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Verfahren : 2008/0140(APP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0149/2009

Eingereichte Texte :

A6-0149/2009

Aussprachen :

PV 01/04/2009 - 14
CRE 01/04/2009 - 14

Abstimmungen :

PV 02/04/2009 - 9.16
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2009)0211

Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 1. April 2009 - Brüssel Ausgabe im ABl.

14. Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (Aussprache)
Video der Beiträge
Protokoll
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  Der Präsident. – Der nächste Punkt ist der Bericht (A6-0149/2009) von Frau Buitenweg in Vertretung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres mit dem Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Prinzips der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (KOM(2008)0426 – C6-0291/2008 – 2008/0140(CNS)).

 
  
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  Kathalijne Buitenweg, Berichterstatterin. (NL) Herr Präsident, am Montag erhielt die Tochter eines Freundes einen Brief, ein Ablehnungsschreiben der Universität. Sie wurde nicht auf Grund ihrer intellektuellen Fähigkeiten abgelehnt, sondern, weil sie behindert ist. Das Schreiben besagte, die Universität sei nicht in der Lage, ihr die benötigte Betreuung zukommen zu lassen. Sie absolvierte das Gymnasium gut, also gab es hier kein Problem, aber jetzt wurde sie aus dem Rennen geworfen.

Der Bericht, über den wir heute diskutieren, berührt das Herz unserer Gesellschaft. Möchten wir, dass Menschen als Bürger auf Grund ihres Alters, sexueller Ausrichtung, Religion, Weltanschauung oder Behinderung zweiter Klasse betrachtet werden oder bevorzugen wir eine Gesellschaft, an der sich jeder umfassend beteiligen kann? Wenn Menschen bei der Miete einer Wohnung oder für ein Darlehen abgelehnt werden, weil sie sind, wer sie sind, werden nicht nur sie selber ungerecht behandelt, sondern die Gesellschaft als Ganzes verkauft sich leer, indem sie Menschen abschreibt.

Ich habe den heutigen Tag sehnlichst erwartet. Bei der morgigen Abstimmung geht es um viel. Das Europäische Parlament fordert seit 1995 eine europäische Gleichbehandlungsrichtlinie, und der Vertrag von Amsterdam hat uns endlich die rechtliche Grundlage dafür geschaffen. Im Jahr 2000 entstanden folglich einige wichtige Richtlinien: die Richtlinie zur Verwirklichung des Prinzips der Gleichbehandlung ungeachtet der Rasse oder ethnischen Herkunft, die in ihrem Anwendungsbereich den Arbeitsmarkt und die Bereitstellung von Gütern und Dienstleitungen abdeckt, aber mit der Richtlinie sollte auch die Diskriminierung auf Grund der Religion, Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung bekämpft werden – auch wenn sich die genannte Richtlinie auf den Arbeitsmarkt beschränkt.

Das führte bald zu Problemen, da die Diskriminierung aus anderen Bereichen verbannt wurde, selbst im Bereich der Geschlechter. Das Parlament war immer schon gegen die dadurch entstandene Hierarchie der Diskriminierungsgründe. Warum sollte es also möglich sein, jemandem ein Darlehen zu verweigern, weil er homosexuell, aber nicht, weil er schwarz ist? Der Schutz muss gleich sein. Wir alle haben uns für diese horizontale Richtlinie eingesetzt, und es gibt Unterschiede zwischen uns, was den Ton betrifft, manchmal aber auch in der konkreten Substanz. Aber bis heute zeigte die überwältigende Mehrheit des Parlaments den Willen, das gegenwärtige Ungleichgewicht zu bereinigen, und das ist die Botschaft, die wir dem Rat morgen senden müssen. Ich hoffe also auf eine möglichst große Mehrheit.

Es gibt viele Menschen, denen ich für ihren Beitrag zu diesem Bericht danken möchte. An erster Stelle, den Verfassern, insbesondere Frau Lynne vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. Viele ihrer Anregungen sind in den Text eingeflossen. Ich möchte mich aber auch bei den Schattenberichterstattern Herrn Gaubert, Frau Bozkurt, Frau in 't Veld und Frau Kaufmann bedanken. Auf Niederländisch haben wir eine Redewendung, die wörtlich übersetzt besagt: „über den eigenen Schatten springen“, was soviel bedeutet, wie sich selber zu überholen – über die Stelle hinausblicken, an der man immer hängen geblieben ist – das ist ein guter Punkt für die Schattenberichterstatter. Meiner Meinung nach, waren wir dabei erfolgreich. Ich bin wirklich stolz auf den von der großen Mehrheit des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres getroffenen Kompromisses. Er wurde verbessert. Ich möchte auch den vielen Menschen danken, die einen Beitrag dazu geleistet haben, aber einem ganz besonders: Herrn Cashman. Ich möchte ihm für alle Ratschläge danken, die er mir erteilt hat, für seine ganzen Lobbytätigkeiten und auch für seine Inspiration und Freundschaft in den letzten Jahren.

Wenn wir nun zum Inhalt übergehen, verbietet der Bericht die Diskriminierung aus vier Gründen. Wir hatten das bereits für den Arbeitsmarkt geregelt, aber jetzt findet es auch auf die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen, sozialer Absicherung – einschließlich Sozialversicherung und Gesundheitswesen – und die Bildung Anwendung. Aber nicht alle Unterscheidungen werden als Diskriminierung betrachtet. So ist es beispielsweise den Versicherungsunternehmen weiterhin erlaubt, nach Alter oder Behinderung zu differenzieren, vorausgesetzt sie können das objektiv rechtfertigen. Es mussten Vorkehrungen für viele Menschen mit Behinderungen getroffen werden, es wurden aber Grenzen gezogen, was als angemessen betrachtet wird. Deshalb sind unter gewissen Bedingungen Ausnahmeregelungen zulässig, aber die Gleichbehandlung ist die Regel, und darüber wird morgen abgestimmt. Sehen wir Europa nur als einen Markt oder betrachten wir es auch als Quelle der Zivilisation?

Ich muss sagen, der Änderungsantrag 81 zeigt, wo Herr Weber und 41 andere stehen. Sie möchten einfach keine Gesetzgebung zur Gleichbehandlung. Punkt. Es macht keinen Unterschied, gleich welche Kompromisse ich auch anstrebe, da Sie einfach prinzipiell gegen ein Antidiskriminierungsgesetz sind. Folglich unterbreiten Sie keine Änderungsvorschläge, Sie lehnen den ganzen Vorschlag ab. Hier trennen sich unsere Wege – ein mittlerer Standpunkt ist nicht möglich. Warten wir ab und sehen wir morgen, welchen Weg die Mehrheit des Parlaments gehen möchte.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich über das große Interesse für diesen Vorschlag. Ein Beweis dafür sind die zahlreichen dazu eingereichten Änderungsvorschläge. Das zeigt, dass der Kampf gegen die Diskriminierung im alltäglichen Leben eine konstante Priorität für die meisten von uns ist, selbst in Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise. Ich begrüße auch den ausgezeichneten, von Frau Buitenweg vorgelegten und vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres verabschiedeten Bericht sowie den beachtenswerten Beitrag von Frau Lynne und dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.

Der Berichtsentwurf unterstützt den Ehrgeiz und die Versuche des von der Kommission vorgelegten Richtlinienentwurfs. Meiner Meinung ist es dem Berichterstatter gelungen, verschiedene Standpunkte zu vereinen und einen breiten Konsens der verschiedenen Fraktionen zu erreichen. Ich möchte die unterstützende Rolle des Parlaments bei der Vorlage des Richtlinienentwurfs begrüßen.

Was die eingereichten Änderungsanträge betrifft, stimme ich vielen der Verbesserungsanregungen aus dem Berichtsentwurf zu. Aber ich möchte trotzdem sagen, dass für diesen Entwurf der einstimmige Konsens im Rat erforderlich ist und wir deshalb realistisch bleiben müssen.

Ich weiß, dass das Problem der Mehrfachdiskriminierung für Sie von grundlegender Bedeutung ist. Ich bin mir des Umstandes bewusst, dass Menschen, die Opfer von Mehrfachdiskriminierungen sind, sehr stark betroffen sind. Ich glaube aber auch, dass, da diese Richtlinie nur vier mögliche Diskriminierungsgründe betrifft, dieses Problem rechtlich nicht endgültig gelöst werden kann.

In der Mitteilung der Kommission über Nichtdiskriminierung im Juli 2008 verpflichteten wir uns, eine Diskussion zu diesem Thema in den neu eingeführten Gruppen der Regierungssachverständigen anzustreben. Die Diskussion wurde initiiert. Das heißt, dass die Frage der Mehrfachdiskriminierung nicht vernachlässigt wird.

Ich könnte einem Verweis auf die Mehrfachdiskriminierung in den von diesem Richtlinienentwurf abgedeckten Bereichen zustimmen. Ich stimme zu, dass wir die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der EU und den Mitgliedstaaten klarer definieren müssen. Die Richtlinie wird die Definition als solche nicht verändern, aber es ist unser Ziel, den höchst möglichen Grad an Rechtssicherheit zu erreichen.

Ich akzeptiere auch, dass die Meinungsfreiheit zu berücksichtigen ist, wenn es um Fälle von mutmaßlicher Viktimisierung geht. Aber wir sollten uns darüber bewusst sein, dass das Konzept der Viktimisierung einen soliden Beweis erfordert. Die Menschenwürde muss auf dem Spiel stehen, und es muss ein feindliches oder demütigendes Umfeld bestehen.

Ich stimme der Aufnahme des Konzepts der „Diskriminierung durch Assoziation“ im Sinne des jüngsten Urteils im Fall Coleman zu, aber dieses Konzept darf nur dann angewendet werden, wenn eine direkte Diskriminierung und Viktimisierung vorliegt.

Was die Finanzdienstleistungen betrifft, stimme ich zu, dass hier für die Dienstleister die Einführung eines gewissen Transparenzgrades erforderlich ist, ich hege aber gewisse Zweifel bezüglich der in Ihrem Entwurf verwendeten Formulierung. Ich stimme vollkommen zu, dass die Richtlinie auf rein private Geschäfte nicht anzuwenden ist. Hierbei ist die Haltung der Kommission und des Parlaments sehr ähnlich. Was Menschen mit körperlichen Behinderungen betrifft, kann ich einen Verweis auf die offene Definition der körperlichen Behinderung im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen unterstützen.

Ich stimme im Wesentlichen auch mit einigen Anmerkungen zum Konzept der körperlichen Behinderung überein, die in Ihren Änderungsvorschlägen enthalten sind. Aber ich denke, es sollte darauf hingewiesen werden, dass der Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung sehr präzise sein muss. Ich stimme mit einigen anderen dargelegten Meinungen überein, bin aber der Ansicht, dass sichergestellt werden muss, dass Paragraph 4 präzise und verständlich ist.

Meine Damen und Herren, ich freue mich auf Ihre Meinungen, auf die ich in der Debatte eingehen werde.

 
  
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  Elizabeth Lynne, Berichterstatterin für die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. − Herr Präsident, ich möchte mich ganz herzlich bei der Berichterstatterin für die harte Arbeit bedanken, die sie in diesen Bericht eingebracht hat, und für die enge Zusammenarbeit mit uns. Wir haben nicht nur bei diesem Bericht sehr eng zusammengearbeitet, aber wie sie weiß, arbeiten wir beide neben anderen Personen nun schon seit Jahren, 10 Jahre, um genau zu sein, seit ich in das Europäische Parlament kam, an diesem Thema. Ich erinnere mich noch, dass wir bei den Anhörungen zu Paragraph 13 vor langer Zeit schon zusammen gesessen haben. Jetzt hat sich zufällig die Situation ergeben, dass wir über eine Richtlinie gegen die Diskriminierung diskutieren, endlich die Möglichkeit, ein Gesetz gegen die Diskriminierung durchzubringen, die alle nicht abgedeckten Gründe umfasst – Behinderung, Alter, Religion oder Weltanschauung und sexuelle Ausrichtung. Wir haben lange darauf gewartet. Hoffen wir also, dass wir eine große Mehrheit bekommen.

Ich führe lange schon Feldzüge zu Behinderung und Alter, wurde aber schon relativ früh davon überzeugt, dass wir niemanden zurücklassen dürfen. Wir durften nicht einfach mit einer Behindertenrichtlinie vorpreschen und dann mit einer Altersrichtlinie, weil ich dachte, die sexuelle Ausrichtung und Religion würden zurückbleiben. Deshalb forderte ich im Initiativbericht letztes Jahr eine einzige Richtlinie, mit der alle bislang nicht abgedeckten Bereiche abgedeckt werden sollten. Ich freue mich, dass das geschehen ist. Ich freue mich auch sehr, dass wir eine so große Mehrheit im Parlament für diesen Initiativbericht erreicht haben. Ich weiß von der Kommission und dem Rat, dass dies einer der Gründe war, warum sie dachten, es sei sicher, diesen Vorschlag zu unterbreiten. Deshalb müssen wir morgen für diesen Bericht eine sehr große Mehrheit zustande bringen.

Ich möchte mich auch noch ganz herzlich bei Kommissar Špidla bedanken. Ich habe ihm schon bei anderen Gelegenheit gedankt, aber ich möchte ihm meinen Dank im Plenum aussprechen, denn ohne seine Unterstützung und Hilfe glaube ich ganz ehrlich, dass wir diesen Vorschlag heute nicht auf dem Tisch liegen hätten. Also, Herr Kommissar, ein herzliches Dankeschön von vielen von uns, dafür, dass Sie hier Druck gemacht haben. Ich weiß, Sie haben selber viel Arbeit dafür aufgewendet.

Wir haben diesen Bericht durch den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres gebracht. Nun benötigen wir diese große Mehrheit. In der ganzen EU müssen alle gleich behandelt werden. Ein Rollstuhlfahrer oder eine von einem Blindenhund begleitete Person müssen in der Europäischen Union überall freien Zugang haben. Jemandem mit einer anderen sexuellen Ausrichtung muss es erlaubt sein, wo er will jedes Hotelzimmer zu benutzen und in jedem Hotel zu übernachten, wenn er in den Urlaub geht. Alle älteren Menschen müssen das Recht auf Zugang zum Gesundheitswesen erhalten, gleich wie alt sie sind. Menschen einer anderen Religion dürfen deswegen nicht diskriminiert werden.

Ich beschwöre alle von Ihnen, die mit Nein stimmen wollen, dies nicht zu tun. Das ist das Fundament der Europäischen Union. Wir wurden auf der Grundlage der Menschenrechte und Nichtdiskriminierung errichtet. Bitte stimmen Sie dafür.

 
  
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  Amalia Sartori, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit haben wir im Wesentlichen die Notwendigkeit beleuchtet, die Gleichbehandlung im Bereich der Gesundheit zu gewährleisten. Andere Bereiche wurden von anderen Ausschüssen und vor allem vom Berichterstatter und dem Kommissar bereits ausgezeichnet behandelt, so dass wir beschlossen, das Thema der Gesundheit zu klären.

In unserem ersten Schritt stellten wir die großen Ungleichheiten fest, die immer noch in den verschiedenen Mitgliedstaaten im Sinne des Zugangs zum Gesundheitswesen bestehen. Der Zugang zum Gesundheitswesen ist ein in Artikel 35 der Grundrechtecharta festgeschriebenes Grundrecht, und eine der Hauptaufgaben der öffentlichen Stellen in den Mitgliedstaaten besteht darin, für alle den gleichen Zugang zu einem hochwertigen Gesundheitswesen sicher zu stellen. Deshalb ist es, wenngleich wir uns der unterschiedlichen Zuständigkeiten der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten bewusst sind, für die EU wichtig, mit Leitlinien, aber auch mit Richtlinien, die wir mit der Zeit in Angriff nehmen und entwerfen, zusammen mit den Entschließungen und Verordnungen alles nur Mögliche zu unternehmen. Wir müssen sie, wann immer möglich, mit diesem wesentlichen Ziel an die Mitgliedstaaten weitergeben.

Die vom Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit hervorgehobenen Änderungsvorschläge haben konkret mit der Forderung von Programmen zur Förderung der Gesundheitskompetenz, weiterführenden Förderungsmaßnahmen im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen, im Kampf gegen die Verweigerung einer medizinischen Behandlung auf Grund des Alters, aber vor allem – und ich komme auf dieses Thema zurück – mit der Förderung des gleichberechtigten Zugangs zu hochwertigen Diensten in allen Mitgliedstaaten zu tun.

 
  
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  Lissy Gröner, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Kultur und Bildung. – (DE) Herr Präsident! Als Berichterstatterin im Kulturausschuss für die neue Antidiskriminierungsrichtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung begrüße ich den Vorschlag der Kommission sehr und bedanke mich ausdrücklich bei Kommissar Špidla.

Eurobarometerumfragen zeigen, dass etwa drei Viertel der EU-Bevölkerung hier Handlungsbedarf sehen. Der Kulturausschuss forderte Änderungen und Ergänzungen in drei Punkten: zunächst die Einbeziehung des Merkmals Geschlecht. Wir sind einverstanden mit den Kompromissen, die erzielt worden sind. Wir wollen Zugang zu Medien und Bildung sicherstellen und die Mehrfachdiskriminierungen regeln. Hier sind sehr gute Kompromisse erzielt worden.

Die SPE hat diese umfassende horizontale Richtlinie befürwortet. Wenn jetzt deutsche Konservative und Liberale die Richtlinie gänzlich ablehnen, dann reißen sie sich die Maske vom Gesicht. Sie wollen Homosexuelle weiter diskriminieren, sie wollen Propaganda betreiben. Extremisten, wie Scientology, brauchen nach der neuen Richtlinie nicht gefürchtet werden, auch weiterhin können Anzeigen abgelehnt werden oder Versammlungsräume verwehrt werden. Der Kulturausschuss sagt einstimmig ja zur horizontalen Rahmenrichtlinie.

 
  
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  Donata Gottardi, Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter.(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich ergreife das Wort, um über das positive Ergebnis im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter zu berichten, und das ist nicht zufällig, denn unser Ausschuss ist daran gewöhnt, bei Angelegenheiten der Gleichbehandlung, Chancengleichheit und dem Verbot der Diskriminierung eingehend zu untersuchen.

Die vom Ausschuss verabschiedete Stellungnahme enthält mehrere klare Botschaften, die hoffentlich aufgenommen werden, wenn der Text verabschiedet wird. Diese Richtlinie stellt nicht den Abschluss oder die Vervollständigung eines Zyklus dar. Wäre das der Fall, würde dadurch der Bereich der geschlechtlichen Diskriminierung geschwächt. Diese Richtlinie muss eine Gelegenheit sein, die Arbeit an der Richtlinie gegen die Diskriminierung wieder aufleben zu lassen, angefangen mit der Aufnahme von zwei neuen Konzepten, denen wir alle zustimmen: Mehrfachdiskriminierung, wenn zwei oder mehrere Risikofaktoren vorliegen, und Diskriminierung durch Assoziierung, die Menschen aus dem näheren Umfeld der direkt Betroffenen oder mit ihnen verbundene Menschen betrifft. Beide sind von wesentlicher Bedeutung für Frauen und für andere Gruppen. Diese Richtlinie muss einen Antrieb darstellen, um die nationale Gesetzgebung, vor allem in Ländern wie meinem, wo sich die Dinge noch umkehren müssen, zu verbessern.

 
  
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  Manfred Weber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (DE) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen, Herr Kommissar! Man traut sich ja fast schon keine Wortmeldung mehr zu machen. Man traut sich angesichts der Gesamtlage hier im Plenum schon gar keine Fragen mehr zu stellen. Natürlich ist jeder von uns gegen Diskriminierung, aber man traut sich ja schon gar nicht mehr, den Weg zu hinterfragen, den wir hier beschreiten, weil man sofort in eine Ecke gestellt wird.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Im Ziel sind wir uns doch einig, und das sollten wir uns bitte gegenseitig auch nicht absprechen. Wir streiten über den Weg, und der muss doch legitim diskutiert werden dürfen, auch von der EVP-Fraktion.

Zunächst stelle ich dem Kommissar die Frage: Wenn die alte Richtlinie, die bestehende Antidiskriminierungsrichtlinie, heute in zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht umgesetzt worden ist, wenn wir in zehn Mitgliedstaaten ein Vertragsverletzungsverfahren haben, ist es doch eine seriöse Fragestellung, warum wir dann heute eine Novellierung dieser Richtlinie brauchen, wenn die bestehende nicht einmal umgesetzt worden ist. Ist das eine seriöse Frage, die man stellen darf? Deswegen ist die Rückverweisung durchaus ein Argument, das man hier mit einbringen darf.

In der zweiten Fragestellung dürfen wir auch über die Inhalte reden. Zum Beispiel die Fragestellung, warum die Kirchen zu uns kommen, die beim Flüchtlingsschutz enge Partner der linken Seite waren. Die Kirchen, die früher eure Partner waren, kommen heute zu uns und sagen: Wir haben mit bestimmten Formulierungen Schwierigkeiten. Wenn die Medienleute kommen, die Zeitungsverleger, und sagen, sie haben Fragen, dann dürfen die doch seriös diskutiert werden. Wenn wir über Familie diskutieren, dann sagt der Kommissar, er möchte den Mitgliedstaaten keine Vorschriften machen. Aber natürlich betreiben wir mit der Richtlinie eine Harmonisierung durch die Hintertür. Und so weiter. Es gibt verschiedene Argumente, die man einbringen kann, die bei unserer Fraktion auf Sorge stoßen, auf nachdenkenswerte Sorge. Das darf man formulieren, auch wenn man engagiert gegen Diskriminierung kämpft.

Die Linke ist heute in diesem Haus sehr zufrieden mit sich, weil sie wieder in vielen Punkten neue Reglementierung aufbaut. Es darf deswegen die Frage erlaubt sein, ob uns denn der gesetzgeberische Ansatz schlussendlich wirklich so viele neue Vorteile für die Menschen bringt, die wir schützen wollen. Es gibt auch noch andere Grundwerte, die es wert sind, berücksichtigt zu werden. Zum Beispiel, wenn wir Privatverträge, wie die PSE das beantragt, mit hereinnehmen wollen, nicht nur gewerbliche Verträge, sondern auch Privatverträge, dann darf doch die Frage erlaubt sein, ob nicht auch die Vertragsfreiheit ein wichtiger Grundwert ist, den wir als Parlamentarier zu schützen haben.

Die EVP ist gegen Diskriminierung und wird immer dagegen kämpfen, aber über den Weg darf auch in diesem Parlament gestritten werden!

 
  
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  Emine Bozkurt, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Morgen werden wir die einmalige Gelegenheit haben, einen historischen Schritt im Kampf gegen die Diskriminierung zu tun, indem wir zu diesem Phänomen „Nein“ sagen. Gegenwärtig erleben wir eine ziemlich eigenartige Situation mit Unterschieden im Schutz vor Diskriminierung. Es gibt keine vernünftige Erklärung für die Tatsache, dass das Antidiskriminierungsgesetz einen schwarzen Homosexuellen über seinen Arbeitsplatz hinaus auf Grund seiner Hautfarbe schützt, aber nicht wegen seiner sexuellen Ausrichtung.

Morgen werden wir in der Lage sein, zu zeigen, dass das Europäische Parlament nicht länger die Diskriminierung auf Grund des Alters, einer Behinderung, der sexuellen Ausrichtung oder des religiösen Glaubens hinnimmt. Letztendlich gilt Europa für alle. Es ist inakzeptabel, dass jemand, der ein Auto oder eine Wohnung mieten möchte, auf Grund seiner bzw. ihrer Religion abgelehnt wird. Daneben müssen Rollstuhlfahrer in der Lage sein, Geldautomaten zu benutzen oder Zugang zu Zügen und Bahnhöfen erhalten, gleich wie alle anderen. Es gibt keine vernünftige Erklärung, wenn eine Bank es jemandem über 65 erlaubt, sein Konto mit Tausenden Euro zu überziehen, ihm aber kein bescheidenes Darlehen gewährt. Wir werden alle ein bisschen älter und, wenn wir darüber nachdenken, sehen wir, dass das Dinge sind, die uns nicht allzu spät auch selber betreffen werden.

Die Meinungsunterschiede haben die Verhandlungen sicher nicht einfach gemacht, aber wir können stolz auf das Ergebnis des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sein, dem sich darüber hinaus alle Parteien verpflichtet haben. Der Vorschlag ist angemessen und realistisch. Eventuell sind Anpassungen erforderlich, um Menschen mit einer Behinderung zum Beispiel den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen zu ermöglichen, aber das bedeutet, dass sie in der Lage sein werden, sich wieder aktiv an der Gesellschaft zu beteiligen. Diese Anpassungen stellen später keine unverhältnismäßigen Belastungen dar, außerdem wurde auch ein angemessener Zeitrahmen für die Umsetzung berücksichtigt. Die Anpassungen müssen nicht sofort ausgeführt werden; wir erwarten von den Mitgliedstaaten nicht, dass sie ihre Bahnhöfe sofort anpassen. Was wir aber von den Mitgliedstaaten verlangen ist, dass sie unmittelbar damit beginnen, die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung in künftigen Gebäuden und im Transportwesen zu berücksichtigen.

Außerdem kann ich nicht oft genug darauf hinweisen, wie wichtig dieser Bericht für die Bürger Europas – die Menschen, um die es hier geht – sein wird. Wir müssen bedenken, dass sich laut Eurobarometer 87 % der Europäer Maßnahmen gegen die Ursachen für Diskriminierungen unter dieser Richtlinie wünschen. Dazu gehören auch Ihre Stimmen, Herr Weber. Unsere Fraktion, die Sozialistische Fraktion im Europäischen Parlament, begrüßt die Vorschläge zum Kampf gegen die Mehrfachdiskriminierung, die nun Bestandteil dieses Berichts sind.

Können Sie sich vorstellen, dass sich eine schwarze Rollstuhlfahrerin diskriminiert fühlt? In sehr wenigen Ländern ist das Konzept der Mehrfachdiskriminierung bekannt. In den meisten Fällen, wenn Diskriminierungsfälle angezeigt werden, müsste diese Frau aus den möglichen Gründen für die Diskriminierung auswählen. Es ist wahrscheinlicher, dass mehrere Gründe miteinander verbunden sind und nicht nur ein Grund für die Diskriminierung vorliegt. Diese Frau muss die Chance erhalten, eine Beschwerde einzureichen, eine Entschädigung zu erhalten und Gerechtigkeit zu erfahren. Deshalb fordern wir das Parlament auf, diese wichtigen Bedingungen im Gedächtnis zu behalten.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten diese Richtlinie zu unterstützen. Mit ihr kann das Parlament klar und eindeutig die Aussage treffen, dass Diskriminierung nicht länger geduldet wird, und dass das Parlament den Rechten aller Bürger die gleiche Bedeutung zumisst. Lassen Sie uns diesen Schritt gehen.

 
  
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  Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich möchte beginnen, indem ich mein aufrichtiges Kompliment und Dank an den Berichterstatter Ausdruck verleihe, der eine ausgezeichnete Arbeit geleistet hat. Meine Fraktion freut sich, dass fast fünf Jahre nach dem Versprechen von Herrn Barroso endlich der Vorschlag einer Richtlinie auf dem Tisch liegt. Diskriminierung verstößt gegen die europäischen Verträge, die Grundrechtecharta der Europäischen Union und die europäische Menschenrechtskonvention. Aber Verträge, Konventionen und feierliche Erklärungen nutzen wenig vor Gericht. Den Bürgen Europas muss ein Instrument in die Hand gegeben werden, mit dem sie ihre Rechte geltend machen können.

Das, und nicht die Milchquoten, die Bestimmungen für das öffentliche Beschaffungswesen oder die Strukturfonds, sind die Existenzberechtigung der Europäischen Union, Herr Weber, ein europäischer Raum, in dem alle frei sind, ihr Leben nach eigenem Gutdünken zu gestalten. Ein einziger europäischer Raum, in dem alle vor dem Gesetz gleich sind, die gleichen Chancen in der Gesellschaft besitzen und respektvoll behandelt werden. Eine Richtlinie alleine wird nicht ausreichen, um das durchzusetzen, aber sie ist eine Voraussetzung. Diese Richtlinie ist für Europa als Gemeinschaft der Werte, und über Werte kann man nicht mit 27 Regierungen im Lauf der gewöhnlichen Kompromisse der nationalen Interessen verhandeln. Zusammen als Bürger legen wir die Werte fest, in einer offenen Debatte, und das Europäische Parlament ist dafür das geeignete Forum.

Ja, Herr Weber, einige Bereiche sind sehr sensibel, insbesondere der Grund der sexuellen Ausrichtung und Religion. Wir tragen Verantwortung gegenüber allen unseren europäischen Bürgern, aber wir dürfen nicht zulassen, dass Europa zu einer Farm der Tiere wird. „Alle Europäer sind gleich, aber einige Europäer sind gleicher als andere.“ Religions- und Gewissensfreiheit sind Grundrechte, für die es sich lohnt, auf die Barrikaden zu gehen. In einem freien Europa muss jeder die Freiheit besitzen, die eigenen Überzeugungen zu vertreten. Das ist der Grundstein der Demokratie. Religionsfreiheit darf aber nicht als Lizenz für die Diskriminierung anderer missbraucht werden.

Gestern hat die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte den zweiten Bericht zur Homophobie in Europa veröffentlicht. Es ist eine Schande, dass im Jahr 2009 Millionen Menschen in Europa immer noch Diskriminierung, Hass, Gewalt und sogar Mord fürchten müssen, nur wegen ihrer sexuellen Ausrichtung. Ich kann Herrn Weber versichern, dass das Eherecht in der nationalen Zuständigkeit liegt und auch weiterhin liegen wird; diese Richtlinie ändert daran nichts. Im Europa des 21. Jahrhunderts stellt ein Heiratsverbot auf Grund der Religion, ethnischen Herkunft oder sexuellen Ausrichtung aber eine Anomalie dar. Viele Menschen halten es für absolut akzeptabel, wenn die Regierung Ehen oder Lebensgemeinschaften zwischen zwei Erwachsenen des gleichen Geschlechts verbietet. Würden wir es aber auch für akzeptabel halten, wenn die Regierung – so wie es in der Vergangenheit der Fall war – die Ehe zwischen Juden und Nichtjuden, Katholiken und Protestanten, Weißen und Schwarzen verbieten würde? Das ist inakzeptabel.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie dringend, für diesen Bericht zu stimmen, im Interesse der Bürger, die wir alle vertreten. Kompromisse sind nie ideal, auch nicht für uns; aber wir müssen über unseren eigenen Schatten springen, wie Frau Buitenweg sagte.

Zum Schluss möchte ich den Rat auffordern, auch den Empfehlungen des Parlaments zu folgen. Es stimmt, dass jeder Mitgliedstaat seine eigenen Angelegenheiten hat, aber das Europäische Parlament hat gezeigt, dass die Differenzen überbrückt werden und wir bei den Rechten aller Bürger Europas eine Einigung erzielen können.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion.(PL) Herr Präsident! Die Europäische Kommission beharrt auf der Meinung, dass dieser Vorschlag nicht das Ziel hat, das Ehe- und Adoptionsrecht in den Mitgliedstaaten zu novellieren. Die Kommission erhebt den Anspruch, dass sie den rechtlichen Status der Kirche und religiösen Körperschaften für Pflege und Bildung nicht verändern möchte.

Der Buitenweg-Bericht aber geht in jeglicher Hinsicht weit über diese Grenzen hinaus. Er hebelt im Änderungsvorschlag 50 Sicherheiten für das nationale Familien- und Adoptionsrecht aus. Mit den Änderungsvorschlägen 12, 29 und 51 stellt der Bericht einen Angriff auf die Freiheiten der religiösen Bildungseinrichtungen dar. Der Änderungsvorschlag 52 des Berichtes untergräbt die Garantie der Freiheiten der religiösen Gemeinschaften selbst in den Mitgliedstaaten. Es ist überdeutlich, dass die Europäische Linke die europäische Integration auf eine einzige Angelegenheit reduzieren möchte. Sie ist in der Tat davon besessen, mit allen nur möglichen Mitteln die letzten homosexuellen Forderungen durchzusetzen. Das stellt den ernsthaftesten Angriff auf die Glaubwürdigkeit dieses Hauses dar, der jemals stattgefunden hat.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
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  Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich muss auf einer wesentlichen Tatsache bestehen. Das europäische Projekt wird nur dann glaubwürdig sein, wenn Europa als ein Ort wahrgenommen wird, in dem jede Art von Diskriminierung geächtet ist. Das ist die Grundlage für die heutige Aussprache.

Deshalb ist es für mich überraschend, dass einige meiner Kollegen, die in anderen Aussprachen so europafreundlich sind, komplett antieuropäisch werden, wenn es um die Rechte und Freiheiten geht.

Eine solche Haltung darf nicht toleriert werden. Es ist inakzeptabel, dass gegenwärtig jemand in der Europäischen Union unter Diskriminierung auf Grund einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, Behinderung, des Alters oder wegen seiner Weltanschauung oder Religion leidet, wie bereits erwähnt wurde. Das ist nicht das Europa, in dem ich leben möchte, und es ist mit Sicherheit nicht das Europa, in dem ich jeden Tag arbeiten möchte, in- und außerhalb dieses Hauses.

Aus diesem Grund bin ich der Meinung, der Vorschlag für eine Richtlinie war notwendig. Im Konzept und den Prinzipien ist sie gut. Vielleicht ist sie nicht so, wie ich oder viele von uns hier sie sich vorgestellt hätten, aber sie ist ein guter Ausgangspunkt. Ich hoffe, die Mehrheit stimmt für den Buitenweg-Bericht, so wie es auch meine Absicht ist, denn ich glaube, dass dies der richtige Weg ist. Ich bin aber auch sehr besorgt, ob der andere Punkt, bei dem es um die Umsetzung oder Neuumsetzung des Artikels 7(2) geht, verabschiedet wird. Diese Sicherheit ist ein wesentlicher Aspekt: alle Vereine und Organisationen, die im Bereich des Kampfes gegen die Diskriminierung arbeiten, müssen die Möglichkeit erhalten, Opfer von Diskriminierung zu vertreten und zu verteidigen. Wir müssen bedenken, dass diese Menschen zu den schwächsten Gruppen gehören und wir deshalb die Sicherheit benötigen, dass sie vertreten und ordnungsgemäß verteidigt werden.

 
  
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  Sylvia-Yvonne Kaufmann, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (DE) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich unserer Berichterstatterin, Frau Kathalijne Buitenweg, für ihre Arbeit danken. Bei ihr war gerade dieses Thema in sehr guten Händen.

Das Parlament hat die Richtlinie schon seit Jahren gefordert, und daher ist es in der Tat von grundlegender Bedeutung, dass sie noch vor Abschluss dieser Legislatur angenommen wird. Zugleich ist es außerordentlich wichtig, dass die Kommission baldmöglichst einen Vorschlag zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts einbringt, damit endlich die bestehende Hierarchisierung von Diskriminierungsgründen beendet wird. Ansonsten kann ich hier nur meine große Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, dass seitens der EVP mit Änderungsantrag 96 gefordert wird, den Diskriminierungsgrund der Weltanschauung vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuklammern. Also, werte Kolleginnen und Kollegen von der EVP, muss man Sie denn ernsthaft darauf hinweisen, dass die Rechtsgrundlage, auf der dieser Richtlinienvorschlag beruht – und zwar Artikel 13 EG-Vertrag – schon seit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages im Jahr 1999, d. h. seit 10 Jahren, geltendes Recht ist? Darf ich Sie daran erinnern, dass Artikel 13 alle dort erwähnten Diskriminierungsgründe unterschiedslos als gleichwertig ansieht? Und, verehrte Kolleginnen und Kollegen der EVP, Ihnen kann doch nicht entgangen sein, dass Artikel 10 der EU-Grundrechtecharta das weltanschauliche und religiöse Bekenntnis einer jeden Person als gleichwertig behandelt.

Wissen Sie, Herr Weber von der CSU, Ihre Argumente habe ich wohl gehört, nur muss ich Ihnen ganz klar sagen, diese sind weiß Gott uralt. Ihr Antrag 81, mit dem die gesamte Richtlinie abgelehnt werden soll, kommt offen gesagt mit einer beinahe schon zynischen Begründung daher, die Umsetzung der Richtlinie – so heißt es nämlich – sei – ich zitiere – „mit übermäßig viel Bürokratie verbunden“. Wissen Sie, Herr Weber, Menschen ihre Rechte vorenthalten zu wollen, noch dazu mit dieser Begründung, ist für mich absolut nicht nachvollziehbar, und ich hoffe, dass Ihr Antrag 81 morgen bei der Abstimmung im Plenum eine deutliche Zurückweisung erfährt. Die EU muss im Kampf gegen Diskriminierung in unserer Gesellschaft endlich einen weiteren Schritt nach vorne tun!

 
  
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  Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Dieses Haus tritt für die bürgerlichen Freiheiten ein, und eine davon ist die Bildungsfreiheit. Eine wichtige Freiheit ist die Wahl einer Schule für die Kinder durch die Eltern. Christliche Schulen und Einrichtungen in meinem Land entscheiden sich bewusst für eine Aufnahmepolitik im Sinne der Aufrechterhaltung der Identität der Schule.

In den Niederlanden besteht Spielraum für eine Aufnahmepolitik, die den Grundprinzipien der Schule entspricht. Es können Auflagen gemacht werden, die notwendig sind, um den Zweck der Schule und deren Grundprinzipien zu realisieren. Die Eltern können eine in diesem Sinne bewusste Schule aussuchen, in der die Bibel ernst genommen wird. Das ist eine Erweiterung der Religionsfreiheit und respektiert die Überzeugung der Eltern im Sinne der Bildungsinteressen ihrer Kinder.

Die Änderungsanträge 29 und 51 aber schränken diese Freiheit der Schulen ein, auf der Grundlage von Prinzipien diese Wahl zu treffen. Außerdem stimme ich mit dem Standpunkt von Herrn Weber und anderen überein. Dieser Vorschlag entspricht nicht dem Subsidiaritätsprinzip. Abgesehen von den verwaltungstechnischen Problemen, die an sich für mich schon Grund genug wären, den Vorschlag der Kommission abzulehnen. Ich werde gegen den Bericht von Frau  Buitenweg stimmen. Ich hoffe, dass andere Fraktionen auch zu sehen vermögen, dass hier ein ernsthafter Verstoß gegen die Freiheiten unserer Bürger vorliegt. Jeder, der die Wahlfreiheit der Eltern schätzt, wird nicht zulassen, dass diese Freiheit beschnitten wird.

 
  
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  Frank Vanhecke (NI).(NL) Herr Präsident! Berichte zur Antidiskriminierungsrichtlinie bringen immer das Schlechteste dieses Hauses ans Tageslicht; das ist besonders bedauernswert, da sie oft eine Menge gute Vorschläge und Ideen enthalten, um beispielsweise Menschen mit Behinderungen zu helfen. Das ändert aber nichts an der Substanz.

Der Änderungsantrag von Herrn Weber, Änderungsantrag 81, benennt aber die wesentlichen Punkte; dieser Vorschlag der Kommission ist nicht gut. Er muss vom Tisch, und das nicht nur, weil er viel zu viel Bürokratie mit sich bringt, sondern auch insbesondere, weil er wesentlich gegen das Subsidiaritätsprinzip verstößt. Leider wissen wir alle, dass dieser Änderungsantrag keine Chance hat, da dieses Haus sich nie eine Gelegenheit entgehen lässt, seine politisch korrekteste Seite zu zeigen, und sich immer für mehr Bürokratie und mehr Entscheidungsfindung über die Köpfe der europäischen Bürger hinweg entscheidet.

Abgesehen davon, abgesehen von dem Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip, enthält dieser Bericht auch zahlreiche Vorschläge, die direkt gegen grundlegende demokratische Prinzipien und Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verstoßen. Ein Beispiel ist der Änderungsantrag 54. Während der ganze Bericht ein großes Tamtam um die Diskriminierung von Menschen macht, verficht dieser Änderungsantrag die Diskriminierung auf Grund eines politisch nicht korrekten Glaubens, aber letztendlich ist es gerade das, was sich viele andere Aspekte dieses Berichts vornehmen.

Versteckt in einem Katalog von achtbaren Prinzipien und nur scheinbar guten Absichten verbirgt sich die Judikalisierung der politischen Korrektheit. Das hat nichts mit Antidiskriminierungsmaßnahmen zu tun, sondern sehr oft mit einer echten Gesetzesknebelung, um die Meinungsfreiheit noch weiter zu untergraben und eine Art von fortschreitendem Meinungsterrorismus noch weiter zu stärken. Diese grundlegende Frage besteht und bleibt bestehen: Was soll das denn noch mit Europa zu tun haben? Um Himmels Willen, lassen Sie doch den Mitgliedstaaten, was ihnen zusteht.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE).(DE) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wenn die Europäische Union manchmal als regulierungswütig empfunden und dann zu Recht kritisiert wird, liegt die Ursache ganz einfach in solchen Berichten, wie wir sie jetzt gerade diskutieren.

So sehr ich realistische Maßnahmen gegen jede Form von Diskriminierung unterstütze, so sehr muss ich hier angesprochene Punkte auch kritisieren, weil sie einfach nicht gerechtfertigt sind und nicht das gewünschte Ergebnis bringen.

Inakzeptabel ist der Punkt, der bereits angesprochen wurde, dass etwa kirchengebundene Schulen verklagt werden können, wenn sie Lehrer ablehnen, die nicht der Konfession entsprechen oder keine Konfession haben, oder dass Versicherungen, wenn sie eine Risikoabschätzung machen, verklagt werden können, wenn es eine Unterscheidung aufgrund des Alters oder auch des Geschlechts gibt, oder dass die Gefahr besteht, dass gleich alle Wohnungen barrierefrei gebaut werden müssen. Ja, meine sehr geehrten Kollegen, da kommen wir dort hin, dass wir nicht mehr den Behinderten tatsächlich Unterstützung gewähren, sondern dass alle Wohnungen nicht mehr leistbar werden! Anstatt Hilfe für Behinderte nicht leistbare Wohnungen für alle – das kann doch nicht der Wunsch sein, den wir hier haben. Oder die Kritik an der Beweislastumkehr. Wenn ich mir vorstelle, dass ich als Abgeordneter mit 25 Bewerbern für eine Assistentenstelle bereits bei einem Anschein von Diskriminierung oder bei einem Gefühl von Diskriminierung geklagt werden kann, dann komme ich überhaupt nicht mehr zum Arbeiten, sondern kann mich nur mehr mit den notwendigen Beweisen herumschlagen, die ich dann erbringen müsste, nur weil vis-a-vis das Gefühl besteht, obwohl ich in keinerlei Form diskriminiert habe.

Hinzu kommt noch die Unbestimmtheit vieler Begriffe. Insgesamt ist dieses Merkblatt, das an die Öffentlichkeit gelangt ist, bereits eine Vorleistung auf diese Richtlinie, wo man zu diskutieren beginnt, ob wir die Begriffe Frau und Fräulein noch verwenden dürfen, oder ob wir alle Begriffe, die mit einem „-mann“ enden wie Staatsmann oder Sportsmann auch eliminieren müssen, weil das Ganze doch diskriminierend sein könnte.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das ist Unfug, was hier teilweise verlangt wird! Daher werde ich gegen diesen Bericht stimmen.

 
  
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  Martine Roure (PSE).(FR) Herr Präsident! An erster Stelle möchte ich mich bei unserer Berichterstatterin bedanken, insbesondere für ihre Arbeit und das letztendlich erreichte Ergebnis.

Artikel 13 des Vertrags ist unser Grundstein, und ich muss betonen, dass die Mitgliedstaaten in der Lage sind, einen höheren Schutzgrad zu gewährleisten. Es ist nur eine Frage der Mindeststandards und, wie ganz klar gesagt werden sollte, es kann nicht angehen, dass der gegenwärtige Schutzgrad in einzelnen Mitgliedstaaten auf der Grundlage dieser neuen Richtlinie gesenkt werden soll. Denn, um noch präziser zu sein, einige Mitgliedstaaten besitzen bereits einen sehr hohen Schutzgrad; solche Fälle gibt es wirklich.

Die Nichtdiskriminierung ist ein Grundrecht für jeden in der Europäischen Union. Aber, gleich ob wegen des Aussehens einer Person oder nur wegen ihrem Nachnamen, stellen wir fest, dass Diskriminierung immer noch zu oft besteht.

In Bezug auf Menschen mit Behinderungen müssen wir sicherstellen, dass sie nicht länger diskriminiert werden, weil sie einen Rollstuhl benutzen, da der Zugang zu vielen Orten noch zu schwierig ist. Die Verbesserung der europäischen Gesetze ist eine Voraussetzung für den Kampf gegen die Diskriminierung – ich wiederhole, eine Voraussetzung. Wir brauchen diese Gesetzgebung.

Unsere Kinder erleiden von klein an für sie traumatisierende Diskriminierungen, und sie tragen diese Last der Diskriminierung während ihres ganzen Lebens. Ich muss Sie insbesondere auf die Mehrfachdiskriminierung hinweisen. Die Kommission hat dieses Thema nicht in ihren Vorschlag aufgenommen. Deshalb schlagen wir eine präzise Definition dieser Diskriminierungsarten vor.

Es ist einfach von grundlegender Bedeutung, dass wir die gesetzlichen Bestimmungen stärken, um die Gleichbehandlung ungeachtet der Unterschiede umzusetzen. In diesem Sinne fordern wir die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Förderung der Gleichbehandlung und Chancengleichheit unabhängig von Religion, Behinderungen, Alter oder sexueller Ausrichtung zu treffen.

Abschließend muss ich hinzufügen, dass wir für das Jahr 2010 hoffen, dass ein Kommissionsvorschlag vorgelegt wird, in dem geschlechtliche Diskriminierung auf dasselbe Niveau gestellt wird, denn dadurch würde jegliche Hierarchie der Rechte beendet.

 
  
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  Gérard Deprez (ALDE).(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie meine Vorredner möchte ich mich zuerst bei unseren beiden Berichterstatterinnen Frau Buitenweg und Frau Lynne für ihre ausgezeichnete Arbeit in einem, wie ich es betonen möchte, Umfeld der verbesserten Zusammenarbeit bedanken.

Auch wenn ich mich persönlich sehr stark auf der gleichen Linie bewege, wie die von Frau Lynne vertretene allgemeine Haltung, möchte ich die Intelligenz, Offenheit und den Versöhnungsgeist begrüßen, den Frau Buitenweg im Laufe der Diskussionen in unseren Ausschüssen an den Tag gelegt hat, um zu versuchen, letztendlich einen ausgewogenen Bericht zu erstellen, der von einer großen parlamentarischen Mehrheit unterstützt wird. Ich hoffe, sie hat Erfolg, und dass die radikalsten Elemente auf der einen und, ich denke gelegentlich auch auf der anderen Seite, sich bei der Beeinträchtigung der Abstimmung nicht durchsetzen werden.

In diesem Sinne – und lassen Sie mich betonen, dass ich nicht als Linksfanatiker bekannt bin – muss ich sagen, dass ich vom Änderungsantrag von unserem Kollegen Herrn Weber, den ich und viele andere respektieren, überrascht und zugleich erschreckt bin. Herr Weber, ich habe Ihrer Rede zugehört, und keines Ihrer Argumente schien mir eine intellektuelle Grundlage zu besitzen. Sie haben Fantasien vorgetragen, Sie haben keine Gründe angeführt.

Liest man die Begründung Ihres Änderungsantrags, kann man nur entsetzt sein über ihre Schwäche: Ablehnung des Kampfes gegen die Diskriminierung aus Angst vor übermäßiger Bürokratie. Wenn Sie versuchen, diesen Vorschlag zu einem Konflikt zwischen der Rechten und Linken zu machen, dann liegen Sie falsch. Der Kampf gegen die Diskriminierung ist nicht eine Frage von rechts oder links, es ist eine Frage des Humanismus und der Einhaltung der Grundrechte.

(Beifall)

Deshalb hoffe und glaube ich, dass Sie morgen eine Niederlage erleben werden.

 
  
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  Sebastiano (Nello) Musumeci (UEN).(IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Jede Initiative, deren Ziel der Kampf gegen die Diskriminierung jeglicher Art ist, muss unterstützt werden. Jüngere Statistiken zeigen, dass in Europa, wo die Gesellschaft so fortgeschritten ist, eine Mehrheit der Bürger angibt, sie hätten Diskriminierung erlitten. Deshalb darf niemand gleichgültig bleiben. Das Konzept an sich bleibt aber so weitgefasst und abstrakt, dass eine gewisse Klärung wünschenswert wäre.

Vorbehaltlich der Grundrechte des Menschen, die nicht in Frage gestellt werden können, müssen wir die Hoheit der einzelnen Mitgliedstaaten anerkennen, ihre gesetzlichen Bestimmungen im Sinne der uralten Traditionen, Zivilisationen und Kulturen zu regeln. Ein Eingriff dieser Art ist fast immer ein Fall von Identitätserhalt einer Bevölkerung. Erlauben Sie mir, Ihnen ein Beispiel im Zusammenhang mit der sexuellen Ausrichtung zu geben: Es ist meine persönliche Meinung, aber ich glaube, die Menschenwürde muss unabhängig von den sexuellen Vorzügen gewährleistet sein. Die Homosexualität ist eine Option, die der Privatsphäre angehört, und darf auf keinen Fall bestraft, aber auch nicht geschützt werden. Die Meinungsfreiheit: Wo beginnt der Schutz vor einer direkten oder indirekten Diskriminierung, und wo endet er? Religionsfreiheit: In der Schule meiner Nichte gab es dieses Jahr zum ersten Mal kein Krippenspiel. Der Schulleiter verbot es, weil Kinder mit anderem religiösen Glauben anwesend waren. Da es sich bei dem Krippenspiel mehr um eine kulturelle Veranstaltung als um eine Glaubensdemonstration handelt, wurde hier meiner Meinung nach durch den Wunsch, eine Art der Diskriminierung zu vermeiden, eine andere geschaffen. Die Religion anderer Menschen zu respektieren bedeutet nicht, Herr Präsident, dass wir uns für unsere eigene schämen müssen!

Deshalb – und damit komme ich zum Schluss – fürchten wir, dass dieser Vorschlag einer Richtlinie dazu tendiert, den Extremismus unnötig umzukehren, und es kann sein, dass das Heilmittel schlechter ist als das ursprüngliche Problem.

 
  
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  Elisabeth Schroedter (Verts/ALE).(DE) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Richtlinie werden endlich die Lücken im Antidiskriminierungsrecht geschlossen. Und damit wird die Europäische Union ihren internationalen Verpflichtungen zum Schutz der Menschenrechte und auch ihren Verpflichtungen im Rahmen der UN-Konvention zur Anerkennung der Rechte von Menschen mit Behinderungen gerecht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Christdemokraten, Ihre Argumente gegen die Richtlinie sind populistisch und irreführend! Mit welchem Recht verweigern Sie Menschen mit Behinderungen den uneingeschränkten Zugang zu Bildung, oder älteren Menschen die gleichberechtigte Behandlung bei Versicherungen und Finanzdienstleistungen? Was haben Sie für ein Menschenbild?

Die uneingeschränkte gesellschaftliche Teilhabe ist ein Menschenrecht. Deshalb werden wir für diese Richtlinie und für gleiche Chancen für alle kämpfen. Es ist aus meiner Sicht zutiefst menschenunwürdig von Diskriminierungsopfern zu verlangen, dass sie ihre Diskriminierung erst beweisen müssen. Wenn Sie, liebe Kollegen von der EVP, die Beweisverschiebung streichen wollen, stellen Sie für einige Gruppen das individuelle Grundrecht auf Schutz ihrer menschlichen Würde in Frage. Das ist für uns inakzeptabel. Wir wollen eine Gleichheit für alle im Diskriminierungsschutz, und dafür werden wir Grünen kämpfen. Wir lassen nicht zu, dass das Menschenrecht zum Spielball von populistischer Panikmache wird. Ich sage hier voraus, dass Sie morgen verlieren werden! Die Mehrheit des Saales wird für das Menschenrecht auf Schutz vor Diskriminierung stimmen. Das ist sicher!

 
  
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  Jim Allister (NI). – Herr Präsident! Ich werde gegen diesen Bericht und die vorgeschlagene Richtlinie stimmen, und das aus drei Gründen. An erster Stelle stimme ich nicht mit dem Glauben überein, dass die EU und nicht die nationalen Regierungen die Gesetze zu diesen Angelegenheiten bestimmen soll. Ich bin der Ansicht, jeder Mitgliedstaat ist der beste Ort, um zu beschließen, ob solche gesetzliche Bestimmungen zu verschärfen sind. Wenn es überhaupt irgendwann einmal ein Problem mit der Subsidiarität gegeben hat, dann muss es dieses sein.

Mein zweiter Grund ist, dass das neue Vergehen der Belästigung die alarmierende Aussicht birgt, dass in der Tat das Recht auf freie Meinungsäußerung und Religionsfreiheit, insbesondere, wenn sie eine christliche Botschaft verbreiten, beschnitten werden soll.

Christen, die das Evangelium predigen, beispielsweise auf einem öffentlichen Platz, an dem sich Menschen anderer Glaubensrichtungen aufhalten und die dies als Verstoß und Angriff auf ihre Würde anklagen, könnten gegen dieses Gesetz verstoßen. Ähnlich verhält es sich, wenn eine biblische Annäherung an die Homosexuellenehe verteidigt und gefordert wird; hier könnten streitsüchtige Aktivisten der Schwulenrechte einen Verstoß anführen.

Der dritte Grund ist, dass die Maßnahmen in der Richtlinie unverhältnismäßig und unausgewogen sind. So zwingt sie beispielsweise christliche Drucker einen Auftrag anzunehmen, mit dem Material gedruckt werden soll, das gegen ihren religiösen Glauben verstößt, obwohl es ihnen freigestellt sein müsste, ihr Geschäft gemäß ihrem Gewissen zu leiten.

Ohne wesentliche Ausgleichsmechanismen wird diese Richtlinie zu einem Instrument, das tatsächlich Diskriminierung erzeugt. Folglich ist es für mich eine nicht notwendige Richtlinie, die gegen Grundrechte, insbesondere der Menschen mit Glauben und Bewusstsein verstößt und zeigt, dass das alles zu weit geht, eine Einmischung darstellt und innerhalb der EU verbohrt ist.

 
  
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  Nicolae Popa (PPE-DE). (RO) Die Initiative der Kommission zur Ausdehnung der Anwendung des Gleichbehandlungsprinzips auf andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens unter Verwendung einer globalen Richtlinie, mit der die Diskriminierung außerhalb des Arbeitsplatzes auf Grund von Behinderungen, Alter, Religion oder Glauben und sexueller Ausrichtung geächtet werden soll, muss prinzipiell in der Lage sein, das Gesetzespaket der Antidiskriminierung zu vervollständigen. Die Einführung des Konzepts der Mehrfachdiskriminierung und die besondere Beachtung der Rechte von Behinderten stellen einen Schritt nach vorne dar.

Dieser Vorschlag einer Richtlinie ist aber trotzdem eine heikle und umstrittene Angelegenheit. Der Gesetzestext muss das Gleichgewicht zwischen der Zuständigkeit der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten aufrecht erhalten, indem der Anwendungsbereich eindeutig definiert wird. Aspekte des Familienrechts, einschließlich des Personenstandes, der Reproduktions- und Adoptionsrechte, dürfen nicht zum Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie werden, eine Tatsache, die zweifelsfrei im Gesetzestext klargestellt werden muss. Die Verwendung der Institution der Ehe darf auf keine andere Art und Weise akzeptiert werden, als im christlichen Sinn. Eine andere gesetzlich zugelassene Bezeichnung kann für andere Partnerschaften gesucht werden.

Außerdem muss das Subsidiaritätsprinzip eingehalten werden in den Angelegenheiten, die mit dem Erziehungsinhalt und der Organisation der nationalen Bildungssysteme zu tun hat, einschließlich der Konfessionsschulen. Die Europäische Volkspartei hat immer die Förderung der Unterschiedlichkeit als wichtiges Ziel der Europäischen Union und im Kampf gegen die Diskriminierung gefordert. Leider enthält der Text Bestimmungen, die vom Standpunkt der religiösen Doktrin inakzeptabel sind.

Paradoxerweise versucht die Linke auf diese Art zu diskriminieren. Tatsächlich werde ich diskriminiert, nur weil ich ehrlich an Gott glaube.

 
  
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  Michael Cashman (PSE). - Herr Präsident! Es war eine interessante Debatte, und sie wäre komisch, wenn sie nicht so tragisch wäre. Das Meiste, was ich heute Nachmittag von der Opposition gehört habe, ist, glaube ich, ehrlich gefühlt und geglaubt, beruht aber nicht auf Tatsachen und auch nicht auf dem uns vorliegenden Text. Nichts in diesem Bericht untergräbt die Subsidiarität oder die Verhältnismäßigkeit. Wenn dem so wäre, dann würde es vom Ministerrat berichtigt. Deshalb fordere ich Sie selbst jetzt auf, dafür zu stimmen und es dem Ministerrat möglich zu machen, das Richtige zu tun und sicher zu stellen, dass die Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität gewahrt bleiben.

Herr Weber, Europa ist aus den Werten des Zweiten Weltkriegs geboren worden – eine Entscheidung, von der wir uns nie wieder abwenden dürfen, während die eine oder andere Personengruppe zur Zielscheibe oder zum Sündenbock gemacht und in Konzentrations- oder Arbeitslager abgeführt wurde. Eine Entscheidung, dass es keine Hierarchie der Unterdrückung mehr geben würde. Und trotzdem möchten Sie, traurigerweise, ein Europa haben, das nicht auf diesen ehrbaren Werten beruht, ein Europa, das glaubt und respektiert, dass alle Menschen gleich geboren werden. Wer sich dagegen stellt, muss sich vor seinem Gewissen, seiner Religion und vor seinen Wählern verantworten, warum er glaubt, dass manche Menschen anders behandelt werden sollen, dass sie keine Gleichberechtigung erfahren sollen.

Ich habe das Glück hier zu stehen, als schwuler Mann – und wenn ich für mich beschlossen habe, schwul zu sein, ist es nicht interessant, dass jemand anderes offensichtlich für sich bestimmt, heterosexuell zu sein? – Kampf für die Gleichstellung, nicht nur für schwule Männer und Lesben und Bisexuelle und Transgender, sondern für Menschen auf Grund ihres Alters, ihrer Religion, ihres Glauben, ihres Geschlechts, alles, was als Unterschied wahrgenommen wird und verwendet werden könnte, um ihnen die Gleichberechtigung zu nehmen. Ich glaube, die Feuerprobe für jede zivilisierte Gesellschaft ist nicht, wie wir eine Mehrheit behandeln, die interessanterweise aus vielen unterschiedlichen Minderheiten besteht. Die Feuerprobe jeder zivilisierten Gesellschaft ist, wie Ihnen die Menschen auf der Zuhörertribüne bestätigen können, nicht, wie wir die Mehrheit behandeln, sondern wie wir mit den Minderheiten umgehen, und gegenwärtig versagen dabei auf traurige Art einige Mitgliedstaaten.

Shakespeare sagte brillant: „Was Menschen Übles tun, das überlebt sie. Das Gute wird mit ihnen oft begraben.“ Schauen Sie sich selbst an, stellen Sie sich vor, Sie wären anders – hätten eine andere Religion, einen anderen Glaube, ein anderes Alter, eine andere sexuelle Ausrichtung – wäre es richtig, wenn Ihnen die Menschenrechte genommen würden? Die Antwort darauf muss „Nein“ lauten. Nun hat dieses Haus die Gelegenheit, zu tun was richtig, gerecht und gut ist.

 
  
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  Der Präsident. – An dieser Stelle der Debatte wird Herr Špidla das Wort ergreifen. Er wird Ihnen die Gründe dafür besser erläutern können als ich. Ich erteile ihm unverzüglich das Wort.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) In wenigen Minuten muss ich bei den Verhandlungen der Arbeitszeitrichtlinie anwesend sein, und Sie sind sicher meiner Meinung, dass ich dabei nicht fehlen darf.

Meine Damen und Herren! Ich habe der Debatte zu diesem Bericht zugehört, und ich muss sagen, dass ich mit einer gewissen Gemütsbewegung zugehört habe, weil sie die wesentlichen Elemente und die enorme Tiefe dieses Problems ausdrückt. Die Grundfrage ist: Was verteidigt diese Richtlinie? Diese Richtlinie verteidigt die Menschenwürde. Wir dürfen nicht glauben, dass es ein geringerer Verstoß gegen die Menschenwürde ist, wenn jemand beispielsweise auf Grund einer Behinderung diskriminiert wird als wegen des Alters. Wir sprechen von der Menschenwürde, und die ist für alle gleich.

Ich muss sagen, dass diese Richtlinie organisch und nach einer tiefgehenden Debatte im Parlament und unzähligen Debatten auf Ausschussebene der Kommission unterbreitet wurde. Somit handelt es sich um eine Richtlinie, die gut durchdacht ist und eine entschlossene und klare Annäherung an Werte ausdrückt.

In der Debatte wurde auch gesagt, dass die Nichtdiskriminierung auf Werten beruht, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg angewendet und erfahren haben. Gleich, ob es stimmt oder nicht, dass wir nach dem Zweiten Weltkrieg ein tieferes Bewusstsein für die Bedeutung und das wesentliche Gewicht gewisser Werte entwickelt haben, diese Werte besitzen tiefe historische Wurzeln. In der Antike gab es das grundlegende Konzept der Gleichheit der Menschen nicht. Das Konzept wurde zum ersten Mal von der christlichen Religion formuliert. Ich erinnere mich gut an eine Enzyklika oder eine päpstliche Bulle aus dem 9. Jahrhundert unter dem Namen Oriente ian sole mit der eindeutigen Aussage: „Ist es nicht wahr, dass die Sonne für alle gleich scheint?“ Ab diesem Zeitpunkt wurde das Konzept im Laufe der gesamten Geschichte wiederholt.

Natürlich enthielt die Debatte viele Fragen technischer Art oder von offensichtlich geringerer Bedeutung als die Fragen, über die wir soeben gesprochen haben. Ich möchte diese ansprechen. Die erste Frage ist die Entstehung von sinnloser zusätzlicher Bürokratie. Ich denke, das kann aus einem einfachen Grund verneint werden. Die Richtlinie macht keine neuen Strukturen oder neue bürokratische Stellen erforderlich. Die Richtlinie erweitert nur die Anwendung von dem, was bereits vorhanden ist, so dass es auf keinen Fall zu mehr Bürokratie kommt.

Es gab auch die offene Frage der Subsidiarität. Diese Frage wurde mit außerordentlicher Sorgfalt beleuchtet, weil es sich um eine grundlegende Frage handelt. Artikel 13 des Vertrags ist eindeutig. Er schafft eine solide Rechtsgrundlage, und eine Richtlinie, die auf dieser Rechtsgrundlage aufbaut, steht nicht im Widerspruch zum Subsidiaritätsprinzip.

Ein anderes Grundprinzip dieser Richtlinie ist beispielsweise die Frage der Umkehrung der Beweislast. Diese Frage wurde in früheren Richtlinien bereits gelöst, so dass sie in diesem Fall auch keine Neuentdeckung ist. Aber ich möchte etwas zur Beweislast sagen. Ziel dieser Richtlinie ist die Stärkung der Möglichkeiten von Einzelpersonen, sich selber zu verteidigen. Das ist das Hauptziel. Das wäre aber ohne Umkehrung der Beweislast nicht möglich. Unabhängig vom Umstand, dass in vielen Rechtssystemen die Beweislast aus vergleichsweise wesentlich unbedeutenderen Gründen bereits umgekehrt ist. Ein klassisches Beispiel für die Umkehrung der Beweislast ist die so genannte Vaterschaftsvermutung, und es gibt noch viele andere Beispiele.

In der Debatte wurde auch gesagt, einige der Bestimmungen seien zu offen. Meine Damen und Herren, die meisten Verfassungsbestimmungen sind offen und bedürfen einer Auslegung unter bestimmten Voraussetzungen. Ich erinnere zum Beispiel an die deutsche Verfassung mit der Aussage „Eigentum verpflichtet“. Dabei handelt es sich um eine typische offene Formulierung, die mit der Zeit in verschiedenen konkreten Fällen neu definiert wird.

Meine Damen und Herren, es wurde etwas übertrieben von den potenziell hohen Kosten gesprochen, insbesondere im Zusammenhang mit den körperlich Behinderten. Ich kann feststellen, dass die Richtlinie nicht fixe oder konkrete Angelegenheit vorgibt, sondern von der angemessenen Konformität spricht, und ich kann auch feststellen, dass, wenn die angemessene Konformität von Anfang an angewendet wird, es großteils keine übermäßig hohe Kosten geben wird. Ich muss sagen, dass, wenn wir potenziell höheren Kosten im Bereich der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, wo wir Menschenleben schützen, als angemessen betrachten, dann gibt es meiner Meinung nach auch höhere Kosten, die mit dem Schutz der Menschenwürde zu tun haben – obwohl ich nicht glaube, dass sie wesentlich höher sein werden – im Verhältnis zum zu schützenden Interesse, denn die Gleichbehandlung und Menschenwürde, meine Damen und Herren, sind Interessen, die in den Vertrag eingearbeitet wurden, und sind Interessen, die wir mit aller Kraft verteidigen müssen.

Meines Erachtens gibt es nichts Bedeutenderes für die Europäische Union als das Konzept der Nichtdiskriminierung. Auch wenn ich Verfechter des Binnenmarktes bin und viele andere Bereiche der europäischen Politik unterstütze, glaube ich, dass das Konzept der Chancengleichheit und der Nichtdiskriminierung das grundlegendste Fundament überhaupt ist.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE). – Herr Präsident! Es stimmt wirklich, dass wir das komplizierte Gesetzes-Patchwork abschließen, so dass verschiedene Menschen vor Diskriminierung in unterschiedlichen Situationen geschützt werden, zu Gunsten von einheitlichen Gleichstellungsbedingungen. Die Frau, der ein Bankdarlehen verweigert wird, der Behinderte, dem der Zugang zu einem Gebäude unmöglich ist, der schwule Mann, dem eine Unterbringung nicht gewährt wird, ein Farbiger, der aus einem Club verwiesen wird, und so weiter, müssen alle auf der Grundlage ähnlicher Prinzipien geschützt werden.

Ich möchte nur zwei Angelegenheiten ansprechen. Eine hat mit dem Schutz vor Belästigungen zu tun. Im Text steht mit Recht eindeutig, dass die Schaffung einer für eine Einzelperson einschüchternden Umgebung ausgeschlossen ist, wenn sie nicht als Verstoß gegen eine Gruppe wahrgenommen wird. Es ist wichtig, bei dem Erhalt der Meinungsfreiheit sehr entschieden zu sein, die wirksam mit einer vom Parlament eingefügten Anmerkung hervorgehoben wird.

Bezüglich des Glaubens in den Schulen unterstütze ich vollkommen das Recht der Eltern, dass ihre Kinder nach den Prinzipien eines bestimmten Glaubens erzogen werden, solange dieser Glauben selber nicht diskriminierende und benachteiligende Haltungen verbreitet. Aber wir dürfen nicht die Schaffung von Ghettos dulden, in denen nur Kinder eines bestimmten Glaubens in eine Schule aufgenommen und andere ausgeschlossen werden. Der Text der Kommission erlaubt den diskriminierenden Zugang, und ich bin nicht davon überzeugt, dass der Änderungsantrag 51 das Problem löst. Ich werde wahrscheinlich gegen beide stimmen.

 
  
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  Rihards Pīks (PPE-DE).(LV) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass jemand in dieser Kammer für die Diskriminierung ist. Ich glaube vielmehr, dass die Menschen in diesem Parlament gegen die Diskriminierung sind. Dieses Dokument – dieser Vorschlag einer Richtlinie des Rates – enthält zweifelsohne zahlreiche treffliche Vorschläge, aber ich glaube, viele der aufgenommenen Vorschläge basieren auf einer christlichen Betrachtung und der christlichen Religion. Ich möchte sagen, dass eine Richtlinie nicht das erreichen kann, was in einem langen Bildungsprozess zu erreichen ist, denn das ist eine Frage der Ethik und der Haltung. Mehr noch, wenngleich diese Richtlinie oder dieser Vorschlag einer Richtlinie viele gute Dinge enthält, gibt es verschiedene Stellen, an denen sie viel zu weit geht. Bei diesen Punkten werden tatsächlich durch das Schaffen von Chancen für eine Personengruppe die Chancen einer anderen Gruppe geschmälert. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass eine Reihe von Punkten die Gelegenheit zur Einmischung in den privaten Bereich schafft, und das geht gegen unsere Grundwerte. Daneben hören wir jetzt, wo die Wahlen näher rücken, verstärkt Fragen, aber auch Kritik, von unseren Wählern. Ich denke, das Gleiche geschieht in Ihren Ländern. Die häufigste Kritik, die wir zu hören bekommen, ist, dass wir zu viel von Brüssel aus regulieren, zu viele Einschränkungen und zu viel Bürokratie schaffen. Deshalb sollten wir versuchen, Verstöße gegen die Subsidiarität oder die Einführung von übermäßigen Einschränkungen zu vermeiden. Ich glaube, dieses Dokument sollte noch einmal überdacht werden.

 
  
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  Inger Segelström (PSE).(SV) Herr Präsident! Ich möchte mich zuerst bei Frau Buitenweg, Frau Bozkurt, Herrn Cashman und anderen für einen wirklich ausgezeichneten Bericht bedanken. Gleich wie viele andere bin ich überrascht und schockiert vom Vorsitzenden und Sprecher der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten, Manfred Weber, der im Änderungsantrag 81 vorschlägt, das Parlament soll den Vorschlag der Richtlinie ablehnen, weil er gegen das Subsidiaritätsprinzip verstößt und unverhältnismäßig viel Bürokratie mit sich bringt, laut der schwedischen Übersetzung. Kommissar Špidla hat das bereits kommentiert.

Ich bin sicher, dass alle Frauen mit einer Behinderung und alle anderen Gruppen, die bei dem Schutz der Menschenrechte der Bürger auch auf ihre Gruppen auf das Europäische Parlament zählen, zutiefst enttäuscht sind, dass die Verantwortlichen der EVP-DE-Fraktion die Menschenrechte mit Bürokratie vergleichen. Deshalb rufe ich das ganze Haus auf, morgen gegen den Änderungsantrag 81 der EVP-DE-Fraktion zu stimmen. Ich halte es auch für wichtig, dass Frauen nicht länger von Versicherungsunternehmen diskriminiert werden, nur weil sie Frauen sind und älter werden, da sie als Gruppe gesünder sind und länger leben als die Männer. Ich hoffe, das Parlament hat den Mut, klar zu stellen, dass die mit Steuergeldern finanzierte Bildung für alle gilt. Die Religion ist mit Sicherheit wichtig für viele Europäer, und ich respektiere das, aber wir leben in einer säkularen Gesellschaft.

Nein, Herr Weber, Ihre Marktfreiheit ist nicht so wichtig, wie die grundlegenden Menschenrechte der Bürger. Fragen Sie die Bürger der EU – sie sind weiser und auf dem neueren Stand als die Mitglieder der EVP-DE-Fraktion. Die an uns gestellten Erwartungen sind hoch, und ich hoffe, dass alle den Mut haben, morgen dafür zu stimmen und nicht dagegen, wie Sie es gefordert haben.

 
  
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  Jeanine Hennis-Plasschaert (ALDE).(NL) Herr Präsident! Ich möchte beginnen, indem ich mich bei der Berichterstatterin bedanke. Es kann nicht oft genug gesagt werden, sie hat eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Es war keine einfache Aufgabe. Einige Kollegen scheinen sich besonders schnell angegriffen zu fühlen.

Der Ausgangspunkt für diese Richtlinie ist glasklar: Gleichbehandlung für absolut jeden – homosexuell oder heterosexuell, Frau oder Mann, alt oder jung, schwarz oder weiß, behindert oder nicht, religiös oder humanistisch, und so weiter. Sein Recht ist ihr Recht, Herr Weber, unsere Rechte sind ihre Rechte und Ihre Rechte sind unsere Rechte. Das, Herr Vanhecke – der allerdings die Debatte wieder verlassen hat –– hat nichts mit der so genannten politischen Korrektheit zu tun.

Die Schattenberichterstatter und die Berichterstatterin selbst haben große Bemühungen unternommen, um diesen Kompromiss zu erreichen, einen Kompromiss, den die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten auch hätten unterstützen können. Niemand hält den Text für fehlerfrei, aber ich kann nur hoffen, dass eine beachtliche Mehrheit der EVP-DE-Fraktion morgen bei der Abstimmung zur Vernunft kommt.

Ich stehe voll und ganz für die Religionsfreiheit, aber, Herr Weber, Sie zeigen eine gewisse Unverfrorenheit, wenn Sie sich selbst über die anderen erheben und mit der Hand auf der Bibel die Chancengleichheit als sinnlose Bürokratie behandeln.

 
  
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  Der Präsident. – Meine Damen und Herren, Herr Barrot vertritt Herrn Špidla im letzten Teil dieser Debatte.

 
  
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  Mario Mauro (PPE-DE).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kern einer Nichtdiskriminierungsstrategie besteht letztendlich aus folgender Aussage: Die Person kommt immer zuerst. Wir berücksichtigen die Person, bevor wir den Umstand berücksichtigen, dass er oder sie in gewisser Weise anders ist – zum Beispiel behindert oder homosexuell – und deshalb lieben, schützen und verteidigen wir die Person. Das ist der Kern der Strategie der Nichtdiskriminierung. Wenn das stimmt, ist folglich auch richtig, dass jeder, der einen religiösen Glauben besitzt, eine Person ist, da die Tatsache, dass er oder sie eine Person ist, vor der Tatsache kommt, einen religiösen Glauben zu besitzen.

Deshalb müssen wir vorsichtig sein, denn die Aussage in Artikel 3 nach dem Wortlaut des Änderungsantrags 52 des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres führt ein genau entgegengesetztes Prinzip zur Erklärung 11 in Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein. Dieser Änderungsantrag 52 verneint das Konzept der Aufrechterhaltung des Status nach dem nationalen Kirchenrecht und Organisationen auf der Grundlage des religiösen oder persönlichen Glaubens, und gleichzeitig beschränken Artikel 3 und die entsprechende Erwägung 18, gemäß dem Wortlaut der Änderungsanträge 51 und 29 des genannten Berichts, meines Erachtens, die Reichweite der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Sinne des Zugangs zu Bildungseinrichtungen auf der Grundlage des religiösen oder persönlichen Glaubens.

Zusammengefasst, ich bin überzeugt, dass, wenn wir die Person vom Anfang an und in ihrer Gesamtheit verteidigen möchten, wir auch jene Aspekte verteidigen, die diese Person vom religiösen Standpunkt aus kennzeichnen. Außerdem bin ich der Meinung, die Änderungsanträge 92, 89 und 95 könnten ein angemessener Kontaktpunkt für alle sein, die möchten, dass die Richtlinie verabschiedet wird, und deshalb könnten wir einen effektiven Dialogpunkt auf diesem Niveau finden.

 
  
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  Claude Moraes (PSE). – Herr Präsident, der Vorsitzende unseres Ausschusses, Herr Deprez, hat in diesem Haus vielen von uns aus der Seele gesprochen, als er sagte, dass das kein Bericht über sektorielle Interessen oder ein Bericht der Linken ist, sondern ein Bericht von Frau Buitenweg, voll Überlegtheit, Sensibilität und Kompromiss, in dem es um Menschen geht. Die Berichterstatterin hat einen Bericht erstellt, der die Geschäfte nicht bindet oder überreguliert, wie wir auf dem langen Weg der beiden vorausgehenden Richtlinien – Rassengleichbehandlungsrichtlinie und Beschäftigungsrichtlinie – gesehen haben, von denen ich Herrn Weber sagen würde, dass sie die Geschäfte weder in Deutschland noch in meinem Land gebunden oder überreguliert haben.

Sie hat eine Richtlinie für die Grundrechte geschaffen, die nicht die Bürokratie erzeugt, über die Herr Špidla sprach. Ich habe Änderungsanträge eingereicht, um die bereits bestehenden Gleichstellungskörperschaften zu stärken. Im Vereinigten Königreich haben wir den Ausschuss für Gleichstellung und Menschenrechte, der kürzlich den Fall einer europäischen Bürgerin, Sharon Coleman, Mutter eines behinderten Kindes, unterstützte, die einen Fall gegen ihren Arbeitgeber vorgetragen hatte wegen Diskriminierung von Behinderten durch Assoziation, etwas Wesentliches im Bericht von Frau Buitenweg. Der Europäische Gerichtshof urteilte zu ihren Gunsten und infolge dieses Urteils haben wir die Rechte auf die britischen Pfleger ausgeweitet – Menschen, die behinderte Menschen pflegen.

Ich möchte den Menschen in diesem Haus sagen, dass Sie auch alt werden, Sie können behindert werden oder jemanden mit einer Behinderung pflegen. Das ist die Realität für Millionen europäische Bürger. Darum geht es in diesem Bericht. Es handelt sich nicht um sektoriellen Interessen oder um die Frage, wer beherrscht einen oder den anderen Teil der Gesellschaft. Ich würde sagen, dieser Bericht ist weder links noch rechts – er handelt von den Grundrechten. Wie Herr Cashman in seiner Rede sagte, die Menschen dort draußen werden vor den Europawahlen nachprüfen, um zu sehen, ob wir die Grundrechte geschützt haben, ohne unsere Geschäfte oder unsere Wirtschaft zu beeinträchtigen. Gerade das tut dieser Bericht. Unterstützen wir ihn doch. Er ist praktisch und richtig.

 
  
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  Marco Cappato (ALDE).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte meine Unterstützung für die Arbeit von Frau Buitenweg zum Ausdruck bringen. Soviel ich verstanden habe, wird das, was ein Kompromiss sein sollte, vielleicht überhaupt kein Kompromiss sein, aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass es uns gelingt, zu einer Entscheidung zu kommen.

Wenn überhaupt, sind einige meiner Vorbehalte zu denen von Herrn Mauro entgegengesetzt. Religionsfreiheit? Natürlich, 100%ig. Freiheit für religiöse Bildungseinrichtungen? Natürlich, 100%ig. Keine Religion darf je, unter keinen Umständen, aus keinem Grund ein Vorwand für eine Diskriminierung gleich welcher Art sein. Es gibt keinen Raum für die Duldung von Ausnahmen, durch die eine Kirche oder religiöse Einrichtung Lehrer oder Studierende diskriminieren kann, weil ihr Verhalten nicht einem bestimmten Glauben entspricht, wegen der Gefahr der Einmischung des ethischen Staates und der zahlreichen Religionen, die die gleiche Legitimität beanspruchen.

Das ist nicht der Weg nach vorne. Letztendlich dehnen unsere Verträge und die Europäische Union leider mehr Schutz als notwendig auf die Nationalstaaten aus, mit ihren langen Ausnahmelisten bei den Grundrechten und -freiheiten. Wir sollten zu den bereits bestehenden Ausnahmen keine weiteren mehr hinzufügen.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE).(PT) Herr Präsident, Herr Barrot, meine Damen und Herren! Zusammen mit meinen Kollegen von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten stimmte ich im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für diesen Bericht. Das war wegen der ausgezeichneten Arbeit des Schattenberichterstatters, Herr Gauber, um einen ausgewogenen Kompromiss zu finden. Ich möchte auch die Berichterstatterin Frau Buitenweg zu ihrer Arbeit beglückwünschen und mich ihrem Aufruf an alle anschließen, die Radikalisierung der Haltungen zu vermeiden und einen möglichst breiten Konsens zu finden.

Wie bei allen Kompromissen gibt es Punkte, bei denen wir erfolgreich unsere Meinung durchsetzen konnten, und andere, die für uns nicht so leicht zu akzeptieren sind. Wir sprechen von einem Kompromiss, der die gesetzlichen Bestimmungen, akzeptierte Praxis und verschiedenen kulturellen Traditionen in den 27 Mitgliedstaaten zu berücksichtigen hat. Meines Erachtens ist die 10-Jahresfrist für die Anpassung der Gebäude, damit Behinderte Güter, Dienstleistungen und Ressourcen nutzen können, als positiv zu sehen, ebenso wie die Tatsache, dass bei Vorliegen von unüberwindbaren strukturellen Schwierigkeiten immer die Möglichkeit besteht, Alternativen zu suchen.

Ich habe meine Stimme auch zu jenen gesellt, die Vorbehalte in Bezug auf die Versicherungsunternehmen vorgetragen haben – der Umstand, zum Beispiel, dass sie neben der ärztlichen Meinung berücksichtigt wurden. Aber ich kann nicht die Vorstellung hinnehmen, den im Ausschuss vereinbarten Verweis auf das Subsidiaritätsprinzip bei Angelegenheiten des Familien-, Ehe- und Reproduktionsrechts zu streichen. Hierbei handelt es sich um ausschließliche Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten. Gleiches gilt für Artikel 8, den die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten mit dem Änderungsantrag 90 zu streichen beabsichtigt, denn angesichts der bestehenden Gesetzestraditionen in zahlreichen Mitgliedstaaten ist es nicht möglich, die Umkehrung der Beweislast hinzunehmen, da dies zu unüberwindbaren rechtlichen Problemen führen wird.

Wenn das die wesentlichen in der Plenarsitzung verabschiedeten Punkte sind, werde ich nicht in der Lage sein, für diesen Bericht zu stimmen. Ich werde aber auch nie in der Lage sein, mit gutem Gewissen gegen eine Richtlinie zu stimmen, die Diskriminierung zwischen Menschen, gleich welcher Religion oder Glaubens, Behinderung, Alters oder sexueller Ausrichtung verbietet. Zusammenfassend, Herr Präsident, geht es auch um die Frage, zu definieren, welches Europa mit unserer Hilfe errichtet werden soll. Ich bin absolut für ein Europa, das unablässig gegen jede Art der Diskriminierung kämpft.

 
  
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  Iratxe García Pérez (PSE) . – (ES) Herr Präsident! Der Vorschlag einer Richtlinie, über den wir heute diskutieren, möchte das Prinzip der Gleichbehandlung als Markenzeichen des europäischen Projekts projizieren. Als solches müssen wir uns mit einem ehrgeizigen Ansatz nähern, um für die Einbindung aller Bürger der Gemeinschaft zu arbeiten, und wir müssen das sowohl in der öffentlichen Politik und den Verwaltungsvorgängen als auch in den Beziehungen zwischen den Einzelpersonen umsetzen.

Wir müssen weiterkommen, um es allen Bürgern zu ermöglichen, ihre Rechte vollständig und ohne Diskriminierung auf Grund von Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung oder natürlich ohne Mehrfachdiskriminierung auszuüben und zu genießen.

Wir müssen unterstreichen, dass das Gleichbehandlungsprinzip und die Ächtung der Diskriminierung in den Foren der Gemeinschafts- aber auch der nationalen Politik respektiert werden müssen, damit wir das Gleichbehandlungsprinzip in ganz Europa zu einer Realität machen können. Wir müssen außerdem ein angemessenes Schutzniveau vor allen Ursachen der Diskriminierung finden, die in Artikel 13 des Vertrags aufgeführt sind.

Diese Initiative muss uns mit besseren Werkzeugen ausstatten im Kampf gegen eventuell diskriminierende Verhaltensformen, die – zu unserer Schande – gegenwärtig immer noch bestehen, wie im Bericht zur Homophobie der Europäischen Agentur für Grundrechte hervorgehoben wurde.

Meine verehrten Kollegen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten, beschmutzen Sie diese Debatte nicht mit leeren Vorwänden, denn eine Stimme gegen diesen Bericht ist ein eindeutiger Beweis für einen ideologischen Standpunkt. Der Kampf gegen die Diskriminierung ist von grundlegender Bedeutung und stellt den Grundstein der Werte der Europäischen Union dar.

Deshalb haben wir sowohl die Verantwortung als auch die Pflicht, heute in diesem Parlament einen Schritt nach vorne zu tun, für das Engagement und die Verteidigung der Gleichbehandlung in ganz Europa. Wir dürfen nicht auf unsere Wünsche und Hoffnungen verzichten, den Fortschritt zu erreichen, und eine Angelegenheit von so grundlegende Bedeutung, basierend auf unseren Werten, in den Bereich der Hoffnungen und Träume verweisen. Die Bürger Europas und, noch wichtiger, die Schwächsten darunter würden es uns nie vergeben.

 
  
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  Csaba Sógor (PPE-DE). (HU) Laut der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten besitzt jeder Bürger die gleichen Rechte und Freiheiten sowie den gleichen gesetzlichen Schutz, ohne Unterscheidung jeglicher Art, wie Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politische oder andere Meinungen, nationale oder gesellschaftliche Herkunft, Eigentum, Geburt oder anderer Status.

Ich möchte aber unterstreichen, dass entscheidende und effektive Aktionen gegen jede Form der Diskriminierung nötig sind, denn die Diskriminierung ist in Europa immer noch stark vertreten und betrifft viele gesellschaftliche Schichten. In vielen Fällen reicht es nicht, alle Formen der Diskriminierung zu verbieten, die Einführung von unterschiedlichen positiven Maßnahmen ist auch wesentlich, wie im Fall der Menschen, die mit Behinderungen leben müssen. Viele Länder – Italien, Frankreich, Finnland und Spanien, um einige wenige zu nennen – haben Autonomien gewährt und positive Maßnahmen im Interesse des Schutzes der nationalen Minderheiten getroffen.

Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben auch die Pflicht, gleiche Rechte und gleiche Behandlung der Bürger institutionell zu gewährleisten. Wir brauchen unabhängige Institutionen, die auf europäischer Ebene arbeiten und in der Lage sind, zu prüfen und zu gewährleisten, dass die Staaten sich selbst zu den Prinzipien der Gleichbehandlung verpflichten, aber nicht nur theoretisch, sondern auch konkrete Schritte unternehmen, um diese Richtlinie tatsächlich umzusetzen.

 
  
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  Evangelia Tzampazi (PSE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte Sie fragen, ob es eine Provokation ist, wenn ich hier sitze und nicht stehe, wie die anderen Kollegen, wenn ich zu Ihnen spreche. Ist es eine Beleidigung?

Das Europäische Parlament war und muss auch weiterhin Unterstützer der horizontalen Richtlinie bleiben, die die Gleichbehandlung gewährleistet und die europäischen Bürger vor allen Formen der Diskriminierung schützt. Die Richtlinie muss den bestehenden europäischen rechtlichen Rahmen ergänzen, insbesondere hinsichtlich der Menschen mit Behinderungen, und hat die Pflicht, einen effektiven und nicht diskriminierenden Zugang zu gewährleisten.

Wir haben wichtige Vorschläge aufgenommen. Wir haben den Schutz vor Mehrfachdiskriminierung eingeführt, indem wir im Bericht bestimmen, dass der effektive und nicht diskriminierende Zugang gewährleistet werden muss. In den Fällen, in denen der Zugang nicht unter den gleichen Bedingungen wie für Menschen ohne Behinderungen gewährleistet wird, müssen wir angemessene Alternativen erhalten. Der Bericht gibt strengere Kriterien für die Bewertung vor, ob durch Maßnahmen zum Schutz eines effektiven und nicht diskriminierenden Zugangs unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht werden. Im Bericht sind aber einige Punkte enthalten, die nicht alle unter uns zufrieden stellen, und deshalb werden wir manche der eingereichten Änderungsanträge unterstützen, mit denen die Kohäsion gestärkt werden soll.

Auf jeden Fall bin ich der Ansicht, dass wir den Bericht unterstützen und damit eine klare Botschaft an den Rat senden sollen, dass wir endlich einen effektiven europäischen rechtlichen Rahmen brauchen, der die Diskriminierung beendet, mit der die wesentlichen europäischen Werte der Gleichstellung und Rechtsstaatlichkeit untergraben werden.

 
  
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  Martin Kastler (PPE-DE).(DE) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte als Journalist eine Wendung innerhalb dieser Richtlinie erwähnen, die mich persönlich sehr stört. Und zwar kann ich nicht verstehen, dass wir – wenn die Richtlinie in 10 von 27 Mitgliedstaaten noch nicht umgesetzt ist – noch eins draufsetzen und noch einmal eine Zusatzrichtlinie darüberstülpen wollen. Darüber kann man geteilter Meinung sein – okay. Aber was mich – als Journalist – wirklich massiv stört, ist, dass die Pressefreiheit in unseren Mitgliedstaaten dadurch Schaden nimmt. Lassen Sie mich hierzu zwei Beispiele nennen: Der Änderungsantrag von Herrn Weber, der auch zu unterstützen ist, beinhaltet, dass wir die Pressefreiheit auch z. B. dann begrenzen können, wenn ein Verleger eine Anzeige von Neonazis oder von Antisemiten annehmen muss. Das halte ich für absolut verfehlt, und es entspricht überhaupt nicht den Grundsätzen, die wir in der EU haben, und dagegen wehre ich mich. Das dürfen wir nicht zulassen. Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn wir eine Antidiskriminierung haben, dann werden diese Leute, die wir in der EU nicht fördern, sondern gegen die wir vorgehen müssen, noch mehr Möglichkeiten haben, z. B. im Immobilienmarkt. In meiner Heimat kommt es fast wöchentlich vor, dass Neonazis versuchen, Immobilien zu kaufen. Wenn diese gemietet oder auch gekauft werden sollen, können wir dies bei linken oder rechten Radikalen dann nicht mehr verhindern. Sie werden sich auf diese neue Novelle berufen, und dagegen wehre ich mich, und ich werde auch dagegen stimmen. Deswegen bin ich dafür, die Rücküberweisung zu unterstützen, und wenn dies nicht möglich ist, dagegen zu stimmen.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE). - Herr Präsident! Mit der Zeit haben die Europäische Union und die anderen Länder der Welt den Kampf gegen die Diskriminierung auf allen Ebenen vergessen. Unsere Fortschritte als ehrbare Menschen verlangt aber, dass wir eben gerade das tun, und zwar sehr strikt das Subsidiaritätsprinzip einhalten.

Wie Frau Buitenweg erklärte, versprach die Kommission nun schon vor vier Jahren, einen breit angelegten und einschließenden Vorschlag zu den Menschenrechten aller Personen vorzulegen. Das wird nun endlich verwirklicht.

Ich bin der tiefen Überzeugung, dass niemand je wegen seiner Religion oder Weltanschauung, Behinderung oder seines Alters diskriminiert werden darf. Ganz im Gegenteil, als gläubiger Christ appelliere ich an das Europäische Parlament und jeden Einzelnen, nicht nur die Diskriminierung zu beenden, sondern auch denen zu helfen, die auf Grund ihrer Behinderung diskriminiert werden.

Diese Hilfe kann auf verschiedenste Weise erfolgen. Jeder Mitgliedstaat hat sich kontinuierlich für die Verbesserung des gleichberechtigten Zugangs für jene, die es am nötigsten haben, eingesetzt. Mit der fortschreitenden Integration Europas ist es vorrangig zu bedenken, dass wir alle unterschiedlich, aber trotzdem in jedem Sinne vollkommen gleichwertig sind.

 
  
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  Marusya Lyubcheva (PSE).(BG) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir sprechen hier über eine sehr wichtige Richtlinie, die eine Chance darstellt, Probleme zu lösen, die im Bereich der Nichtdiskriminierung immer noch strittig sind. Ich halte es für besonders wichtig, dass sie das Recht und die Freiheit des religiösen Glaubens sowie die Anwendung des Prinzips der Nichtdiskriminierung in diesem Bereich bestätigt.

Gleichzeitig bezieht sich die Richtlinie ausdrücklich auf die Erklärung Nr. 11 zum Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften, in der die Europäische Union den Status der Kirchen und religiösen Gemeinden nach nationalem Recht in den Mitgliedstaaten respektiert und nicht beeinträchtigt.

Es wird also auch das Recht der Mitgliedstaaten anerkannt, in diesem Bereich spezifische Bestimmungen zu entwerfen und umzusetzen. Das geht ohne zu sagen, dass das europäische Recht mit dem der Mitgliedstaaten harmonisiert werden muss, um Einzelbereiche zu regeln.

Das ist eine komplexe Angelegenheit. Die Beziehungen müssen klar festgelegt werden, um zu verhindern, dass Rechte anderer verletzt werden, einschließlich der Menschen, die nach den gesetzlichen Bestimmungen zugelassenen Kirchen angehören.

 
  
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  Manfred Weber (PPE-DE).(DE) Herr Präsident, sehr geehrte Frau Berichterstatterin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem ich jetzt in dieser Debatte am meisten zitiert wurde, möchte ich nochmals darauf reagieren.

Ich habe angekündigt, wer Fragen stellt, der ist hier in dieser Debatte der Böse. Alle Redner, die frenetisch gegen Diskriminierung gesprochen haben, haben den Grundsatz beschrieben. Ich bitte nochmals darum, dass wir uns nicht gegenseitig diesen Grundsatz absprechen, dass wir gegen Diskriminierung kämpfen. Auch wenn wir zum Beispiel bei Umweltthemen über das Verbot des Ausstoßes von CO2 streiten, dann streiten wir doch über den Weg, und im Ziel sind wir uns alle einig. Warum darf man nicht auch bei der Frage der Diskriminierung, wie wir Diskriminierung bekämpfen, über den Weg streiten, den wir gehen wollen? Und wenn die Zeitungsverleger bei uns im Büro sitzen und ihre Bedenken äußern, dann dürfen die hier genannt werden.

Lieber Kollege Cashman, Sie tun der Sache und auch Ihren Anliegen keinen Gefallen, wenn Sie all diejenigen in die Ecke stellen, die hier auch einmal Fragen stellen. Nicht mehr und nicht weniger tun wir hier!

 
  
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  Richard Howitt (PSE). – Herr Präsident! Ich darf mich als Schattenberichterstatter des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten im Namen der Sozialistischen Fraktion bei Frau Buitenweg und meiner Kollegin Frau Bozkurt herzlich bedanken. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit!

Im Namen der interfraktionellen Arbeitsgruppe Behinderung freue ich mich, dass der Appell der 1,3 Millionen Menschen, welche die Petition mit dem Aufruf zur Ausdehnung der Antidiskriminierungsrechte auf behinderte Menschen unterzeichnet haben, Gehör gefunden hat. Ich freue mich auch, dass wir parteiübergreifend beschließen konnten, dass es eine horizontale Richtlinie geben sollte, ohne eine Hierarchie der Diskriminierungen einzuführen – ein Versprechen des portugiesischen Vorsitzes der Europäischen Union, als im Jahr 2000 die Rassenrichtlinie verabschiedet wurde. Ehrlich gesagt, es hat zu lange gedauert, bis dieses Versprechen erfüllt wurde.

Ich verurteile die Konservativen, die die Umsetzung dieses Versprechens noch länger hinauszögern wollen. Diese Debatte zeigt nicht nur unsere parlamentarische Unterstützung, sondern ist auch ein Appell an den Rat, diesen Weg weiter zu verfolgen und das jetzt zu beschließen. Ich möchte unsere deutschen Freunde bitten, hier nicht zu blockieren. Es gibt Probleme bei den Privatverträgen, die Ihnen Sorgen bereiten, aber bei den öffentlichen Aufgaben sind Sie weit voraus. Lassen Sie uns nun wirklich den Blick heben und das hier verabschieden. Ich freue mich, dass sich heute der künftige schwedische Vorsitz dazu verpflichtet hat, das im EPSCO-Rat noch vor Weihnachten abzuschließen. Ich hoffe wirklich, dass Sie das schaffen.

 
  
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  Kathalijne Buitenweg, Berichterstatterin.(NL) Herr Präsident! Es ist für einen Berichterstatter unglaublich schwer, eine gute Arbeit zu machen, wenn die größte Fraktion eine Art Wankelpolitik an den Tag legt. Im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres unterstützte die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten diesen Bericht, weil er einen vernünftigen Kompromiss darstellte. Wir haben mit Herrn Gaubert zusammengearbeitet, der offensichtlich verschwunden ist; zumindest habe ich ihn nicht mehr gesehen. Wir haben auf jeden Fall gemeinsam an genau dem gleichen Text gearbeitet, und jetzt stellt er sich dagegen! Es hat den Anschein, dass der Koordinator, Herr Weber, der EVP-DE-Fraktion im Wesentlichen die Haltung seiner deutschen nationalen Partei auferlegt.

Herr Weber, Sie haben mir persönlich selbst gerade erst vergangene Woche gesagt, dass es nicht eine Frage der Substanz sei, sondern es um das Aussenden eines politischen Signals geht. Stimmt das etwa nicht? Haben Sie das nicht zu mir gesagt? Gut, dann dürfen Sie sich aber jetzt nicht hinter den Details verschanzen – wenn dem so wäre, hätten Sie einfach Änderungsanträge stellen können. Das haben Sie aber nicht. Was Sie wirklich bezwecken, ist, dass der ganze Vorschlag abgelehnt wird. Sie wollen ihn einfach nicht haben, also tun Sie nicht so, als hätten Sie letztendlich dasselbe Ziel.

Ich habe viele Dinge gehört, die direkt beantwortet werden können. Sehr viele Leute haben beispielsweise gefragt, was diese Angelegenheit Europa überhaupt angeht. Es gibt bereits zahlreiche Richtlinien, in denen schon seit Langem der Schutz auf dem Arbeitsmarkt geregelt wird, und der Schutz vor Diskriminierung aus vielen anderen Gründen wird auch außerhalb des Arbeitsmarktes geregelt, aber der Schutz einiger Menschen bleibt zurück, zum Beispiel im Fall einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Ausrichtung und der Religion. Wir erfinden deshalb hier nicht etwas komplett Neues, sondern reparieren die bestehende Gesetzgebung. Wir führen nicht eine neue Zuständigkeit ein; wir stellen sicher, dass Menschen einfach gleich behandelt werden, und dass nicht bestimmte Kategorien als wichtiger betrachtet werden als andere.

Herr Pirker sprach vom Arbeitsmarkt. Damit hat das hier gar nichts tun, das war eine andere Richtlinie. Das hier hat nichts mit der Beschäftigung von Lehrern zu tun. Bleiben wir doch bei den Fakten. Die Beweislast ist ein kniffliger Punkt, wie der Kommissar bereits anmerkte. Das ist aber auch nichts Neues; das gibt es schon in anderen Richtlinien. Es stimmt einfach nicht, dass es den Menschen ermöglicht wird, einfach Anklagen zu erheben, und Sie sich dann dagegen verteidigen müssen. Wir sprechen hier auch nicht vom Strafrecht. Die Menschen müssen zuerst echte Tatsachen aus anderen Bereichen vorbringen, um zu begründen, warum sie der Ansicht sind, dass sie diskriminiert werden, und dann müssen Sie Ihre Gründe darlegen, warum Sie jemanden wegen einer Eigenschaft annehmen oder ablehnen.

Bezüglich der Medien gibt es, wie der Text besagt, bereits eine Bestimmung für die Ablehnung von Werbung, die nicht mit der Identität der Veröffentlichung übereinstimmt: Es steht alles in Artikel 54. Was die Kirchen betrifft, so müssen diese noch nicht einmal alle diese Auflagen insgesamt erfüllen, die allerdings Anwendung finden, wenn sie soziale Aufgaben wahrnehmen. In den Niederlanden, beispielsweise, übernehmen sie gewisse soziale Pflegedienste. Es ist für sie inakzeptabel, von der Erbringung sozialer Aufgaben ausgenommen zu werden, nur weil sie einer Kirche angehören. Das sind die ganz spezifischen Punkte, die im Bericht genannt werden.

Wir haben unser Bestes getan. Wir haben Ihnen überall entsprochen. Ihre Änderungsanträge sind in der Tat hier im Text enthalten, und jetzt werden Sie trotzdem dagegen stimmen, wegen den unterschiedlichsten parteipolitischen Überlegungen. Ich muss sagen, das ist ein persönlicher Schlag für mich, weil ich Ihnen die Hand entgegengestreckt hatte. Ein Großteil Ihres Textes wurde in den Bericht aufgenommen, und ich halte es für schändlich, wenn Sie sich jetzt Ihre Hände in Unschuld waschen!

 
  
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  Der Präsident. - Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Donnerstag, den 2. April 2009.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Carlo Casini (PPE-DE) , schriftlich. – (IT) Menschenwürde und Gleichheit sind die beiden großen Werte, auf denen die moderne Menschenrechtskultur beruht. Oft aber werden diese großen Worte verwendet, um das Gegenteil davon zu verdecken. Gleichheit, zum Beispiel, heißt, mit identischen Situationen gleich umzugehen, bedeutet aber auch, unterschiedliche Situationen gleich zu behandeln. Meine Vorbehalte zu diesem Bericht sind auf diese Vorüberlegung zurückzuführen. Es gibt nicht den geringsten Zweifel daran, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten die Würde und Gleichheit von Behinderten, älteren Menschen, Kranken, Armen, Flüchtlingen und Zuwanderern voll anerkennt. Ich habe aber den Eindruck, es findet der Versuch statt, sich in diese etablierte Bewegung einzuklinken, um die Diskriminierung der Familie auf der Grundlage der Ehe eines Mannes mit einer Frau und der religiösen Freiheit, insbesondere bezüglich der religiösen Schulen, durchzusetzen. Ich werde es nie müde, für die Gleichberechtigung der Kleinsten, der Ärmsten und der Hilflosen zu kämpfen. Gerade deswegen tut es mir so weh, wenn ich sehe, wie das Europa der Menschenrechte über seine Gesetze und Praxis die Diskriminierung der härtesten Art zwischen geborenen und ungeborenen Kindern durchsetzt. Heute diskutieren wir nicht darüber, aber es wäre angemessen, wenn das bei den Überlegungen über die Würde und Gleichheit bis in das europäische Bewusstsein vordringen würde.

 
  
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  Gabriela Creţu (PSE), schriftlich.(RO) Es scheint Schicksal des Kalenders zu sein, dass wir über diese Richtlinie heute sprechen und morgen darüber abstimmen, am Welt-Autismus-Tag. Da ist ein gutes Vorzeichen.

Für uns steht fest, dass es tatsächlich bedeutende Unterschiede zwischen den nationalen gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten über die Rechte und Interessen von Menschen, deren Leben vom Autismus geprägt ist, bestehen. Der Unterschied ist noch größer, wenn wir das alltägliche Leben der Betroffenen vergleichen.

Es liegt noch ein langer Weg vor uns, bis wir europäische Standards erreichen, aber gewisse Fortschritte müssen gemacht werden. Autismus muss als getrennte Behinderung unter den geistigen Behinderungen anerkannt werden, und spezifische Strategien müssen dafür erdacht werden.

Das kann so manchem teuer vorkommen, aber die Gleichbehandlung ist einfach ein Muss, gleich wie für Menschen mit anderen Behinderungen, damit wir uns selbst und die Werte der europäischen Gesellschaft achten können.

 
  
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  Bairbre de Brún (GUE/NGL), schriftlich. – (GA)

Diese Richtlinie stellt die sehr wichtige Erkenntnis in den Vordergrund, dass die Diskriminierung nicht etwas ist, das nur am Arbeitsplatz geschieht. Das Hauptziel der Empfehlung der ständigen Kommission ist die Behebung der Diskriminierung auf Grund der Religion oder Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sowie die Verwirklichung des Prinzips, dass alle Menschen außerhalb der Arbeitswelt gleich behandelt werden.

Ich weiß aus meinen Tätigkeiten mit Gruppen, die sich für die Rechte der Behinderten einsetzen, und behinderten Menschen in Irland, dass das Gesetz wärmstens willkommen geheißen wird. Frau Buitenweg hat absolut recht, wenn sie in ihrem Bericht besagt: „Um die Gleichbehandlung aller Menschen mit einer Behinderung sicher zu stellen, ist die Prävention der Diskriminierung nicht ausreichend. Es bedarf auch positiver Maßnahmen in Verbindung mit im Voraus umgesetzten Maßnahmen und durch ein Angebot angemessener Anpassungen.“

Ich begrüße auch den entschiedenen Standpunkt, den die Kommission bezogen hat, um die Diskriminierung auf Grund der sexuellen Ausrichtung zu vermeiden. Für die Diskriminierung dieser Art gibt es in einer modernen Gesellschaft keinen Platz, und ich lehne die Bemühungen einiger politischer Gruppen ab, das Gesetz in diesem Bereich abzuschwächen.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE), schriftlich. – Ich bin Sozialist, das heißt, ich glaube, dass alle Menschen gleich sind. Wir müssen überall dort gegen die Diskriminierung kämpfen, wo sie auftritt, nicht nur am Arbeitsplatz. Es darf tatsächlich keine Hierarchie der Diskriminierungen geben. Alle sind anders, alle sind gleich.

Zweck der Richtlinie ist die Verwirklichung des Prinzips der Gleichbehandlung der Menschen, unabhängig von ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alter oder ihrer sexuellen Ausrichtung außerhalb des Arbeitsmarktes. Festgelegt wird dabei der Rahmen für das Verbot der Diskriminierung aus diesen Gründen und ein einheitliches Mindestschutzniveau innerhalb der Europäischen Union für Menschen, die eine solche Diskriminierung erlitten haben.

Dieser Vorschlag ergänzt den bestehenden gesetzlichen Rahmen der EG, nach dem das Verbot der Diskriminierung auf Grund von Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung nur bei der Beschäftigung und Berufsausbildung Anwendung findet.

 
  
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  Lidia Geringer de Oedenberg (PSE), schriftlich.(PL) Diskriminierung ist ein ernst zu nehmendes Problem in und außerhalb von Europa. Laut einer speziellen Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2008 erklärten 15 % der Europäer, im vergangenen Jahr Opfer einer Diskriminierung geworden zu sein.

Das Europäische Parlament hat über vier Jahre lang auf die vorgeschlagene Richtlinie gewartet. Sie stellt einen Versuch dar, die Prinzipien der Gleichbehandlung von Personen unabhängig von Religion, Behinderungen, Alter oder sexuellen Ausrichtung zu verwirklichen. Die Anwendung erfolgt aber nicht nur im Sinne des Zugangs zu einer Beschäftigung, sondern auch zu Gütern, Geräten und Dienstleistungen, wie zum Beispiel Banken, Wohnungswesen, Bildung, Transport und Gesundheitswesen.

Daneben definiert das Dokument die Mindestrahmenstandards, um den Schutz vor Diskriminierung sicher zu stellen. Den Mitgliedstaaten steht es frei, den gebotenen Schutzstandard zu erhöhen, wenn sie dies wünschen. Sie dürfen sich aber nicht auf die neue Richtlinie berufen, um eine Herabsetzung der bestehenden Standards zu rechtfertigen. Die Richtlinie begründet für die betroffenen Parteien einen Entschädigungsanspruch. Es wird auch besagt, dass die Mitgliedstaaten nicht einfach erklären dürfen, dass sie die Diskriminierung überwinden möchten, sondern dass sie auch die Pflicht haben, das zu tun.

Eine signifikante Anzahl an Mitgliedstaaten der Union hat bereits gesetzliche Bestimmungen eingeführt, mit denen in unterschiedlichem Grad Schutz vor Diskriminierung auf Grund von Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung gewährt wird, der über den Arbeitsmarkt hinaus geht. Dieser Richtlinienentwurf ermöglicht die Einführung von übereinstimmenden europäischen Bestimmungen in diesem Bereich. Er stellt eine entschiedene Aussage dar, dass Europa als Ganzes die Diskriminierung nicht zulässt. Diskriminierungsfreiheit ist ein Grundrecht und muss allen in der Europäischen Union zustehen.

 
  
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  Zita Gurmai (PSE), schriftlich. (HU) In der letzten Zeit war die Chancengleichheit ein Thema von verstärkter Bedeutung bei den Entscheidungen der Gemeinschaft. Ziel der vorgeschlagenen Richtlinie für Gleichbehandlung ist die Anwendung des Gleichbehandlungsprinzips ungeachtet der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung.

Diskriminierungsfreiheit ist ein Grundrecht und muss für alle Bürger der Europäischen Union gelten. Ich bestehe entschieden darauf, dass wir gegen jede Art der Diskriminierung vorgehen müssen. Der dafür noch vor uns liegende Weg ist lang, aber es ist auch klar, dass wir jeweils immer nur einen Schritt nach vorne machen können. Das bedeutet an erster Stelle die Ergänzung und Konsolidierung der Gesetze, zweitens die Umsetzung der Gesetze mit neuen, konsistenten und vereinheitlichten Prinzipien in nationales Recht, und zuletzt die praktische Verwirklichung. Obwohl das, einzeln in Angriff genommen, viel Arbeit und Zeit bedeuten würde, haben wir das Ziel, innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens erfolgreich zu sein, indem wir konkrete Schritte nach vorne aufzeigen und in einem Europa leben, das wirklich frei von Diskriminierung ist.

 
  
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  Lívia Járóka (PPE-DE), schriftlich.(HU) Ich möchte meine Kollegin Frau Buitenweg zu ihrem Bericht beglückwünschen, der uns den Weg öffnet, die rechtliche Struktur zur Auslöschung jeder Art von Diskriminierung zu ergänzen. Artikel 13 des Vertrags der Europäischen Union setzt das Ziel, gegen die Diskriminierung nicht nur auf Grund des Geschlechts und der ethnischen Herkunft zu kämpfen, sondern auch auf Grund der Religion, Weltanschauung, Behinderung und sexuellen Ausrichtung.

Trotz der Verabschiedung und Umsetzung in nationales Recht der Richtlinien 2000/43, 2000/78 und 2004/113 gibt es bislang keinen gemeinschaftlichen Schutz vor Diskriminierung aus den vier oben genannten Gründen außerhalb des arbeitsrechtlichen Bereichs. Die vorgeschlagene Richtlinie soll diese Lücke ausfüllen, und wir hoffen, dass sie, neben dem Verbot der Diskriminierung, ein Rechtsmittel für alle darstellt, die in den 27 Mitgliedstaaten benachteiligt werden.

Die effektive Verwirklichung der hier beleuchteten Richtlinie und der Ausgleich der im Verlauf der Umsetzung und Anwendung der früheren Richtlinien festgestellten Mängel sollte den in der Europäischen Union geltenden Schutz der Bürger vor Diskriminierung ergänzen. Außerdem bedarf die Verabschiedung der vorgeschlagenen Richtlinie keiner Änderungen der jeweiligen nationalen Gesetze. Deshalb hoffe ich innigst, dass der Rat in der Lage ist, die nach den Verträgen geforderte einstimmige Unterstützung zu erbringen, und dass jeder Mitgliedstaat seinen Beitrag leistet, damit die Europäische Union bei der Erfüllung unserer Grundwerte und -ziele einen enormen Schritt nach vorne machen kann.

 
  
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  Silvana Koch-Mehrin und Alexander Graf Lambsdorff (ALDE), schriftlich.(DE) Die angewandte Rechtsgrundlage, Art. 13 Abs. 1 EGV ist nicht einschlägig, zumal nach Auffassung der FDP das Subsidiaritätsprinzip nicht eingehalten wurde. Es fällt nicht in die Kompetenz des EU-Gesetzgebers, die vorliegenden Regelungen zu treffen und dabei weit in die Selbstbestimmung der Mitgliedstaaten einzugreifen.

Die Bekämpfung von Diskriminierungen aller Art sowie die Teilhabe von Behinderten am öffentlichen Leben ist eine wichtige Aufgabe. Die vorgesehene Ausdehnung der Antidiskriminierungsvorschriften auf nahezu alle Lebensbereiche ist aber realitätsfremd. So führt die in der Richtlinie verankerte Beweislastumkehr dazu, dass Beschuldigungen ohne hinreichende Beweise ausreichen, um ein Verfahren zu eröffnen. Betroffene müssten dadurch Entschädigungen leisten, obwohl sie nicht diskriminiert haben, aber ihre Unschuld nicht nachweisen können. Derart pauschal definiert ist die Umkehr der Beweislast daher rechtsstaatlich bedenklich. Hierdurch wird Unsicherheit geschaffen und Missbrauch Vorschub geleistet. Das kann nicht Sinn und Zweck einer fortschrittlichen Antidiskriminierungspolitik sein.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Europäische Kommission gegenwärtig gegen zahlreiche Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelhafter Umsetzung der bisherigen europäischen Richtlinien zur Antidiskriminierungspolitik eingeleitet hat. Es fehlt bisher jedoch eine Übersicht der umgesetzten Vorschriften, um den reklamierten Bedarf neuer Vorschriften feststellen zu können. Insbesondere Deutschland ist hier bereits erheblich über vergangene Vorgaben aus Brüssel hinausgegangen. Aus diesem Grund haben wir gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Sirpa Pietikäinen (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Wird die Gleichbehandlungssrichtlinie verwirklicht, stellt das den wichtigsten Schritt in dieser Legislaturperiode für ein soziales Europa und ein Europa der Menschen dar. Wird sie auf alle Menschen und Diskriminierungskriterien angewendet, erhalten die Bestimmungen sowohl zur aktiven als auch passiven Diskriminierung enorme Auswirkungen auf das Leben von zahlreichen EU-Bürgern. In diesem Sinne möchte ich der Berichterstatterin für ihre ausgezeichnete Arbeit danken.

Sowohl in Finnland als auch in anderen Ländern Europas wird das alltägliche Leben vieler Menschen durch Diskriminierungen der einen oder anderen Art erschwert. Das dürfte in der heutigen Gesellschaft, in der Menschenrechte und Gleichberechtigung gewahrt werden, nicht mehr möglich sein: Alle müssen die gleiche Chance zur Beteiligung an der Gesellschaft erhalten. Die Nichtdiskriminierung ist das Kennzeichen einer zivilisierten Gesellschaft.

Es ist besonders wichtig, dass die Richtlinie alle Diskriminierungskriterien abdeckt. Es bestehen zwar große Unterschiede zwischen den Gruppen und Einzelpersonen, die sich der Diskriminierung ausgesetzt sehen, aber wir müssen das Problem der Diskriminierung als Phänomen konsistent angehen, ohne eine oder mehrere bestimmte Gruppen zu nennen. Ein fragmentierter Ansatz würde unumgänglich die verschiedenen Diskriminierungskriterien in ihrem Wert unterscheiden und zu Klüften führen, die für Menschen, welche sich einer Diskriminierung aus einem der vielen Gründe ausgesetzt sehen, die Gefahr bergen, hineinzufallen.

 
  
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  Siiri Oviir (ALDE), schriftlich. – (ET) Die Europäische Union beruht auf den gemeinsamen Prinzipien der Freiheit, Demokratie und der Wahrung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten. Artikel 21 der Europäischen Charta der Grundrechte besagt, Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, sind verboten. [Das ist ein direktes Zitat des Gesetzes.]

Die Anerkennung der Einmaligkeit einer jeden Person und deren Gleichberechtigung bei den vom Leben gebotenen Chancen ist eines der Attribute der vereinten Vielfältigkeit Europas, die ein zentrales Element der kulturellen, politischen und sozialen Integration der Union ausmacht.

Auch wenn die Entwicklung in vielen Bereichen der EU bislang sehr erfolgreich war, ist es überraschend, dass uns immer noch gemeinsame Regeln fehlen, um mit der Gewalt oder dem Missbrauch von Behinderten oder dem sexuellen Missbrauch umzugehen, und nicht alle Mitgliedstaaten erkennen diesen Bürgern ausreichend ihre Grundrechte an. Wir müssen eingestehen, dass der europäische rechtliche Rahmen für den Kampf gegen die Diskriminierung noch nicht vollkommen ist.

Ich begrüße voll und ganz die neue Richtlinie, mit der in der EU ein gemeinsamer Rahmen für den Kampf gegen die Diskriminierung geschaffen wird. Der besagte Rahmen wird wahrscheinlich zu einer umfassenderen Verwirklichung des Prinzips der Gleichbehandlung als nur auf dem Arbeitsmarkt in den Mitgliedstaaten führen.

Die Diskriminierung bekämpfen bedeutet, in das Bewusstsein einer Gesellschaft investieren, deren Entwicklung über die Integration geschieht. Um aber die Integration zu erreichen, muss die Gesellschaft in Ausbildung, Bewusstsein und die Förderung von guten Praktiken investieren, um einen fairen Kompromiss im Sinne und zum Wohle der Interessen aller Bürger zu finden. Deshalb sind noch große Bemühungen unsererseits erforderlich, um die Diskriminierung in Europa zu überwinden.

 
  
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  Daciana Sârbu (PSE), schriftlich.(RO) Das Recht, nicht diskriminiert zu werden, ist ein Grundrecht, das bezüglich seiner Anwendung auf die EU-Bürger nie in Frage gestellt wurde. Die Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder Weltanschauung, Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung ist eines der Grundprinzipien der europäischen Integration.

Diese lang erwartete Richtlinie, deren Geschichte schon während der Konsultationen im Parlament kompliziert war, beruht auf Artikel 13 des EG-Vertrags und bestimmt den Schutz vor Diskriminierung mit besonderem Schwerpunkt auf der Gleichbehandlung ungeachtet der Gründe. Es darf überhaupt keinen Zweifel an der Notwendigkeit dieser Richtlinie geben, angesichts der großen Anzahl an Menschen, ungefähr 15 %, die angeben, sie würden auf EU-Ebene diskriminiert.

Ich möchte auch die Bedeutung dieser neuen Richtlinie mit den sich bereits in Kraft befindlichen für den Kampf gegen die Diskriminierung hervorheben. Das ist eine Aufgabe, die durch die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten erreicht wird. Ich freue mich in diesem Sinne, die in diesem Bereich in Rumänien in den letzten Jahren erzielten Fortschritte hervorheben zu können, wie es die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte bescheinigt.

Abschließend glaube ich, dass diese Richtlinie angesichts der sozialen Schutzmaßnahmen, der sozialen Vorteile und des erleichterten Zugangs zu Gütern und Dienstleistungen, die damit gewährleistet werden, bedeutende Auswirkungen besitzen wird.

 
  
  

VORSITZ: MAREK SIWIEC
Vizepräsident

 
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