihre Kohärenz mit den anderen Politiken der Union zu überprüfen;

34. ruft die Kommission auf, eine eingehende Bewertung der möglichen wettbewerbsbezogenen Probleme, die sich für unsere Erzeuger aus den europäischen Tierschutzstandards ergeben, vorzunehmen und die Stützungsregelungen für die Erzeuger im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Vorschriften zu überprüfen;

35. ist der Auffassung, dass vor der Ausarbeitung neuer Rechtsvorschriften zunächst die ordnungsgemäße Anwendung der bereits bestehenden allgemeinen und spezifischen Regelungen sicherzustellen ist; verweist als Beispiele auf das Verbot der Batteriehaltung von Hühnern, die Regelung für Schweine, die Regelung für Tiertransporte sowie die Regelung für die Haltung von Gänsen und Enten einschließlich der Zwangsmästung; betont, dass weitere Tierschutzmaßnahmen in Übereinstimmung gebracht werden sollten mit anderen Gemeinschaftszielen wie der nachhaltigen Entwicklung, insbesondere der nachhaltigen Viehzucht, dem nachhaltigen Konsum, dem Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt, sowie einer Strategie zur besseren Durchsetzung des geltenden Rechts und einer konsequenten Strategie zur beschleunigten Entwicklung von Alternativen zu Tierversuchen;

Europäisches Netz von Referenzzentren für den Tierschutz

36. ist der Auffassung, dass ein Europäisches Netz für Tierschutz unter der Leitung bestehender gemeinschaftlicher oder nationaler Organe geschaffen werden sollte, dessen Tätigkeit auf dem allgemeinen Tierschutzrecht, wie es oben vorgeschlagen wurde, beruht; ist der Ansicht, dass dieses Netz ein Organ als koordinierende Einrichtung benennen sollte, die die Aufgaben erfüllen sollte, die der „zentralen Koordinationsstelle“ übertragen wurden, von der die Kommission in dem oben angeführten Bericht vom 28. Oktober 2009 spricht; tritt außerdem dafür ein, dass sich die Aufgaben dieser Koordinationsstelle auf keinen Fall mit den Aufgaben der Kommission oder anderer Einrichtungen überschneiden sollten, sondern dass diese Koordinationsstelle zu einem Instrument für die Unterstützung der Kommission, der Mitgliedstaaten, der Akteure innerhalb der Lebensmittelkette und der Bürger in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, bewährte Verfahren sowie Informationspolitik und Verbraucherinformationen werden und künftige Vorschläge für Rechtsvorschriften oder für politische Maßnahmen und deren Auswirkungen auf den Tierschutz beurteilen und Stellungnahmen dazu abgeben, auf der Grundlage der jüngsten verfügbaren Kenntnisse Tierschutzstandards auswerten sowie ein EU-System zur Prüfung neuer Techniken koordinieren sollte;

37. ist der Meinung, dass die Bedürfnisse von Tieren und der Umgang mit ihnen, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, in angemessener und seriöser Form kommuniziert werden sollten; ist der Auffassung, dass ein europäisches Netzwerk von Referenzzentren sich mit Bildung und Kommunikation befassen sollte, denn Wissensvermittlung anhand standardisierter Qualitätskriterien ist wesentlich, um Extremstandpunkte vermeiden zu können;

Bessere Durchsetzung der geltenden Rechtsvorschriften

38. fordert die Kommission auf, unverzüglich die Kosten zu bewerten, die die Tierschutzmaßnahmen den europäischen Erzeugern verursachen, und gegebenenfalls spätestens im Jahr 2012 Empfehlungen, Richtlinien oder andere notwendige Maßnahmen vorzuschlagen, um Abhilfe gegen den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Viehhalter zu schaffen;

39. fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene Maßnahmen zur Aufklärung zu ergreifen, um das Konzept des Tierschutzes zu fördern;

40. ist der Auffassung, dass es darum geht, ein zweckgerichtetes und auf Risikoanalyse fußendes Kontrollsystem zu schaffen, bei dem objektive Faktoren im Mittelpunkt stehen und Mitgliedsstaaten mit überdurchschnittlich hohen Verstößen mit verstärkten Kontrollen rechnen müssen;

41. betont, dass die Ungleichgewichte in der Lebensmittelversorgungskette, die in der Mitteilung der Kommission „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“ (KOM(2009) 591) dargelegt sind, sich für die Primärerzeuger häufig nachteilig auswirken; weist darauf hin, dass das Investitionspotenzial von Primärerzeugern infolge der durch die genannte Situation bedingten Zusatzkosten begrenzt ist;

42. betont, dass der Haushalt der Europäischen Union mit ausreichend Mitteln ausgestattet sein muss, um ihre Kontrollaufgaben zu erfüllen, wo erforderlich die Erzeuger zu unterstützen und dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der Erzeuger infolge der Einführung neuer, in stetigem Wandel begriffener Tierschutzstandards entgegenzuwirken, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Viehhalter beim Verkauf ihrer Erzeugnisse die Kosten dieser Standards nicht auf den Preis abwälzen können;

43. betont, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors auf der Ebene der Europäischen Union durch die Förderung und Einhaltung der geltenden Tierschutzbestimmungen sowie unter Berücksichtigung der geltenden Umweltschutzanforderungen weiter verbessert und gesteigert werden muss;

44. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass jeglicher Verstoß gegen Tierschutzrechtsvorschriften der Europäischen Union wirksam und angemessen geahndet wird und dass jede dieser Sanktionen mit einer umfassenden Informations- und Orientierungsmaßnahme der zuständigen Behörden sowie entsprechenden Abhilfemaßnahmen einhergeht;

45. fordert die Mitgliedstaaten auf, angemessene Präventivmaßnahmen zu ergreifen, um Verstößen gegen die Grundsätze des Tierschutzes vorzubeugen;

46. begrüßt den erheblichen Rückgang des Einsatzes von Antibiotika bei Tieren in den Mitgliedstaaten, seit die Verwendung als Wachstumsförderer in der EU verboten wurde, obwohl sie in den Vereinigten Staaten und einigen anderen Ländern nach wie vor erlaubt ist; erwartet jedoch, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten sich in verantwortungsvoller Weise mit dem zunehmenden Problem der Antibiotikaresistenz bei Tieren befassen; fordert die Kommission auf, Daten über die Verwendung von Tierarzneimitteln, einschließlich Antibiotika, zu erfassen und zu analysieren, damit der wirksame Einsatz solcher Arzneimittel gewährleistet werden kann;

Indikatoren und neue Technik

47. fordert eine Auswertung und Weiterentwicklung des „Animal Welfare Quality Project“, insbesondere was die Vereinfachung des Instruments und seine praktische Anwendung anbelangt;

48. ist der Ansicht, dass es bei importierten Produkten ziemlich schwierig werden dürfte, die Indikatoren für das Wohlergehen der Tiere zu messen; betont, dass diese Indikatoren – ohne ihren Nutzen oder ihre Berechtigung anzuzweifeln – den Wettbewerb nicht zu Lasten der europäischen Erzeuger verzerren dürfen;

49. fordert die Kommission auf, basierend auf dem Abschlussbericht des „Animal Welfare Quality Project“, einen Versuchszeitraum für die Beurteilung des Wohlergehens der Tiere innerhalb der Europäischen Union nach der im „Animal Welfare Quality Project“ festgelegten Vorgehensweise vorzuschlagen;

50. fordert die Mitgliedstaaten auf, in diesem Zusammenhang die Mittel zur Förderung der angewandten Forschung sowie tiergesundheitsbezogener Investitionen in Innovation und Modernisierung, die aus verschiedenen Fonds der Europäischen Union für die Entwicklung des ländlichen Raums und aus dem 7. Rahmenprogramm (2007-2013) der GD Forschung bereitgestellt werden, besser zu nutzen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission zudem auf, verstärkt in die Forschung zu investieren und die Entwicklung neuer Technologien und Verfahren auf dem Gebiet des Tierschutzes voranzubringen;

51. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass die Leitlinien des Internationalen Tierseuchenamtes (OIE) zum Wohlbefinden von Tieren zu guten Tierschutzstandards führen, die den wissenschaftlichen Erkenntnissen in diesem Bereich genau entsprechen;

52. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 308 E vom 16.12.2006, S. 170.
  • [2]  ABl. C 279 E vom 19.11.2009, S. 89.
  • [3]  Verordnung (EG) Nr. 1099/2009, ABl. L 303 vom 18.11.2009, S. 1.
  • [4]  ABl. L 94 vom 9.4.1999, S. 24-26.

BEGRÜNDUNG

Eine gute Gesundheit der Tiere und eine gute Tierhaltung sind für unsere Gesellschaft von entscheidender Bedeutung, nicht nur mit Blick auf das Wohlergehen der Tiere sondern auch mit Blick auf die Volksgesundheit, unsere Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Unser hoher Tierschutzstandard macht einen Teil des „Markenzeichens“ der europäischen Agrarerzeugnisse aus, allerdings unter der Voraussetzung, dass die geltenden Rechtsvorschriften auch tatsächlich eingehalten werden.

Aktionsplan 2006-2010

Ein Großteil der Maßnahmen, die in dem derzeitigen, nicht allzu ehrgeizigen Aktionsplan aufgeführt werden, wurde in zufriedenstellender Weise durchgeführt. Es wurde gute Arbeit geleistet, was Alternativen zu Tierversuchen anbelangt und was eine prioritäre Behandlung des Tierschutzes im Rahmen der WTO und im Rahmen bilateraler Abkommen mit Drittländern angeht. Besonders erfreulich sind auch die Fortschritte, die im Rahmen des „Animal Welfare Quality Project“ hinsichtlich neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und neuen Wissens über Indikatoren für die Tiergesundheit gemacht wurden.

Gleichzeitig ist zu bedauern, dass nicht mehr im Bereich Tiertransporte und der damit zusammenhängenden Frage der Entwicklung eines Satellitensystems zur Überwachung dieser Tiertransporte unternommen wurde. Besonders besorgniserregend ist auch, dass viele Schweinezüchter in Europa gegen die Bestimmungen der Richtlinie 2008/120/EG über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen verstoßen.

Aktionsplan 2011-2015

Bereits in seiner Entschließung von 2006 forderte das Europäische Parlament, dass dem derzeitigen Aktionsplan ein neuer Aktionsplan folgen sollte. Diese Forderung muss bekräftigt werden, insbesondere vor dem Hintergrund des Artikels 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung, wodurch eine neue Rechtslage entstanden ist.

Nach Ansicht der Berichterstatterin sollte der künftige Aktionsplan folgende Schwerpunkte haben:

1. Einführung eines allgemeinen europäischen Tierschutzrechts

2. Schaffung eines europäischen Zentrums für Tierschutz und Tiergesundheit

3. bessere Kontrolle der geltenden Rechtsvorschriften

4. Zusammenhang zwischen Tiergesundheit und Volksgesundheit

5. Indikatoren und neue Technik

In Europa bestehen ein klarer Wille und eine lange Tradition, unsere Tiere anständig zu behandeln. Diese Tradition ist aufrecht zu erhalten und zu stärken durch neue Erfahrungen und ständig zunehmendes Wissen über das natürliche Verhalten der Tiere und alle offenkundigen Zusammenhänge, die zwischen dem Wohlbefinden und der Gesundheit von Tieren und Menschen bestehen.

Es bestehen derzeit große Unterschiede hinsichtlich des Tierschutzniveaus zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, was zu ganz erheblichen Unterschieden in den Lebensbedingungen der Tiere führt, aber auch den freien und fairen Wettbewerb zwischen den Erzeugern beeinträchtigt. Der Binnenmarkt ist das absolut wichtigste Werkzeug, um Europa zusammenzubinden und Friede und Freiheit für alle zu bewahren. In jeglicher Hinsicht sollten Freiheit und Fairness in diesem Markt verteidigt werden.

Deshalb sollte die EU so rasch wie möglich ein allgemeines und robustes gemeinsames Tierschutzrecht schaffen, das den Tieren das Recht auf ein artgerechtes Leben zuerkennt und bewirkt, dass keine Erzeuger Tierprodukte auf dem Binnenmarkt vermarkten können, die den Bestimmungen des allgemeinen Tierschutzrechts nicht gerecht werden.

Ein solches Tierschutzrecht sollte sowohl die Forderung nach einem für die einzelnen Tierarten artgerechten Leben erfüllen als auch für alle Erzeuger von Tierprodukten die gleichen Grundvoraussetzungen auf dem Markt schaffen. Gleichzeitig sollte es aber jedem Erzeuger, jeder Kooperation und jeder Region absolut freistehen, freiwillige Regeln oder Kennzeichnungen zu schaffen, die über die Anforderungen des allgemeinen Tierschutzrechts hinausgehen. Ein solches allgemeines Tierschutzrecht muss auch beinhalten, dass jeder Tierhalter verpflichtet ist, die Verantwortung für das Tier, das in seiner Obhut ist, voll und ganz wahrzunehmen.

Ein solcher allgemeiner Rechtsrahmen sollte keine Minimalrichtlinie sein, sondern einen hohen gemeinsamen Standard für alle Einzelrechtsvorschriften in dem Bereich, wie beispielsweise Regelungen für den Tiertransport, darstellen. Dies sollte in ähnlicher Weise geschehen wie beim allgemeinen Lebensmittelrecht (Verordnung Nr. (EG) 178/2002) im Bereich der Lebensmittelsicherheit.

Ein allgemeines und strenges Tierschutzrecht umzusetzen, kostet allerdings alle Erzeuger Zeit, Informationsaufwand und finanziellen Einsatz. Die Bereitstellung des Wissens ist eine Angelegenheit, die durch die Wissensbanken der jeweiligen Mitgliedstaaten, die Erzeugerorganisationen und ein neues Zentrum innerhalb der EU organisiert werden kann. Sowohl als Bürger als auch als Verbraucher sollten wir alle bereit sein, zur Finanzierung eines soliden verstärkten Tierschutzes beizutragen. Bereits jetzt stehen Mittel im Budget der EU für die Entwicklung des ländlichen Raums bereit, doch können diese nicht als ausreichend angesehen werden.

Es bedarf einer koordinierenden Hand für den Tierschutz und die Tiergesundheit innerhalb der EU. Ob nun diese Funktion durch eine Dienststelle innerhalb der Kommission ausgeübt wird oder ob eines der bereits existierenden einzelstaatlichen Tierschutzzentren mit der Koordinierung beauftragt wird, spielt eine geringere Rolle.

Das Zentrum sollte sich auf das „allgemeine Tierschutzrecht“ stützen, alles verfügbare Wissen zusammentragen und das Recht haben, neue Forschungsarbeiten in die Wege zu leiten, wenn Lücken zu erkennen sind, wie beispielsweise bei dem sehr erfolgreichen „Animal Welfare Quality Project“, bei dem nach heutigem Stand das Wissen darüber fehlt, wie die neuen Indikatoren in der Praxis anzuwenden sind. Das Zentrum sollte des Weiteren den gesamten zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Bestand an Wissen bereithalten und mit Rat zur Seite stehen, wo es um die Einführung neuer Technik geht.

Eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass Rechtsvorschriften in dem Bereich, um den es hier geht, tatsächlich wirken, ist, dass es Überwachung, Kontrolle und (leider!) auch Sanktionen gibt.

Hier muss die Kommission Befugnisse übertragen und Mittel an die Hand bekommen, um ein zweckgerichtetes und risikobasiertes Kontrollsystem zu schaffen. Die Mitgliedstaaten müssen weiter einen hohen und gleichwertigen Standard bei ihren Aufsichtsbehörden beibehalten und auch über die erforderlichen Sanktionssysteme für Tierhalter, die die rechtlichen Anforderungen nicht erfüllen, verfügen.

Es gibt viele gute ethische Gründe, um einen hohen Standard hinsichtlich des Wohlergehens der Tiere aufrechtzuerhalten, was an sich ein ausreichender Grund für strenge Rechtsvorschriften und korrekte Einhaltung derselben sein sollte. Nichtsdestoweniger sind die Aspekte der Volksgesundheit im Zusammenhang mit dem Wohlergehen der Tiere mindestens genauso wichtig.

Es gibt eine Menge biologischer Faktoren, die für alle Lebewesen gleich sind, ganz besonders bei den Säugetierarten, zu denen der allergrößte Teil unserer Tiere und wir selbst gehören. Tiere und Menschen empfinden Angst und Schmerzen, Freude und Freundschaft, wir haben auch ein relativ ähnliches Immunabwehrsystem und teilen eine große Anzahl von Pathogenen miteinander.

Zoonosen wirken sich nicht nur auf die Beziehung zwischen zu Nahrungszwecken gehaltenen Tieren und der menschlichen Gesundheit aus, auch wildlebende Tiere und unsere Heimtiere sind impliziert, wie beispielsweise bei der Tollwut, die von wildlebenden Tieren übertragen wird, oder der Toxoplasmose, die in den meisten Fällen von unseren Katzen übertragen wird. Es bestehen also viele gute Gründe, den neuen Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der durch den Lissabon-Vertrag geänderten Fassung als eine Ausweitung der Kompetenz der EU auf alle Tiere auszulegen.

Wie in allen anderen Bereichen im Gesellschaftsleben nimmt auch unser Wissen über unsere Tiere und nicht zuletzt über die Zoonosen und deren Einfluss auf unsere Gesundheit ständig zu. Dieses Wissen müssen wir nutzen, um sowohl die Lebensumstände der Tiere als auch unsere eigene Volksgesundheit stetig zu verbessern.

Wir haben ein gemeinsames Interesse daran, eine europäische Datenbank für die Verwendung von Antibiotika einzurichten. Wie viele Antibiotika werden verwendet? Welche Antibiotika werden verschrieben? In welchen geografischen Gebieten? In welchen Produktionsbereichen? In welchem Umfang werden Antibiotika für Heimtiere verwendet? Es gibt viele und wichtige Fragen, denn die Antibiotikaresistenz – die inzwischen sowohl eine Multi- als auch eine Panresistenz ist – ist vor allem eine echte große Bedrohung für die Gesundheit der Kinder und der Jugendlichen geworden.

Die absolut gefährlichsten und unmittelbar lebensbedrohlichen Krankheiten – wie beispielsweise TBC – sind gerade Zoonosen, die gewaltige Probleme schaffen können. Auch hier könnte ein neues EU-Zentrum für Tierschutz und Tiergesundheit eine wichtige Rolle spielen als Impulsgeber und Faktor der Verbreitung von Wissen und Erkenntnissen.

Es ist aus ethischen und kulturellen Gründen – ohne dabei die praktischen, wirtschaftlichen und volksgesundheitlichen Gründe zu vergessen – geboten, einen sehr hohen Tierschutzstandard aufrecht zu erhalten. Ein neuer ehrgeiziger mehrjähriger Aktionsplan mit der oben aufgeführten Ausrichtung würde nach Meinung der Berichterstatterin hierzu beitragen.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

17.3.2010

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

34

7

3

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

John Stuart Agnew, Richard Ashworth, José Bové, Luis Manuel Capoulas Santos, Vasilica Viorica Dăncilă, Michel Dantin, Paolo De Castro, Albert Deß, Diane Dodds, Herbert Dorfmann, Hynek Fajmon, Lorenzo Fontana, Iratxe García Pérez, Béla Glattfelder, Martin Häusling, Esther Herranz García, Peter Jahr, Elisabeth Jeggle, Jarosław Kalinowski, Elisabeth Köstinger, Giovanni La Via, Stéphane Le Foll, George Lyon, Gabriel Mato Adrover, Mairead McGuinness, Krisztina Morvai, James Nicholson, Rareş-Lucian Niculescu, Wojciech Michał Olejniczak, Georgios Papastamkos, Marit Paulsen, Britta Reimers, Ulrike Rodust, Alfreds Rubiks, Giancarlo Scottà, Czesław Adam Siekierski, Alyn Smith, Csaba Sándor Tabajdi, Marc Tarabella, Janusz Wojciechowski

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Luís Paulo Alves, Spyros Danellis, Lena Ek, Véronique Mathieu, Maria do Céu Patrão Neves