BERICHT mit einem Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat zur Schaffung eines Instruments der EU zur raschen Reaktion auf Krisen

19.11.2010 - (2010/2096(INI))

Entwicklungsausschuss
Berichterstatterin: Iva Zanicchi

Verfahren : 2010/2096(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A7-0332/2010
Eingereichte Texte :
A7-0332/2010
Aussprachen :
Angenommene Texte :

VORSCHLAG FÜR EINE EMPFEHLUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS AN DEN RAT

zur Schaffung eines Instruments der EU zur raschen Reaktion auf Krisen

(2010/2096(INI))

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis auf Artikel 196 des Vertrags von Lissabon, in dem Folgendes festgelegt ist: „Die Union fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, um die Systeme zur Verhütung von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen und zum Schutz vor solchen Katastrophen wirksamer zu gestalten. Die Tätigkeit der Union hat folgende Ziele: [...] Verbesserung der Kohärenz der Katastrophenschutzmaßnahmen auf internationaler Ebene“,

–   unter Hinweis auf Artikel 214 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wonach die Maßnahmen der Union im Bereich der humanitären Hilfe dazu dienen, „Einwohnern von Drittländern, die von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen betroffen sind, gezielt Hilfe, Rettung […] zu bringen“, und ihre Maßnahmen „im Einklang mit den Grundsätzen des Völkerrechts sowie den Grundsätzen der Unparteilichkeit, der Neutralität und der Nichtdiskriminierung durchgeführt“ werden,

–   unter Hinweis auf den Europäischen Konsens für die Humanitäre Hilfe, der im Dezember 2007 von den Präsidenten des Rates der Europäischen Union, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission unterzeichnet wurde, und auf den im Mai 2008 von der Kommission vorgelegten Aktionsplan zur Durchführung dieses Konsenses,

–   in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom Dezember 2007, in denen er die Kommission auffordert, die Katastrophenschutzverfahren der Gemeinschaft optimal zu nutzen und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten weiter auszubauen,

–   unter Hinweis auf die am 27. November 2006 überarbeiteten Leitlinien für den Einsatz von Mitteln des Militärs und Zivilschutzes im Rahmen von Hilfsmaßnahmen im Katastrophenfall (Richtlinien von Oslo),

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 23. Februar 2009 über eine „EU-Strategie zur Unterstützung der Katastrophenvorsorge in Entwicklungsländern“,

–   in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom März 2008 über die Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union“ (KOM(2008)0130) und unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Juni 2008 zur Stärkung der Reaktionsfähigkeit der Union im Katastrophenfall[1],

–   in Kenntnis des Berichts vom 9. Mai 2006 von Michel Barnier mit dem Titel „Für eine europäische Katastrophenschutztruppe: europe aid“,

–   unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Februar 2010 zum jüngsten Erdbeben in Haiti[2],

–   unter Hinweis auf seine Entschließung vom 21. September 2010 zur Verhütung von Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen,

–   in Kenntnis des Vorschlags vom 23. März 2010 von Anneli Jäätteenmäki, Charles Goerens, Louis Michel, Marielle De Sarnez und Frédérique Ries im Namen der ALDE-Fraktion für eine Empfehlung an den Rat gemäß Artikel 121 Absatz 1 der Geschäftsordnung zur Schaffung eines Instruments der EU zur raschen Reaktion auf Krisen (B7-0228/2010),

–   gestützt auf Artikel 121 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Entwicklungsausschusses sowie der Stellungnahme des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A7-0332/2010),

A. in der Erwägung, dass Katastrophen, die zahlreiche Todesopfer fordern und große wirtschaftliche und Umweltschäden verursachen, weltweit zunehmen, dass diese Krisen vor allem wegen der Auswirkungen des Klimawandels mit größerer Intensität, Häufigkeit und Tragweite in immer mehr Gegenden der Welt auftreten und die Europäische Union erhebliche Anstrengungen unternimmt, um diese Krisen zu bewältigen,

B.  in der Erwägung, dass die immer zahlreicheren und häufigeren Interventionen sowohl innerhalb der Union als auch in Drittländern durch die weltweite Finanzlage und durch Haushaltsbeschränkungen erschwert werden und daher ein effizienteres Eingreifen erforderlich ist,

C. in der Erwägung, dass eine Zusammenlegung von Instrumenten unter den 31 am Katastrophenschutzmechanismus der Union teilnehmenden Staaten (EU-27, Norwegen, Liechtenstein, Kroatien, Island) oder im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten sowohl für den Einsatz selbst als auch unter dem finanziellen Gesichtspunkt einen zusätzlichen Vorteil darstellen könnte,

D. in der Erwägung, dass der Etat der Kommission für humanitäre Katastrophen und konkret der der GD ECHO nicht nur eingefroren wurde, sondern in den letzten fünf Jahren real leicht verringert wurde,

E.  in der Erwägung, das in den letzten Jahren Fortschritte hinsichtlich einer konsequenteren Katastrophenabwehr der EU gemacht wurden, insbesondere durch die allmähliche Stärkung des Katastrophenschutzmechanismus, die bessere Interaktion/Koordinierung von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe und die Erkenntnis, dass ein umfassender Ansatz für den Katastrophenschutz nicht nur Reaktion, sondern auch Prävention und Einsatzfähigkeit umfasst,

F.  in der Erwägung, dass die Reaktion der Europäischen Union auf das Erdbeben in Haiti nicht nur eine rasche, umfassende und breit angelegte humanitäre Hilfsintervention, sondern auch die Aktivierung des Katastrophenschutzmechanismus auslöste, was erstmals den Einsatz zweier Module (einer Wasseraufbereitungsanlage und eines medizinischen Vorpostens) ermöglichte, die mit Mitteln aus der vorbereitenden Maßnahme „Stärkung der Fähigkeit der EU zur raschen Reaktion auf Krisen“ (Haushaltsplan 2008) finanziert wurden,

G. in der Erwägung, dass aus den jüngsten Krisen die Lehre gezogen werden muss, dass die Interventionen der EU im Katastrophenfall in Bezug auf Effizienz, Koordinierung und Öffentlichkeitswirksamkeit weiter verbessert werden müssen, und dass diese Katastrophen erneut deutlich gemacht haben, dass unbedingt ein europäisches Instrument zur raschen Reaktion auf Krisen (europäische Katastrophenschutztruppe) aufgebaut werden muss,

H. in der Erwägung, dass die Fähigkeit der EU, das Leben und das Eigentum der Bürger zu schützen, für ihre Glaubwürdigkeit entscheidend ist,

1.  richtet folgende Empfehlungen an den Rat,

a)  erkennt an, dass die Zusammenlegung von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe im Portfolio ein und desselben für humanitäre Hilfe und Krisenreaktion zuständigen Kommissionsmitglieds größere Synergien innerhalb der Kommission schafft und dazu beiträgt, die Kohärenz der Gesamtreaktion der EU im Katastrophenfall zu stärken;

b)  fordert eine stärkere Integration der Arbeitsmethoden von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe innerhalb der GD ECHO bei gleichzeitiger Wahrung ihrer jeweiligen Besonderheiten durch die Beibehaltung einer klaren Unterscheidung und Abgrenzung ihrer jeweiligen Rollen, damit die Synergieeffekte maximiert, größte Komplementarität gewährleistet und die Effizienz verbessert werden; fordert ferner, dass das militärische und zivile Personal sowie die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen, die bei humanitären Katastrophen und Operationen eingreifen, nach den Grundsätzen der Neutralität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit handeln;

c)  bekräftigt, dass – sofern Katastrophenschutzressourcen bei humanitären Krisen eingesetzt werden – dieser Einsatz gemäß dem Europäischen Konsens zur humanitären Hilfe und gemäß den Leitlinien der Vereinten Nationen (Osloer Leitlinien) bedarfsorientiert sein und zusätzlich zu humanitärer Hilfe und im Einklang mit der humanitären Hilfe erfolgen sollte, insbesondere um die Wahrung der humanitären Grundsätze der Neutralität, der Menschlichkeit, der Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit zu gewährleisten;

d)  fordert nachdrücklich, dass die EU-Hilfe im Falle von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen nach Möglichkeit auf eine Unterstützung der lokalen Wirtschaft abzielen sollte, indem beispielsweise in der jeweiligen Gegend oder Region erzeugte Nahrungsmittel gekauft werden und den Landwirten das Notwendige zur Verfügung gestellt wird, um so die ländliche Wirtschaft wieder anzukurbeln;

      e)   fordert den Rat und die Kommission auf, die Bedingungen für die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) und der Kommission bei der Abwicklung breit angelegter Katastrophenschutzeinsätze außerhalb der Europäischen Union festzulegen;

f)   regt an, dass eine lokale Koordinierung in Zusammenarbeit mit der nationalen Regierung des betroffenen Staates unter Einbeziehung der Vertreter der EU und der Mitgliedstaaten vor Ort angestrebt wird, um so eine gezielte und angemessene Unterstützung der betroffenen Ortschaften sicherzustellen;

g)  fordert den Rat auf, als höchste Priorität die Katastrophenabwehrkapazitäten der EU zu stärken, insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion über die Schaffung einer Katastrophenschutztruppe der EU, und den wiederholten Aufforderungen des Europäischen Parlaments, die im Barnier-Bericht aus dem Jahr 2006 unterbreiteten Vorschläge umzusetzen, Folge zu leisten;

h)  fordert die sofortige Einrichtung einer europäischen Katastrophenschutztruppe, die mit den erforderlichen technologischen und technischen Mitteln angemessen ausgestattet werden muss;

i)   fordert ferner im Zusammenhang mit Operationen im Anschluss an ein Unglück oder eine Naturkatastrophe eine bessere Koordinierung zwischen den Hilfsorganisationen und den Zivilschutzmechanismen der Mitgliedstaaten, der GD ECHO und der möglichen europäischen Katastrophenschutztruppe;

j)   fordert die Kommission auf, mit Blick auf in den jeweiligen Gemeinschaften verankerte Kapazitäten für die Katastrophenvorbeugung und das Katastrophenmanagement Programme in Zusammenarbeit mit den nationalen Regierungen, den lokalen Behörden und Organisationen der Zivilgesellschaft in den begünstigten Ländern auszuarbeiten;

k)  ermutigt den Rat, nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (auf Vorschlag der Kommission) Maßnahmen anzunehmen, um die Vorhersehbarkeit und die Vorausplanbarkeit des gegenwärtigen Katastrophenschutzmechanismus der EU zu verbessern, der momentan auf freiwilligen Ad-hoc-Beiträgen der Mitgliedstaaten beruht; regt an, dass diese Maßnahmen Verfahren einschließen könnten, die im Rahmen der Vorbereitenden Maßnahme der EU getestet werden, einschließlich Bereitstellung von Material auf Ebene der EU, freiwillige Zusammenlegung von Ressourcen, Erhebung bestehender Kapazitäten, Festlegung von Szenarien und Entwicklung von Weiterbildungsmaßnahmen;

l)   verlangt ferner realistische Haushaltspläne, in deren Rahmen ausgehend von den Erfahrungen mit den Ausgaben früherer Jahre Mittel für Naturkatastrophen oder humanitäre Maßnahmen bereitgestellt werden;

m) vertritt die Ansicht, dass die Katastrophenschutztruppe der EU auf dem Katastrophenschutzmechanismus der EU aufbauen und eine Optimierung der verfügbaren Instrumente hinsichtlich ihrer Effizienz und Öffentlichkeitswirksamkeit bewirken sowie die bestehenden logistischen und personellen Ressourcen auf freiwilliger Basis bündeln sollte, sei es im Bereich der Schulung für die Reaktion im Katastrophenfall oder im Bereich des Katastrophenschutzes, indem Initiativen im Rahmen von vorbereitenden Maßnahmen entwickelt werden, und dass sie in der Lage sein sollte, innerhalb von 24 Stunden nach Eintritt einer Katastrophe erste Hilfe zu leisten;

n)  empfiehlt, dass die Katastrophenschutztruppe der EU auf folgenden Grundsätzen beruhen sollte:

– Bedarfsermittlung unter Beteiligung aller Stellen, die humanitäre Maßnahmen durchführen,

– ziviler Charakter,

– Tätigkeit unter der Flagge der EU,

– Achtung des humanitären Völkerrechts,

– Achtung der Freiwilligkeit der Beteiligung der Mitgliedstaaten an dem zu schaffenden Instrumentarium,

– Prinzip der Lastenteilung,

– Offenheit für Beiträge von Nicht-EU-Mitgliedstaaten,

– Anerkennung der globalen Rolle der Vereinten Nationen bei der Koordinierung internationaler Soforthilfe in Drittländern;

– Organisation im Vorgriff auf mögliche Einsätze anhand von Szenarien;

o)  ist der Ansicht, dass sich die EU insbesondere bei humanitären Hilfsoperationen unter Berücksichtigung der bei den Interventionen in Haiti und Pakistan gelernten Lehren nach Möglichkeit unter der Koordinierung der UNO vorgehen und sich auf solche Interventionsbereiche konzentrieren muss, in denen ihr Eingreifen einen größeren Mehrwert schaffen kann;

p)  geht davon aus, dass die europäische Katastrophenschutztruppe in einer Verpflichtung bestimmter Mitgliedstaaten bestehen könnte, freiwillig Katastrophenschutzmodule zur Verfügung zu stellen, die vorab festgelegt sind und unverzüglich bei vom Beobachtungs- und Informationszentrum (MIC) koordinierten EU-Operationen zum Einsatz gelangen können, dass die meisten dieser Module, die auf einzelstaatlicher Ebene bereits verfügbar sind und somit keine hohen Zusatzkosten mit sich bringen, unter ihrer Aufsicht verbleiben würden und dass der Einsatz dieser in Bereitschaft gehaltener Module den Kern des Katastrophenschutzes der EU bilden würde, um Katastrophen innerhalb und außerhalb der EU zu bewältigen;

q)  ist der Auffassung, dass ergänzende Katastrophenschutzmodule für spezielle Erfordernisse, bei denen Defizite festgestellt wurden und die Ausführung auf EU-Ebene einen zusätzlichen Nutzen böte, durch die EU finanziert werden könnten, und betont, dass die Finanzmittel für den Transport aufgestockt und in Bereitschaft befindliche Transportmodule entwickelt werden sollten;

r)   betont die Notwendigkeit, einen umfassenden und vorausschauenden Ansatz für den Umgang mit Katastrophen zu entwickeln, in dessen Rahmen die verschiedenen Handlungsinstrumente, die der Union und ihren Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, z. B. (ziviles und militärisches) Krisenmanagement, Finanzhilfe und Entwicklungsarbeit oder sozial- und umweltpolitische Maßnahmen, koordiniert werden; ist in diesem Zusammenhang davon überzeugt, dass der Übergang zwischen Katastrophenmanagement und dem Wiederaufbau nach Katastrophen effizienter gestaltet werden sollte; erinnert an den Vorschlag, gemäß den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon (Artikel 214 Absatz 5) ein Europäisches Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe zu schaffen, und fordert in Anbetracht der Tatsache, dass 2011 das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit ist, die Europäische Kommission und den Rat auf, so bald wie möglich zusammen mit dem Europäischen Parlament Regeln und Verfahren für die Arbeitsweise des Korps auszuarbeiten, insbesondere angesichts der Tatsache, dass einige Mitgliedstaaten bereits ähnliche Initiativen ergriffen haben;

s)  weist den Rat darauf hin, dass militärische Mittel und Fähigkeiten beim Katastrophenschutz, insbesondere zur Unterstützung humanitärer Hilfsoperationen in den Bereichen Logistik, Transport und Infrastruktur, nur ausnahmsweise, als letzter Ausweg und immer im Einklang mit bestehenden Vereinbarungen wie dem Europäische Konsens über die Humanitäre Hilfe und den Osloer Leitlinien für den Einsatz von militärischen Mitteln und Zivilschutzmitteln bei der Katastrophenhilfe eingesetzt werden sollten;

t)   erkennt an, dass Militär- und Zivilschutzmittel gemäß dem Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe und den Osloer Leitlinien bei der Katastrophenhilfe nur als „letzte Möglichkeit“ zum Einsatz kommen sollten; weist darauf hin, dass militärische Mittel zusammen mit dem Katastrophenschutz und der humanitären Hilfe oft einen wichtigen Beitrag zum Katastrophenmanagement darstellen, und stellt fest, dass Militärmaterial notwendig sein kann, um kritische Kapazitätslücken zu schließen (insbesondere im Bereich von strategischen Transporten, spezifischen Mitteln, Schwermaschinen und Schwertransporten); betont daher, dass ein umfassender Ansatz entwickelt und die Synergieeffekte zwischen zivilen und militärischen Instrumenten verstärkt sowie Bereiche ausfindig gemacht werden müssen, in denen die Mitgliedstaaten ihre Arbeit und ihre Instrumente auf EU-Ebene bündeln können, um einen Beitrag zur Katastrophenhilfe der EU zu leisten, was insbesondere in einer schwierigen Wirtschaftslage von großer Bedeutung ist;

u)  betont, dass ständig verfügbare zivile Instrumente der EU, die unabhängig von militärischen Strukturen operieren, aufgebaut und Bereiche ausfindig gemacht werden müssen, in denen die Mitgliedstaaten in diesem Sinne ihre Arbeit und ihre Instrumente auf EU-Ebene bündeln können;

v)  fordert den Rat und die Kommission auf, bei der Umsetzung eines Aktionsplans für Öffentlichkeitswirksamkeit, der konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Öffentlichkeitswirksamkeit der Katastrophenhilfe der EU einschließen sollte, zusammenzuarbeiten;

w) spricht sich für die Nutzung des Systems für die Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung (GMES) zwecks Überwachung potenzieller Krisengebiete aus, was eine höhere Einsatzbereitschaft für die Entsendung humanitärer Hilfe ermöglichen würde, und betont, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass ein Follow-up-Mechanismus für EU-Maßnahmen und die Bewertung der geleisteten Hilfe geschaffen wird;

x)  fordert dazu auf, Forschungshaushalte und industrielle Kapazitäten aufzubauen (zum Beispiel die Erstellung von Satellitenbildern im Rahmen des Programms GMES), um die einzelnen Phasen des Katastrophenschutzes zu verbessern;

y)  fordert den Rat auf, die oben aufgeführten Empfehlungen zu berücksichtigen, wenn er die von der Kommission angekündigte Mitteilung über die Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union prüft und diesbezügliche Schlussfolgerungen formuliert;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und - zur Information - der Kommission zu übermitteln.

BEGRÜNDUNG

Einleitung

Die Häufung größerer Katastrophen – seien es Naturkatastrophen oder vom Menschen verursachte Katastrophen – außerhalb der Europäischen Union in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass vermehrt Forderungen nach einer besseren Reaktionsfähigkeit im Katastrophenfall laut wurden. Die Reaktionsfähigkeit der EU im Katastrophenfall hat sich seit der Schaffung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz im Jahr 2001 zwar ständig weiterentwickelt, doch muss noch viel mehr unternommen werden, um eine koordinierte, kohärente und sichtbare Reaktion der EU zu gewährleisten.

Die Kommission wies in ihrer Mitteilung vom März 2008 mit dem Titel „Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union“ auch auf diese notwendige größere Kohärenz hin. Die Mitteilung sollte ein erster Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden und integrierten Reaktionsfähigkeit der EU sein. Sie enthielt einen Aktionsplan mit einer Reihe von konkreten Maßnahmen und dem Ziel, schrittweise eine stärker integrierte Koordinierung zwischen den verschiedenen Instrumenten zur Reaktion im Katastrophenfall herzustellen.

Einer der größten Schritte hin zu einer stärker integrierten Reaktion war seitdem die Zusammenlegung von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe im Portfolio ein und desselben Kommissionsmitglieds. Es ist zwar zu früh, um die Ergebnisse zu beurteilen, doch besteht kein Zweifel, dass durch diesen Neuzuschnitt des Portfolios neue Möglichkeiten für stärkere Kohärenz und Koordinierung der Reaktion der EU im Katastrophenfall geschaffen werden. Doch sind auch zwei Jahre nach der Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 2008 viele in dem Aktionsplan enthaltene Maßnahme noch nicht umgesetzt, obwohl die Reaktion der EU auf die jüngsten Krisen die Grenzen des derzeitigen Systems aufgezeigt hat.

Es ist höchste Zeit, die politische Bedeutung einer Stärkung der Reaktionsfähigkeit der EU im Katastrophenfall anzuerkennen, und es sollten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um dieses Ziel zu erreichen. In diesem Zusammenhang ist es bedauerlich, dass viele konkrete Vorschläge aus dem Barnier-Bericht von 2006 über die Einsetzung einer Katastrophenschutztruppe der EU weitgehend ignoriert oder nur in begrenztem Umfang umgesetzt wurden.

Da die Entscheidung, einen Initiativbericht zu verfassen, ursprünglich durch die Lage in Haiti ausgelöst wurde, umfasst der vorliegende Bericht nur die externe Dimension der Reaktionsfähigkeit der EU im Katastrophenfall.

Lehren aus den jüngsten Krisen mit besonderem Augenmerk auf Haiti

Die Reaktion der EU auf das Erdbeben in Haiti, zu der insbesondere die Aktivierung des Unionsverfahrens für den Katastrophenschutz, der Einsatz von Militärmaterial und die Entsendung umfangreicher humanitärer Hilfe gehörten, hat die Komplexität der bestehenden Instrumente und Verfahren deutlich vor Augen geführt.

Obgleich eine rasche und umfangreiche Reaktion der Mitgliedstaaten und der EU-Organe erfolgt ist, hat das Krisenmanagement doch auch eine Reihe von Herausforderungen im Hinblick auf Effizienz, Koordinierung und Öffentlichkeitswirksamkeit deutlich gemacht.

· Die Herausforderung der Effizienz

Was die humanitäre Hilfe anbelangt, so war die Reaktion zugegebenermaßen äußerst schnell und wirksam; es wurden umgehend ECHO-Sachverständige vor Ort entsandt und innerhalb von 24 Stunden wurde humanitäre Soforthilfe in Höhe von 3 Millionen EUR zugewiesen. Die ursprüngliche Hilfe wurde später um zusätzliche Mittel ergänzt, sodass insgesamt ein Betrag von 120 Millionen EUR zur Verfügung gestellt wurde.

Das Unionsverfahren für den Katastrophenschutz wurde noch am Tage des Erdbebens aktiviert und die Unterstützung durch das Beobachtungs- und Informationszentrum war recht umfangreich – mit Such- und Rettungsteams für Stadtgebiete, ärztlichen Teams sowie der Bereitstellung von Versorgungsmaterial, Schutz und Wasseraufbereitung.

Obwohl das System im Falle Haitis relativ gut funktioniert hat, verzögert sich das Entsenden von EU-Hilfe im Katastrophenfall zwangsläufig, und zwar wegen der Mechanismen des derzeitigen Systems, das auf freiwilligen Ad-hoc-Beiträgen beruht, die wiederum den einzelnen nationalen Entscheidungsprozessen unterliegen. Eine der größten Schwächen des Systems liegt darin, dass es nicht möglich ist, von vornherein zu gewährleisten, dass das wesentliche Material zur Verfügung steht und dass größere Lücken vermieden werden.

Zu den positiven Lehren, die aus dem Fall Haiti gezogen werden können, gehört die Tatsache, dass die Kommission zum ersten Mal in der Lage war, eine Wasseraufbereitungsanlage (unter französischer Leitung) und einen medizinischen Vorposten mit Chirurgie (unter italienischer Leitung) einzusetzen, die dank Mitteln aus der vorbereitenden Maßnahme „Stärkung der Fähigkeit der EU zur raschen Reaktion auf Krisen“ (Haushaltsplan 2008) ununterbrochen einsatzbereit waren.

Die ermutigenden Ergebnisse der vorbereitenden Maßnahme des Jahres 2008 sollten umfassender bewertet und die Idee eines auf freiwilliger Basis beruhenden Pools mit Material aus Mitgliedstaaten, das für die sofortige Entsendung im Rahmen von EU-Operationen zur Verfügung steht, sollte weiterentwickelt werden. In diesem Zusammenhang möchte die Berichterstatterin den Rat und die Kommission an folgende Empfehlung im Barnier-Bericht erinnern: Nur bereits im Vorfeld getroffene Vorkehrungen und ein Zusammenlegen bestehender Ressourcen können zum Entstehen einer europäischen Katastrophenschutztruppe führen.

Die Katastrophe in Haiti hat ferner gezeigt, dass der Einsatz von Militärmaterial äußerst nützlich sein kann, wenn es darum geht, Nothilfemaßnahmen zu ergänzen. Es wird wichtig sein herauszufinden, wie der ordnungsgemäße Einsatz von Militärmaterial im Katastrophenfall wirksamer gestaltet werden kann.

In diesem Zusammenhang sollten beim Einsatz von Militärmaterial und militärischen Kapazitäten als Teil einer unter ziviler Leitung erfolgenden Reaktion auf Naturkatastrophen unter allen Umständen auch weiterhin die bestehenden Leitlinien wie der Europäische Konsens über die humanitäre Hilfe und die Osloer Leitlinien für den Einsatz von Militär- und Zivilschutzmitteln bei der Katastrophenhilfe befolgt werden.

· Die Herausforderung der Koordinierung

Angesichts des Ausmaßes der Krise und der Zahl der beteiligten Akteure erwies sich der Koordinierungsprozess im Anschluss an das Erdbeben als eine große Herausforderung, sowohl auf operationeller als auch auf strategischer/politischer Ebene.

Wie bereits erwähnt, erfolgte die Koordinierung durch das Beobachtungs- und Informationszentrum (MIC) in Haiti recht effizient, aber es gab (und gibt noch immer) Fälle, in denen nationale Hilfe ohne jede vorherige Koordinierung geleistet wurde.

Im Zusammenhang mit Haiti führten ECHO und das MIC rasch Gemeinsame Bedarfsbewertungen durch, der Informationsaustausch und die Organisation Gemeinsamer Bedarfsbewertungen mit den EU-Mitgliedstaaten in der Phase der sofortigen Nothilfe gestalteten sich allerdings schwierig. So entstanden verschiedene, sich überschneidende Informationskanäle, was die angemessene Mobilisierung der verfügbaren Soforthilfe erschwerte. Wie bereits weiter oben erwähnt, wurde die Koordinierung auf der Ebene der Kommission dadurch erleichtert, dass vor kurzem der Katastrophenschutz und die humanitäre Hilfe in einer GD zusammengelegt wurden. Diese neue Verteilung der Geschäftsbereiche führte zu vermehrten Konsultationen innerhalb der Dienststelle und bot Möglichkeiten für gemeinsame Bewertungen und eine gemeinsame Nutzung von Informationen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass sofern „[...] Katastrophenschutzressourcen bei humanitären Krisen eingesetzt [werden], [...] dieser Einsatz bedarfsorientiert [sein] und zusätzlich zu humanitärer Hilfe und im Einklang mit der humanitären Hilfe [erfolgen sollte]“, wie im Europäischen Konsens über die Humanitäre Hilfe festgelegt ist.

Zudem ereignete sich die Krise in Haiti in einem Moment, in dem sich die Institutionen – mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und den Diskussionen über die Einrichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) – gerade im Wandel befanden. Bei der Bewältigung der Krise in Haiti wurden Bemühungen unternommen, durch eine verstärkte Interaktion zwischen den Dienststellen der Kommission und dem Rat den Vertrag von Lissabon sinngemäß anzuwenden.

Doch auf das Erdbeben folgte eine Phase der Verwirrung im Hinblick darauf, wer bei der Koordinierung der Gesamtaktion der EU die Führungsrolle übernehmen sollte. Angesichts der Ausmaße der Krise wurde die Koordinierung der EU-Hilfe schließlich von der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin Ashton in enger Zusammenarbeit mit dem Kommissionsmitglied für internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion, Frau Georgieva, übernommen.

Es ist zu erwarten, dass der EAD für die Zukunft einen einheitlichen Krisenreaktionsstab einrichtet, was eine Rationalisierung der bestehenden Krisenplattformen erfordert. Es sind klare Koordinierungsmechanismen zwischen den Dienststellen der Kommission und dem Sekretariat des Rates zu schaffen, auch im Hinblick auf die Koordinierung und den Einsatz von Militärmaterial der EU im Katastrophenfall.

· Die Herausforderung der Öffentlichkeitswirksamkeit

Die fehlende Öffentlichkeitswirksamkeit der EU-Hilfe wurde als eines der größten Defizite der EU-Intervention in Haiti angeführt. Dieselbe Kritik wurde auch in Bezug auf die EU-Einsätze bei den Überschwemmungen in Pakistan im Juli/August 2010 geäußert.

Durch klare Vereinbarungen und Verfahren sollte die doppelte Öffentlichkeitswirksamkeit von Katastrophenschutzeinsätzen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz (sowohl in Bezug auf die Mitgliedstaaten als auch auf die Europäische Union) gewährleistet werden. Eine erste wesentliche Voraussetzung für eine solche doppelte Öffentlichkeitswirksamkeit ist jedoch der politische Wille der Mitgliedstaaten, Informationen und Material unter einer einheitlichen EU-Flagge, und nicht unter der jeweiligen nationalen Flagge, zusammenzuführen.

Was die Öffentlichkeitswirksamkeit angeht, sollte auch der verbesserten Überwachung und einer stärkeren Kommunikation im Zusammenhang mit der Katastrophenhilfe der EU größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es sollten laufend Informationen bereitgestellt werden, und die Daten sollten auch nach der Phase der Nothilfe ständig aktualisiert werden.

Angaben zur Kontrolle des Mitteleinsatzes und Informationen über die Ergebnisse sollten veröffentlicht werden, um der europäischen Öffentlichkeit vor Augen zu führen, dass tatsächlich konkrete und gut organisierte Hilfe geleistet wurde.

Schlussfolgerungen

Die kurze Analyse der Lehren, die wir aus der Krise in Haiti gezogen haben, macht deutlich, dass die Reaktionsfähigkeit der EU im Katastrophenfall noch weiter reformiert werden muss. In diesem Zusammenhang ist auch zu betonen, dass eine effizientere und schnellere Reaktion auf Notfälle den starken politischen Willen der verschiedenen Beteiligten voraussetzt.

Es wurden zwar vor kurzem Bemühungen unternommen, um die Kohärenz und Koordinierung zwischen Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe bei der Reaktion der EU zu verstärken, doch gab es bislang kaum Schritte zur Schaffung einer europäischen Katastrophenschutztruppe. Es ist höchste Zeit, in diesem Bereich größere Fortschritte zu machen, insbesondere durch die Umsetzung der konkreten Vorschläge im Barnier-Bericht von 2006 („Für eine europäische Katastrophenschutztruppe“).

ENTWURF EINER EMPFEHLUNG AN DEN RAT B7‑0228/2010 (23.3.2010)

gemäß Artikel 121 Absatz 1 der Geschäftsordnung

über die Schaffung eines Instruments der EU zur raschen Reaktion auf Krisen

Anneli Jäätteenmäki, Charles Goerens, Louis Michel, Marielle De Sarnez, Frédérique Ries

im Namen der ALDE-Fraktion

Das Europäische Parlament,

–   unter Hinweis darauf, dass die EU weltweit rasch humanitäre Hilfe und Unterstützung leisten muss sowie unter Hinweis auf die erheblichen Anstrengungen, die die EU in diesem Bereich weltweit unternimmt,

–   unter Hinweis darauf, dass die vorhandene humanitäre Hilfe besser koordiniert und gebündelt werden muss, und zwar innerhalb von 24 Stunden nach einer Katastrophe,

–   unter Hinweis darauf, dass die Kommission nach dem jüngsten Erdbeben in Haiti zum ersten Mal mit Erfolg und mit Unterstützung des Parlaments zwei Module im Wege einer Vorbereitenden Maßnahme zur Stärkung der Fähigkeit der EU zur raschen Reaktion auf Krisen entwickelt hat,

–   in Kenntnis der Vorschläge im Barnier-Bericht „Für einen europäischen Katastrophenschutz: europe aid’, den Michel Barnier 2006 verfasst hat,

–   gestützt auf Artikel 121 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung,

1.  richtet folgende Empfehlungen an den Rat:

     er möge die Kommission auffordern, dem Parlament so bald wie möglich Vorschläge für die Schaffung einer EU-Katastrophenschutztruppe auf der Grundlage des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz vorlegen, sowie darüber, wie die Union innerhalb von 24 Stunden nach einer Katastrophe die notwendigen Ressourcen bereitstellen kann, um unmittelbar humanitäre Soforthilfe zu leisten;

     ein europäisches Instrumentarium für Kriseneinsätze sollte

•   ziviler und/oder humanitärer Status,

•   Einsatzmöglichkeit jederzeit und innerhalb kürzester Frist,

•   Tätigkeit unter der Flagge der EU,

•   Achtung des humanitären Völkerrechts,

•   Aufgeschlossenheit gegenüber der Zusammenarbeit mit anderen humanitären Akteuren,

•   Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem System der Vereinten Nationen,

•   Aufgeschlossenheit gegenüber Beiträgen von Drittländern,

•   Achtung der Freiwilligkeit der Beteiligung der Mitgliedstaaten an den geplanten Maßnahmen,

•   Bereitschaft zur ständigen Aktualisierung der jederzeit einsetzbaren personellen und materiellen Ressourcen,

•   Prinzip der „Lastenteilung“ als Basis;

     er möge die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und das für internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion zuständige Kommissionsmitglied ersuchen, bei der Koordinierung der Reaktion der Union auf Krisen die Federführung zu übernehmen und in diesem Zusammenhang die mit dem Vertrag von Lissabon geschaffenen Befugnisse zu nutzen, um die Reaktion der Union auf künftige Krisen wirksamer zu koordinieren, gleichzeitig aber auf das bisher Erreichte aufzubauen;

2.  beauftrag seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und - zur Information - der Kommission zu übermitteln.

STELLUNGNAHME des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (28.10.2010)

für den Entwicklungsausschuss

zur Schaffung eines Instruments der EU zur raschen Reaktion auf Krisen
(2010(2096(INI))

Verfasserin der Stellungnahme: Renate Weber

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten ersucht den federführenden Entwicklungsausschuss, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

1.  weist auf die zentrale Rolle der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin bei der Koordinierung von EU-Operationen in Drittländern und Drittlandsgebieten hin; betont, dass die Struktur und die Arbeitsmethoden des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) darauf ausgerichtet werden sollten, die Kohärenz und die Stimmigkeit der EU‑Aktionen in Krisensituationen sicherzustellen; fordert daher den Rat auf, der Hohen Vertreterin/Vizepräsidentin ein ständiges Mandat zu erteilen, das es ihr ermöglicht, einen Krisenstab einzuberufen, in dem Vertreter aller einschlägigen Dienststellen der Kommission und des Rates und aller Planungskapazitäten der EU (MIC, CMDP, EUMS, CPCC) vertreten sind, um die Reaktion der EU im Katastrophenfall zu koordinieren und so eine schnelle Aufnahme der Arbeit zu ermöglichen, ohne regelmäßig den Rat konsultieren zu müssen; schlägt vor, dass dieser Stab von einem Team unterstützt werden könnte, das innerhalb von wenigen Stunden nach Ausbruch der Krise einsatzfähig wäre, aus zivilen (CRT, MIC), militärischen und zivil-militärischen (EUMS, CPCC) Fachleuten bestehen und auch die von SITCEN und SATCEN bereitgestellten Informationen nutzen könnte;

2.  betont die Notwendigkeit einer optimalen Koordination zwischen dem EU‑Katastrophenmanagement und anderen EU-Instrumenten, insbesondere den zivilen und militärischen Missionen und Instrumenten im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) (z. B. Gefechtsverbänden), die bereits vor Ort umgesetzt werden oder nach einer Katastrophe eingerichtet werden könnten; betont ferner, dass das Katastrophenmanagement der EU auch verfügbare multinationale Streitkräfte wie das Europäische Lufttransportkommando in Eindhoven in Anspruch nehmen könnte, das beispielsweise eine Rolle bei der Koordinierung der strategischen Transportkapazitäten der Mitgliedstaaten spielen könnte;

3.  erkennt an, dass Militär- und Zivilschutzmittel gemäß dem Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe und den Osloer Leitlinien bei der Katastrophenhilfe nur als „letzte Möglichkeit“ zum Einsatz kommen sollten; erinnert daran, dass militärische Mittel zusammen mit dem Katastrophenschutz und der humanitären Hilfe oft einen wichtigen Beitrag zum Katastrophenmanagement darstellen, und weist darauf hin, dass Militärmaterial notwendig sein kann, um kritische Kapazitätslücken zu schließen (insbesondere im Bereich von strategischen Transporten, spezifischen Mitteln, Schwermaschinen und Schwertransporten); betont daher die Notwendigkeit, einen umfassenden Ansatz zu entwickeln und die Synergieeffekte zwischen zivilen und militärischen Instrumenten zu verstärken und Bereiche ausfindig zu machen, in denen die Mitgliedstaaten ihre Arbeit und ihre Instrumente auf EU-Ebene bündeln können, um einen Beitrag zur Katastrophenhilfe der EU zu leisten, was insbesondere in einer schwierigen Wirtschaftslage von großer Bedeutung ist;

4.  fordert daher die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin und die Mitgliedstaaten auf, beträchtliche Anstrengungen zu unternehmen, um Synergieeffekte im Bereich der dualen, sowohl zivilen als auch militärischen, Nutzung strategischer Lufttransportkapazitäten zu untersuchen; begrüßt in dieser Hinsicht die Kooperation zwischen dem Beobachtungs- und Informationszentrum (MIC) und dem Planungsstab der EU für Transport und Bewegung (European Union Movement Planning Cell, EUMPC) beim Einsatz der EU als Reaktion auf die Katastrophe in Pakistan; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Lufttransportkapazitäten, die im Europäischen Lufttransportkommando (EATC) gebündelt worden sind, erheblich aufzustocken und gleichzeitig eine duale, sowohl zivile als auch militärische, Nutzung diese Kapazitäten sicherzustellen; begrüßt in dieser Hinsicht den Vorschlag des belgischen Ratsvorsitzes, ein multinationales Hubschrauberkorps im Rahmen des EATC einzurichten, das sowohl für zivile als auch militärische Aufgaben eingesetzt werden soll;

5.  fordert den Rat auf, die laufenden Diskussionen über die Verbesserung der Voraussagbarkeit des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz fortzusetzen, und fordert die sofortige Einrichtung einer Europäischen Katastrophenschutztruppe, wie sie bereits 2006 im Barnier-Bericht vorgeschlagen wurde;

6.  betont die Notwendigkeit, einen umfassenden und vorausschauenden Ansatz für den Umgang mit Katastrophen zu entwickeln, in dessen Rahmen die verschiedenen Handlungsinstrumente, die der Union und ihren Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, z. B. (ziviles und militärisches) Krisenmanagement, Finanzhilfe und Entwicklungsarbeit oder sozial- und umweltpolitische Maßnahmen, koordiniert werden; ist in diesem Zusammenhang davon überzeugt, dass der Übergang zwischen Katastrophenmanagement und dem Wiederaufbau nach Katastrophen effizienter gestaltet werden sollte; erinnert an den Vorschlag, gemäß den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon (Artikel 214, Absatz 5) ein Europäisches Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe zu schaffen, und fordert in Anbetracht der Tatsache, dass 2011 das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit ist, die Europäische Kommission und den Rat auf, so bald wie möglich zusammen mit dem Europäischen Parlament Regeln und Verfahren für die Arbeitsweise des Korps auszuarbeiten, insbesondere angesichts der Tatsache, dass einige Mitgliedstaaten bereits ähnliche Initiativen ergriffen haben;

7.  weist auf die bestehenden Strukturen, Mittel und Instrumente hin, die im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) seit den Tagungen des Europäischen Rats in Helsinki und Feira entwickelt worden sind, und betont, dass ziviles Krisenmanagement (einschließlich ziviler Krisenreaktionsteams) über den Haushalt der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU (GASP) finanziert werden kann; unterstützt daher die Entwicklung eines Instruments zur raschen Reaktion auf Krisen, das keine Verdopplung, sondern eine Ergänzung der im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik bestehenden Strukturen und Instrumente darstellt;

8.  weist auf die Notwendigkeit hin, die Koordinierungsfunktion der Vereinten Nationen zu respektieren und den Beitrag anderer internationaler Akteure anzuerkennen.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

28.10.2010

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

39

8

2

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Gabriele Albertini, Pino Arlacchi, Franziska Katharina Brantner, Frieda Brepoels, Elmar Brok, Arnaud Danjean, Mário David, Marietta Giannakou, Ana Gomes, Andrzej Grzyb, Takis Hadjigeorgiou, Anneli Jäätteenmäki, Tunne Kelam, Andrey Kovatchev, Eduard Kukan, Vytautas Landsbergis, Sabine Lösing, Ulrike Lunacek, Kyriakos Mavronikolas, Alexander Mirsky, Annemie Neyts-Uyttebroeck, Raimon Obiols, Kristiina Ojuland, Ria Oomen-Ruijten, Pier Antonio Panzeri, Vincent Peillon, Alojz Peterle, Hans-Gert Pöttering, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Nikolaos Salavrakos, Jacek Saryusz-Wolski, Werner Schulz, Adrian Severin, Charles Tannock, Zoran Thaler, Geoffrey Van Orden, Kristian Vigenin, Graham Watson

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Christian Ehler, Kinga Gál, Georgios Koumoutsakos, Barbara Lochbihler, Norbert Neuser, Vittorio Prodi, Potito Salatto, Judith Sargentini, Marietje Schaake, Traian Ungureanu, Renate Weber

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

9.11.2010

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

20

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Thijs Berman, Corina Creţu, Nirj Deva, Charles Goerens, Catherine Grèze, András Gyürk, Eva Joly, Filip Kaczmarek, Gay Mitchell, Norbert Neuser, Bill Newton Dunn, Maurice Ponga, Birgit Schnieber-Jastram, Michèle Striffler, Alf Svensson, Eleni Theocharous, Ivo Vajgl, Anna Záborská, Iva Zanicchi

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter(innen)

Judith Sargentini