Menschenhandel: der Kampf der EU gegen Ausbeutung
Die EU möchte die Vorschriften zur Bekämpfung des Menschenhandels verschärfen. Mit den aktualisierten Regelungen soll auf neue Arten der Ausbeutung von Menschen reagiert werden.
Was ist Menschenhandel?
- Unter Menschenhandel versteht man die Rekrutierung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Menschen durch Gewalt, Betrug oder Täuschung mit dem Ziel, sie gewinnbringend auszubeuten.
Fakten zum Menschenhandel
Jedes Jahr werden in der EU über 7.000 Opfer von Menschenhandel registriert. Allein im Jahr 2022 lag die Zahl der registrierten Opfer bei 10.093. Dennoch dürfte die tatsächliche Zahl wahrscheinlich noch viel höher liegt, da viele Opfer unentdeckt bleiben.
Die Mehrheit der Opfer sind Frauen und Mädchen, doch die Zahl der Männer nimmt zu, insbesondere als Zwangsarbeiter.
Arten des Menschenhandels
Zu den Gründen für Menschenhandel zählen:
- Sexuelle Ausbeutung – Die Opfer sind überwiegend Frauen und Kinder.
- Zwangsarbeit – Die Opfer kommen überwiegend aus Entwicklungsländern, werden zur Arbeit in arbeitsintensiven Berufen gezwungen oder in häuslicher Sklaverei gehalten.
- Erzwungene kriminelle Aktivitäten – Die Opfer müssen eine Reihe illegaler Aktivitäten ausführen. Sie haben oft Quoten und können mit schweren Strafen rechnen, wenn sie diese nicht einhalten.
- Organspende – Die Opfer erhalten oft nur eine geringe oder gar keine Entschädigung und sind mit Gesundheitsrisiken konfrontiert.
Die Ursachen des Menschenhandels
Den Vereinten Nationen zufolge gehören zu den Ursachen des Menschenhandels in erster Linie Ungleichheiten innerhalb und zwischen Ländern, eine immer restriktivere Einwanderungspolitik sowie eine wachsende Nachfrage nach billigen Arbeitskräften. Armut, Gewalt und Diskriminierung machen Menschen anfällig für Menschenhandel.
Was unternimmt die EU gegen Menschenhandel?
Bisherige Maßnahmen der EU gegen Menschenhandel
Im Jahr 2011 verabschiedeten die Abgeordneten die Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels. So sollten Opfer geschützt und unterstützt werden und Menschenhändler bestraft. Ziel der Richtlinie ist es, Menschenhandel zu verhindern. Es wird anerkannt, dass Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen geschlechtsspezifisch sein sollten, da Frauen und Männer häufig zu unterschiedlichen Zwecken gehandelt werden.
Neue Regeln für neue Formen der Ausbeutung
In den letzten Jahren haben sich die Formen der Ausbeutung weiterentwickelt, wobei sich der Menschenhandel zunehmend ins Internet verlagert. Zuletzt führte die russische Invasion in der Ukraine zu einer massiven Vertreibung von Frauen und Kindern und schuf neue Möglichkeiten für kriminelle Organisationen.
Vor diesem Hintergrund schlug die Kommission am 19. Dezember 2022 vor, die Vorschriften zu verschärfen, indem sie in den bestehenden EU-Rahmen aufgenommen werden:
- Zwangsverheiratung und illegale Adoption werden strafbar
- Menschenhandel, der durch Informations- und Kommunikationstechnologien, einschließlich Internet und soziale Medien, begangen oder erleichtert wird, wird als Straftat hinzugefügt
- Obligatorische Sanktionen für Menschenhandelsdelikte, einschließlich des Ausschlusses von Straftätern von öffentlichen Leistungen oder der vorübergehenden oder dauerhaften Schließung von Einrichtungen, in denen das Menschenhandelsdelikt begangen wurde
- Formelle nationale Überweisungsmechanismen zur Verbesserung der Früherkennung und Überweisung von Hilfe und Unterstützung für Opfer
- Die wissentliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Opfern des Menschenhandels wird strafbar
- EU-weite jährliche Datenerhebung zum Menschenhandel
Im April 2024 unterstützte das Parlament eine Vereinbarung, die im Januar 2024 mit dem Rat getroffen worden war. Während der Verhandlungen wurde vereinbart, die Ausbeutung der Leihmutterschaft ausdrücklich als eine zusätzliche Art der Ausbeutung zu erwähnen, mit der Frauen dazu gezwungen oder durch Täuschung dazu bewegt werden, als Leihmutter zu fungieren. Dies war ein wichtiges Element für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die argumentierten, dass die Kriminalisierung der Leihmutterschaft durch die Anwendung von Gewalt, Drohungen oder Nötigung den Frauen Rechte als Opfer einräumen würde, während die Täter strafrechtlich verfolgt werden könnten.
Die Abgeordneten setzten sich auch für einen wirksameren Schutz der Opfer von Menschenhandel ein und drängten auf Folgendes:
- Sicherstellung, dass Opfer, die internationalen Schutzes bedürfen, angemessene Unterstützung und Schutz erhalten und dass ihr Recht auf Asyl respektiert wird;
- Sicherstellung, dass Opfer nicht für kriminelle Handlungen verfolgt werden, zu denen sie gezwungen wurden;
- Sicherstellung der Unterstützung von Opfern unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer, behinderten- und kinderspezifischer Aspekte und auf der Grundlage eines intersektionellen Ansatzes;
- Aufnahme von Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels in Notfallpläne bei Naturkatastrophen, gesundheitlichen Notfällen oder Migrationskrisen.
Mit den aktualisierten Vorschriften wird auch ein neuer erschwerender Umstand eingeführt, um der verstärkenden Wirkung digitaler Technologien beim Menschenhandel Rechnung zu tragen. Dazu gehört die nicht einvernehmliche Verbreitung von sexuellen Bildern, Videos oder ähnlichem Material des Opfers.
Eine weitere Änderung betrifft die Verschärfung der Sanktionen gegen juristische Personen, wie zum Beispiel Unternehmen, die in den Menschenhandel verwickelt sind. Nach den neuen Vorschriften könnten Unternehmen den Zugang zu öffentlichen Mitteln, wie Ausschreibungen, Zuschüssen, Konzessionen und Lizenzen, verlieren. Außerdem können ihnen ihre Genehmigungen und Zulassungen entzogen werden, wenn sie an Aktivitäten beteiligt waren, die Straftaten im Sinne dieser Vorschrift darstellen.
Nächste Schritte
Die neuen Vorschriften treten zwanzig Tage nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft, und die EU-Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.
Hartes Durchgreifen gegen Produkte aus Zwangsarbeit
Die Abgeordneten nahmen auch Vorschriften an, mit denen verhindert werden soll, dass Produkte, die unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt wurden, auf den EU-Markt gelangen. Dadurch wird ein Rahmen geschaffen, um den Einsatz von Zwangsarbeit in den Lieferketten von Unternehmen zu untersuchen.
Wenn bei einem Unternehmen Verstöße festgestellt wird, können alle Importe und Exporte der betreffenden Waren an den EU-Grenzen beschlagnahmt werden, und alle Waren, die bereits auf den EU-Markt gelangt sind, müssen zurückgezogen werden. Die Abgeordneten sind der Meinung, dass dieses Verbot den finanziellen Anreiz für Unternehmen, Zwangsarbeit einzusetzen, beseitigen und gleichzeitig Informanten und Opfer schützen wird.
Das Parlament billigte das neue Gesetz gegen Zwangsarbeit im April 2024.
Weitere Informationen
- Legislativfahrplan: Strategie zur Beseitigung des Menschenhandels (auf Englisch)
- Briefing: Verhinderung und Bekämpfung des Menschenhandels im Menschen (auf Englisch)
-
Europäische Kommission: Bekämpfung des Menschenhandels (auf Englisch)
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-
Wie die EU-Mitgliedstaaten den Menschenhandel bekämpfen, verhindern und identifizieren
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