Von Lärm geplagte EU-Bürger werden nach dem Sieg des Europäischen Parlaments in seinem Kampf für EU-weite Lärmbeschränkungen künftig ruhiger schlafen. Eine neue Richtlinie über 'Umgebungslärm' enthält eine zwingende Verpflichtung, Rechtsvorschriften zur Lärmminderung bei den wichtigsten Lärmquellen wie Straßen- und Schienenfahrzeuge, Baustellen und Flugzeuge einzuführen.
Die Lärmbelastung betrifft ein Drittel der Bevölkerung der EU und hat schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Die gesetzlichen Maßnahmen in diesem Bereich waren bislang wenig gezielt; es gab EU-Rechtsvorschriften, die die Lärmbelastung durch Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Flugzeuge regelten, während sich die nationalen Rechtsvorschriften auf Lärmpegel in der häuslichen Umgebung konzentrierten.
Die neue Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm, die am 18. Juli 2002 in Kraft getreten ist, betrifft Umgebungslärm in bebauten Gebieten, in öffentlichen Parks sowie in der Umgebung von Schulgebäuden, Krankenhäusern und anderen lärmempfindlichen Gebäuden und Gebieten. Ausgenommen vom Geltungsbereich der Richtlinie sind Lärm durch Tätigkeiten innerhalb der Wohnung, Nachbarschaftslärm, Lärm am Arbeitsplatz und in Verkehrsmitteln sowie durch militärische Aktivitäten auf Militärgeländen hervorgerufener Lärm.
Sowohl die Europäische Kommission als auch der Ministerrat hatten ursprünglich beabsichtigt, die neue Richtlinie auf die Harmonisierung von Methoden zur Bemessung von Umgebungslärm zu beschränken. Informationen über Lärmbelastung sollten in Form von „Lärmkarten“ gesammelt und diese der Öffentlichkeit verfügbar gemacht werden. Praktische Maßnahmen zur Lösung des Problems sollten sodann auf lokaler Ebene ausgearbeitet werden, es sollten jedoch keine EU-weiten Grenzwerte für Lärmbelastung festgelegt werden.
Unzufrieden damit, erstritt das Parlament in zähen Verhandlungen eine Verstärkung des grundlegenden Ziels der Richtlinie, das nun darin besteht, schädliche Auswirkungen des Umgebungslärms „zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern“. Damit wird die neue Rechtsvorschrift zum ersten Schritt in einem Gesamtprozess, auf den innerhalb von vier Jahren detailliertere EU-Richtlinien über spezifische Lärmquellen wie Straßen- und Schienenfahrzeuge, Infrastruktureinrichtungen, Flugzeuge, Geräte, die für die Verwendung im Freien vorgesehen sind, Ausrüstung für die Industrie sowie nichts ortsfeste Maschinen folgen müssen.
Infolge der zwischen den Mitgliedern des Europäischen Parlaments und dem Rat erzielten Einigung war die Kommission verpflichtet, bis Januar 2004 einen Überblick über die bestehenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften im Bereich Umgebungslärm zu veröffentlichen. Auf der Grundlage dieser Bestandsaufnahme soll die Kommission bis Juli 2006 (vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie) geeignete Vorschläge für Rechtsvorschriften vorlegen, um eventuell in diesem Bereich bestehende Lücken zu schließen. Die Frist von vier Jahren – nur ein Jahr länger als die vom Parlament in zweiter Lesung geforderten drei Jahre – ist als ein weiterer Erfolg des Parlaments zu werten, da der Rat ursprünglich gezögert hatte, überhaupt eine Frist festzulegen.
|