Von dem durch sauren Regen verursachten Waldsterben bis zu den an zu hoher Ozonbelastung erstickenden Städten, von den umgekippten skandinavischen Seen bis zu den von Algen zugewucherten Teichen: Die Luftverschmutzung spielt unserer Umwelt und unserer Gesundheit übel mit. Nach zweijährigen harten Verhandlungen haben das Parlament und der Rat Rechtsvorschriften verabschiedet, um unter anderem die Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen zu verringern und drakonische Obergrenzen für die Emissionen der vier wichtigsten Schadstoffe festzusetzen.
Die Luftverschmutzung lässt sich nicht nur durch das Kyoto-Protokoll bekämpfen. Die Treibhausgase sind nicht unsere einzigen Feinde. Das von den Wärmekraftwerken in die Luft abgegebene Schwefeldioxyd (SO2) kann sich mit dem Regen vermischen und sich in schwefelige Säure verwandeln, die unsere Wälder zerstört. Wenn sie sich auf der Oberfläche der Seen absetzt, vernichtet sie dort das Leben im Wasser. Ein anderer Feind ist das Stickstoffoxyd (NOx), das mit flüchtigen organischen Verbindungen reagieren und bodennahes (troposphärisches) Ozon produzieren kann. Wenn das Ozon in großer Höhe, wo es uns vor den ultravioletten Strahlen schützt, auch unser Freund ist, so wirkt es in Bodennähe als ein gefährliches Gift, wo es die Pflanzenwelt zerstört, die Atemwege beeinträchtigt und zu einem Treibhausgas wird.
Giftige Gase kennen keine Grenzen
Ein Schornstein eines Wärmekraftwerks, auch wenn er dreihundert Meter hoch ist, schützt nur die unmittelbare Umgebung. Die Abgase breiten sich oft über Hunderte von Kilometern aus und setzen sich schließlich am Boden ab - ohne Rücksicht auf Grenzen. Dies ist wirklich ein Bereich, in dem ein Vorgehen auf europäischer Ebene dringend geboten ist.
Neben anderen Maßnahmen hat die Europäische Kommission in dieser Wahlperiode zwei unterschiedliche, jedoch eng miteinander verknüpfte Richtlinien vorgeschlagen. Die erste aktualisiert die Rechtsvorschrift betreffend die Emissionen von drei Giftstoffen, die durch Großfeuerungsanlagen in die Luft abgegeben werden. Es handelt sich einmal um Stickoxyd (NOx), das durch die Reaktion von Sauerstoff und Stickstoff bei sehr hohen Temperaturen entsteht, dann um Schwefeldioxyd (SO2), das durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe entsteht, und schließlich um organischen Staub oder Mineralien, die beispielsweise durch Zementfabriken in die Luft geraten. Diese drei Verschmutzungsquellen sind häufig ursächlich für eine ganze Reihe von Atemwegserkrankungen, von einfachen Entzündungen bis zu Krebs.
Die zweite Richtlinie betrifft die Festlegung von nationalen Emissionshöchstmengen für vier wichtige Luftschadstoffe, die verantwortlich sind für Versauerung, Bildung von bodennahem Ozon und Eutrophierung (Anreicherung des Wassers mit Nährstoffen, die die Ökosysteme stören, ein vermehrtes Wachstum von Algen begünstigen und den Sauerstoff abtöten). Diese vier Schadstoffe sind erneut Schwefeldioxyde und Stickoxyde sowie Ammoniak und die flüchtigen organischen Verbindungen (wie Kohlenwasserstoffdämpfe oder Lösungsmittel).
Die zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat nach einem langwierigen Vermittlungsverfahren erzielte Einigung deckt beide Richtlinien ab. Auf der einen Seite betrifft sie die Ausnahmen von den neuen Obergrenzen, die für Stickoxydemissionen (NOx) aus alten Kraftwerken gelten, die hauptsächlich mit Kohle befeuert werden. Auf der anderen Seite legt sie ein langfristiges Schwellendatum fest, um die Senkung der Gesundheitsrisiken aufgrund von Luftverschmutzung zu verwirklichen.
Kontrolle von Wärmekraftwerken
In der Union der fünfzehn sind 2 000 Großfeuerungsanlagen mit einer Kapazität von 50 Megawatt oder mehr in Betrieb, die Strom hauptsächlich zu industriellen Zwecken erzeugen. Das Parlament hat sich in diesem Bereich durchgesetzt: Die Obergrenze von 200 mg/Nm3 gilt ab 2016 für Stickoxydemissionen aus mit festen Brennstoffen befeuerten Anlagen, d.h. eine Verringerung um 50% verglichen mit den derzeit geltenden Normen. Diese Obergrenze war eine wesentliche Referenz in den Verhandlungen mit den Beitrittsländern aus Mittel- und Osteuropa.
Das Parlament hat ferner dazu beigetragen, dass die Rechtsvorschrift für die bestehenden Anlagen genauso wie für die neuen gilt. Es hat während der gesamten Diskussionen hart dafür gekämpft, die vom Rat zugunsten alter luftverunreinigender Anlagen verlangten Ausnahmeregelungen zu beschneiden. Schließlich hat es eine verbindliche Frist gefordert, während die Mitgliedstaaten unbegrenzte Ausnahmen wollten. Sie befürchteten nämlich, dass die neuen Bestimmungen diese Anlagen und die sie beliefernden Zechen zwingen würden dichtzumachen, was zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten führen würde.
Werden die Großfeuerungsanlagen, die während der Spitzenzeiten in Betrieb sind, vorläufig von der Einhaltung der Obergrenze von 200 mg/Nm3 ausgenommen, so sind sie stets strikteren Einschränkungen unterworfen, die zwischen 2008 und 2016 stufenweise in Kraft treten. Gleichzeitig hat sich die Kommission ausdrücklich verpflichtet, Fristen für die Stilllegung vorzuschlagen. Eine Ausnahmeregelung, die für mit Anthrazit befeuerte Anlagen gewährt wurde (gilt für das Vereinigte Königreich und Spanien), läuft 2018 aus.
Ein weiterer Erfolg des Parlaments: Die Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen legt 2020 als Zieldatum fest, um das langfristige Ziel zu erreichen, nämlich die kritischen Höchstwerte nicht zu überschreiten und die Bevölkerung vor Gesundheitsrisiken durch Luftverschmutzung zu schützen. Das Jahr 2010 ist die Frist für das Zwischenziel, um die für jeden Mitgliedstaat verbindlich vorgeschriebenen Grenzwerte zu erreichen. Langfristig wird angestrebt, vor allem die Gebiete, in denen sich saure Schadstoffe in kritischen Mengen ablagern und wo zwei Drittel der bodennahen Ozonkonzentrationen die für die menschliche Gesundheit kritischen Grenzwerte überschreiten, um 50% zu verringern.
Ein weiterer Punkt, der auf das Konto des EP geht, ist die Durchsetzung einer Klausel, die die Kommission verpflichtet, die erzielten Fortschritte bei den für die gesamte Gemeinschaft bis 2010 zahlenmäßig festgelegten Zielen zu bewerten und erforderlichenfalls neue Maßnahmen vorzuschlagen. Noch eine vom Parlament durchgesetzte Bestimmung: Die Kommission muss die durch den Luft- und Seeverkehr verursachten Emissionen abschätzen und Maßnahmen vorschlagen, die diese verringern sollen.
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