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Eine europäische Beschäftigungsstrategie

Die Sozial- und Beschäftigungspolitik war lange Zeit das Stiefkind der europäischen Politik. Allmählich ist der Abstand zu den wirtschaftlichen Prioritäten jedoch geringer geworden. Vor allem mit dem Amsterdamer Vertrag 1997 wurde die Beschäftigung wirklich zu einem Thema von "gemeinschaftlichem Interesse". Ebenfalls 1997 wurde die europäische Beschäftigungsstrategie (EBS) aus der Taufe gehoben, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten ihre Maßnahmen koordinieren. Jedes Jahr formulieren sie Leitlinien, die dem Europäischen Parlament vorgelegt werden. Das Parlament macht seine Prioritäten geltend. Ganz weit oben rangieren dabei die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und die Nichtdiskriminierung von Frauen oder älteren Beschäftigten.

Im November 2003 waren 14,3 Millionen Europäer in der Union der 15 arbeitslos, das entspricht 8% der erwerbstätigen Bevölkerung. In den Beitrittsstaaten ist die Situation noch schlimmer: Die Arbeitslosenrate erreicht durchschnittlich 14,4%. Deshalb sind verstärkte Anstrengungen im Namen des sozialen Zusammenhalts der Union nötig. Ab dem 1. Mai 2004 sind die neuen Mitgliedstaaten voll in die europäische Beschäftigungsstrategie integriert, zu deren Schlüsselelementen der Zusammenhalt gehört.

Kollektive Bewusstseinsbildung

Auch wenn die konkreten Gegebenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten voneinander abweichen, so muss sich doch jede Regierung denselben Herausforderungen stellen: Alterung der Bevölkerung, regionale Unausgewogenheit, nachhaltige Sicherung der Sozialsysteme in einem bisweilen ungünstigen wirtschaftlichen Umfeld ... Angesichts dieser Aufgaben wird das europäische Sozialmodell hie und da heftig kritisiert, doch es bleibt ein gemeinsamer Bezugspunkt, wie auch in dem vom Konvent ausgearbeiteten Verfassungsentwurf bekräftigt. Dieses europäische Sozialmodell umfasst so unterschiedliche Aspekte wie die allgemeine und berufliche Bildung, das Diskriminierungsverbot, den Dialog zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, die Altersvorsorge und die soziale Sicherheit.

Um dieses Modell zu erhalten und zu modernisieren und um die Beschäftigung und die soziale Eingliederung zu fördern, haben die Mitgliedstaaten auf dem Sondergipfel in Luxemburg im Jahr 1997 die europäische Beschäftigungsstrategie (EBS) beschlossen. Diese Strategie soll die Arbeitsmarktpolitik und eine strukturelle Verbesserung der Arbeitsmärkte in den Mitgliedstaaten fördern und zur Schaffung neuer und besserer Arbeitsplätze beitragen.

Auf dem Gipfel von Lissabon im März 2000 wurde eine weiter reichende Strategie formuliert, die Europa bis zum Jahr 2010 nicht nur zur wettbewerbsfähigsten Wirtschaft der Welt machen will, sondern auch zu einem Wirtschaftsraum, "der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen". Angestrebtes Ziel ist die Vollbeschäftigung.

Eine Bilanz, die zum Weitermachen ermutigt

Ein erste ermutigende Bilanz der EBS wurde 2002 gezogen. Die Beschäftigungsquote in der gesamten EU stieg von 62,4% im Jahr 1999 auf 64,2% im Jahr 2002, sie ist jedoch nach wie vor zu niedrig. In den Beitrittsländern lag die Beschäftigungsrate im Jahr 2002 bei 56,1%. In Lissabon wurde für 2010 als Ziel eine Rate von 70% für die gesamte Union festgelegt. Vier Länder haben dieses Ziel im Jahr 2003 erreicht: Dänemark, die Niederlande, Schweden und das Vereinigte Königreich. Die erste Bewertung 2002 führte auch dazu, die Anstrengungen auf drei Hauptziele zu konzentrieren: Vollbeschäftigung, Qualität und Produktivität der Arbeit, Zusammenhalt und soziale Eingliederung.

Viele Mitgliedstaaten sind von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen, die zu sozialer Ausgliederung führt. 2002 waren 3% der erwerbstätigen Bevölkerung der EU länger als zwölf Monate ohne Beschäftigung. Die europäische Strategie fordert die Regierungen daher auf, aktive Maßnahmen zu ergreifen, um zu garantieren, dass alle Arbeitslosen die Möglichkeit für einen Neuanfang erhalten (vor allem mittels Aus- und Umbildung), bevor zwölf Monate, bzw. bei Jugendlichen, sechs Monate verstrichen sind.

Die Prioritäten des Parlaments

Das Europäische Parlament nimmt jedes Jahr zu den Leitlinien Stellung. In ihrem letzten Bericht haben die Abgeordneten vor allem die Notwendigkeit hervorgehoben, das Betreuungsangebot für Kleinkinder zu verbessern (um eines der Hindernisse für die Beschäftigung von Frauen abzumildern); des Weiteren forderten sie den Ausbau der lokalen und auch regionalen Strategien, eine Verringerung der Steuerlast (vor allem für die kleinen Unternehmen), mehr Ausbildung innerhalb der Unternehmen sowie die Ausbildung von älteren Arbeitnehmern und die Reduzierung der Schwarzarbeit.

Das Parlament hat stets betont, dass es nicht ausreicht, irgendeine Art von Arbeitsplätzen zu schaffen, es sollen hochwertige Arbeitsplätze sein. Diese Forderung wurde in die Strategie aufgenommen. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, die Investitionen in die Humanressourcen, die allgemeine und berufliche Bildung sowie die Weiterbildung zu erhöhen, wie vom EP mehrfach gefordert. Gegenwärtig besteht eins der Ziele darin, im Jahr 2010 dafür zu sorgen, den Anteil von 22-Jährigen mit Abitur auf 85% zu erhöhen.

Das EP hält es für wesentlich, dass Maßnahmen zur sozialen Eingliederung finanziell ausreichend ausgestattet werden und die Ausbildungspolitik auch die Bedürfnisse derjenigen berücksichtigt, die am stärksten von sozialer Ausgliederung betroffen sind, wie ältere Menschen, Behinderte oder Migranten. Im Rahmen der Lissabonner Strategie soll die Beschäftigungsquote von älteren Arbeitnehmern (55 bis 64 Jahre) bis 2010 um 50% erhöht werden. 2003 haben vier Länder (Dänemark, Portugal, Schweden und das Vereinigte Königreich) dieses Ziel erreicht, fünf andere (Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Österreich) weisen in diesem Bereich jedoch einen Anteil von unter 33% auf. In den Beitrittsländern liegt diese Rate im Jahr 2002 bei 30,6%.

Das Parlament hat seit Jahren immer wieder ergänzende Maßnahmen gefordert, um die nach wie vor bestehende Ungleichheit von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu bekämpfen. Im November 2003 waren 8,9% der Frauen ohne Beschäftigung, bei den Männern waren es in der EU der Fünfzehn 7,3%. 2001 war jede sechste Frau zwischen 25 und 54 Jahren wegen familiärer Verpflichtungen nicht erwerbstätig. Die europäische Strategie will die Beschäftigung von Frauen bis zum Jahr 2010 auf über 60% anheben. 2003 haben erst vier Länder, nämlich Dänemark, die Niederlande, Österreich und Portugal dieses Ziel erreicht (siehe auch unsere Veröffentlichung "Gleichbehandlung am Arbeitsplatz").

Reicht eine Koordinierung?

Mit Hilfe der sogenannten "offenen Koordinierungsmethode" wollen die Mitgliedstaaten bewusst bestimmte Politikfelder koordinieren, ohne (in einem Bereich, der weitgehend der nationalen und regionalen Zuständigkeit vorbehalten ist) eine verbindliche europäische Gesetzgebung zu schaffen. Diese Methode wird auch bei der Wirtschaftspolitik angewandt. In einem Bericht äußerte das Parlament 2003 Befürchtungen in Bezug auf die mangelnde demokratische Kontrolle dieses Verfahrens, das keine förmliche Einbeziehung des EP vorsieht. Es forderte seither, den Rang, den diese Methode innerhalb der EU-Instrumente einnimmt, und die Art der Beteiligung der verschiedenen Akteure in primäres Recht zu gießen.

Der Verfassungsentwurf hat in den Augen des EP in diesem Punkt keine befriedigende Antwort gefunden. Auch wenn die Abgeordneten es begrüßen, dass dieser Text die Beschäftigung, die Gleichstellung von Männern und Frauen oder die nachhaltige Entwicklung hervorhebt, so sind sie doch besorgt über die Beibehaltung der Koordinierungsmethode in der derzeitigen Form, ohne Beteiligung des EP. Zu den eigentlichen Leitlinien wird das Parlament nach wie vor lediglich "konsultiert".



  
Berichterstatter:
  
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten: Herman Schmid (GUE/NGL, S)
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2002: Barbara Weiler (PES, D)
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2001: Luigi Cocilovo (EPP-ED, I)
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2000: Winfried Menrad (EPP-ED, D)
Beschäftigung: Leitlinien für 2002 - Gemeinsamer Bericht 2001: Barbara Weiler (PES, D)
Beschäftigungspolitik 2001 - Gemeinsamer Beschäftigungsbericht 2000: Luigi Cocilovo (EPP-ED, I)
Soziale Eingliederung: Ilda Figueiredo (GUE/NGL, P)
Offene Koordinierungsmethode: Miet Smet (EPP-ED, B)
  
Überblick über das Gesetzgebungsverfahren:
  
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2002
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2001
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2000
Beschäftigung: Leitlinien für 2002 - Gemeinsamer Bericht 2001
Beschäftigungspolitik 2001 - Gemeinsamer Beschäftigungsbericht 2000
Soziale Eingliederung
Offene Koordinierungsmethode
  
Amtsblatt - Schlussakte:
  
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2002
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2001
Umsetzung der Beschäftigungspolitik in den Mitgliedstaaten im Jahr 2000
Beschäftigung: Leitlinien für 2002 - Gemeinsamer Bericht 2001 - vom Parlament angenommener Text
Beschäftigungspolitik 2001 - Gemeinsamer Beschäftigungsbericht 2000 - vom Parlament angenommener Text
Soziale Eingliederung
Offene Koordinierungsmethode - vom Parlament angenommener Text

 

 

 
  Publishing deadline: 2 April 2004