Parlament unterstützt neue Wege zur Finanzierung der EU
Das Parlament sieht die Notwendigkeit neuer Einnahmequellen für den EU-Haushalt, damit die Union bestehende Schulden zurückzahlen und weiterhin in wichtige Zukunftsbereiche investieren kann.
Der EU-Haushalt wird über ein System von Einnahmen, die sogenannten „Eigenmittel“, finanziert. In den Verhandlungen über den langfristigen Haushalt nach 2027 fordert das Europäische Parlament die Einführung neuer Arten von Eigenmitteln.
Was sind die Eigenmittel des EU-Haushalts?
Die EU-Mitgliedstaaten tragen zum gemeinsamen EU-Haushalt bei. Der Haushalt dient der Umsetzung der EU-Politik und ihrer gemeinsamen Ziele. Im Gegensatz zu den nationalen Haushalten ist der Haushalt der Europäischen Union ein Investitionshaushalt und darf kein Defizit aufweisen. In den EU-Verträgen ist festgelegt, dass der EU-Haushalt „vollständig aus Eigenmitteln finanziert“ wird.
Die Einnahmequellen der Union werden vom Rat nach Anhörung des Parlaments einstimmig festgelegt und müssen von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Das Eigenmittelsystem blieb rund drei Jahrzehnte lang weitgehend unverändert, bis 2021 eine neue Einnahmequelle auf Basis von Kunststoffverpackungsabfällen eingeführt wurde. Das Parlament fordert seit langem eine Reform des Systems.
Welche Eigenmittel gibt es bereits?
Da der EU-Haushalt stets ausgeglichen sein muss, müssen die jährlichen Einnahmen die Jahresausgaben vollständig decken.
Die EU-Einnahmen setzen sich derzeit wie folgt zusammen:
- Traditionelle Eigenmittel (hauptsächlich Zölle, zuvor auch Zuckerabgaben)
- Mehrwertsteuer-Eigenmittel (Transfer eines Prozentsatzes der geschätzten von den EU-Ländern erhobenen Mehrwertsteuern)
- BNE-Eigenmittel (EU-Mitgliedstaaten übertragen einen Teil ihres jährlichen Bruttonationaleinkommens; dies ist die größte Eigenmittelquelle)
- Kunststoff-Eigenmittel (nationaler Beitrag basierend auf nicht recyceltem Kunststoffverpackungsabfall)
- Sonstige Einnahmen (darunter Geldbußen gegen Unternehmen, die gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen, Beiträge von Nicht-EU-Ländern zu bestimmten EU-Programmen und Steuern auf die Gehälter von EU-Bediensteten)
Einige EU-Mitgliedstaaten – Österreich, Dänemark, Deutschland, die Niederlande und Schweden – erhalten derzeit Rabatte auf ihre Beiträge zum Unionshaushalt.
Die Einnahmequelle, die auf nicht recycelten Verpackungsabfällen aus Kunststoff Kunststoffverpackungsabfall basiert, besteht seit dem 1. Januar 2021. Die Einführung dieser Einnahmequelle hat zur Reduzierung von Einwegplastik, zur Förderung des Recyclings und zur Förderung der Kreislaufwirtschaft beigetragen.
Welche neuen Wege zur Finanzierung der EU werden vorgeschlagen?
Das Parlament ist seit Langem der Ansicht, dass das Einnahmensystem der EU überarbeitet werden muss, um aktuellen Herausforderungen besser begegnen und konkrete Ergebnisse für die Bürgerinnen und Bürger erzielen zu können.
Um die Abhängigkeit von den Beiträgen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Bruttonationaleinkommen sowie von der Mehrwertsteuer zu verringern, forderte das Parlamentdie Einführung neuer Einnahmequellen, die mit den politischen Maßnahmen und Zielen der EU in Verbindung stehen.
Vorgeschlagene neue Eigenmittel sind unter anderem:
- Eigenmittel auf Grundlage der Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem. Das Emissionshandelssystem (EHS) dient der Begrenzung der Treibhausgase, die beispielsweise von energieintensiven Industriezweigen, Stromerzeugern und Fluggesellschaften emittiert werden können.
- Eigenmittel auf Grundlage der Besteuerung digitaler Dienstleistungen: Sicherstellung einer fairen Besteuerung der Digitalwirtschaft.
- Eigenmittel auf Grundlage eines CO₂-Grenzausgleichssystems. Eine CO₂-Abgabe auf Importe bestimmter Waren aus Drittländern soll dazu beitragen, die CO₂-Emissionen zu verringern und gleiche Wettbewerbsbedingungen bei der Bekämpfung des Klimawandels sicherzustellen.
- Eigenmittel auf Grundlage einer Finanztransaktionssteuer. Diese soll sicherstellen, dass der Finanzsektor seinen gerechten Steueranteil zahlt.
- Eigenmittel auf Grundlage der Unternehmensbesteuerung
Im Mai 2023 nahm das Parlament einen Bericht an, in dem eine Bewertung des bisherigen Reformprozesses gefordert und auch einige neue Ideen für zusätzliche Einnahmequellen wie eine Steuer auf Kryptowährungen vorgeschlagen werden.
Im Juni 2023 legte die Kommission einen Vorschlag für neue Einnahmequellen für den Haushalt vor:
- Eigenmittel auf der Grundlage der Einnahmen aus dem Emissionshandel (EHS): 30 Prozent der Einnahmen aus den Versteigerungen von EHS-Zertifikaten sollen dem EU-Haushalt zugeführt werden.
- Eigenmittel aus dem CO₂-Grenzausgleichssystem der EU. 75 Prozent der Einnahmen aus diesem System sollen dem EU-Haushalt zugewiesen werden.
- Eigenmittel, die an die Unternehmensgewinne gekoppelt sind: Im Moment würden sie auf einer statistischen Schätzung beruhen, die die Unternehmensgewinne annähert; später könnten sie an eine Initiative zur Vereinfachung der Körperschaftssteuerregeln gekoppelt werden.
Das Parlament unterstützte den Vorschlag der Kommission, obwohl die Abgeordneten betonten, dass die Regeln zur Reduzierung der Nettobeiträge der Mitgliedstaaten durch Rabatte oder Korrekturen überarbeitet werden sollten.
Für das Inkrafttreten neuer Einnahmequellen müssen alle EU-Mitgliedstaaten einstimmig zustimmen – bislang konnte im Rat keine Einigung erzielt werden.
Im Mai 2025 verabschiedete das Parlament eine Entschließung zu seinen Prioritäten für den langfristigen Haushalt nach 2027. Darin forderte es den Rat auf, dringend neue Eigenmittel zu beschließen, um die nachhaltige Rückzahlung der EU-Schulden sicherzustellen, und betonte, dass neue Eigenmittel unerlässlich seien, um den steigenden Ausgabenbedarf der Union zu decken.
„Unser nächster langfristiger Haushalt muss verantwortungsvoll gegenüber künftigen Generationen sein. Haushaltsdisziplin ist keine Option. Sie ist eine Pflicht. Wir brauchen neue Mittel für alte Schulden. Das wurde seit Jahren versprochen. Jetzt ist es Zeit, zu handeln und zu liefern“, sagte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola auf einer Pressekonferenz nach der Abstimmung im Plenum.
Haushaltsdisziplin ist keine Option. Sie ist eine Pflicht.
Welchen Nutzen hat die Reform der Eigenmittel?
Mit den neuen Einnahmequellen sollen die gemeinsamen Schulden getilgt werden, die die EU-Mitgliedstaaten zur Finanzierung des Aufbaus nach der COVID-19-Pandemie aufnehmen. Ohne neue Eigenmittel müssten die Mittel durch weitere Kürzungen der EU-Programme und/oder höhere BNE-basierte Beiträge der Mitgliedstaaten zurückgezahlt werden. Die Abgeordneten argumentieren auch, dass steigende Zinssätze den Druck auf den EU-Haushalt erhöhen, da die Kreditkosten steigen.
Mit den neuen Eigenmitteln soll auch sichergestellt werden, dass die Prioritäten der EU – wie die Stärkung der Verteidigung und die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit – bei der Finanzierung des Haushalts besser berücksichtigt werden. Letztendlich soll die Eigenmittelreform auch den Binnenmarkt fördern und die Abhängigkeit von BNE-basierten nationalen Beiträgen verringern.
Standpunkt des Parlaments
- Entwurf eines Beschlusses des Rates über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (16.09.2020)
- Pressemitteilung: Corona-Aufbauplan nimmt nächste Hürde im Parlament (25.03.2021)
- Bericht über das Thema „Eigenmittel: ein Neubeginn für die Finanzen der EU, ein Neubeginn für Europa“ (25.04.2023)
- Pressemitteilung: Parlament macht Weg für neue EU-Einnahmen frei und fordert rasches Handeln der Mitgliedstaaten (auf Englisch, 09.11.2023)
- Pressemitteilung: Prioritäten des Parlaments für den Mehrjährigen Finanzrahmen ab 2028 (07.05.2025)