Europaabgeordnete fordern das Ende des „goldenen Passes“

Sogenannte „goldene Pässe“ sollten in der EU der Vergangenheit angehören, heißt es in einem Bericht, den das Parlament auf der März-Plenartagung in Straßburg angenommen hat.

In einem neuen Bericht wird die EU aufgefordert, Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren, sogenannte „goldene Pässe“, zu verbieten. Außerdem sollen Aufenthaltsregelungen für Investoren („goldene Visa“) reguliert werden. Durch diese Systeme wird Drittstaatsangehörigen eine EU-Staatsbürgerschaft bzw. ein Aufenthaltsstatus in der EU im Gegenzug für Finanzinvestitionen gewährt.

„Die Messlatte dafür, was als Investition gilt, ist schon lange genug zu niedrig. Die EU-Aufenthaltsgenehmigung sollte nur an Personen vergeben werden, die in die Realwirtschaft investieren und bei denen man davon ausgehen kann, dass es sich um legitime Investoren ohne kriminellen Hintergrund handelt“, sagt die Autorin des Berichts, Sophie in ‘t Veld (Renew Europe, Niederlande).

Staatsbürgerschafts- bzw. Aufenthaltsregelungen für Investoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur minimale oder gar keine Anforderungen an die physische Anwesenheit stellen. Im Vergleich zu den Hindernissen, die bei der Suche nach internationalem Schutz, legaler Migration oder Einbürgerung auf herkömmlichem Wege auftreten, bieten sie ein „Schnellverfahren“ zum Aufenthalts- oder Staatsbürgerschaftsstatus in einem Mitgliedstaat. Sobald den Begünstigten der neue Status des Aufenthalts oder der Staatsbürgerschaft zuerkannt wurde, genießen sie sofort die Freizügigkeit im Schengen-Raum.

Der Bericht des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten (LIBE) bezeichnet die Regelungen, die die Staatsangehörigkeit auf der Grundlage einer finanziellen Investition gewähren, als „aus ethischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht verwerflich“.

Drei Länder haben derzeit Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren: Malta, Bulgarien (wo die Regierung ein Gesetz zur Beendigung der Regelung vorgelegt hat) und Zypern (das nur Anträge bearbeitet, die vor November 2020 eingereicht wurden). Zwölf EU-Länder haben derzeit Aufenthaltsregelungen für Investoren. Die Mindestanlagesummen reichen von 60.000 bis 1.250.000 Euro.

Eine Studie schätzt, dass mehr als 130.000 Personen über Staatsbürgerschafts- bzw. Aufenthaltsregelungen für Investoren einen Wohnsitz oder die Staatsbürgerschaft in EU-Mitgliedstaaten erhalten haben, wobei die Gesamtinvestitionen von 2011 bis 2019 auf 21,4 Milliarden Euro geschätzt werden.

Roter Teppich für zwielichtige Personen

Im Bericht heißt es, dass die Existenz von goldenen Pässen alle EU-Mitgliedstaaten betrifft, da die Entscheidung eines Mitgliedstaats, die Staatsbürgerschaft für Investitionen zu gewähren, automatisch Rechte in Bezug auf andere Länder mit sich bringt. Zu diesen Rechten gehören die Freizügigkeit, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunal- und Europawahlen und das Recht auf Zugang zum Binnenmarkt zur Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten.

Die Regelungen können erhebliche Folgen für andere Mitgliedstaaten haben, zum Beispiel die Gefahr von Korruption, Geldwäsche, Sicherheitsbedrohungen, Steuervermeidung, Druck auf den Immobiliensektor und eine Aushöhlung der Integrität des Binnenmarktes.

Laut dem LIBE-Bericht konsultieren die Mitgliedstaaten jedoch nicht immer die verfügbaren EU-Datenbanken oder tauschen Informationen über die Ergebnisse solcher Kontrollen und Verfahren aus. In dem Bericht wird die Besorgnis ausgedrückt, dass einige Länder Bewerber um die Staatsbürgerschaft akzeptiert haben, die die Sicherheitsanforderungen nicht erfüllten.

„Der Mangel an Kontrolle bedeutete, dass der rote Teppich für Korruption und Geldwäsche ausgerollt wurde. Zwielichtige Personen zahlten hohe Summen, um Zugang zur EU zu erhalten. Die Gemeinschaft hat nicht von diesen Summen profitiert, sondern unter der Korruption gelitten. Journalisten, die über einige dieser Personen recherchierten, mussten manchmal mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen“, sagt in ‘t Veld. „In mehr als einer Hinsicht trägt ganz Europa die Last von Praktiken, von denen einige Regierungen nur marginal profitieren.“

Die Europäische Kommission hat im Jahr 2020 Vertragsverletzungsverfahren gegen Zypern und Malta wegen ihrer Staatsbürgerschaftsregelungen für Investoren eingeleitet. In dem Bericht wird die Kommission aufgefordert, diese Verfahren voranzutreiben.

Gas oder Bargeld?

Die russische Invasion in der Ukraine hat die Regelungen in den letzten Wochen weiter ins Rampenlicht katapultiert.

„Der Kreml hat lange geglaubt, er könne sich den Weg nach Europa erkaufen. Es ist an der Zeit, alle Schlupflöcher zu schließen, das gefährliche Phänomen der sogenannten goldenen Pässe zu beenden, die eine Hintertür zur europäischen Staatsbürgerschaft bieten, und sicherzustellen, dass russisches Bargeld nicht zum nächsten russischen Gas wird“, twitterte Roberta Metsola, die Präsidentin des Europäischen Parlaments.

In einer am 1. März angenommenen Entschließung forderten die Abgeordneten, dass die EU-Mitgliedstaaten, die über solche Regelungen verfügen, alle Begünstigten überprüfen. Im Falle von Begünstigten, die mit sanktionierten Personen und Unternehmen in Verbindung stehen, sollen die im Rahmen der Staatsbürgerschafts- bzw. Aufenthaltsregelungen für Investoren verliehenen goldenen Pässe oder goldenen Visa widerrufen werden.

Das Parlament führte eine Ausprache über den Bericht und billigte ihn während der Plenarsitzung im März in Straßburg. Die Kommission muss nun einen Legislativvorschlag ausarbeiten oder ihre Entscheidung, dies nicht zu tun, begründen.