BERICHT über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Hans-Peter Martin

10.3.2008 - (2007/2215(IMM))

Rechtsausschuss
Berichterstatterin: Diana Wallis

Verfahren : 2007/2215(IMM)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0071/2008
Eingereichte Texte :
A6-0071/2008
Aussprachen :
Abstimmungen :
Angenommene Texte :

VORSCHLAG FÜR EINEN BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

über den Antrag auf Aufhebung der Immunität von Hans-Peter Martin

(2007/2215(IMM))

Das Europäische Parlament,

–   befasst mit einem vom Ständigen Vertreter der Republik Österreich am 24. September 2007 übermittelten und am 27. September 2007 im Plenum bekannt gegebenen Antrag auf Aufhebung der Immunität von Hans-Peter Martin,

–   nach Anhörung von Hans-Peter Martin gemäß Artikel 7 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung,

–   gestützt auf Artikel 10 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8. April 1965 und auf Artikel 6 Absatz 2 des Aktes vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments,

–   in Kenntnis der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Mai 1964 und vom 10. Juli 1986[1],

–   unter Hinweis auf Artikel 57 des Österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes,

–   gestützt auf Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 7 seiner Geschäftsordnung,

–   in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses (A6‑0071/2008),

1.  beschließt, die Immunität von Hans-Peter Martin aufzuheben;

2.  beauftragt seinen Präsidenten, diesen Beschluss und den Bericht seines zuständigen Ausschusses unverzüglich der zuständigen Behörde der Republik Österreich zu übermitteln.

  • [1]  Rechtssache 101/63, Wagner/Fohrmann und Krier, Slg. 1964, S. 419, und Rechtssache 149/85, Wybot/Faure und andere, Slg. 1986, S. 2403.

BEGRÜNDUNG

Am 12. Oktober 2007 übermittelte der Präsident des Europäischen Parlaments dem Vorsitzenden des Rechtausschusses ein Schreiben des Ständigen Vertreters Österreichs mit einem Antrag des Landesgerichts für Strafsachen Wien auf Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Hans-Peter Martin.

Dem Schreiben des Ständigen Vertreters liegt ein Schreiben des österreichischen Bundesministeriums für Justiz sowie ein Schreiben des Landesgerichts für Strafsachen Wien bei. Während sich das Schreiben des Bundesministeriums für Justiz auf die Aufhebung der Immunität von Hans-Peter Martin gemäß Artikel 10 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen bezieht, bezieht sich das Schreiben des Landesgerichts für Strafsachen Wien auf die Aufhebung der Immunität, die den Mitgliedern des Europäischen Parlaments durch Artikel 9 des Protokolls zugestanden wird.

Da die durch Artikel 9 des Protokolls zugestandene Immunität nicht aufgehoben werden kann, muss davon ausgegangen werden, dass sich der Antrag auf Aufhebung der Immunität auf Artikel 10 bezieht.

Die Fakten

Am 6. Juni 2007 erhob die Merkur Treuhand Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH beim Landesgericht für Strafsachen Wien Privatanklage gegen Hans-Peter Martin wegen Kreditschädigung nach § 152 des Österreichischen Strafgesetzbuchs, weil dieser sowohl auf seiner Homepage www.hpmartin.net als auch im Wege einer APA OTS-Aussendung OTS0189 5 II 0473 NEF0006 im Zusammenhang mit den gegen ihn von Seiten des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung OLAF erhobenen Vorwürfen der missbräuchlichen Verwendung der Sekretariatszulage für Mitarbeiter die Behauptung verbreitet hat, dass in einer umfassenden Detailrecherche nunmehr festgestellt worden sei, dass es keinerlei Missbrauch von EU-Geldern durch ihn gegeben hätte und dass lediglich ein Formfehler des seinerzeitigen Kontenbetreuers, des Steuerberaters Christoph Matznetter, inzwischen Staatssekretär für Finanzen in der österreichischen Regierung, bemängelt worden sei, da dieser drei Computer für Mitarbeiter und zwei Telefonabrechnungen fälschlicherweise über die Sekretariatszulage anstatt über die Bürokostenzulage abgebucht hätte.

Die Privatanklägerin Merkur Treuhand Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH erblickt in diesen Behauptungen die Verwirklichung des Tatbestandes der Kreditschädigung, weil der Name Christoph Matznetter, der über Jahre hinweg Gesellschafter und Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Privatanklägerin war, mit dieser untrennbar verbunden ist und sowohl Herr Matznetter als auch die Privatanklägerin durch die Ausführungen von Herrn Martin als beruflich inkompetent dargestellt würden, was bei Klienten der Privatanklägerin eine schlechte Betreuungs- und Beratungstätigkeit befürchten lasse. Ein langjähriger Mandant der Privatanklägerin habe aus diesem Grund bereits sein Vertragsverhältnis zur Privatanklägerin beendet. Da Hans-Peter Martin in Kenntnis des Umstandes sei, dass tatsächlich nicht die Privatanklägerin für etwaige Fehler bei der Abrechnung der Sekretariatszulage verantwortlich sei, sondern die Abrechnung in der erfolgten Form ausdrücklich auf Weisung von Hans-Peter Martin erfolgt sei, habe dieser das objektive und subjektive Tatbild der Kreditschädigung erfüllt und sei schuldangemessen zu bestrafen.

Gleichzeitig beantragte die Privatanklägerin, Hans-Peter Martin als Medieninhaber der Homepage www.hpmartin.net und der APA OTS-Aussendung OTS0189 5 II 0473 NEF0006 gemäß § 34 Absatz 1 (in eventu gemäß § 34 Absatz 3) des Österreichischen Mediengesetzes zur Veröffentlichung des Urteils und gemäß § 33 Absatz 1 (in eventu gemäß § 33 Absatz 2) des Österreichischen Mediengesetzes zur Einziehung (Löschung) der die strafbare Handlung begründenden Stellen zu verurteilen.

Wie der Juristische Dienst des Parlaments ausführt[1], strebt die Privatanklägerin an, dass auf Urteilsveröffentlichung, Löschung von Inhalten von Websites und Auferlegen der Kosten erkannt wird, doch könnte das Landesgericht für Strafsachen nach wie vor die in § 152 des Österreichischen Strafgesetzbuches vorgesehenen Strafen, nämlich eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe, verhängen. Ein derartiges Urteil würde sich allerdings nicht auf das Mandat von Hans-Peter Martin auswirken, da gemäß den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen Österreichs ein Mitglied des Europäischen Parlaments nur dann seinen Sitz verliert, wenn es zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird.

Die Rechtsvorschriften

Der Anklage gegen Hans-Peter Martin liegen folgende Bestimmungen zugrunde:

Österreichisches Strafgesetzbuch:

§ 152 Kreditschädigung

(1) Wer unrichtige Tatsachen behauptet und dadurch den Kredit, den Erwerb oder das berufliche Fortkommen eines anderen schädigt oder gefährdet, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Die Freiheits- und die Geldstrafe können auch nebeneinander verhängt werden.

(2) Der Täter ist nur auf Verlangen des Verletzten zu verfolgen.

Österreichisches Mediengesetz:

Einziehung

§ 33. (1) Im Strafurteil wegen eines Medieninhaltsdeliktes ist auf Antrag des Anklägers auf die Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke oder die Löschung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website zu erkennen (Einziehung). Gleiches gilt, unbeschadet des § 446 StPO, für freisprechende Urteile nach § 29 Abs. 3.

(2) Auf Antrag des Anklägers oder des zur Anklage Berechtigten ist auf Einziehung in einem selbständigen Verfahren zu erkennen, wenn in einem Medium der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung hergestellt worden ist und die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar ist, nicht beantragt oder nicht aufrechterhalten wird oder die Verurteilung aus Gründen, die eine Bestrafung ausschließen, nicht möglich ist. Wäre der Täter bei erbrachtem Wahrheitsbeweis nicht strafbar, so steht dieser Beweis nach Maßgabe des § 29 auch dem Medieninhaber als Beteiligtem (§ 41 Abs. 6) offen.

(2a) Die Einziehung ist unzulässig, wenn es sich um die Wiedergabe der Äußerung eines Dritten im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 4 gehandelt hat.

(3) Das Recht des zur Privatanklage Berechtigten, die Einziehung im selbständigen Verfahren zu begehren, erlischt nach sechs Wochen von dem Tage an, an dem ihm die strafbare Handlung und der Umstand bekanntgeworden sind, dass keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann.

(4) An Stelle der Einziehung ist dem Medieninhaber auf seinen Antrag hin aufzutragen, innerhalb einer ihm zu setzenden angemessenen Frist durch Abtrennung von Teilen, Überklebung oder auf eine andere geeignete Weise dafür zu sorgen, dass die die strafbare Handlung begründenden Stellen bei einer weiteren Verbreitung der Medienstücke nicht mehr wahrnehmbar sind.

(5) Wird auf Einziehung im selbständigen Verfahren erkannt, so treffen die Kosten des Verfahrens den Medieninhaber.

Urteilsveröffentlichung

§ 34. (1) Im Strafurteil wegen eines Medieninhaltsdelikts ist auf Antrag des Anklägers auf die Veröffentlichung der Teile des Urteils zu erkennen, deren Mitteilung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über die strafbare Handlung und ihre Aburteilung erforderlich ist. Die zu veröffentlichenden Teile des Urteils sind im Urteilsspruch anzuführen. Hiebei kann das Gericht, soweit dies zur leichteren Verständlichkeit des Urteilsinhalts oder zur Beschränkung des Umfangs der Veröffentlichung geboten erscheint, den Wortlaut von Teilen des Urteils durch eine gedrängte Darstellung ersetzen.

(2) Bei einer Verleumdung, einer strafbaren Handlung gegen die Ehre oder wenn eine andere mit Strafe bedrohte Handlung Umstände oder Tatsachen des Privat- oder Familienlebens betrifft, darf auf Urteilsveröffentlichung nur mit Zustimmung des Opfers erkannt werden, auch wenn zur Verfolgung der strafbaren Handlung eine Ermächtigung nicht erforderlich oder bereits erteilt worden ist.

(3) Auf Antrag des Anklägers oder des zur Anklage Berechtigten ist auf Urteilsveröffentlichung in einem selbständigen Verfahren zu erkennen, wenn in einem Medium der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung hergestellt worden ist und die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar ist, nicht beantragt oder nicht aufrechterhalten wird oder die Verurteilung aus Gründen, die eine Bestrafung ausschließen, nicht möglich ist. § 33 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 sind anzuwenden.

(3a) Die Urteilsveröffentlichung ist unzulässig, wenn es sich um die Wiedergabe der Äußerung eines Dritten im Sinn des § 6 Abs. 2 Z 4 gehandelt hat.

(4) Ist das Medieninhaltsdelikt in einem periodischen Medium begangen worden, so hat die Urteilsveröffentlichung in diesem Medium in sinngemäßer Anwendung des § 13 zu erfolgen, wobei die Veröffentlichungsfrist beginnt, sobald das Urteil in Rechtskraft erwachsen und zugestellt worden ist. Für die Durchsetzung gilt § 20 sinngemäß.

(5) Auf Veröffentlichung in einem anderen periodischen Medium ist zu erkennen, wenn das periodische Medium, in dem das Medieninhaltsdelikt begangen worden ist, nicht mehr besteht oder wenn das Medieninhaltsdelikt in einem anderen als einem periodischen oder in einem ausländischen Medium begangen worden ist. Die Kosten einer solchen Urteilsveröffentlichung gehören zu den Kosten des Strafverfahrens. Hinsichtlich der Durchsetzung gilt § 46.

(6) Wird auf Urteilsveröffentlichung im selbständigen Verfahren erkannt, so treffen die Kosten des Verfahrens den Medieninhaber.

Folgende Bestimmungen betreffend die parlamentarische Immunität sind relevant:

Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften

Artikel 10

Während der Dauer der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments

a) steht seinen Mitgliedern im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern zuerkannte Unverletzlichkeit zu,

b) können seine Mitglieder im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaats weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.

Die Unverletzlichkeit besteht auch während der Reise zum und vom Tagungsort des Europäischen Parlaments.

Bei Ergreifung auf frischer Tat kann die Unverletzlichkeit nicht geltend gemacht werden; sie steht auch nicht der Befugnis des Europäischen Parlaments entgegen, die Unverletzlichkeit eines seiner Mitglieder aufzuheben.

In Anbetracht dessen, dass die strafbaren Handlungen, die Hans-Peter Martin zur Last gelegt werden, in Österreich begangen wurden, das Verfahren in Österreich anhängig ist und Hans-Peter Martin selbst ein österreichisches Mitglied des Europäischen Parlaments ist, genießt er die den Mitgliedern des [österreichischen] Parlaments zuerkannten Immunitäten.

Die parlamentarische Immunität in Österreich ist durch Artikel 57 des Bundes-Verfassungsgesetzes geregelt:

Artikel 57

(1) Die Mitglieder des Nationalrates dürfen wegen der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen niemals, wegen der in diesem Beruf gemachten mündlichen oder schriftlichen Äußerungen nur vom Nationalrat verantwortlich gemacht werden.

(2) Die Mitglieder des Nationalrates dürfen wegen einer strafbaren Handlung - den Fall der Ergreifung auf frischer Tat bei Verübung eines Verbrechens ausgenommen - nur mit Zustimmung des Nationalrates verhaftet werden. Desgleichen bedürfen Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern des Nationalrates der Zustimmung des Nationalrates.

(3) Ansonsten dürfen Mitglieder des Nationalrates ohne Zustimmung des Nationalrates wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten steht. Die Behörde hat jedoch eine Entscheidung des Nationalrates über das Vorliegen eines solchen Zusammenhanges einzuholen, wenn dies der betreffende Abgeordnete oder ein Drittel der Mitglieder des mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschusses verlangt. Im Falle eines solchen Verlangens hat jede behördliche Verfolgungshandlung sofort zu unterbleiben oder ist eine solche abzubrechen.

(4) Die Zustimmung des Nationalrates gilt in allen diesen Fällen als erteilt, wenn der Nationalrat über ein entsprechendes Ersuchen der zur Verfolgung berufenen Behörde nicht innerhalb von acht Wochen entschieden hat; zum Zweck der rechtzeitigen Beschlussfassung des Nationalrates hat der Präsident ein solches Ersuchen spätestens am vorletzten Tag dieser Frist zur Abstimmung zu stellen. Die tagungsfreie Zeit wird in diese Frist nicht eingerechnet.

(5) Im Falle der Ergreifung auf frischer Tat bei Verübung eines Verbrechens hat die Behörde dem Präsidenten des Nationalrates sogleich die geschehene Verhaftung bekanntzugeben. Wenn es der Nationalrat oder in der tagungsfreien Zeit der mit diesen Angelegenheiten betraute ständige Ausschuss verlangt, muss die Haft aufgehoben oder die Verfolgung überhaupt unterlassen werden.

(6) Die Immunität der Abgeordneten endigt mit dem Tag des Zusammentrittes des neugewählten Nationalrates, bei Organen des Nationalrates, deren Funktion über diesen Zeitpunkt hinausgeht, mit dem Erlöschen dieser Funktion.

(7) Die näheren Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates.

Der im vorliegenden Fall relevante Absatz dieses Artikels ist Absatz 3, der besagt, dass ein Abgeordneter nur dann ohne Zustimmung des nationalen Parlaments wegen einer strafbaren Handlung verfolgt werden darf, wenn diese Handlung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten steht.

Weitere Überlegungen

In einem Schreiben vom 7. Februar 2008 an die Berichterstatterin, das an die Mitglieder des Rechtsausschusses weitergeleitet wurde und in das auch die bei der Anhörung vor dem Rechtsausschuss am 25. Februar 2008 Anwesenden Einblick erhielten, erklärte Hans-Peter Martin, dass der Privatanklage, auf die sich der Antrag auf Aufhebung der Immunität bezieht, ein (nach wie vor anhängiger) Zivilprozess „in der selben Angelegenheit und zu dem selben Zweck“ vorausgegangen sei, den das selbe Unternehmen angestrebt habe, das sich als Nachfolger der „Merkur Treuhand“ betrachte, die zum Zeitpunkt des behaupteten Tatbestands als „selbsteintretender Dritter“ von Hans-Peter Martin fungierte und von einer Person geleitet wurde, die „heute ein sozialdemokratischer Politiker“ ist.

Hans-Peter Martin betont, dass er sich im Zivilverfahren nicht auf seine Immunität beruft: „Sollte ich für schuldig befunden werden, dem Ruf [der Anspruchstellerin] geschadet zu haben, werde ich zahlen müssen – und dann auch nicht durch die Immunität geschützt sein.“

Er hebt allerdings hervor, dass es „ungewöhnlich – und meines Wissens nach in anderen Ländern gar nicht möglich – [ist], zusätzliche privatrechtliche Ansprüche in der selben Angelegenheit vor einem Strafrechtgerichtshof geltend zu machen“. Ferner führt er in seinem Schreiben vom 7. Februar 2008 aus: „Der Antrag, meine Immunität nun aufgrund eines privatrechtlichen Anspruchs aufzuheben, […] ist rein politisch. Er beruht direkt auf meiner Arbeit als Abgeordneter, der seiner parlamentarischen Tätigkeit nachgeht, und zielt darauf ab, meinem Ruf zu schaden.“

Es wird festgestellt, dass Hans-Peter Martin den Ausschuss ferner davon unterrichtet hat, dass derzeit Verhandlungen laufen, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen.

Analyse

Die Frage, auf die eine Antwort gefunden werden muss, ist, ob der mutmaßliche Tatbestand, der die Hans-Peter Martin zur Last gelegte strafbare Handlung darstellt, „offensichtlich in Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit von Hans-Peter Martin“ in der Bedeutung von Artikel 57 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes steht.

Es besteht die Auffassung, dass die umstrittene Angelegenheit, nämlich wer für einen Abrechnungsfehler verantwortlich war – das Mitglied oder sein „selbsteintretender Dritter“ –, nicht mit der politischen Tätigkeit von Hans-Peter Martin in Zusammenhang steht. Es handelt sich lediglich um einen Streit zwischen einem Mitglied und einem Dienstleistungsanbieter.

Was die Frage betrifft, ob es ausreichend Hinweise für das Vorliegen eines „fumus persecutionis“ gibt, um zu rechtfertigen, dass das Parlament die Aufhebung der Immunität von Hans-Peter Martin verweigert, so mag es zwar unüblich sein, dass gleichzeitig ein straf- und ein zivilrechtliches Verfahren zu demselben Tatbestand eingeleitet wurden, doch stellt dies an sich keinen „fumus“ dar. Außerdem wurde das Verfahren von einem Dienstleistungsanbieter eingeleitet, der der Rechtsnachfolger derjenigen Firma ist, die mit dem „sozialdemokratischen Politiker“ verbunden ist, welcher, wie Herr Martin behauptet, hinter dem Rechtsstreit steht, d.h. das Verfahren wurde nicht von dieser Firma oder dem Politiker selbst eingeleitet. Schließlich hat Hans-Peter Martin den Rechtsausschuss davon unterrichtet, dass derzeit Verhandlungen laufen, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, was sehr darauf hindeutet, dass es sich hier um einen echten Streit handelt.

Somit wird die Auffassung vertreten, dass die parlamentarische Immunität von Hans-Peter Martin aufgehoben werden sollte.

  • [1]  Rechtsgutachten vom 25.2.2008, SJ-0066/08.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

10.3.2008

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

17

1

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Titus Corlăţean, Othmar Karas, Piia-Noora Kauppi, Klaus-Heiner Lehne, Katalin Lévai, Antonio Masip Hidalgo, Manuel Medina Ortega, Hartmut Nassauer, Aloyzas Sakalas, Francesco Enrico Speroni, Diana Wallis, Rainer Wieland, Jaroslav Zvěřina, Tadeusz Zwiefka

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen)

Mogens Camre, Vicente Miguel Garcés Ramón, Georgios Papastamkos, Dagmar Roth-Behrendt