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Verfahren : 2001/2339(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A5-0283/2001

Eingereichte Texte :

A5-0283/2001

Aussprachen :

Abstimmungen :

Angenommene Texte :

P5_TA(2001)0477

Angenommene Texte
Donnerstag, 20. September 2001 - Brüssel
Mobbing am Arbeitsplatz
P5_TA(2001)0477A5-0283/2001

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Mobbing am Arbeitsplatz (2001/2339(INI))

Das Europäische Parlament,

-  gestützt auf die Artikel 2, 3, 13, 125 bis 129, 136 bis 140 und 143 des EG-Vertrags,

-  unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 13. April 1999 zur Modernisierung der Arbeitsorganisation - den Wandel als Chance begreifen(1) , vom 24. Oktober 2000 zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Jahr 2001 und zum Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2000(2) sowie vom 25. Oktober 2000 zu einer neuen sozialpolitischen Agenda(3) ,

-  in Kenntnis der relevanten Teile in den Schlussfolgerungen der Europäischen Räte von Nizza und Stockholm,

-  gestützt auf Artikel 163 seiner Geschäftsordnung,

-  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit (A5-0283/2001 ),

A.  in der Erwägung, dass laut einer Umfrage bei 21.500 Arbeitnehmern durch die Dublin-Stiftung 8 % der Arbeitnehmer in der Europäischen Union, das entspricht 12 Millionen Personen, erklären, in den letzten zwölf Monaten an ihrem Arbeitsplatz Mobbing ausgesetzt gewesen zu sein, wobei von einer wesentlich höheren Dunkelziffer auszugehen ist,

B.  unter Hinweis darauf, dass das Auftreten von Gewalt und Schikanen am Arbeitsplatz, zu denen die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Dublin auch das Mobbing rechnet, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich ist, was nach Auffassung der Stiftung auf mangelnder Berichterstattung in einigen Ländern beruht, in anderen Ländern auf abweichenden Rechtssystemen und kulturellen Unterschieden; unsichere Arbeitsverhältnisse sind eine der Hauptursachen des verstärkten Auftretens,

C.  in der Erwägung, dass die Dublin-Stiftung feststellt, dass Personen, die Mobbing ausgesetzt sind, erheblich mehr unter Stress zu leiden haben als die Arbeitnehmer allgemein; ferner in der Erwägung, dass die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz festellt, dass Mobbing ein gesundheitliches Risiko darstellt, das oft zu stressbedingten Erkrankungen führt, wobei nach Geschlecht unterscheidende einzelstaatliche Angaben zum Mobbing am Arbeitsplatz nach Auffassung der Agentur jedoch kein einheitliches Bild zeigen,

D.  in der Erwägung, dass die Angaben eines bestimmten Mitgliedstaats darauf hinweisen, dass Mobbing insbesondere an Arbeitsplätzen mit hoher Anspannung auftritt, d.h. bei Arbeiten, von denen Frauen mehr als Männer betroffen sind und die in den 90er Jahren erheblich zugenommen haben,

E.  in der Erwägung, dass Untersuchungen und Studien allgemein auf einen deutlichen Zusammenhang zwischen einerseits Mobbing am Arbeitsplatz und andererseits Stress oder Arbeit mit hoher Anspannung, verschärftem Wettbewerb und geringerer Sicherheit im Arbeitsmarkt sowie einer prekären Beschäftigungssituation hinweisen,

F.  in der Erwägung, dass zu den Ursachen des Mobbing beispielsweise Mängel im Hinblick auf Arbeitsorganisation, interne Information und Betriebsführung gehören; unter Hinweis darauf, dass ungelöste und langfristige organisatorische Probleme zu starker Belastung in Arbeitsgruppen beitragen und zu "Sündenbock-Denken“ und Mobbing führen können; in der Erwägung, dass die Folgen für den Einzelnen und die Arbeitsgruppe ebenso wie die Kosten für den Einzelnen, die Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt beträchtlich sein können,

1.  ist der Auffassung, dass das Mobbing, dessen wahres Ausmaß derzeit nicht bekannt ist, ein ernstes Problem im Arbeitsleben darstellt, das größere Aufmerksamkeit und verstärkte Bemühungen um seine Beseitigung verdient, wobei auch neue Formen der Bekämpfung erarbeitet werden müssen;

2.  macht darauf aufmerksam, dass die zunehmende Zahl von befristeten Verträgen und die zunehmend unsicheren Arbeitsverhältnisse - vor allem für Frauen - günstige Voraussetzungen für unterschiedliche Formen von Mobbing schaffen;

3.  weist auf die verheerenden Auswirkungen des Mobbing auf die körperliche und psychische Gesundheit der Betroffenen und damit auch ihrer Familie hin, die häufig eine ärztliche und psychotherapeutische Behandlung dieser Personen erforderlich machen und im Allgemeinen dazu führen, dass diese ihrem Arbeitsplatz aus Krankheitsgründen fern bleiben, oder sie veranlasst, ihre Kündigung einzureichen;

4.  weist darauf hin, dass mehreren Untersuchungen zufolge Frauen häufiger als Männer Opfer von Mobbing-Handlungen sind, ob es sich nun um vertikales Mobbing von oben nach unten (von einem Vorgesetzten gegenüber einem Untergebenen) oder von unten nach oben (von einem Untergebenen gegenüber einem Vorgesetzten), horizontales Mobbing (unter Kollegen auf der gleichen Ebene) oder gemischtes Mobbing handelt;

5.  weist darauf hin, dass falsche Mobbing-Anschuldigungen zu einem äußerst gefährlichen Mobbing-Instrument werden können;

6.  betont, dass Maßnahmen gegen das Mobbing am Arbeitsplatz als wichtiger Aspekt in den Bemühungen um höhere Qualität und bessere soziale Beziehungen im Arbeitsleben zu betrachten sind, die auch dazu beitragen, sozialer Ausgrenzung zu begegnen; ist der Auffassung, dass dies als Beweggrund für gemeinschaftliche Bemühungen zu betrachten ist und der Europäischen Sozialagenda und den Beschäftigungsleitlinien entspricht;

7.  betont, dass das Problem des Mobbing am Arbeitsplatz in der Union vielfach wahrscheinlich noch immer unterschätzt wird und eine Reihe von Argumenten für gemeinschaftliche Bemühungen auf Unionsebene sprechen, beispielsweise dass es schwierig ist, wirksame Instrumente zu entwickeln, um dem Mobbing vorzubeugen oder es zu verhindern, dass Leitlinien für Maßnahmen gegen das Mobbing am Arbeitsplatz normbildend und verhaltensbestimmend wirken können und dass auch Gerechtigkeitserwägungen für solche gemeinsamen Leitlinien sprechen;

8.  fordert die Kommission auf, in der Mitteilung über eine Gemeinschaftsstrategie zu Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und die Stärkung der qualitativen Dimension in der Beschäftigungs- und Sozialpolitik sowie im Grünbuch zur sozialen Verantwortung der Unternehmen auch psychische, psychosoziale oder soziale Arbeitsumweltfaktoren einschließlich der Arbeitsorganisation zu berücksichtigen und dabei langfristig systematisch und vorbeugend die Arbeitsumweltanstrengungen zu betonen - u.a. im Hinblick auf die Bekämpfung des Mobbing am Arbeitsplatz - sowie sich auch mit der Notwendigkeit von Gesetzgebungsinitiativen in dieser Richtung zu befassen;

9.  fordert den Rat und die Kommission auf, quantitative Indikatoren im Hinblick auf das Mobbing am Arbeitsplatz in die Indikatoren für die Qualität des Arbeitsplatzes einzubeziehen, die auf der Tagung des Europäischen Rates in Laeken erörtert werden sollen;

10.  fordert die Mitgliedstaaten auf, im Hinblick auf die Bekämpfung von Mobbing und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ihre bestehende Gesetzgebung zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen sowie die Definition des Mobbing zu überprüfen und einheitlich zu charakterisieren;

11.  betont ausdrücklich die Verantwortung der Mitgliedstaaten und der gesamten Gesellschaft für Mobbing und Gewalt am Arbeitsplatz und sieht hier den Hauptschwerpunkt der Bekämpfungsstrategie;

12.  empfiehlt den Mitgliedstaaten, Unternehmen, öffentliche Hand und Sozialpartner zu verpflichten, wirksame Präventionspolitiken durchzuführen, ein System des Erfahrungsaustauschs vorzusehen und geeignete Verfahren zur Lösung des Problems für die von Mobbing-Handlungen Betroffenen zu ermitteln und zu verhindern, dass sich diese wiederholen; empfiehlt in diesem Rahmen die Verstärkung der Information und der Weiterbildung der Arbeitnehmer, des Führungspersonals, der Sozialpartner und der Arbeitsmediziner sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor; und weist im Zusammenhang mit einer Regelung auch auf die Möglichkeit hin, eine Vertrauensperson am Arbeitsplatz einzustellen, an die sich die Arbeitnehmer auf Wunsch wenden können;

13.  fordert die Kommission auf, eine Präzisierung bzw. eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Rahmenrichtlinie über die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz oder die Ausarbeitung einer neuen Rahmenrichtlinie als rechtliches Instrument zur Bekämpfung des Mobbing und auch als Mechanismus zur Verteidigung der Achtung der persönlichen Würde des Arbeitnehmers, seiner Intimsphäre und seiner Ehre zu erwägen; betont dabei die Bedeutung systematischer Arbeitsumweltbemühungen und vorbeugender Anstrengungen;

14.  betont, dass Wissen und Forschung in diesem Bereich durch bessere statistische Daten vertieft und erweitert werden können, und weist auf die Rolle von Eurostat und Dublin-Stiftung in diesem Zusammenhang hin; fordert die Kommission, die Dublin-Stiftung und die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz auf, Initiativen für intensivierte Untersuchungen über das Mobbing zu ergreifen;

15.  betont die Bedeutung intensivierter Untersuchungen des Auftretens von Mobbing am Arbeitsplatz in Bezug sowohl auf arbeitsorganisatorische Aspekte wie auf u.a. Geschlecht, Alter, Wirtschaftszweig und Beruf; fordert, dass die betreffende Studie eine Analyse der besonderen Situation der von Mobbing betroffenen Frauen umfasst;

16.  stellt fest, dass bereits ein Mitgliedstaat eine Regelung zur Bekämpfung von Mobbing am Arbeitsplatz eingeführt hat und dass weitere Mitgliedstaaten die Aufstellung von Rechtsvorschriften zur Ahndung von Mobbing, oftmals nach dem Muster der Gesetzgebung zur Ahndung der sexuellen Belästigung, in Angriff genommen haben; fordert die Mitgliedstaaten auf, dem Problem des Mobbing am Arbeitsplatz Aufmerksamkeit zu widmen und in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften als auch bei den sonstigen Bemühungen diesem Problem Beachtung zu schenken;

17.  fordert die europäischen Organe auf, im Hinblick auf die Bemühungen um Vorbeugung und Bekämpfung des Mobbing in den eigenen Strukturen und wenn es darum geht, Einzelnen und Arbeitsgruppen Hilfe und Unterstützung zu geben, vorbildlich zu wirken und gegebenenfalls eine Anpassung des Beamtenstatuts einschließlich einer angemessenen Sanktionspolitik ins Auge fassen;

18.  stellt fest, dass Personen, die Mobbing-Handlungen auf Ebene der europäischen Institutionen ausgesetzt sind, derzeit zu wenig Hilfe erfahren und beglückwünscht in diesem Zusammenhang die Verwaltung, dass sie seit langem einen speziell für weibliche Verwaltungsräte bestimmten Kurs “Le management au féminin” (Frauen im Management) eingerichtet und in jüngerer Zeit einen Beratenden Ausschuss “Mobbing” eingesetzt hat;

19.  fordert dazu auf zu erkunden, in welchem Maße Konsultationen auf Gemeinschaftsebene zwischen den Sozialpartnern dazu beitragen können, das Mobbing am Arbeitsplatz zu bekämpfen, und dabei die Arbeitnehmerorganisationen einzubeziehen;

20.  fordert die Sozialpartner in den Mitgliedstaaten untereinander sowie auf Gemeinschaftsebene auf, eigene Konzepte zur Bekämpfung von Mobbing und Gewalt am Arbeitsplatz zu entwickeln und nach dem Prinzip des "best practice” einen Erfahrungsaustausch darüber zu führen;

21.  weist darauf hin, dass Mobbing auch nachteilige Folgen für die Arbeitgeber hat, und zwar hinsichtlich der Rentabilität und wirtschaftlichen Effizienz des Unternehmens auf Grund des dadurch bedingten Absentismus, der Verringerung der Produktivität der Arbeitnehmer wegen psychischer Störungen und fehlender Konzentration sowie auf Grund der an entlassene Arbeitnehmer zu zahlenden Entschädigungen;

22.  betont die Bedeutung einer Erweiterung und Verdeutlichung der Verantwortung der Arbeitgeber für systematische Arbeitsumweltbemühungen, die auf die Schaffung einer befriedigenden Arbeitsumwelt gerichtet sind;

23.  fordert eine Diskussion über die Möglichkeiten der Unterstützung freiwilliger Netze und Organisationen gegen das Mobbing;

24.  fordert die Kommission auf, bis zum März 2002 in einem Grünbuch eine detaillierte Analyse der Lage im Hinblick auf das Mobbing am Arbeitsplatz in den einzelnen Mitgliedstaaten vorzulegen und danach bis spätestens Oktober 2002 auf der Grundlage dieser Analyse ein Aktionsprogramm über Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene gegen das Mobbing am Arbeitsplatz zu unterbreiten; das Aktionsprogramm sollte einen Zeitplan enthalten;

25.  beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen und der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu übermitteln.

(1) ABl. C 219 vom 30.7.1999, S. 37.
(2) ABl. C 197 vom 12.7.2001, S. 68.
(3) ABl. C 197 vom 12.7.2001, S. 180.

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