Parlamentarische Anfrage - E-3915/2003Parlamentarische Anfrage
E-3915/2003

Zwangsrückführung von Montagnard-Flüchtlingen nach Vietnam durch die kambodschanische Regierung und fortgesetzte Verletzung der UN-Flüchtlingskonvention

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-3915/03
von Marco Pannella (NI), Maurizio Turco (NI), Marco Cappato (NI), Gianfranco Dell'Alba (NI), Benedetto Della Vedova (NI) und Olivier Dupuis (NI)
an die Kommission

Einem Bericht von Radio Free Asia zufolge schoben Mitte November 2003 kambodschanische Stellen die letzten 11 der 60 Montagnard-Flüchtlinge, die sich in Kambodscha befanden, wieder nach Vietnam ab und übergaben sie vietnamesischen Behörden; diese Flüchtlinge hatten im vergangenen Juli den Wald, in dem die Malaria grassiert, verlassen, nachdem kambodschanische Fischer von den Behörden gezwungen worden waren, ihr Versteck zu verraten.

 

Alle 60 Montagnards gehören zum Stamm der Jarai, und die Provinzpolizei von Rattanakiri bestätigt ihre Abschiebung, wenngleich sie nicht angibt, wann sie erfolgt ist; ferner bestätigten die Einwohner des Dorfes O Lvea, dass die letzten Flüchtlinge von der Polizei im Wald des Bezirks Koh Nhek zwischen den Provinzen Rattanakiri und Mondolkiri umzingelt und festgenommen wurden.

 

Weder die kambodschanischen noch die vietnamesischen Stellen machen irgendwelche Angaben über das Schicksal der 60 Flüchtlinge; Berichte der örtlichen Bevölkerung bestätigen, dass sich alle 60 mit Malaria infiziert hatten, nachdem sie Monate lang ihren Hunger mit Knollen und Bambus gestillt hatten, da es die Polizei den örtlichen Fischern seit Oktober unmöglich gemacht hatte, die 60 zu unterstützen.

 

Von den kambodschanischen Polizeibehörden kommen widersprüchliche Erklärungen darüber, ob sich auf ihrem Staatsgebiet Montagnard-Flüchtlinge befinden; sie leisten ihnen keinerlei Unterstützung, sondern haben sie stattdessen gegen Essen und Geld den vietnamesischen Behörden übergeben, wie jüngst von mehreren voneinander unabhängigen Quellen dokumentiert wurde.

 

Das kambodschanische Parlamentsmitglied der Partei Sam Rainsy, Son Chay, und der kambodschanische König selbst haben in den letzten Monaten darauf hingewiesen, dass die kambodschanische Regierung die Flüchtlingskonvention verletzt, die sie dazu verpflichtet, die Flüchtlinge, die sich auf kambodschanischem Staatsgebiet befinden, zu unterstützen.

 

Kambodschanische NGOs haben wiederholt beklagt, dass es unmöglich sei, von der Regierung Informationen über die Lage der Montagnard-Flüchtlinge zu erhalten und humanitäre Hilfe zu leisten.

 

Das UNHCR-Büro in Kambodscha hat dem Vorgehen der Regierung auf nicht hinnehmbare Weise Vorschub geleistet, indem es jegliche Unterstützung der Montagnard-Flüchtlinge in den an Vietnam angrenzenden Provinzen ausgesetzt hat, obwohl ihm die Festnahmen, Zwangsrückführungen und Gewalttaten sowie die Infektionen, die hunderte Montagnard-Flüchtlinge im Laufe der letzten anderthalb Jahre erlitten haben, bekannt waren.

 

Werden Maßnahmen ergriffen, damit die kambodschanische Regierung die UN-Flüchtlings­konvention von 1951 einhält und die Festnahmen und Zwangsrückführungen von Montagnard-Flüchtlingen, die vor der vom Europäischen Parlament in seiner Entschließung vom November 2003 festgestellten politischen und religiösen Repression der vietnamesischen Stellen fliehen, einstellt, und wenn ja, welche?

 

Wie gedenkt die Kommission Druck auf das UNHCR – sowohl in Genf als auch in Kambodscha – auszuüben, damit die Montagnard-Flüchtlinge, die sich im Dschungel des Grenzgebiets verstecken, von der kambodschanischen Polizei nicht festgenommen und an die vietnamesische Polizei „verkauft“ werden, die beim Absuchen des Gebiets oft nach Kambodscha eindringt?

 

Geht die Kommission nicht davon aus, dass diesem Verhalten der kambodschanischen und der vietnamesischen Regierung sofort ein Ende gemacht und andernfalls angedroht werden muss, die Kooperationsabkommen auszusetzen, mit denen die Kommission diese Politik, die Menschenrechte unterdrückt, anstatt ihre Achtung zu gewährleisten, de facto weiterhin finanziert?

 

ABl. C 782 E vom 27/03/2004