Grüner Deal: Schlüssel zu einer klimaneutralen und nachhaltigen EU
Der Grüne Deal ist die Antwort der EU auf die aktuelle Klimakrise. Erfahren Sie mehr über diesen Fahrplan für ein klimaneutrales Europa.
Im November 2019 rief das Parlament den Klimanotstand aus und forderte die Kommission auf, alle Gesetzesvorschläge mit dem Ziel in Einklang zu bringen, die Erderwärmung auf unter 1,5 °C zu begrenzen. Zudem sollte sichergestellt werden, dass die Treibhausgasemissionen erheblich verringert werden.
Der von der Kommission präsentierte europäische Grüne Deal umfasst einen Fahrplan für ein klimaneutrales Europa bis 2050.
Der europäische Grüne Deal: Ziele und Vorteile
Das Parlament hat das EU-Klimagesetz am 24. Juni 2021 verabschiedet und somit die Ziele einer Emissionsreduzierung um 55 Prozent bis 2030 sowie Klimaneutralität bis 2050 rechtsverbindlich festgeschrieben. Damit kommt die EU ihrem Ziel von negativen Emissionen nach 2050 näher und bestätigt ihre Führungsrolle im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel.
Die Zielvorgaben sollen leichter in die Gesetzgebung einfließen und Vorteile bringen, darunter: sauberere Luft, Wasser und Böden, niedrigere Energiekosten, renovierte Häuser, bessere öffentliche Verkehrsmittel und mehr Ladestationen für E-Autos, weniger Abfall, gesündere Lebensmittel und eine bessere Gesundheit für heutige und zukünftige Generationen.
Auch die Wirtschaft wird profitieren, da Möglichkeiten in Bereichen geschaffen werden, in denen Europa globale Standards setzen will. Auch die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen wird erwartet, zum Beispiel in den Bereichen erneuerbare Energien, energieeffiziente Gebäude und Prozesse.
Das Paket „Fit für 55“ zur Verwirklichung der Ziele des Grünen Deals
Damit die EU das Ziel, das sie sich für 2030 gesetzt hat, verwirklichen kann, verabschiedete sie im Jahr 2023 ein Paket neuer und überarbeiteter Rechtsvorschriften mit der Bezeichnung „Fit für 55“. Es umfasst 13 miteinander verknüpfte überarbeitete Gesetze und sechs Gesetze zu Klima und Energie.
Reduzierung der Emissionen aus Industrie, Verkehr und anderen Sektoren
Die Europaabgeordneten nahmen die folgenden Regelungen an:
- eine Überarbeitung des Emissionshandelssystems der EU (EU-EHS), um umweltschädliche Sektoren wie Gebäude und Straßenverkehr ab 2027 (im EHS II) sowie den Seeverkehr einzubeziehen. Die Reformen sehen vor, die kostenlosen Zertifikate für den Luftverkehr bis 2026 auslaufen zu lassen und die Verwendung nachhaltiger Flugzeugtreibstoffe zu fördern;
- eine Überarbeitung der Marktstabilitätsreserve, um das strukturelle Ungleichgewicht zwischen dem Angebot an und der Nachfrage nach Zertifikaten im EU-EHS zu beheben
- die Umsetzung eines Instruments gegen die Verlagerung von CO₂-Emissionen (Carbon Leakage), durch das eine CO₂-Abgabe auf importierte Waren aus kohlenstoffintensiven Industrien außerhalb der EU erhoben wird, um einer Verlagerung in Länder mit weniger ehrgeizigen Klimazielen entgegenzuwirken;
- die Lastenteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten, um die nationalen Ziele für die Emissionsreduzierung – in Bereichen, die nicht unter das EHS fallen, insbesondere Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft – bis 2030 von 29 Prozent auf 40 Prozent zu erhöhen;
- die Verschärfung der Vorschriften zur Erhöhung des Kohlenstoffabbaus in den Bereichen Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF);
- ein Vorschlag, mit dem erreicht werden soll, dass neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge in der EU im Jahr 2035 keine CO₂-Emissionen verursachen;
- eine Überarbeitung der Emissionszertifikate für den Luftverkehr, um alle Flüge aus dem Europäischen Wirtschaftsraum in das System einzubeziehen, sowie eine mögliche Lösung für die Flüge außerhalb der EU (bekannt als CORSIA);
- die Erhöhung der Anzahl der Lade- und Tankstellen für Pkw und Lkw, die alternative Kraftstoffe verwenden;
- die Forderung nach einer schrittweisen Umstellung auf nachhaltige Flugkraftstoffe;
- neue Ziele zur Reduzierung des Energieverbrauchs auf EU-Ebene bis 2030;
- ein neues, höheres Ziel von 42,5 Prozent für den Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen am Energieverbrauch der EU bis 2030;
- Eine schrittweise Verringerung der Treibhausgasemissionen von Schiffen und eine Umstellung auf sauberere Schiffskraftstoffe.
Einrichtung von EU-Fonds zur Unterstützung von Haushalten beim grünen Übergang
Das Parlament stimmte der Einrichtung eines Klima-Sozialfonds zu, der durch die Versteigerung von EHS-Zertifikaten finanziert wird. Mit dem Fonds soll eine faire Energiewende sichergestellt werden, indem gefährdete Haushalte, kleine Unternehmen und Verkehrsnutzer bei der Bekämpfung von Energie- und Mobilitätsarmut unterstützt werden.
Förderung der Kreislaufwirtschaft
Darüber hinaus präsentierte die Kommission im März einen neuen EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, der Maßnahmen über den gesamten Lebenszyklus von Produkten umfasst. Prozesse der Kreislaufwirtschaft und nachhaltiger Verbrauch sollen gefördert und Abfall reduziert werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf:
- Elektronik und IKT;
- Batterien und Fahrzeugen;
- Verpackung und Kunststoffen;
- Textilien;
- Baugewerbe und Gebäuden;
- Lebensmittelketten.
Als Teil der Vorschriften zur Förderung der Wiederverwendbarkeit einigte sich die EU auf ein einheitliches Ladegerät. Der USB-Anschluss vom Typ C wird bis Ende 2024 der Standard-Ladeanschluss für die meisten elektronischen Geräte in der EU werden. Laptops müssen bis zum 28. April 2026 mit einem USB-Typ-C-Anschluss ausgestattet sein.
Im April 2024 billigte das Parlament neue Vorschriften zur Förderung der Reparatur und Wiederverwendung von Waren. Im Rahmen der gesetzlichen Garantie werden Verkäufer dazu verpflichten, Produkte zu reparieren, sofern es nicht günstiger ist, sie zu ersetzen. Über die Garantie hinaus müssen Verkäufer Rechte einräumen, um Reparaturen einfacher und billiger zu machen.
Im September 2022 billigte das Parlament seinen Standpunkt zur Umsetzung der aktualisierten neuen Industriestrategie für Europa. Durch sie sollen Unternehmen dabei unterstützt werden, die Krise im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zu überwinden. Außerdem sollen Ausgaben an die Politik angepasst und der Übergang zu einer grüneren Kreislaufwirtschaft vollzogen werden.
Im November 2021 forderten die Abgeordneten eine umfassendere EU-Strategie für kritische Rohstoffe, um Europa unabhängiger von der Einfuhr kritischer Rohstoffe zu machen, die für seine strategischen Industrien von entscheidender Bedeutung sind. Im Dezember 2023 verabschiedete das Parlament einen EU-Rechtsakt zu kritischen Rohstoffen, um eine angemessene und diversifizierte Versorgung für die digitale Wirtschaft Europas sowie für den grünen Wandel sicherzustellen, wobei Wiederverwendung und Recycling Vorrang haben sollen.
Schaffung eines nachhaltigen Lebensmittelsystems
Die Lebensmittelproduktion zählt zu den Antriebskräften des Klimawandels. Obwohl die EU-Landwirtschaft weltweit der einzige große Sektor ist, der seine Treibhausgasemissionen gesenkt hat (um 20 Prozent seit 1990), entfallen auf sie nach wie vor rund 10 Prozent der Emissionen (davon wiederum 70 Prozent auf die Tierhaltung).
Mit der von der Europäischen Kommission im Mai 2020 vorgestellten Strategie „Vom Hof auf dem Tisch“ soll ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem geschaffen und gleichzeitig der Lebensunterhalt von Landwirten gesichert werden. Die Strategie deckt die gesamte Lebensmittelversorgungskette ab und setzt verschiedene Ziele fest, von der Verringerung des Pestizideinsatzes und des Verkaufs von Antibiotika für Nutztiere um 50 Prozent bis hin zur Förderung des Ökolandbaus und der Beschränkung des Einsatzes von Düngemitteln.
Das Parlament begrüßte in einer im Oktober 2021 angenommenen Entschließung die EU-Strategie „Vom Erzeuger zum Verbraucher“, fügte jedoch Empfehlungen hinzu, um sie noch nachhaltiger zu gestalten. Das Parlament betonte insbesondere, dass das Paket „Fit für 55“ ehrgeizige Ziele für Emissionen aus der Landwirtschaft und der damit verbundenen Landnutzung enthalten sollte.
Erhalt der biologischen Vielfalt
Gleichzeitig will die EU den Verlust an biologischer Vielfalt verhindern. Eine Million Arten sind potenziell vom Aussterben bedroht. Die im Mai von der Kommission vorgestellte EU-Biodiversitätsstrategie 2030 zielt darauf ab, die Natur zu schützen, der Degradierung der Ökosysteme entgegenzuwirken und dem Verlust der Biodiversität Einhalt zu gebieten.
Im Juni 2021 billigte das Parlament seinen Standpunkt zur EU-Biodiversitätsstrategie für 2030: Mehr Raum für die Natur in unserem Leben. Die Abgeordneten forderten, dass die Umsetzung der Strategie mit anderen Maßnahmen des europäischen Grünen Deals in Einklang gebracht wird.
Da Wälder eine wesentliche Rolle bei der Absorption und dem Ausgleich von Kohlenstoffemissionen spielen, nahm das Parlament neue Regeln zum Schutz vor Entwaldung an. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre auf dem europäischen Markt verkauften Waren nicht zur Entwaldung oder Schädigung von Wäldern irgendwo auf der Welt beigetragen haben. Durch die Verordnung wird auch sichergestellt, dass diese Produkte den Menschenrechtsstandards entsprechen und die Rechte indigener Völker respektiert werden.
Finanzierung des Grünen Wandels
Im Januar 2020 stellte die Kommission eine Strategie zur Finanzierung des Grünen Deals vor, den Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa. Der Plan soll in den kommenden zehn Jahren öffentliche und private Investitionen in Höhe von mindestens einer Billion Euro anschieben.
Als Teil des Investitionsplans soll der Mechanismus für einen gerechten Übergang dazu beitragen, die sozioökonomischen Auswirkungen des Übergangs auf die am stärksten betroffenen Arbeitnehmer und Gemeinschaften abzufedern. Eine öffentliche Darlehensfazilität zur Förderung grüner Investitionen in kohle- und CO₂-intensive Regionen wurde von der Kommission im Mai vorgeschlagen. Das Parlament hat den Vorschlag im Juni 2021 angenommen.
Parlament und Rat einigten sich zudem darauf, neue Eigenmittel zur Finanzierung des EU-Haushalts und des COVID-19-Aufbauplans einzuführen. Dazu zählen Einnahmen aus dem EU-Emissionshandelssystem und einem CO₂-Grenzausgleichssystem, das eine CO₂-Abgabe auf Importe bestimmter Waren aus Drittstaaten vorsieht.
Neue Rechtsvorschriften über „grüne“ Investitionen, mit denen Investitionen in ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten gefördert und Grünfärberei verhindert werden sollen, wurden wiederum im Juni 2020 vom Parlament verabschiedet. Im November 2020 riefen die Abgeordneten dazu auf, den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft voranzutreiben, da dies für die langfristige strategische Unabhängigkeit und Widerstandsfähigkeit Europas von entscheidender Bedeutung sei.
Weitere Informationen
- Europäische Kommission: Der europäische Grüne Deal. Erster klimaneutraler Kontinent werden wird in einem neuen Fenster geöffnet
- Legislativfahrplan: Ein europäischer Grüner Deal (auf Englisch)
- Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments: Infografik zu Klimaschutzmaßnahmen
- Briefing: Auf dem Weg zur Klimaneutralität – Paket „Fit für 55“ (März 2024)